Ministerium schickt am Samstag eine Mail an alle Schulen, wie der Hygieneschutz kommende Woche auszusehen hat – GEW-Petition: Schulöffnungen verschieben!

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DÜSSELDORF. Vor der schrittweisen Öffnung der nordrhein-westfälischen Schulen in der kommenden Woche hat das Schulministerium die Schulen über die notwendigen Hygienevorgaben informiert – per Mail am Samstag. Die zentrale Regel dabei lautet: Abstand halten. Die GEW hat unterdessen eine Petition gestartet. „Gesundheitsschutz statt Hauruckverfahren – Schulöffnungen brauchen Vorbereitungszeit!“, so fordert die Gewerkschaft. Auch die Kommunen lehnen eine Schulöffnung in dieser Woche ab. Die Landesregierung pocht jedoch darauf.

Hat einen "Masterplan Grundschule´" angekündigt - und der sorgt für Ärger. Foto: Martin Kraft (photo.martinkraft.com) CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons
Bekommt Druck: NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer. Foto: Martin Kraft (photo.martinkraft.com) CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

«Die Einhaltung des Infektionsschutzes war, ist und bleibt die Grundvoraussetzung, um erste und vorsichtige Schritte aus der durch das Coronavirus bedingten Ausnahmesituation zu unternehmen», sagte der Staatssekretär für Schule und Bildung, Mathias Richter. Eine Info-Mail mit den Vorgaben sei am Samstag an die Schulen verschickt worden, hieß es aus dem Ministerium. Darin heißt es: Die Lerngruppen müssen so aufgebaut werden, dass zwischen den Schülern untereinander und den Lehrern der Mindestabstand von 1,5 Metern eingehalten werden kann. Außerdem sollen Namenslisten erstellt werden, um Kontakte im Fall einer Infektion nachverfolgen zu können.

Vorgaben sehen ausreichende Waschbecken in den Schulen vor

Darin heißt es außerdem: Schüler oder Lehrer mit Symptomen sollen von Unterricht sowie Prüfungen ausgeschlossen werden. Es sei außerdem darauf zu achten, dass Trinkflaschen oder Gläser nicht gemeinsam genutzt würden. Außerdem sehen die Vorgaben ausreichende Waschbecken und Seifenspender vor, damit Hände regelmäßig gewaschen werden können. Darüber hinaus wird die generelle Corona-Etikette – also Niesen und Husten in den Ellbogen und aufs Händeschütteln verzichten – empfohlen. Auf eine generelle Maskenpflicht in Schulen verzichtet das Land. Als Grundlage hatte das Schulministerium ein Gutachtern von Wissenschaftlern unter anderem der Uni Bonn beauftragt.

Das Schulpersonal hat nun bis Mittwoch Zeit, die Maßnahmen umzusetzen. Für einige Tausend Schüler gilt ab Donnerstag in Nordrhein-Westfalen wieder die Schulpflicht. Dazu gehören nach Angaben des Schulministeriums Schüler in Abschlussklassen an weiterführenden Schulen, Förderschulen und Berufskollegs, die vor Prüfungen stehen. Dies konkretisierte das Schulministerium am Wochenende in einer Mail an alle Schulen. Eine Ausnahme bilden die Abiturienten: Sie können die Schule ab Donnerstag freiwillig besuchen.

Schüler mit Vorerkrankungen können befreit werden

Zuvor hatte es Unklarheiten bei einigen Betroffenen geben. Schüler mit Vorerkrankungen können nach Rücksprache von der Schulpflicht befreit werden. Durch diese Regelung finde für maximal zehn Prozent der Schüler ab Donnerstag in NRW wieder verpflichtender Unterricht statt, hieß es am Sonntag aus dem Schulministerium.

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«Mit der Schulmail der schwarz-gelben Landesregierung ist klar: Für Zehntausende Schülerinnen und Schüler in NRW gilt ab Donnerstag die Verpflichtung zum Unterrichtsbesuch», stellten Sigrid Beer, die bildungspolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, und Felix Banaszak, Vorsitzender der Grünen NRW, fest und kritisierten: «Die mit schmerzhaften Einschnitten erzielten Erfolge in Bezug auf die Reproduktionszahl des Virus werden fahrlässig aufs Spiel gesetzt.» Außerdem gehe die Fixierung auf Prüfung am pädagogisch Notwendigen vorbei, vielmehr solle die Krisenbewältigung für Eltern und Schüler im Vordergrund stehen.

Städtetag: Schulöffnungen verschieben

Der Städtetag hatte angesichts der wegen Corona notwendigen Hygienemaßnahmen das Land aufgefordert, die Schulen frühestens ab dem 27. April wieder zu öffnen. «Bereits ab dem 23. April zu starten, stellt die kommunalen Schulträger vor erhebliche Probleme», kritisierte der Städtetags-Vorsitzende und Hammer Oberbürgermeister Thomas Hunsteger-Petermann. «Die Schulen müssen grundgereinigt werden, die hygienischen Voraussetzungen für den Schutz vor Infektionen geschaffen, Räume vorbereitet und der Schülerverkehr organisiert werden.» Dafür brauche man mindestens den Vorlauf von einer Arbeitswoche.

Das Land entgegnete darauf, man habe die Schulträger und kommunalen Spitzenverbände bereits Mitte der letzten Woche über die anstehenden ersten Schritte und nötigen Maßnahmen informiert, damit diese ausreichend Zeit zur Umsetzung gehabt hätten.  News4teachers / mit Material der  dpa

Im Wortlaut

KÖLN. Mehr als 15.000 Menschen haben bis Sonntagmorgen eine kurzfristig von der GEW Köln initiierte Petition unterschrieben, die von der nordrhein-westfälischen Landesregierung eine Verschiebung der angekündigten Schulöffnung in der kommenden Woche fordert. Wörtlich heißt es dazu:

„Sehr geehrte Frau Ministerin Gebauer, sehr geehrter Herr Ministerpräsident Laschet, sehr geehrte Landesregierung NRW,

wir richten uns mit diesem offenen Brief an Sie, um Ihnen mitzuteilen, dass wir entsetzt darüber sind, dass die Landesregierung mit der Entscheidung zur Schulöffnung kommende Woche die Gesundheit der Lehrkräfte, der Schüler*innen sowie deren Familien fahrlässig gefährdet. Dieser Schnellschuss ist verantwortungslos, weil die Durchführung des Unterrichts unter Bedingungen, die den Notwendigkeiten des Infektionsschutzes genügen, nicht möglich ist. Ohne Rücksicht auf die zahlreichen mahnenden Worte aus Schul-, Schüler*innen- und Elternorganisationen sowie Gewerkschaften sollen nun im Hauruckverfahren Öffnungen stattfinden, welche jedoch wesentlich mehr Vorbereitungszeit benötigen, denn: Der Gesundheitsschutz der Schüler*innen und Lehrkräfte muss oberste Priorität haben!

Nachdem bereits die Schulschließungen völlig unvorbereitet per Mail verkündet wurden, wird nun ebenso kurzfristig am späten Abend des 15. April per Schulmail mitgeteilt, dass ab dem 20. April in den Schulen „organisatorische Maßnahmen“ getroffen werden sollen, um Schüler*innen, die vor Abschlussprüfungen stehen, ab dem 23. April Unterrichtsbesuche vor Ort zu ermöglichen. Lehrkräfte, Schüler*innen und Eltern sind verunsichert und äußerst besorgt darüber, dass die nötigen Maßnahmen zum Infektionsschutz in so kurzer Zeit unmöglich umzusetzen sind.

Ein breites Bündnis aus Schul- und Elternorganisationen sowie dem DGB und der Gewerkschaft Erziehung & Wissenschaft (GEW) hatte am 14. April darauf hingewiesen, dass der stufenweise Einstieg für alle Beteiligten leistbar sein müsse: ‚Zur Vorbereitung benötigen sie mindestens eine volle Woche Zeit‘, erläuterte Behrend Heeren, Vorsitzender der Gemeinnützigen Gesellschaft Gesamtschule (GGG NRW) und langjähriger Leiter einer Gesamtschule. Auch der Städte- und Gemeindebund spricht in seiner Stellungnahme vom 15. April von Vorlaufzeiten von „mindestens einer Woche“. ‚Besteht das Land auf einer Öffnung am Montag nach den Osterferien, wird ein reibungsloser Ablauf kaum möglich sein‘, so der Städte- und Gemeindebund weiter.

Verantwortung wird auf Schulen und Lehrkräfte abgewälzt

Derzeit gibt es viele ungeklärte Fragen, die in nur drei Tagen Vorbereitungszeit unmöglich zu beantworten sind. Dazu zählen beispielsweise:

Es gibt keine einheitlichen Hygienestandards an den Schulen oder Aussagen zur Notwendigkeit und Verfügbarkeit von Ressourcen wie Masken, Desinfektionsmitteln oder Tests.

  • Wie sollen die Abstandsregeln während des Unterrichts, der Toilettengänge oder der Pausen eingehalten werden?
  • Wie sollen in so kurzer Zeit neue Raumkonzepte entstehen, um die nötigen Maßnahmen zum Infektionsschutz wie ausreichend Abstand und kleine Lerngruppen so schnell umzusetzen?
  • Wie wird mit Schüler*innen und Lehrkräften verfahren, die der Risikogruppe angehören? Wo bleibt hier die Chancengleichheit in der Bildung für betroffene Schüler*innen?
  • Wie soll sich die Logistik innerhalb von nur drei Tagen darauf vorbereiten, verlässlich zu funktionieren – angefangen bei der Organisation von gesundheitlich unbedenklichen Schulbusfahrten über die Beschaffung von Schutzmaterialien wie Mund-Nasen-Masken, Desinfektionsmittel oder Seife bis hin zu zeitlich und nach Gruppen gestaffeltem Unterricht?
  • Wie soll in Zeiten des Lehrkräftemangels (auch hinsichtlich der weiteren Öffnung ab dem 4. Mai 2020) der Ausfall der Lehrkräfte aus Risikogruppen abgefangen werden ohne die einsatzfähigen Kolleg*innen zu überlasten?

Statt verantwortungsbewusst vorzugehen, wälzt die Landesregierung die Verantwortung für einen sicheren Unterricht auf die Schulen, Lehrkräfte und Kommunen ab. Sie schließt den Großteil der Schüler*innen vorerst aus dem Unterricht aus und mutet einem kleineren Teil sowie den Lehrkräften Unterrichtsbedingungen zu, unter denen ein Schutz ihrer Gesundheit nicht gewährleistet ist. Wir sagen an dieser Stelle ganz entschieden: Stoppen Sie die verfrühten Schulöffnungen! Alle Schüler*innen haben ein Recht auf Bildung! Alle Schüler*innen und Lehrkräfte haben ein Recht auf unversehrte Gesundheit!

Keine Schulöffnungen die gesamte nächste Woche!

Wir fordern daher von der Landesregierung NRW: Keine Schulöffnungen die gesamte nächste Woche! Der Gesundheitsschutz der Schüler*innen und Lehrkräfte muss an erster Stelle stehen! Geben Sie den Schulen ausreichend Vorbereitungszeit, so dass die Durchführung des Unterrichts unter Bedingungen, die den Notwendigkeiten des Infektionsschutzes genügen, möglich ist!

Wir fordern, die Schulen erst zu öffnen, wenn folgende Maßnahmen zuverlässig sichergestellt und umgesetzt sind:

  • landesweit geltende Hygienekonzepte in Abstimmung mit Schulaufsicht und Schulträger und unter Verantwortung des lokalen Gesundheitsamtes
  • Sicherstellung der Maßnahmen des Gesundheitsschutzes für Lehrkräfte und Schüler*innen, insbesondere ausreichend Mund-Nasen-Schutzmasken, Corona-Testmöglichkeiten, Desinfektionsmittel, Seife, Toilettenpapier und Abtrockentücher
  • Konzepte zur Sicherung des Gesundheitsschutzes während Pausenzeiten und Toilettengängen
  • Entwicklung von Raumkonzepten, um die erforderlichen Mindestabstände einhalten zu können, kleine Lerngruppen sowie zeitlich und nach Gruppen gestaffelten Unterricht zu ermöglichen
  • Sicherstellung der Einhaltung des Mindestabstands auch in Lehrer*innenkonferenzen
    Konzepte zur Sicherstellung von gesundheitlich unbedenklichen Schulbusfahrten unter Maßnahmen des Infektionsschutzes
  • Anpassung der Reinigungspläne: Türklinken, Tischoberflächen, Waschbecken, Toiletten sowie anderweitig oft benutzte Oberflächen sollten mindestens 2 Mal am Tag gereinigt werden!
  • Sicherstellung der Chancengleichheit für Schüler*innen, die einer Risikogruppe angehören und aufgrund dessen am Unterricht vor Ort nicht teilnehmen können sowie für Schüler*innen, deren Unterricht noch nicht wieder startet
  • Aussetzen der schriftlichen Abschlussprüfungen für das Schuljahr 2019/2020, Ermittlung der Abschlussnote aus den Vorleistungen und bundesweite Anerkennung der Abschlüsse
  • kein Einsatz von Beschäftigten, die selbst einer Risikogruppe angehören oder in deren unmittelbarem häuslichen Umfeld Personen aus einer Risikogruppe leben
  • zur Verbesserung der Personalsituation in Zeiten, wo Lehrkräftemangel und coronabedingte Ausfälle aufeinandertreffen: sofortige Eröffnung der Ausschreibungsverfahren für unbefristete Stellen entsprechend des Stellenbedarfs, besondere Berücksichtigung aller bisher abgewiesener Lehramtsbewerber*innen mit abgeschlossenem Vorbereitungsdienst und von früher mit Fristverträgen beschäftigten Lehrkräften, die im Moment keine Anstellung im Schuldienst haben sowie die sofortige Entfristung aller Zeitverträge
  • demokratische Mitbestimmung: Einbeziehung der Mitarbeitervertretungen in Form von Lehrerräten, Personalräten und Gewerkschaften sowie von Eltern- und Schülervertretungen in den Prozess der Vorbereitungen.“

Hier geht es zur Petition.

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

Empörung über Schulöffnungen ohne ausreichende Vorbereitung – „Herr Laschet, treten Sie ab!“

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Heinz
3 Jahre zuvor

Und die Mail hat es absolut in sich.

Die Abiturienten mit ihrer großen Lobby können laut der Mail freiwillig an dem Unterricht teilnehmen, während Abschlußchüler anderer Schulen an einem Unterricht ab Donnerstag teilnehmen müssen, und das obwohl sie keine zentralen Abschlußprüfungen mehr schreiben.

Diese Vorgehensweise empfinde ich als einen Skandal. Die Schüler, die sich am meisten beschweren, die noch ihr Abitur ablegen, können zu Hause bleiben, die anderen werden zu diesem Feldversuch gezwungen. Die Schüler, Eltern und Lehrer der anderen Schulformen beschweren sich halt einfach seltener und wenig effektiv.

dickebank
3 Jahre zuvor
Antwortet  Heinz

Nein, das liegt in der tatsache begründet, dass für die Abiturienten des laufenden Schuljahres die Präsenspflicht mit Beginn der Osterferien ohnehin geendet hätte. Dieser Zeitpunkt ist infolge des Erlasses des nämlichen Schulministeriums zur Schulschließung ab dem 16.03.2020 lediglich um 3 Wochen vorgezogen worden. In der zeit nach den Osterferien hätte es auch unter normalen Umständen freiwillige Vorbereitungsgelegenheiten gegeben, die von den Lehrkräften ebenfalls freiwillig angeboten worden wären. Gem. der neuen Erlasslage können diese Vorbereitungseinheiten ab dem nächsten Donnerstag (23.04.) angeboten werden, die teilnahme ist aber freiwillig, da die Präsenspflicht der Abiturieten ja nicht mehr besteht. Eine individuelle Präsenspflicht besteht ja erst wieder ab dem 12.05., um an den jeweiligen Terminen die Klausuren zu schreiben und die mündlichen Prüfungen abzulegen.

Georg
3 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Ausnahme sind evtl. noch zu erbringende Prüfungsleistungen wie die Vorabiturklausur. Gegen die werden sie aber auch Sturm laufen, gerade wenn die Zulassung gefährdet sein könnte.

Gustav
3 Jahre zuvor

Das heißt also, jede Schülerin und jeder Schüler muss einen Abstand von mindestens 3,5m im Raum haben, damit der Abstand immer gewart bleiben kann? Unrealistisch.

Marie
3 Jahre zuvor

„ Auf eine generelle Maskenpflicht in Schulen verzichtet das Land.“ In der Mail steht aber auch ganz klar, dass Masken zu tragen sind, wenn der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann. Auf welchem Flur kann man das denn? Und wie soll ich mit 1,5 m Abstand in den Heften der Kinder was lesen, Fehler finden und den Kindern erklären?? Aber so hat man es sich einfach gemacht. Hätte es eine Pflicht gegeben, hätte das Land nämlich such die Masken stellen müssen. So darf jetzt wieder jeder selber sehen, wo er die Teile herbekommt ( Liefertermine im Netz liegen teilweise bei Ende Mai oder Mitte Juni…)

Barbora Emilija K.
3 Jahre zuvor
Antwortet  Marie

Marie, es ist alles überhaupt nicht lustig, aber ich musste schmunzeln, als Sie geschrieben haben, wie sollen Sie aus 1,5 m Entfernung in den Heften der Kinder was lesen. Mit dem Fernglas, würde wahrscheinlich noch empfohlen. Von den ganz Schlauen, die aus sicherer Entfernung ihre Ratschläge verteilen.

Düres
3 Jahre zuvor

Laschet lass et!
Oder anders, Laschet geh mal in die Schule und suche die ganzen Waschbecken. Die großen Klassenräume um die Abstandsregeln ein zu halten u.s.w. …

Illy
3 Jahre zuvor

Jetzt soll Schule ausbaden, was an ganz anderer Stelle versäumt wurde.
Wir leben in einem Land in dem jeder seine Meinung vertreten darf. Deshalb finde ich unsere Demokratie sehr wertvoll. Im Sinne der freien Meinungsäußerung muss sich auch niemand meiner Meinung anschließen!Ich bin weder Arzt, noch Politiker noch Lehrer
Ich komme aus dem naturwissenschaftlichen/ medizinischen Bereich. Daher möchte ich an dieser Stelle folgendes nachschieben.
Ja, ich kenne natürlich die Zahlen der Toten und den Verlauf der letzten Influenzawelle in Deutschland.
Ja, mir ist klar, dass all den Virustoten und Langzeitgeschädigten bisher keine Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Es gibt im Übrigen viele Infektionskrankheiten, die viele Opfer fordern über die hier auch nicht gesprochen wird.
Aber: die Influenzaviren sind als Grippeerreger bereits länger als bekannte „Feinde“ unterwegs und daher haben wir einen anderen Immunschutz dagegen aufgebaut als gegen dieses neuartige Corona-Virus. Dieser wird irgendwann durch Medikamente genauso überschaubar sein. Im Moment ist es aber noch die Büchse der Pandora. Zumal momentan noch nicht mal wirklich geklärt werden kann, ob sich dagegen, wie imNormalfall, ein langfristiger Immunschutz aufbaut, oder der Erreger vielleicht wie ein Herpesvirus im Körper verbleibt und je nach Immunlage wieder aufbricht, oder ob gerade die Antikörperaktivität, dieeinen Immunschutz aufbauen soll, dafür sorgt, dass der Verlauf mit dieser Infektion schwerer wird.
Jedoch stehen folgende Fakten im Raum:
Wir werden alle mit dem Virus früher oder später in Kontakt kommen
80% werden einen milden Verlauf rechnen können.
Mir geht es jedoch um die 20%, die mit einem schweren bis sehr schweren Verlauf rechnen müssen.
Auf die Gesamtbevölkerung Deutschlands bezogen sind das 16.604 Millionen. (5 % sind die besonders gefährdeten – immerhin 4 Millionen)
Ich finde es legitim im Sinne dieser Menschen in einen offenen Diskurs zu gehen. Dieser Teil der Bevölkerung wird gerade durch die politische Diskussion abgehängt.
Nur auf unsere derzeitigen Erkenntnisse bezogen, war es doch so, dass die Schulen und Kitas geschlossen wurden, da nicht einzuschätzen ist, wie der Erreger in der jungen Bevölkerungsgruppe nahezu unsichtbar ohne starke Symptome auszubilden auf Risikopatienten übergeht. Eine weitere Information zeigt, dass bereits zwei Tage vor Ausbruch von Symptomen, eine hohe Viruslast in den oberen Atemwegen von Infizierten zu rechnen ist, die wiederum andere unbemerkt anstecken. Im Raum steht auch die Überlegung, ob der Krankheitsverlauf an die Viruslast gebunden ist, mit der jemand infiziert wird. Dies würde (zumindest mir) erklären, weshalb in Italien (nach meinem Kenntnistand) ca. 70 Ärzte, an einer Infektion gestorben sind und NICHT zur Risikogruppe zählten. (…und wir diskutieren immer noch ernsthaft über den Sinn von Mund-Nasen-Schutz?)
Aus diesem Grunde wurden Schulen und Kitas geschlossen: damit die zu erwartende Infektionswelle nicht unsere Krankenhauskapazitäten erschöpft.
Mich stört an der gesamten Diskussion: Schulen wurden als Durchlauferhitzer für diese Virusinfektion erkannt (zurecht – wie man an dem Ergebnis getroffenen Maßnahmen sieht) Nun sollen dies Sektionen mit niedriger Ansteckungswahrscheinlichkeit sein? …und der Schulbetrieb soll in welcher Form auch immer – wieder aufgenommen werden? Das kann doch alles nicht wahr sein.
Die Problemlage bleibt doch bestehen. Die Missstände sind so offensichtlich. Daher ist doch die gesamte Diskussion in eine andere Richtung zu lenken.
Es gibt an den Schulen so viele beklagenswerte Missstände, die sich u.a. in Sachen Hygiene heute besonders deutlich zeigen.
Es ist eine Misswirtschaft betrieben worden. Mit dem Ergebnis, welches jetzt mehr denn je ganz offensichtlich wird.
Es bestehen gar keine hygienischen Standards in den Schulen, die eingehalten werden könnten.Es können weder die geforderten Abstände eingehalten werden, noch gibt es Möglichkeiten einer regelmäßigen Händedesinfektion oder Waschmöglichkeiten. Zudem wird bei der bekannten Sachlage noch nicht mal Mundschutz angeordnet. – nicht weil es keinen Sinn ergäbe, sondern schlicht, weil keiner zur Verfügung gestellt werden kann.
Wieso sollen Schulen und deren Lehrer, Schulleiter und Schüler dazu verdonnert werden sich in diesen unklaren Zeiten einem Risiko auszusetzen, das weder für diesen Kreis noch für deren Angehörigen (vielleicht mit Vorerkrankten) zu überschauen ist?
Ich habe hier häufig freche Kommentare ggü der Lehrerschaft bzgl. der Coronaferien gelesen. Ich persönlich finde diese Art der Kritik an den Lehrkräften völlig verfehlt. Schule soll jetzt das Ausbaden, was manche „ambitionierte“ Politiker gerade vermasseln.
Wie sollen Schulen und deren Personal die nicht vorhandenen Hygienestandards: wie Waschbecken in Klassenräumen, Mundschutz und Desinfektionsmittel sicherstellen.
DAS ist NICHT Aufgabe der Schulen. Es wäre schon lange Aufgabe des Finanzministeriums gewesen die maroden Schulen in Ordnung zu bringen. (Aber die bauen ja noch am Berliner Flughafen, und vielleicht bricht ja auch mal eine Brücke bei zusammen, nach der Sanierung ist vor der Sanierung)
Alles was sich jetzt anschließt – in Folge der Petition, die den Schulen noch Zeit bis zur Eröffnung zu geben – kann doch nur ein fauler Kompromiss werden.
Die Schulen sind gerade nicht der Ort mit geringer Ansteckungswahrscheinlichkeit. Es müssen andere Wege gegangen werden. Das hat nichts mit faulen Schüler oder unmotivierten Lehrern, sondern mit der Misswirtschaft und langjährigen Fehlplanungen in diesem Lande zu tun.
Schauen wir uns im Umland um. Keine Wirtschaft, keine Schule… gerade steht die Welt still. Wir befinden uns in einer Ausnahmesituation.Es gibt sehr gute Möglichkeiten die Schüler über Homeschooling zu beschulen. Im europäischen Ausland werden diese Möglichkeiten ebenfalls genutzt. Unter den gegebenen Umständen kann dies momentan nur der Weg aus der Krise für diesen Sektor sein.
Ansonsten: In diesen wirklich unklaren Zeiten sollte Politik wie gesagt auf eine Freiwilligkeit setzen – ohne in Anarchie zu verfallen.Diejenigen, die das Risiko für überschaubar halten, können und sollen unter den politischen Maßgaben in ihre Normalität zurück. Diejenigen, die die Risiken für sich anders einschätzen – unabhängig davon ob sie Risikopatienten sind oder nicht, sollten ebenfalls entscheiden dürfen. Dies würde den gesamten Alltag entzerren.
Sobald Medikamente zur Verfügung stehen, die wirksam und sicher sind – oder gar eine Impfung, werden sicher alle gerne wieder in den normalen Alltag einsteigen. Auch hier dürfen wir wieder das Verfolgen wirtschaftlicher Interessen beobachten. Es hat sich im Vorfeld gezeigt, das Chloroquin wohl eher kritisch ist, für die Behandlung von Corona. Gute in vitro Ergebnisse konnten sich bisher nicht in vivo bestätigen. Jedoch beginnt Bayer gerade mit einer eigenen Studie, die die Wirksamkeit dieses Wirkstoffs belegen soll. Wird nur gerade mir schlecht? Wir tun gut daran zu beobachten, welche Firmen ihre eigenen Produkte fördern wollen. Getreu dem Motto: Trau keiner Statistik, die du nicht selbst manipuliert hast.
Nur so kann man in diesem Zusammenhang der vollständigen Verirrung unserer Politik auch nur die vorgestellte Studie einordnen, die Herr Laschet medienwirksam mit Herrn Steeck vorgebracht hat.
Wie kann man bitte schön die Ergebnisse einer Bevölkerungsgruppe von 12.000 Personen, für die Extrapolation auf 83 Mill Menschen verwenden? Es handelt sich um 0,01% der gesamt Bevölkerung der BRD.

Welche gesellschaftlichen Werte wollen wir verfolgen. Wem nützt gerade ein Schulabschluss irgendetwas, der unter diesen Bedingungen abgeprüft wird? Gestresste Lehrer, gestresste Schüler und gestresste Eltern und Angehörige. Wer soll dabei gewinnen? Welche Wirtschaft kann sich gerade entwickeln? Wer kauft gerade ein Auto oder hat Interesse an dem neusten Sommerlook?
Wenn alles gut verläuft wird es hoffentlich einen Impfstoff oder Medikamente im kommenden Frühjahr geben. Eine lange Zeit, in der wir hoffentlich nicht unsere zu schützenden Schwächsten abhängen.
Wir können weder Geld fressen, noch einen Toten wiedererwecken, noch unsere Gesundheit zurück kaufen.
Jeder wird durch diese Krise gehen. Der eine kommt leichter hindurch als der andere. Aber Sie wissen auch nicht zu welcher Gruppe sie letztlich gehören werden. Dies hat weder etwas mit Ihrem Kenntnisstand, Ihrer Intelligenz oder Stellung in der Gesellschaft zu tun. Es ist schlicht Glück oder Pech.
Wir stehen gerade mit 140000 Infizierten in Deutschland am ANFANG der Krise. Somit wäre es denkbar schlecht, getrieben vom Leistungsdruck und dem wirtschaftlich erwünschten Konsumverhalten, Entscheidungen zu treffen, die schwere Folgen haben werden vor allem für die Schwächsten und – was viele gerade nicht überblicken – schließlich für uns alle.
Sich den Drang der eigenen Selbstverwirklichung als „Leben mit der Epidemie“ schön zu quatschen finde ich völlig daneben.
Eine Gesellschaft zeichnet sich darüber aus, wie sie mit den Schwächsten umgeht und bereit ist Abstriche im eigenen Lebensstandard zu akzeptieren. Auch mal zugunsten der anderen. Solidarität nennt man das.Diese Entscheidungen in der Epidemie sind Entscheidungen für eine zeitlich begrenzte Phase. Sollte es nicht möglich sein für den Zeitraum einen Konsens zu finden, der die eigenen Bedürfnisse mal zurückstellt?
Meine Meinung muss nicht Ihre sein.

Tento
3 Jahre zuvor
Antwortet  Illy

Vielen Dank, Illy, für diese fundierte Darlegung!

Sehr geehrte Redaktion News4teachers,
dieser Diskussionsbeitrag hat nicht nur in der Länge die Merkmale eines eigenen Artikels. Er liest sich flüssig, jedoch ist es durch den zusammenhängenden Fließtext ohne Marker schwer, gedanklich zurückzuspringen und eine Stelle wiederzufinden.
Würden Sie dies bitte als Artikel mit Teilüberschriften (so Illy einverstanden ist) erneut an „an obiger Stelle“ veröffentlichen?
Vielen Dank,
Tento

Illy
3 Jahre zuvor

Danke, ja der Artikel kann gerne in Form gebracht werden

Christa D.
3 Jahre zuvor

Schulen kommen in der Coronadiskussion kaum vor und werden komplett allein gelassen. Die Lehrer müssen selber sehen, wo sie Desinfektionsmittel, Seife und Einmalhandtücher herbekommen. Die zuständigen Kultusministerien machen unrealistische Vorgaben, und die Schulträger haben kein Geld.
Digitaler Unterricht ist nur sehr bedingt möglich. Viele Schüler haben keinen Computer, sondern nur ein Smartphone. Korrigieren Sie mal Aufgaben, Aufsätze etc., die Ihnen die Schüler handschriftlich schreiben und mit dem Smartphone photographieren und schicken Sie die Korrektur wieder ans Smartphone mit den Erklärungen, für jeden Schüler individuell. Das klappt auch in anderen Ländern nicht. In Frankreich z. B. bekommen die Schüler einfach eine Nachricht: Lehrbuch S. 25 – 35 durcharbeiten. Da wird nichts korrigiert, erst wenn die Schüler wieder in der Schule sind. Aber in Deutschland müssen die Aufgaben korrigiert werden und es müssen immer wieder neuartige Aufgaben gestellt werden. Dazu muss der Kontakt zu den Schülern per Telefon oder E-Mail gehalten werden und aufgeregte Eltern müssen beruhigt werden.
Jeder Lehrer sehnt die Zeit herbei, in der die Schüler wieder zur Schule kommen.