«Regeln für Schulweg, Pause, Toilettengang» – So öffnen Bayerns Schulen

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MÜNCHEN. Nach wochenlangem Heimunterricht kehren auch in Bayern am kommenden Montag die ersten Schüler in die Klassenräume zurück. Für sie gelten dann strenge Hygieneregeln. Masken müssen die Jugendlichen im Unterricht aber nicht tragen, obwohl jeder Schüler und jeder Lehrer welche bekommen soll, wenn er über keine eigenen verfügt. Die Philologen begrüßen die Ankündigung.

Die Abiturienten kehren am Montag in die bayerischen Schulen zurück. Foto: Shutterstock

Beim schrittweisen Unterrichtsbeginn nach der Corona-Pause müssen Bayerns Schüler in den Klassenzimmern keine Masken tragen – aus Sicherheitsgründen dürfen Lehrer über 60 Jahren aber zu Hause bleiben. Dies gilt auch für Schwangere sowie chronisch Kranke und Betroffene mit Vorerkrankungen. «Es gibt Risikogruppen, besonders gefährdete Menschen, sowohl bei den Schülerinnen und Schülern als auch bei den Lehrkräften», sagte Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) am Mittwoch in München. «Da ist selbstverständlich die Teilnahme am Präsenzunterricht bei einem entsprechend fachärztlichem Attest nicht notwendig.»

Lehrer über 60 dürfen unterrichten – freiwillig

Lehrkräfte über 60 Jahre dürften freiwillig vor den verkleinerten Klassen unterrichten, kündigte Piazolo an. Das Ministerium werde nicht nur allen Lehrern, sondern möglichst auch allen Schülern Alltagsmasken zur Verfügung zu stellen, sofern diese keine haben. Auch wenn es keine generelle Pflicht gebe, halte er Masken in bestimmten Situationen für angemessen, sagte Piazolo – etwa beim Ankommen im Schulgebäude oder dem Toilettengang. Auf dem Schulweg mit Bus und Bahn seien die Behelfsmasken ohnehin Pflicht.

Ein Unterricht mit Masken sei aber kaum durchführbar, betonte Piazolo. Und auch nicht nötig: «Wir haben in den Schulen nun bewusst Bedingungen geschaffen, unter denen der Abstand eingehalten werden kann und soll und muss.» Die Landtags-Grünen kritisierten die fehlende Maskenpflicht und sehen dadurch die Gesundheit von Schülern, Lehrern und deren Familien gefährdet.

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Maximal 15 Schüler pro Kurs

Mit den Abschlussklassen kehren am kommenden Montag die ersten Jugendlichen in die Schulen zurück – in verkleinerten Klassen von maximal 15 Schülern und klaren Vorgaben zum Hygieneschutz. «Es gibt Regeln für den Schulweg, die Pause, den Toilettengang», betonte Piazolo. So brächten die Schulbusse ihre Passagiere gegebenenfalls gestaffelt zu den Schulen, wo die Jugendlichen dann an frontal ausgerichteten Einzeltischen mit jeweils 1,5 Metern Abstand rundherum ohne Gruppenarbeit lernen und möglichst auch die Pausen in ihrem Klassenzimmer verbringen werden. Nach jeder Schulstunde muss mindestens fünf Minuten gelüftet werden.

Darüber hinaus bekommen die Abiturienten nur in ihren fünf Prüfungsfächern gemeinsamen Unterricht. Klausuren gibt es keine mehr – sie können aber nach der Abschlussprüfung auf freiwilliger Basis noch geschrieben werden, um die Note zu verbessern. Die Zensuren für das laufende Halbjahr werden entweder auf den schon erbrachten Leistungen beruhen oder aus den Ergebnissen der 11. und 12. Klasse hochgerechnet – je nachdem, was für den jeweiligen Schüler günstiger ist. «Das Abitur wird ab dem 20. Mai starten, die Prüfungen an der Mittelschule ab dem 6. Juni, Realschule ab dem 30. Juni, FOS/BOS ab dem 18. Juni», gab Piazolo den Fahrplan vor.

„Viele Eltern leiden unter der jetzigen Situation“

Frühestens am 11. Mai sollen dann die Abschlussklassen des nächsten Jahres und die vierten Klassen der Grundschulen in die Klassenzimmer zurückkehren. Alle anderen müssen weiter zu Hause lernen. «Mir ist wohl bewusst, dass viele Eltern unter der jetzigen Situation leiden, an Grenzen stoßen und dass es ihnen sehr wichtig ist, dass die Schülerinnen und Schüler wieder in die Schulen kommen», sagte Piazolo. Trotz der Sorge, dass ihre Kinder nicht gut mitkämen, sollten sie den Druck nicht zu sehr erhöhen. «Lernen zu Hause ist kein Ersatzunterricht. Die Eltern sind auch keine Ersatzlehrer.»

Die SPD im Landtag fordert für alle bayerischen Schüler eine Ausstattung mit Computern und Internetanschlüssen. «Die Corona-Pandemie wird den Schulalltag noch bis weit in das nächste Schuljahr hinein beeinträchtigen. Viele Kinder besitzen aber kein digitales Endgerät, mit dem sie lernen können», sagte die bildungspolitische Sprecherin der Fraktion, Simone Strohmayr, am Mittwoch in München. Sollten die Schulen nicht genügend Verleihgeräte haben, müsse der Freistaat für eine entsprechende Ausstattung sorgen. Von Elke Richter, dpa

Stellungnahme der Philologen

Michael Schwägerl, der Vorsitzende des Bayerischen Philologenverbands, meint zu den Schulöffnungen:

„Ich begrüße die Entscheidung des Ministeriums, ab sofort auf Leistungsnachweise in den Abschlussklassen zu verzichten. Das ist eine sehr wichtige Regelung, mit der sich die Schülerinnen und Schüler und ihre Lehrkräfte jetzt voll auf das Abitur konzentrieren können. Die Zeit der Ungewissheit hat hier ein Ende, alle können nun gemeinsam an ihrem Ziel – dem Abitur – arbeiten. Angesichts der aktuellen Situation ist es für alle Betei­ligten am Gymnasium von Vorteil, wenn die schriftlichen Abiturprüfungen vor den Pfingst­ferien stattfinden und die mündlichen danach. Die Ferien dienen Schülern und Lehrern zur Vorbereitung auf das Kolloquium und verringern auf Lehrerseite den Zeitdruck bei der Korrektur.“

Weiter sagt er: „Den größten Stellenwert bei allen Entscheidungen müssen Gesundheit und Hygiene haben. Gerade auf den Gängen oder in der Aula kann es aber mitunter, auch wenn nur Abiturienten da sind, sehr eng zugehen. Deswegen raten wir allen Beteiligten dringend, in solchen Bereichen eine Maske zu benutzen. Der Minister hat ja heute angekündigt, dass diese zur Verfügung gestellt werden“, so Schwägerl.

Schwägerl weiter: „Natürlich werden auch wir Lehrkräfte in dieser Situation unseren Dienst leisten. Dennoch muss man hier die Risikogruppen wie Vorerkrankte oder Schwan­gere im Blick haben. Daneben dürfen aber auch diejenigen nicht vergessen werden, die zuhause Kontakt zu Risikogruppen haben, weil sie zum Beispiel ihre Eltern pflegen. Einzel- und Härtefall-Lösungen müssen möglich bleiben. Auch die Kinderbetreuung ist eine Herausforderung, weil Lehrkräfte zum sonstigen Bereich der kritischen Infrastruktur gehören, wenn sie vor Ort unterrichten und Prüfungen abhalten müssen. Insofern müssen auch sie Zugang zur Notbetreuung haben.“

Sorge um die Situation an Beruflichen Oberschulen

„Mit Sorge beobachten wir die Lage an den Beruflichen Oberschulen, wo fast 50 Prozent der Schüler in Abschlussklassen sind. Ein großzügiges Aufteilen der Kurse im Schul­gebäude ist schon allein wegen der Schülerzahl nicht so einfach möglich. Wir erwarten uns hier deutliche Regelungen, wie der Betrieb entzerrt werden kann, denn an den Beruflichen Oberschulen beginnt das Abitur erst Mitte Juni – es liegen also mehr als sechs Wochen Unterricht vor den Beteiligten. Hier besteht die Möglichkeit einer Art Blended Learning – also einer Mischung aus Präsenzunterricht und Online-Lernen von zuhause.“, ergänzt Schwägerl.

 Lehrpläne und Schulaufgaben

„Dass jetzt über eine Anpassung der Lehrinhalte nachgedacht werden muss, liegt auf der Hand, der Minister hat das heute auch angekündigt. Das nimmt viel Druck aus der ohnehin schon schwierigen Situation der Schüler und Eltern. Zumal die jüngeren Schüler ja weiter­hin von zuhause lernen sollen. Auch bei den noch ausstehenden Schulaufgaben und anderen Leistungsnachweisen muss aus unserer Sicht über eine Reduktion nachgedacht werden“, so Schwägerl abschließend.

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