Robert-Koch-Institut befürchtet steigende Corona-Zahlen durch Schulöffnungen

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BERLIN. Das Robert-Koch-Institut (RKI) befürchtet durch die Schulöffnungen einen negativen Effekt bei der Eindämmung der Corona-Pandemie. Es sei zu erwarten, dass es durch die Wiedereröffnung der Schulen und andere Deeskalationsmaßnahmen mit den damit verbundenen zunehmenden Kontakten aller Wahrscheinlichkeit nach zu einer Zunahme von Covid-19-Infektionen kommen werde, so heißt es in einem aktuellen Papier der Bundesbehörde. „Um einen unkontrollierten Wiederanstieg der Neu-infektionen zu verhindern, erfordert die Wiedereröffnung von Betreuungs- und Bildungseinrichtungen daher eine vorausschauende Planung“, so heißt es. Die Forscher listen Bedingungen auf, die bei weiteren Öffnungen von Schulen und Kitas erfüllt sein sollten.

Das Robert-Koch-Institut warnt vor einem allzu sorglosen Umgang mit dem Coronavirus. Illustration: Shutterstock

„Um eine weitere Verbreitung von SARS-CoV-2 zu verhindern, müssen alle Maßnahmen eingehalten werden, die in der aktuellen Situation generell und im öffentlichen Raum empfohlen werden. Ganz entscheidend ist es, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, Neuinfektionen schnell zu erkennen, die Erkrankten zu isolieren und die Kontaktpersonen-Nachverfolgung rasch, effizient und vollständig durchzuführen“, so schreiben die Wissenschaftler. Ziel sei es, das Infektionsrisiko in Bildungseinrichtungen auf dem Niveau anderer Alltagsaktivitäten zu halten, so dass bei Einhaltung der infektionshygienischen Maßnahmen auch Personen partizipieren könnten, die ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf hätten.

„Übersetzt auf das Setting von Bildungseinrichtungen“ seien folgende Maßnahmen besonders wichtig:

Hygienemaßnahmen: „Konsequente Händehygiene, Einhaltung der Husten- und Niesregeln, keine gemeinsame Nutzung von Trinkflaschen u. ä., regelmäßige Raumlüftung und gründliche Raumreinigung gemäß den gültigen Hygienestandards“.

Abstand: „Es gilt die generell gültige Maßgabe, einen Abstand von mindestens 1,5 Metern einzuhalten, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Unterrichtsräume. An das Abstandsgebot ist auch die maximale Anzahl der Personen im Raum gekoppelt, sie hängt daher von den Voraussetzungen in den vorhandenen Räumlichkeiten ab. Eine räumliche Entzerrung wäre beispielsweise durch Halbierung der Klassen und Unterrichtung der halben Klassen jeweils an jedem zweiten Tag möglich. Überlegungen hinsichtlich der Reduktion der Personendichte/Entzerrung sollten auch hinsichtlich des Transports (Schulbusse, ÖPNV) angestellt werden.“

Zuordnung zu konstanten Gruppen und Gruppenräumen, „damit im Erkrankungsfall eine mögliche Übertragung begrenzt wird, die für eine Kontaktpersonen-Nachverfolgung notwendigen Informationen rasch erhoben werden können und eine gezielte Quarantäne von Gruppen erfolgen kann. Auch die Pausen sollten so organisiert sein, dass die Gruppen sich nicht durchmischen und der Mindestabstand gewahrt wird“.

Mund-Nasen-Schutz: „Das Tragen einer MNB (Mund-Nasen-Bedeckung, „community mask“, Alltagsmaske) oder eines MNS (Mund-Nasen-Schutz, sofern verfügbar) kann dazu beitragen, Übertragungen innerhalb der Einrichtungen, insbesondere durch prä- und asymptomatisch Infizierte, zu reduzieren und somit auch Risikogruppen vor Übertragungen zu schützen (Fremdschutz). Dies gilt vor allem in Situationen, in denen das Abstandsgebot nicht oder nur schwer eingehalten werden kann.“

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Identifikation und Umgang mit erkrankten Personen: „Symptomatische Personen dürfen (auch bei milden Symptomen) die Einrichtung nicht betreten. Bei Auftreten von Symptomen in der Unterrichts-/Betreuungszeit sind eine umgehende Isolierung und die Eltern auf die Notwendigkeit einer umgehenden ärztlichen Abklärung hinzuweisen. Quarantänemaßnahmen für die Kontaktpersonen sind umgehend und konsequent umzusetzen. Quarantäne und Isolierung (inkl. Aufhebungszeitpunkt/Wiederzulassung) haben gemäß aktuellen Empfehlungen und in enger Abstimmung mit den zuständigen Gesundheitsbehörden zu erfolgen“.

Monitoring und Dokumentation: „Es sollte ein Monitoring und eine sorgfältige tägliche namentliche Dokumentation der krankheitsbedingten An- bzw. Abwesenheiten erfolgen, darüber hinaus ist sicherzustellen, dass aktuelle und vollständige Kontaktdaten des Elternhauses bzw. der Sorgeberechtigten für eine Kontaktaufnahme durch die Einrichtung oder durch die Gesundheitsbehörden vorliegen.“

Schutz von Personen, die ein Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben: „Eine generelle Festlegung ist an dieser Stelle nicht möglich, da der Schweregrad einer Erkrankung und die Begleitumstände mitbeachtet werden müssen. Für Personen, die nach ärztlicher Einschätzung (z. B. aufgrund von schweren immunsuppressiven Erkrankungen) nicht am Schulbetrieb teilnehmen können, sollten unter Vermeidung von Stigmatisierung und Benachteiligung individuelle Lösungen gefunden werden.“

Klare Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten und eine gute Kommunikation: Diese „sind erforderlich, um alle notwendigen Maßnahmen ohne Zeitverlust umsetzen zu können. (z. B. Benennung eines Hygienebeauftragten für die Aktualisierung und Umsetzung des Hygieneplans). Auch die Einrichtung einer Corona-„Kommission“ kann, insbesondere in größeren Einrichtungen, hilfreich sein.“

Zu diesen Punkten seien Konzepte und Lösungen zu erstellen, zu verschriftlichen, abzustimmen und angemessen mit den zuständigen Behörden, im Kollegium und mit den Eltern zu kommunizieren. Das Robert-Koch-Institut warnt: „All dies erfordert einen ausreichenden zeitlichen Vorlauf.“

Hier lässt sich das komplette Dossier herunterladen.

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

Erfolgten Schulöffnungen voreilig? Laschet: „Ich hab‘ mich auch gewundert…“

 

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7 Kommentare
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Illy
3 Jahre zuvor

Irgendwie nichts Neues.
1500 nachgewiesene Infektionen: Lasst uns die Schulen schliessen und Lockdown beschliessen.
160.000 infektionen: lasst uns die Schulen öffnen….

Finde den Fehler.

Peter Weins
3 Jahre zuvor

Gebauer und Laschet z.B. zweifeln die Expertise des RKI offensichtlich an. So ist Gebauer gegen eine Maskenpflicht in Schulen und Laschet behauptet „die Wissenschaftler“ würden ständig „ihre Meinung“ (ob er Erkenntnisse meint, ist nicht bekannt) ändern. Wenn die NRW Landesregierung ihre Ansage ernst nähme, nur noch die Infos des RKI als Grundlage ihrer Entscheidungen zu nehmen und nicht mehr, die ,auch auf Veranlassung der NRW Landesregierung erstellte (gekaufte?), Heinsberger Studie, hätte sie jetzt ein Problem. Die Lösung, wenn die Fallzahlen in den nächsten Wochen wieder hoch gehen, sind für („Ich hab mich auch gewundert…“) Laschet und Gebauer die Schulträger. Es ist immer gut einen Schuldigen in petto zu haben, dem man die Verantwortung für eigenes Versagen zu schieben kann.

Illy
3 Jahre zuvor
Antwortet  Peter Weins

@Petet Weins, @omg: Danke, so so sehe ich das auch

OMG
3 Jahre zuvor

Anstatt des „Wunderns“ wäre mir in der Situation Ahnung bei Entscheidungsträgern lieber. Ehrlich.
Eine Bitte an alle Lehrkräfte hier: Bitte die Schulleitung, die Arbeitssicherheitsfachkraft in die Schule zu holen und die Maßnahmen vor Ort in Augenschein zu nehmen. Es gibt richtig gute Hinweise, an was man nicht gedacht hat (wer von den Lehrkräften ist schon nebenberuflich Experte in Brandschutzfragen, Fluchtwegeplanung, genaue Berechnung der erforderlichen Breite von Wegen im Schulgebäude bei einem Mindestabstand von 1,5 m) usw.
Es hilft vor Ort, es nimmt Druck aus den Kollegien und es gibt ein Protokoll, dass an alle vorgesetzten Stellen (Schulamt, Bezirksregierung, Schulträger) zu senden ist.
Dann kann es nicht mehr heißen: Denn sie wissen nicht, was sie tun. Sondern: Sie wissen es genau und machen es trotzdem.

dickebank
3 Jahre zuvor

Die Erkenntnisse des RKI sind so gesehen auch erkauft, das RKI ist steuerfinanziert.

Die Frage ist ja, warum hat das RKI nicht eigene Tests im Lkr. Heinsberg durchgeführt.

ysnp
3 Jahre zuvor

Ich kann mir solche Maßnahmen bei Grundschülern überhaupt nicht vorstellen. Grundschüler haben Bewegungsdrang, selbst bei 3 Unterrichtsstunden ist es auch bei Viertklässlern schwer, diese ruhig und auf Abstand zu halten. Die Unterrichtsmethoden, die man in der Grundschule anwendet, haben u.a. den Hintergrund um dem Bewegungsdrang Rechnung zu tragen. Die Entwicklung war ja so, dass wir eher immer wieder Bewegungsmomente in den Unterricht eingebaut haben oder eine Methode gewählt haben, die Bewegung impliziert. Es geht einfach nicht, dass Grundschüler längere Zeit ruhig dasitzen und sie mit Frontalunterricht plus Schreiben in Hefte oder auf Blätter zu beschäftigen. Grundschüler sind eben keine älteren Schüler, die länger ruhig sitzen bleiben können.
Dann noch ein Gedanke, der mich die ganze Zeit umtreibt: Ich gehöre zur älteren Lehrergruppe, die aufgrund ihres Alters zur Risikogruppe zählt und man freiwillig in die Schule kann oder nicht. Das finde ich eine schlechte Lösung, weil der schwarze Peter bei den Personen selbst ist. Das Risiko ist wegen widersprüchlicher Nachrichten unheimlich schwer einzuschätzen. Wenn ich Obiges wieder lese, frage ich mich, ob diese Sicherheitsmaßnahmen ausreichen.
Warum verwendet man Testkapazitäten nicht auf die Schule, um Schüler und Lehrer regelmäßig zu testen? Dann könnten auch ältere, gesunde Lehrer etwas befreiter in die Schule gehen oder zumindest eher das Risiko eingehen.

dickebank
3 Jahre zuvor

„Grundschüler sind eben keine älteren Schüler, die länger ruhig sitzen bleiben können.“

Ich wusste gar nicht, dass die GS bis zur 10 Klasse geht:)

Das klappt auch bei älteren SuS so gut wie nicht. Auch bei zweistündigen Klassenarbeiten müssen einige ihren bewegungsdrang ausleben und zum Papierkorb oder zur Toilette laufen. Letzteres nicht unbedingt der Notdurft oder der Nikotinsucht geschuldet.