Philologen: Öffnung der Schulen vor Mitte Mai unrealistisch – und dann nur schrittweise

8

STUTTGART. Der Philologenverband Baden-Württemberg hält Diskussionen darüber, die Schulen unmittelbar nach dem Ende der Osterferien wiederzueröffnen, für verfrüht. „Ich gehe nicht davon aus, dass vor Mitte Mai irgendein Unterrichtsbetrieb an den Schulen stattfinden kann“, so der Landesvorsitzende Ralf Scholl. Dass dies der früheste realistische Zeitpunkt ist, zeigten die Erfahrungen aus China, wo in der Provinz Hubei und der Stadt Wuhan erst nach acht- beziehungsweise neunwöchiger Dauer von Komplett-Lockdowns die Einschränkungen langsam gelockert werden.

Sieht er erst wieder im Mai ein Schulgebäude von Innen? Foto: Shutterstock

„Vor dem Hintergrund der Entwicklung der Fallzahlen in Baden-Württemberg sind Gedankenspiele über eine frühe Wiedereröffnung der Schulen aus meiner Sicht sehr unrealistisch“, betont Ralf Scholl. Vorrangiges Ziel in der gegenwärtigen Lage müsse es sein, die Ausbreitung des Corona-Virus einzudämmen und das Schuljahr einigermaßen geordnet zu Ende zu bringen – vor allem für die jeweiligen Abschlussjahrgänge. Deshalb kann sich der Verband der Gymnasiallehrkräfte auch einen gestaffelten Neustart des Unterrichts nach dem Ende der Schulschließungen vorstellen, wie dies von Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) als mögliches Szenario ins Spiel gebracht wurde (News4teachers berichtete).

Schulen bis zum Sommer geschlossen? Durchaus möglich

Gleichzeitig sei es aber auch richtig und notwendig, so meinen die Philologen, dass das Kultusministerium sich für den Fall wappne, dass die Schulen bundesweit bis zum Sommer geschlossen bleiben müssen. „Die Vorbereitungen des Kultusministeriums auf verschiedene Szenarien machen Sinn, um bei jedem einzelnen Öffnungsschritt nicht nur die Gesundheit der direkt Beteiligten zu schützen, sondern auch um die Covid-19-Pandemie schnellstmöglich und vollständig einzudämmen“, so meint der Philologen-Chef.

Die Zeit der Schulschließungen muss nach Überzeugung des Verbands auch für konkrete Maßnahmen an den Schulen genutzt werden. „In den Tagen vor der Schulschließung wurde mit erschreckender Deutlichkeit klar, dass die vom RKI geforderten Hygienemaßnahmen (häufiges Händewaschen mit warmem Wasser und Seife und sorgfältiges Abtrocknen) an sehr vielen Schulen gar nicht möglich sind. In den Klassenzimmern gibt es teilweise keine Seife und kein Handtuch, in den Toiletten kein Warmwasser und oft nur Gebläsetrockner, die die Viren großräumig in der Luft verteilen“, so heißt es.

Anzeige

Hygiene an den Schulen verbessern

Deshalb fordern die Philologen die Schulträger dringend auf, die sanitären und hygienischen Bedingungen in den Schulgebäuden zu verbessern. „Wenn der Unterricht wieder startet, muss es an jeder Schule genügend warmes Wasser, Seifenspender, Handtuchspender und Hände-Desinfektionsmittel geben – und zwar nicht nur in den Toiletten, sondern auch in den Klassen- und Fachräumen, im Zugangsbereich der Mensen und – wo möglich – sogar auf den Fluren“, fordert Scholl. Dasselbe gelte auch für die Schulsporthallen und Schwimmbäder.

Zudem müssten die Putzpläne überprüft und gegebenenfalls überarbeitet werden. Gründlicheres Putzen und Desinfizieren müsse dem Reinigungspersonal gegenüber angeordnet – und bezahlt – werden. „Nach der Schulöffnung darf bei Sauberkeit und Hygiene erst einmal nicht gespart werden“, erklärt Ralf Scholl: „Das könnte sonst schnell gesundheitsgefährdend werden.“

Mehr Schulbusse und Züge fahren lassen

Seine praktischen Vorschläge: Um zu vermeiden, dass bestimmte Gegenstände (z.B. Türklinken) von sehr vielen Menschen angefasst werden, könne man Außentüren während des Schulbetriebs durch Keile offenhalten. Die Kommunen müssten zudem in Abstimmung mit den Anbietern des Nahverkehrs dafür Sorge tragen, dass größere Transportkapazitäten für die Schülerbeförderung bereitgestellt werden, damit die Schüler in den Schulbussen und Zügen die Abstandsregeln halbwegs einhalten können. News4teachers

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

Kultusministerin: Schulbetrieb wird nach den Osterferien wohl nicht vollständig starten können – Unterricht nur für einige Klassen?

 

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

8 Kommentare
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments
Heinz
3 Jahre zuvor

Zitat: „… In den Klassenzimmern gibt es teilweise keine Seife und kein Handtuch, in den Toiletten kein Warmwasser und oft nur Gebläsetrockner, die die Viren großräumig in der Luft verteilen“, so heißt es….“

Ich hoffe, dass er die in ein paar Sätzen später mehr oder weniger erwähnten Papiertuchspender meint, ein Handtuch, ist mit das unhygienischte was es so gibt, dann lieber garnicht trocknen!

Was übrigens aus irgendeinem Grund nie bedacht wird, und ich erwähne es immer wieder gerne, ist die Masse an Schülern. Hier führt schon einfachste Mathematik dazu, dass man quasi merkt, dass dies trotzdem kaum möglich wäre. Jede Person soll 30 Sekunden ihre Hände waschen. Aufgrund der Abstandsregelung kann der nächste Schüler erst die Hände waschen, wenn Person 1 auch mit abtrocknen fertig ist, sind dann im schnellsten Fall ca. 40 Sekunden.
Bei 31 Personen und 40 Sekunden sind das bereits fast 21 Minuten!!!! In der Zwischenzeit haben 5 Schüler genießt oder gehustet und müssen erneut Hände waschen. Sorry, aber das ist einfach mathematisch bereits nicht machbar!!!!
Außerdem frage ich mich immer, ob die Menschen, die den Vorschlag regelmäßig machen, dass man ja immer nur einen oder zwei Jahrgänge unterrichten könne, damit die Schüler genügend Abstand zueinander haben, eigentlich schon mal mehr als ein Kind gleichzeitig gesehen haben? Kinder werden diesen Abstand zueinander nicht halten, da es vollkommen unnatürlich ist, das können Kinder nicht und Jugendliche auch nur begrenzt.

Viola Wolf
3 Jahre zuvor

Ob bei der Diskussion um baldige Schulöffnungen wohl irgendjemand irgendwann endlich auch einmal an die Gesundheit der Lehrerinnen und Lehrer denkt, von denen viele über 50 sind und bei denen ein schwerer Infektionsverlauf deshalb wahrscheinlicher wird? Außerdem wäre es nicht vermittelbar, wenn es weiterhin ein Kontaktverbot geben sollte, keine Konzerte und Gottesdienst stattfinden dürften und gleichzeitig sollten tausende von Schülerinnen und Schülern, die an den beruflichen Schulen zum großen Teil erwachsen sind, zusammen mit ihrem Lehrer wie gewöhnlich wie Ölsardinen in engen Klassenzimmern zu dreißigst eingepfercht werden, ohne die Möglichkeit auch nur 30 cm vom anderen Abstand zu haben. Das wäre grob fahrlässig und ein Dienstherr, der das verlangt, riskiert bewusst das Leben und die Gesundheit aller Beteiligten. Wäre das nicht eigentlich sogar Körperverletzung? Handhygiene würde da nicht viel helfen. Es würde ausreichen, dass ein Infizierter einmal hustet oder niest und dann hätte sich das halbe Klassenzimmer angesteckt. Partieller Unterricht kann deshalb auch nicht bedeuten, dass nur einige Klassen in die Schule kommen, sondern dass nur Teile von Klassen in die Schule kommen, damit in den Klassenzimmer etwas Abstand gehalten werden kann.

Marina Web
3 Jahre zuvor

Auf der einen Seite diskutiert man darüber, dass man ja aus Datenschutzgründen die Deutschen nicht zwingen könne, eine Corona app auf Handy zu spielen, weil das ja den Menschen schadet, scheint niemand wirklich daran zu denken, auf der anderen Seite ist die Rede davon, dass die Schulen in zwei Wochen wieder geöffnet werden sollen, was bedeutet, dass man Schüler (Schulpflicht) wie Lehrer (Dienstpflicht) zwingt, sich einer Situation auszusetzen, in der ein Mindestabstand von 2 Metern nie und nimmer eingehalten werden kann, das geben weder die räumlichen Gegebenheiten her, noch kann man von Kindern erwarten, dass sie den Abstand einhalten. Nach drei Wochen homeschooling sind wir soweit, dass Unterricht auch gut online stattfinden kann, auch für die Oberstufe, die demnächst Abitur machen will. Wer von den Oberstufenschülern bisher fleißig war und gut gelernt hat, der hat auch jetzt keine Probleme, sich gut vorzubereiten, wenn er das Angebot der Lehrer annimmt. Wer bisher aber eher faul war und das Angebot der Lehrer weder in den letzten eineinhalb Jahren noch in den letzten drei Wochen angenommen hat, wird dies in den letzten drei Wochen vor dem schriftlichen Abitur auch nicht mehr mit face-to-face Unterricht aufholen können. Dass die schriftlichen Abiturprüfungen stattfinden können, mit Abstand zwischen den Tischen in große Hallen, ist vorstellbar, alles andere aber nicht.

Marie
3 Jahre zuvor

Von warmem Wasser träumen wir in unserer Schule seit Jahren. Es gibt nur einen einzigen Raum mit einem Warmwasseranschluss – das ist unsere Miniküche am Lehrerzimmer, in der sich bei Einhaltung des Abstandsgebotes genau 1 Person aufhalten darf. An allen anderen Stellen bekommt man bei uns nur kaltes Wasser, und mit dem wird dann auch geputzt. Von Hygiene ist das leider meilenweit entfernt.
„Schön“ finde ich auch den Satz, man könne die Außentüren mit Keilen offen halten. Seit Jahren wird gepredigt, dass Schulen geschlossen sein müssen, damit sich nur die Personen im Gebäude aufhalten, die dort auch sein dürfen. Und all unsere Zwischentüren sind Brandschutztüren, die bei Rauchentwicklung selbsttätig schließen sollen und daher nicht mit einem Keil blockiert werden dürfen. Über das Abstandsgebot in Schulbussen will ich mich gar nicht auslassen, man bräuchte geschätzt die vierfache Menge an Bussen, das kann die Gemeinde gar nicht finanzieren…

Pit
3 Jahre zuvor

Es gibt nicht nur jüngere Eltern sondern auch ältere Eltern darunter auch Risiko Patienten als Eltern denkt daran auch jemand.Dann muß man jedes mal Angst haben das das Kind angesteckt ist wenn es heimkommt, da man auch bei Kindern nicht immer merkt das sie das Virus in sich tragen .Wirklich die ganze Zeit versucht man die Kinder zu schützen,und versucht sie zuhause einzusperren und jetzt wo die zahlen der Kranken und Toten höher wird setzt man die Kinder der Gefahr aus .In dem man sie in die Schule schickt.Ganz tolle Sache

Marianne Kreuzinger
3 Jahre zuvor

Bitte denkt auch mal an die Lehrer und welcher Gefahr sie ausgesetzt werden würden sich zu infizieren, wenn die Schule wieder „hochgefahren“ wird. Es gibt zahlreiche ältere Lehrer, die zur Risikogruppe zählen oder auch solche, die kurz vor der Pensionierung stehen. Lehrer sind auch Menschen und benötigen dringend Schutz! Man darf sie auf keinen Fall gefährden!!!!
All diese Lehrer würden theoretisch und auch praktisch, aus Sicherheitsgründen, für den Unterricht ausfallen und gerade diese würde man dringend benötigen, wenn Schüler in kleineren Gruppen unterrichtet werden sollten. Wie soll das funktionieren?
Für die Eltern, eine höchst schwierige Situation, die Kinder noch einige Wochen sowohl schulisch zu betreuen als auch freizeitmäßig zu bespaßen, aber es geht in diesen schwierigen Zeiten leider nicht anders! Die Gesundheit ist unser aller wichtigstes GUT!!!
Mein Appell: Lasst das Schuljahr 2020 doch vorbei sein, es ist ganz einfach alles zu risikoreich und kompliziert- sowohl für Schüler als auch für Lehrer. Den gesamten komplexen Schulbetrieb in Kürze wieder hochzufahren ist ein Megaakt für die Politik und birgt sehr viele Unsicherheiten und Gefahren in sich.
Man sollte das Schuljahr 2020 abhaken und den Schülern der Grundschule, Unterstufe und Mittelstufe am Ende des Schuljahres, ihr Zeugnis zuschicken .
Die Lehrer haben bis jetzt auch einen guten Gesamteindruck von ihren „Schäfchen“ und ich bin mir sicher, dass sie faire Beurteilungen zuwege bringen.
Lasst uns doch im Herbst 2020 voller Zuversicht und guten Mutes wieder durchstarten!

j.N.
3 Jahre zuvor

Gut und wie sollen die Eltern der jüngeren Schüler bis Herbst ihre Kinder betreuen? Welcher Arbeitgeber zahlt monatelang Lohn für einen AN,der Zuhause ist? Ähnlich bei den Kita Kindern.

Und ja viele Lehrer und Erzieher sind über 60. Das sind aber auch viele Verkäufer, Pflegekräfte usw auch. Mein Vater und Schwiegereltern sind über 60 und arbeiten mit Zig Menschen um sich herum weiter. Das schert doch auch niemanden?

Viola
3 Jahre zuvor

Lehrer werden aber nicht hinter Plexiglas unterrichten können oder mit geeigneter Schutzkleidung ausgestattet vor der Klasse stehen.
Die Kinder husten und niesen. Dauernd.
Sie halten keinen Abstand, selbst wenn die räumlichen Möglichkeiten es zuließen.
Wer sich stundenlang und täglich mit 25 oder mehr Kindern auf engstem Raum aufhält, wird sich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit irgendwann infizieren.