Niedersachsen plant bereits für den Fall, dass Schulschließungen andauern: Lehrer sollen schon mal Zeugnisnoten schreiben

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HANNOVER. Bisher ist geplant, dass die Schulen am 20. April wieder öffnen. Doch was, wenn das wegen der Corona-Krise nicht geht? Das Land Niedersachsen bereitet sich für den Fall der Fälle vor: Schon jetzt sollen sich die dortigen Lehrer darauf vorbereiten, Noten für das Schuljahreszeugnis zu vergeben. Die Abschlussprüfungen samt Abitur könnten dann entfallen. Und der digitale Unterricht würde ausgeweitet.

Was ist, wenn am 20. April der Unterricht nicht wieder starten kann? Niedersachsen bereitet sich schon mal darauf vor. Foto: Shutterstock

Ob der 20. April als Tag des Unterrichtsbeginns nach der Corona-Pause und nach Osterferien gehalten werden kann? Das entscheiden Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) und die übrige rot-schwarze Landesregierung in einer Lagebeurteilung zu Beginn der 16. Kalenderwoche, wie es heißt – also am 13. oder 14. April. „Dabei wird im Mittelpunkt stehen, ob das dann vorherrschende Infektionsgeschehen eine Aufnahme des Schulbetriebs planmäßig erlaubt oder nicht“, so teilt das Ministerium mit.

Die Lehrer im Land sollen für den Fall noch längerer Schulschließungen allerdings schon bis Mitte April die Zeugnisnoten vorbereiten. Dies hat das Kultusministerium nun per Erlass geregelt. Die Noten sollen den Leistungsstand bis zum 15. April auf Basis der bisherigen Leistungen wiedergeben.

Bewertung des zweiten Schulhalbjahres wäre problematsich, wenn…

„Für die Bewertung des zweiten Schulhalbjahres bei Ganzjahresfächern und epochal erteilten Fächern ist eine zweiwöchige Schulschließung unproblematisch. Auch wenn die Schulen länger geschlossen bleiben müssen, zum Beispiel bis Ende Mai, ergibt sich aus den sieben Wochen seit dem Beginn des zweiten Schulhalbjahres und den dann noch möglichen sechs Unterrichtswochen ein bewertbarer Zeitraum“, sagt Tonne.

Falls die Schulen allerdings sogar bis zum Ende des Schuljahres geschlossen werden müssten, bildeten bei den Ganzjahresfächern die Noten des ersten Schulhalbjahres sowie die Bewertung der sieben Wochen im 2. Schulhalbjahr bis zum Zeitpunkt der Schulschließungen im März die Grundlage zur Ermittlung der Zeugnisnoten. Leistungen in Fächern, die ausschließlich im zweiten Schulhalbjahr erteilt werden, würden zwar bewertet. „Sie werden aber nur dann bei Versetzungen oder bei Abschlüssen berücksichtigt, wenn sie zum Ausgleich schwacher Leistungen in anderen Fächern beziehungsweise zur Verbesserung des Notendurchschnitts beitragen können“, heißt es.

Abitur „auf Grundlage der vorliegenden Leistungen“ möglich

Für die Abschlussprüfungen einschließlich Abitur gilt: Sollte auch der neue Zeitplan, der eine Verschiebung der Termine in den Mai vorsieht, angesichts der Pandemie nicht zu halten sein, fielen die Prüfungen in Niedersachsen aus, sagte Tonne. Das Abitur werde dann anhand der Noten der vier zurückliegenden Schulhalbjahre erteilt, die normalerweise zwei Drittel der Abschlussnote ausmachen. Auch die Abschlüsse der Sekundarstufe I würden dann „auf Grundlage der vorliegenden Leistungen“ vergeben.

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Im Umgang mit Schülern, deren Versetzung gefährdet ist, plädierte der Verband Niedersächsischer Lehrkräfte (VNL/VDR) Lehrerverband dabei für Nachsicht.  „Da sollte man schon mit Augenmaß agieren und den Schüler im Blick haben“, sagt VNL/VDR-Vorsitzender Torsten Neumann. „Letztlich sollte man im Zweifel für den Schüler bewerten.“ Es dürfe allerdings keinen Freifahrtschein für diejenigen geben, bei denen praktisch schon feststeht, dass sie sitzenbleiben. Angesichts der unklaren Entwicklung der Corona-Krise seien die Vorbereitungen auf den Fall der Fälle dennoch sinnvoll, sagte Neumann vom Lehrerverband. «Das gehört einfach zum Job.»

Neumann betont zudem, die Gesundheit der Schüler und Lehrer müsse bei der Entscheidung über die Dauer der Schulschließungen im Vordergrund stehen. Wenn nötig, müsse die Politik den Mut haben, den Unterricht noch länger abzusagen.

Schülerrat mahnt Zurückhaltung bei Nicht-Versetzungen an

Auch der Schülerrat zeigt Verständnis für die Vorbereitungen vorgezogener Noten, betonte aber, dass keinem Schüler daraus ein Nachteil entstehen dürfe. „Ein nach wenigen Wochen abgebrochenes Halbjahr darf nicht versetzungsgefährdend wirken, man sollte in dem Fall die ‚blauen Briefe‘ dieses Jahr überdenken“, meint Vorsitzender Florian Reetz.

Tonne selbst weist auch auf einen weiteren Umstand hin: „Abseits davon müssen wir jedoch auch die Situation berücksichtigen, in denen sich Schülerinnen und Schüler nach dann wochenlagen Schulschließungen und Kontaktsperren befinden. Ein normaler Unterricht vom ersten Tage an, wird sicherlich nicht möglich und nicht angemessen sein.“ News4teachers / mit Material der dpa

Statement der Philologen

Der Philologenverband Niedersachsen hat eine Pressemitteilung herausgegeben. In der heißt es:

„Kultusminister Tonne will sobald wie möglich zu einem Schulbetrieb zurückkehren, der Schülerinnen und Schülern ermöglicht, ihre Prüfungen im Sekundarbereich I und im Abitur abzulegen. Ob das die Infektionssituation überhaupt zulässt, ist momentan noch sehr fraglich. Eine neue Bewertung soll nach den Osterferien erfolgen.

Vorerst werden die schriftlichen Prüfungen in den Mai verschoben. Sie ziehen sich dann vom 11. Mai bis zum 30. Mai hin. Nach bisherigem Terminplan finden die Prüfungen in den mündlichen Prüfungsfächern vom 03. Juni bis zum 20. Juni statt. Das Schuljahr endet am 15. Juli. Allein das macht deutlich, wie eng die Termine gestrickt sind und welche Belastungen auf die Schulen neben dem „normalen“ Betrieb zukommen, wenn sie überhaupt den Unterricht ohne Einschränkungen aufnehmen können. Fachleute erwarten Ende April einen dramatischen Anstieg der Infektionsrate.

Der Kultusminister tut gut daran, sich auf eine anhaltende Krise oder sogar Verschlimmerung einzustellen, die keine üblichen Prüfungen zulässt. Schulen dürfen nicht vorzeitig geöffnet werden und als Multiplikator des Virus dienen.

Die Verschiebung der Prüfungen ist deshalb ein erster richtiger Schritt. Weitere Schritte müssen schnell folgen, wenn es die Situation verlangt. Es ist jetzt nicht die Stunde vorschneller Positionierungen, es geht um den bestmöglichen Gesundheitsschutz von Schülern und Lehrern, von Eltern und der Gesellschaft allgemein.

Inwieweit in nächster Zeit ein geordneter Schulbetrieb möglich ist, muss unter Rückgriff auf alle technischen Möglichkeiten, insbesondere die Nutzung der digitalen Ressourcen, geklärt werden. ‚Business as usual‘, ein einfaches ‚Weiter so‘, darf es nicht geben.“

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

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Pälzer
3 Jahre zuvor

Homeschooling-Kinder z.B. in Österreich werden auf ihre Leistungen geprüft. Warum nicht die Schüler bei uns, die Arbeitsaufträge bekamen und diese gewissenhaft ausführen sollten? Sollte das Schulsystem nach PISA nicht auf „Output-Orientierung“ umgestellt werden?

Georg
3 Jahre zuvor
Antwortet  Pälzer

In NRW ruht der Schulbetrieb offiziell, es sollen nur Defizite aufgearbeitet werden, aber keine neuen Inhalte behandelt oder gar Noten gegeben werden. Dazu wurden die Warnungen für dieses Jahr ausgesetzt. Das zusammengenommen ist ein vollkommen unnötiger Freibrief für die bildungsfernen Schichten vermutlich aus Angst der Politiker vor zu vielen Nichtversetzungen oder Abschulungen.

Pälzer, ich gebe Ihnen recht. Die Chance, die Outputorientierung zu testen, wurde vermutlich aus gutem Grund vertan. Die Bildungspolitik hätte sich ja sonst fragen lassen müssen, weshalb die vielen investierten Millionen Euro entgegen der warmen Worte nicht nur nichts verbesserten, sondern noch nicht einmal den damaligen Zustand halten konnten.

Landi2412
3 Jahre zuvor

Jeder Schüler hat massig Zeit, gerade jetzt in der Ausnahmesituation, sich selbstständig weiter zu bilden, ggf. mit Hilfe der Eltern. Statt den ganzen Tag “ herumgammeln „, mit Smartphone in der Hand, oder vor der “ Glotze “ zu sitzen ! Im Haushalt helfen ist für die meisten Kinder und Jugendlichen auch ein “ Fremdwort „, wodurch sie noch mehr Zeit haben. Wir sind selber Familie mit 4 Kindern ( 7-14 J.) , bei uns gehört es zur Tagesordnung, trotz Zwangspause bzw. Ferien, das etwas für die Schule getan wird, freiwillig, ohne Murren und Wiederrede !! Sie sind liebevoll darüber aufgeklärt, wie wichtig die Schule für Ihr späteres Leben ist und sie nicht für die Eltern oder Lehrer lernen müssen, sondern für sich selber !! Von nicht’s kommt nicht’s !! So kommt auch keine lange Weile auf. Der Schulunterricht könnte über Internet weiter geführt werden und auch ordentlich benotet werden, das wäre besser und gerechter, als würde man das Halbjahreszeugnis als Grundlage für das Jahresabschlusszeugnis nehmen !!