KMK wendet Abitur-Chaos in letzter Sekunde ab: Prüfungen sollen jetzt doch stattfinden – GEW: Keine Chancengleichheit!

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BERLIN. Die Aufregung war groß, als Schleswig-Holstein ankündigte, wegen der Corona-Krise alle Schulabschlussprüfungen abzusagen. Würden andere Länder dem folgen und wiederum andere ihre Prüfungen wie geplant stattfinden lassen? Das drohende Chaos scheint nun abgewendet – vorerst jedenfalls. Der VBE begrüßt die Einigung der Kultusminister. Die GEW zeigt sich skeptisch und kritisiert fehlende Chancengleichheit.

Die Schulabschlussprüfungen sollen nach derzeitigem Stand trotz Corona-Krise doch in ganz Deutschland stattfinden. Darauf haben sich die Kultusminister der Länder am Mittwoch in einer Schaltkonferenz verständigt, nachdem Schleswig-Holstein zuvor angekündigt hatte, die Prüfungen abzusagen. «Zum heutigen Zeitpunkt stellen die Länder fest, dass eine Absage von Prüfungen nicht notwendig ist», heißt es in einem gemeinsamen Beschluss. Über das weitere Vorgehen würden sich die Bundesländer eng in der Kultusministerkonferenz (KMK) abstimmen.

Der Beschluss sei einstimmig gefasst worden, teilte die rheinland-pfälzische Bildungsministerin und KMK-Präsidentin Stefanie Hubig (SPD) in Mainz mit. Auch die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien habe zugestimmt. Ihren Vorstoß verteidigte die CDU-Politikerin am Abend als «notwendig» (News4teachers berichtete). Sie sei «vorgeprescht, weil ich für unsere Schülerinnen und Schüler eine Entscheidung vor Freitag haben wollte». Dann fangen in Schleswig-Holstein die Ferien an.

In Hessen und Rheinland-Pfalz laufen die Abiturprüfungen bereits

Am Dienstag hatte Prien überraschend erklärt, sie plane wegen der Corona-Pandemie eine Absage aller Abschlussprüfungen an den Schulen einschließlich der Abiturprüfungen. In den Tagen zuvor hatten mehrere Länder bekanntgegeben, ihre Prüfungen zum Abi und zur Mittleren Reife zu verschieben. Danach war verstärkt auch über einen gänzlichen Ausfall der Prüfungen diskutiert worden. In Hessen und Rheinland-Pfalz finden dagegen momentan Abiturprüfungen unter strengen Hygienevorschriften weiterhin statt.

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Lehrerverbände, Bildungsgewerkschaften und der Bundeselternrat hatten das unterschiedliche Vorgehen der Länder scharf kritisiert. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) begrüßte die Einigung vom Mittwoch. «Die von der Kultusministerkonferenz gefassten Beschlüsse schaffen Klarheit und bewahren die Chancengleichheit der Schülerinnen und Schüler in Deutschland», sagte VBE-Chef Udo Beckmann. Es müsse zwingend gewährleistet bleiben, dass in Deutschland durch unterschiedliche Verfahren einzelner Bundesländer kein A-, B- oder C-Abitur geschaffen werde. «Das gilt auch analog für die mittleren oder beruflichen Abschlüsse.»

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Hubig: Größtmögliche Planungssicherheit für Schüler

Hubig sagte: «Wir haben miteinander gerungen.» Aber es sei der einheitliche Wille gewesen, zu einem gemeinsamen Ergebnis zu gelangen. Die Schüler hätten nun größtmögliche Planungssicherheit. Nach Teilnehmerangaben hatte es in der KMK-Schalte von mehreren Ländern heftige Kritik an der Ankündigung Schleswig-Holsteins gegeben, die Prüfungen ausfallen zu lassen.

In dem gemeinsamen Beschluss heißt es nun: «Die Prüfungen, insbesondere die schriftlichen Abiturprüfungen, finden zum geplanten bzw. zu einem Nachholtermin bis Ende des Schuljahres statt, soweit dies aus Infektionsschutzgründen zulässig ist.» Bekräftigt wurde außerdem, dass die Länder die erreichten Abschlüsse dieses Schuljahres gegenseitig anerkennen. Den Schülern sollen keinerlei Nachteile aus der jetzigen Ausnahmesituation entstehen.

GEW: Wie wird die Gesundheit der Lehrer und Schüler geschützt?

Die GEW zeigte sich skeptisch. Zwar erkennt die Gewerkschaft nach eigenen Worten an, dass die KMK sich auf eine gemeinsame Regelung und eine gegenseitige Anerkennung des Abiturs und anderer Abschlussprüfungen verständigt hat. „Wir kritisieren jedoch, dass das Ziel, die Gesundheit der Lehrkräfte und der Schülerinnen und Schüler zu schützen, durch die Regelung nicht erreicht wird. Offene Fragen wie der Schutz vor Infektionen sind nicht geklärt“, erklärte Ilka Hoffmann, GEW-Vorstandsmitglied Schule.

Weiter betonte sie: „Auch wird für die Schülerinnen und Schüler keine Chancengleichheit geschaffen: Zurzeit stehen die jungen Menschen, die etwa in Hessen ihr Abi machen, wegen der Corona-Krise unter starkem psychischen Druck. Zudem ist die Vorbereitung auf die Abschlussprüfungen von Bundesland zu Bundesland, von Schule zu Schule sehr unterschiedlich.“ News4teachers / mit Material der dpa

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

KMK einig: Prüfungen fürs Abitur und für den Mittleren Abschluss sollen trotz Corona stattfinden – auch in Schleswig-Holstein

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3 Kommentare
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Thomas Schultz
4 Jahre zuvor

Unabhängig von der Entscheidung zeigt sich hier einmal mehr in voller Pracht, dass Bildung (gerade wenn man überhaupt von Vergleichbarkeit sprechen möchte) in Bundeshand gehört. In vielen Bereichen mag der Föderalismus seine sinnhafte Berechtigung haben, bei der Bildung wird jedoch dokumentiert, dass dies nicht der Fall ist.

GriasDi
4 Jahre zuvor
Antwortet  Thomas Schultz

Ob es dann besser wird, wenn die Bildung in Bundeshand ist, bleibt zu bezweifeln. Sicher würde sich man dann auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen. Wäre interessant auf welchen Platz wir dann in der Pisa-Studie abrutschen würden.

dickebank
4 Jahre zuvor
Antwortet  Thomas Schultz

In Sachen Bildung liegt die Zuständigkeit ausschließlich bei den Bundesländern. Alle anderen Politikbereiche sind entweder ausschließlich in der Verantwortung des Bundes oder aber zustimmungspflichtig.

Nehmen wir einmal den Bereich Finanzen; ganz abgesehen davon dass das BAAIN und die Generalzolldirektion nicht in der Lage sind, dafür zu sorgen, dass bestellte Ware nicht unterwegs verloren geht, hat der Bund keinen Politikbereich besser und effizienter geregelt als die Länder. Bleiben wir bei den Finanzen. Trotz gültigen Bundesrechts wird dieses von den Ländern vollkommen anders vollstreckt. Die Bestimmungen für Betriebsprüfungen, Steuerermittlungen etc. werden von den jeweiligen Landesfinanzbehörden vollkommen unterschiedlich gehandhabt.
Wer glaubt, dass das bei einer Zuständigkeit des Bundes anders wäre, der glaubt vermutlich auch daran, dass Zitronenfalter Zitronen falten.