GEW-Chefin Pooth setzt vor Gericht auf Sieg: Land muss Arbeitsbelastung von Lehrern verringern – hofft sie

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HANNOVER. Die hohe Arbeitsbelastung von Lehrern streitet auch das Niedersächsische Kultusministerium nicht ab. Damit es nun endlich eine Entlastung gibt, klagen einige Lehrer mit Unterstützung der GEW vor Gericht. Was droht dem Land bei den Musterverfahren? Die Gewerkschaft gibt sich siegesgewiss.

Gibt sich kämpferisch: GEW-Landeschefin Laura Pooth. Foto: GEW

Im Streit über eine zu hohe Arbeitsbelastung von Lehrern hat die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) das niedersächsische Kultusministerium zum Handeln aufgerufen. Die von Minister Grant Hendrik Tonne (SPD) vorgelegten Pläne zur Entlastung müssten endlich in die Tat umgesetzt werden, sagte die GEW-Landesvorsitzende Laura Pooth am Dienstag in Hannover. Zwei erste von der Gewerkschaft unterstützte Klagen gegen zu lange Arbeitszeiten werden Ende März und Mitte Mai vor den Verwaltungsgerichten in Hannover und Osnabrück verhandelt und entschieden. Pooth erwartet, dass das Land in den Musterverfahren verpflichtet wird, die Arbeitsbelastung der Lehrer zu senken.

Insgesamt unterstützt die GEW zehn Klagen von Lehrern

Am 26. März wird sich das Verwaltungsgericht Hannover mit dem Fall eines Grundschulleiters aus Hannover befassen. Am 12. Mai verhandelt dann das Verwaltungsgericht Osnabrück die Klage einer Grundschulkollegin, die ebenfalls von der GEW vertreten wird. Insgesamt hat die Gewerkschaft 2018 zehn Klagen von Grundschul- und drei von Gymnasiallehrkräften gegen deren nachweislich stark erhöhte Arbeitszeiten eingereicht.

Nach Berechnungen der GEW fallen an den Grund- und Gesamtschulen sowie Gymnasien im Land jährlich 6,5 Millionen Überstunden an, die weder bezahlt noch ausgeglichen werden. Auch eine Untersuchung im Auftrag des Kultusministeriums ergab eine zu hohe Arbeitsbelastung von Lehrern, aber in geringerem Umfang als von der GEW beziffert. Auch wenn angesichts des aktuellen Lehrermangels eine unverzügliche Senkung der Arbeitsbelastung schwer möglich sei, müsse das Land den Lehrern perspektivisch helfen, sagte Pooth. Die Überlastung führe zu einem hohen Krankenstand und einem verfrühten Ausscheiden von Lehrern aus dem Beruf.

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Wird Niedersachsen zum Präzedenzfall in Sachen Lehrer-Arbeitszeit?

Niedersachsen ist nach GEW-Angaben das erste Bundesland, in dem die Arbeitsbelastung von Lehrern gerichtlich geklärt werden soll. Als Sofortmaßnahme fordert die Gewerkschaft, die Unterrichtsverpflichtung an Grundschulen von 28 auf 26 Stunden pro Woche zu senken. Für Lehrer in den Klassen 5 bis 10 müsse die Obergrenze bei 25,5 Stunden Unterricht pro Woche liegen, statt wie bisher bei bis zu 27,5 Stunden. Auch besondere Belastungen von Gymnasial- und Berufschullehrern müssten stärker berücksichtigt werden. Wenn das Land Niedersachsen weiter zögere, müssten Entlastungen mit den Klagen der Lehrkräfte erzwungen werden, sagte Pooth.

Wie ein Sprecher des Kultusministeriums erklärte, setzte das Land bereits konkrete Entlastungsmaßnahmen in Form eines Elf-Punkte-Pakets um. Vom August dieses Jahres an werde die Bezahlung der Grund-, Haupt-, und Realschullehrkräfte um rund 100 Euro erhöht. Zudem würden weitere Schritte zur Entlastung erarbeitet. «Dabei ist es wichtig, realistisch vorzugehen und das Machbare und Mögliche umzusetzen, und genau das macht das Land.»

Echte Entlastung für Lehrer – jetzt

Dem widersprach Pooth. „Wir haben den Rechtsweg gewählt, da das Kultusministerium bisher keine tatsächlich spürbaren Entlastungen geschaffen hat“, sagte sie auf einer Pressekonferenz in Hannover. Im Grunde wünsche sie sich eine politische Lösung und verwies auf die Empfehlungen der Arbeitszeitkommission des Kultusministeriums (News4teachers berichtete). „Es liegen konkrete Vorschläge der Arbeitszeitkommission auf dem Tisch, um die dauerhafte Überlastung maßgeblich zu senken. Passiert ist seitdem jedoch fast nichts“, erläuterte sie. Echte Entlastungsmaßnahmen dürften dabei nicht auf die Zeit nach der nächsten Landtagswahl verschoben werden. Die Rückmeldungen aus den Kollegien der Schulen bestätigten die Dringlichkeit. News4teachers / mit Material der dpa

„Sie arbeiten mehr als 55 Stunden wöchentlich“: GEW reicht Arbeitszeitklagen für vier Lehrerinnen ein (und strebt damit ein Grundsatzurteil an)

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4 Kommentare
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Küstenfuchs
4 Jahre zuvor

Die Arbeitszeitstudie des Philologenverbands wird nächste Woche veröffentlich. Mal sehen, was da so rauskommt.

Georg
4 Jahre zuvor
Antwortet  Küstenfuchs

Ich bin auch gespannt. Noch gespannter bin ich auf die Konsequenzen daraus.

Tento
3 Jahre zuvor

Sehr geehrte Redaktion,

ist hier irgendetwas herausgekommen? Oder wurden die Verfahren coronabedingt verschoben? Ich finde nichts im Netz dazu.

Vielen Dank!