Corona-Krise: Abschlussprüfungen werden zur Nervenprobe für die Schüler. Bayern verschiebt das Abitur – Hessen nicht

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MÜNCHEN. In den nächsten Wochen stehen in den meisten Bundesländern die Abiturprüfungen an. Doch dann kam das Coronavirus und die Schulen wurden geschlossen. Wie geht es nun weiter mit dem Abitur und anderen Schulabschlüssen? Worauf müssen sich die Schüler einstellen? Hessen gibt aktuell bekannt: Die Prüfungen beginnen morgen wie geplant (News4teachers berichtet). Auch Sachsen-Anhalt will an seinen Abiturterminen festhalten, verschiebt aber die Mittlere Reife. Bayern und Mecklenburg-Vorpommern hingegen verlegen das Abitur nach hinten.

Auf welche Prüfungstermine können sich die Schülerinnen und Schüler einstellen? Foto: Shutterstock

Wegen des Coronavirus wird in Bayern der Beginn der Abiturprüfungen vom 30. April auf den 20. Mai 2020 verschoben. «Trotz der Corona-Krise wollen wir faire Bedingungen für unsere Abiturientinnen und Abiturienten sicherstellen», sagte Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) am Mittwoch in München. Auch eine Verschiebung von Prüfungsterminen anderer Schularten ist angesichts des flächendeckenden Unterrichtsausfalls nicht ausgeschlossen. «Da sind wir auch gerade in Gesprächen, ob man den Zeitplan halten kann und wo man gegebenenfalls nachsteuern muss», erklärte Piazolo. Das müsse man aber vorab mit Schulleitern, Lehrern, Eltern und Schülern abstimmen.

Nachholtermine noch fristgerecht

Auch die Nachholtermine für die schriftlichen Prüfungen sollen laut Ministerium so angesetzt werden, dass sich die Abiturienten termingerecht für bundesweit oder örtlich zulassungsbeschränkte Studiengänge bewerben können. Bis zum Ende der Osterferien sind die Schulen bayernweit geschlossen, um die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen. Die Schüler werden auf digitalem Weg mit Lernmaterial versorgt.

Mit dem neuen Terminplan will das Kultusministerium sicherstellen, dass die rund 35.000 Abiturienten im Land genug Zeit haben, sich angemessen auf ihre Prüfungen vorzubereiten. Zudem stehen im Vorfeld des Abiturs auch noch Leistungsnachweise an, die geschrieben werden müssen.

Die Verbände begrüßten die Entscheidung. Es sei eine faire und verlässliche Regelung, hieß es vom Bayerischen Philologenverband (bpv). Man werde weiter engen Kontakt halten und die Situation bei einer veränderten Lage neu bewerten und flexibel reagieren. «In dieser Krise müssen wir alle zusammenarbeiten und gemeinsam das Beste aus der Situation machen», sagte bpv-Sprecher Benedikt Karl.

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Der Landesschülersprecher der Gymnasien, Joshua Grasmüller, hält diesen Schritt für unerlässlich, auch aus Gründen der Fairness. «Wir hoffen, dass sich wieder alles beruhigt und wir unser Abitur zum jetzigen Termin schreiben können.» Den Lehrern sprach er ein Lob aus. Sie versorgten die Schüler intensiv mit Material.

Was ist mit den Lehramtsstudenten? Unklar

Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) forderte auch für andere Schularten eine baldige Entscheidung. Dort beginnen die Prüfungen allerdings ohnehin später. «Alle müssen fair behandelt werden», sagte BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann. Die Studierenden, die gerade das Staatsexamen für das Lehramt schreiben, bräuchten ebenso dringend eine klare Ansage.

Das wünscht sich auch der Bayerische Realschullehrerverband (brlv) für die rund 40.000 Realschüler, die vor der Mittleren Reife stehen. «In einer Krisensituation müssen gerade junge Menschen eine klare Linie haben, damit keine Gerüchte aufkommen und sich nicht Ängste breitmachen», sagte der brlv-Landesvorsitzende Jürgen Böhm. Er sei aber zuversichtlich, dass man eine Lösung finden werde.

Wegen der unklaren Entwicklungen bei der Virusausbreitung sind weitere Veränderungen bei der Abiturprüfung 2020 allerdings nicht ausgeschlossen. «Die aktuelle Situation ist eine Herausforderung für die ganze Schulgemeinschaft und erfordert flexibles Handeln. Wir müssen auf Veränderungen reagieren», sagte Piazolo.

Mal so, mal so

Das Abitur in Hessen soll nach derzeitiger Einschätzung der Landesregierung wie geplant am Donnerstag dieser Woche (19. März) beginnen. Wie ein Sprecher des Kultusministeriums am Dienstag erklärte, können die notwendigen Bedingungen wie etwa ein ausreichender Sicherheitsabstand eingehalten werden. Die Schulen seien angewiesen, die Prüfungsgruppen so klein wie möglich zu halten, am besten unter zehn Schülern. Es seien genügend Räumlichkeiten und Lehrkräfte als Aufsichtspersonal vorhanden. Am Abend bestätigte Kultusminister Alexander Lorz: Es geht morgen los! (News4teachers berichtet.)

Die Prüfungen zur Mittleren Reife und zum Abitur in Mecklenburg-Vorpommern werden wegen der Corona-Krise hingegen nicht vor Mai stattfinden. Es werde organisiert, dass es Abschlüsse geben wird, versicherte Bildungsministerin Bettina Martin (SPD) am Dienstag in einer Sondersendung des NDR. Niemand solle langfristig einen Nachteil erleiden. Allerdings werde es im März und April definitiv keine Abschlussprüfungen geben. Die schriftlichen Abiturprüfungen sollten eigentlich am 30. März beginnen.

Sachsen-Anhalt verschiebt die Prüfungen für den Realschulabschluss um drei Wochen. Für rund 8000 Jugendliche an den Sekundarschulen sollen die ersten Prüfungen nach dem neuen Zeitplan am 11. Mai geschrieben werden. Bisher war der 20. April vorgesehen. Die rund 5700 Abiturientinnen und Abiturienten sollen wie geplant am 27. April mit den Prüfungen beginnen. Wer daran aufgrund der aktuellen Situation nicht teilnehmen könne, dürfe die Nachschreibetermine im Juni nutzen, hieß es.

Die mündlichen Abiturprüfungen für rund 15.000 Schülerinnen und Schüler in Rheinland-Pfalz sind in dieser Woche ohne Probleme angelaufen. Die allgemeine Schließung der Schulen habe den Ablauf nicht behindert, teilte ein Sprecher des Bildungsministeriums am Mittwoch mit. Vier Schulen machten von der Möglichkeit Gebrauch, die Prüfungen von der ersten auf die zweite Woche des insgesamt fürs Abitur vorgesehenen Zeitraums zu verschieben. Bei den Schulen, die aufgrund einer behördlichen Verfügung wegen einer Infektion mit dem Coronavirus geschlossen wurden, lässt sich noch nicht sagen, wann die Abiturprüfung stattfinden kann.

Die Abiturprüfungen in Nordrhein-Westfalen sollen zunächst nicht verschoben werden. NRW sei aber «in Abstimmung mit der Ländergemeinschaft», sagte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) am Mittwoch in Düsseldorf. Auch die Bildungsverbände sollten in die Entscheidung einbezogen werden. Ziel sei, «allen ein faires Abitur anzubieten» und Klarheit zu schaffen über das Wann und Wie.

Auch der Freistaat Sachsen hält trotz der Coronakrise an den Prüfungsterminen in den Schulen fest. «Die Abschluss- und Abiturprüfungen an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen, an Ober- und Förderschulen sowie an Fachoberschulen sind nach derzeitigem Stand sicher», teilte das Kultusministerium am Mittwoch in Dresden mit. Der Start erfolge mit der ersten Abiturprüfung am 22. April. «Es gibt aus jetziger Sicht keine Veranlassung, von dem abgestimmten Verfahren abzuweichen», erklärte Kultusminister Christian Piwarz (CDU).

„Nicht die schwersten“: Eisenmann will Schülern bei Abschlussprüfungen entgegenkommen

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8 Kommentare
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Felix
4 Jahre zuvor

Ein Armutszeugnis für unseren Bildungsföderalismus, dass da offensichtlich das eine Land ( Bayern) es nicht für nötig hält, die anderen zu konsultieren, wenn es die Anti-Prüfungen verschiebt obwohl es einen länderübergreifenden Abiturteil gibt. Die KMK in ihrer jetzigen Verfassung kann man in der Pfeife rauchen

Felix
4 Jahre zuvor

Abiprüfungen muss es natürlich heißen

Maren
4 Jahre zuvor

Ein Armutszeugnis für Hessen!! Die Schüler haben in dieser Zeit schließlich auch Ängste wegen dem Virus. Auch wenn Hr. Loz sagt“geringes AnsteckungsRisiko“die Abiturienten müssen schließlich auch zur Schule kommen und nicht jeder fährt mit seinem Auto vor, sondern ist auf den Nahverkehr angewiesen, d. h. Risiko! Warum kann Bayern für seine Schüler das Gesundheitsriki minimieren, indem die Prüfungen vernünftiger Weise verschoben werden? Und Hessen, hat den Ernst der Lage nicht verstanden!!! Niedersachsen, Bayern sind Bundesländer mit Vorbildfunktion.

ysnp
4 Jahre zuvor
Antwortet  Maren

Sehe ich auch so. Vor allem hat wohl Hessen die Warnungen des RKI nicht ernst genommen. Nach der Ansage von Frau Merkel gestern Abend muss Hessen den Abiturtermin zurücknehmen!
Siehe auch die Kommentare von AvL bei diesem Thema von News4teachers:
https://www.news4teachers.de/2020/03/mit-einem-kraftakt-gegen-die-corona-krise-die-massiven-folgen-der-zwangsferien/
Ich finde es zudem eine Zumutung, dass Schüler unter dieser Situation, die auch zusätzliche Ängste verursacht, eine so wichtige zukunftsweisende Leistung erbringen müssen!

Bei manchen Bundesländern scheint immer noch die Denkweise vorzuherrschen: Ohne Rücksicht auf Verluste. In diese Katergorie fällt auch die Anwesenheitspflicht von Lehrern, die manche Bundesländer unsinnigerweise verordnet haben.

dickebank
4 Jahre zuvor
Antwortet  ysnp

Nee Hessen vetritt nur die Meinung vieler Kultusverwaltungen. Die größtenteils noch vorherrschende Meinung ist, dass die Termine Bestand haben sollen. Es wird davon ausgegangen, dass die eigentlichen Haupttermine nach den Osterferien voraussichtlich entfallen werden und die schriftlichen Prüfungen zunächst auf den Nachschreibtermin, der ja schon feststeht, verlegt werden. Ist dieser termin nicht zu halten, kommt der ebenfalls schon feststehende weitere Nachschreibtermin am Ende der Sommerferien zum tragen. Dies hätte dann zur Folge, dass der Beginn des wintersemesters an den Hochschulen ebenso wie der Beginn des Ausbildungsjahres ggf. verschoben werden müsste.

Dass Geschrei um die Abiturienten, die hier in NRW (mit Ausnahme des Lkr HS und einzelner Schulstandorte) genau drei Wochen vor ihrem regulären Unterrichtsende am 3.4. in die Zwangsferien geschickt worden sind, verstehe ich ohnehin nicht ganz – zumal die letzte Woche vom 30.3. bis zum 3.4. ohne hin kaum regulärer Unterricht in der Q2 stattgefunden haben würde. Entscheidender war, dass die Vorabiklausuren stattfinden konnten, ohne diese hätten Ersatzregelungen für die Zulassung zum eigentlichen Abitur gefunden werden müssen.

Die ZP der Zehner sind etwas Anderes, da diese keine Abschlussprüfungen im juristischen Sinne darstellen. Somit können sie auch komplett entfallen. Die Noten auf den Abschlusszeugnissen entsprechen dann, wenn imvierten Quartal noch immer kein Unterricht abgehalten werden kann, denen des dritten Quartales, dass Ende März bzw. mit Beginn der Osterferien abgeschlossen worden wäre. Endet das Quartal eben drei Wochen früher.

Wenn Söder nicht so ein getriebener Politikdarsteller, der sich eben auch Kanzler zutaut, wäre manches einfacher. Sein Verweis auf Heinsberger-Verhältnisse ist schäbig genug, zumal in BY zwei lLndkreise mit Ausgangssperren durch die zuständigen Landräte Ausgangssperren belegt worden sind.

Als in Gangelt wie an anderen Orten auch Karneval gefeirt worden ist, war COVID 19 für die gesamte Bundesrepublik noch kein Thema. Dass vor wenigen Wochen im Lkr. Tirschenreuth ein Starkbierfest gefeirt worden ist, das vermutlich zur Verbreitung des Virus in der Oberpfalz beigetragen haben dürfte, ist dann schon eine andere Hausnummer.

omg
4 Jahre zuvor

Von wegen, das Abitur in Bayern wäre hart. Dieses mal ist es in Hessen härter (vorsicht, ganz dunkelschwarzer Humor). An alle Abiturienten und Lehrer: Kommt gesund dadurch!

Jolie
4 Jahre zuvor

Ich (Abiturientin) habe an sich kein Problem damit, Abitur zu schreiben. Mich stört es aber, dass wir seit 2 Wochen jeden Tag bangen müssen, ob wir die Prüfung wirklich schreiben oder nicht. Gestern war meine erste Prüfung, es lief gut und ich war motiviert, für die anderen Prüfungen weiter zu lernen. Heute morgen sehe ich jedoch, dass über eine Ausgangssperre diskutiert wird; ich kann mich seit dieser Nachricht nicht mehr aufs lernen konzentrieren und bin ein wandelndes Nervenbündel. Generell, jedes mal, wenn es hieß, dass man über eine Verschiebung des Abiturs diskutiere. Wieso wird so wenig Einsicht gezeigt und von uns erwartet, dass wir unsere Prüfungen schreiben, obwohl über 7000 Schüler dagegen sind, wir unter enormen Druck stehen und jeden Tag bangen müssen? Ich hab das Gefühl, dass das Abitur verharmlost wird, da ich ständig Artikel darüber lese(n muss), wie einfach man sich doch vor dem Virus schützen könne, wenn man genug Sicherheitsabstand hält. Außerdem werden meiner Meinung nach zu wenig Schüler interviewt, welche (aus gutem Grund) für eine Verschiebung des Abiturs waren und immernoch sind. Dieser Sicherheitsabstand und die Medien nehmen mir meine Angst und den Druck leider nicht. Ich bin psychisch wirklich nicht mehr bei der Sache und ich glaube, dass ich hier für viele Abiturienten und Abiturientinnen spreche.

Dagmar
4 Jahre zuvor

Das Abitur ohne die letzten Prüfungen wird immer ein Abschluss zweiter Klasse bleiben, da können die Kultusminister noch so oft zusichern, dass sie dieses mit den Durchschnittsnoten ermittelte Abitur gegenseitig in den einzelnen Bundesländern anerkennen wollen. Dieses Jahr mag es noch gehen, aber spätestens nächstes Jahr, wenn dieser Abijahrgang mit den Abiturienten 2021 um Ausbildungsplätze und Studienplätze konkurriert, werden die Entscheider in den Firmen und Hochschulen die regulär erworbenen Abiturabschlüsse 2021 bevorzugen. Dann interessiert sich keiner mehr dafür, was dieses Jahr war. Denn nicht alle werden direkt dieses Jahr in die Ausbildung bzw. ins Studium gehen, sondern ein Auslandsjahr, ein Freiwilliges Soziales Jahr o.ä. machen. Es wird auf immer ein „geschenktes“ Abitur bleiben, weil die letzte entscheidende Anstrengung nicht nötig war. Auch wenn jetzt viele Schüler dies als kurzfristige Lösung toll finden, werden sie es später wahrscheinlich anders sehen. Es muss doch möglich sein, in den leeren Schulen genug Räume für kleine Gruppen plus auffsichtsführende Lehrer zu finden. Da im Moment für die jüngere Schüler auch Betreuungsangebote in kleinen Gruppen in der Schule möglich sind, verstehe ich da das Problem nicht, es auch für die Abiturienten zu organisieren sowie auch für alle anderen Schüler, die noch Prüfungen zu schreiben haben.