MAINZ. Vorbild für andere Bundesländer? Die rot-grün-gelbe Landesregierung von Rheinland-Pfalz hat eine Neufassung des Schulgesetzes beschlossen. Sie sieht unter anderem vor, dass Lehrkräfte auch mit digitalen Lehr- und Lernsystemen arbeiten müssen. Darüber hinaus bringt die Novelle deutlich mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten für Schülerinnen und Schüler – schon in der Grundschule.
Mit der Schulgesetznovelle hat die rheinland-pfälzische Landesregierung ein zentrales Vorhaben des Koalitionsvertrags von SPD, FDP und Grünen umgesetzt. Das neue Schulgesetz trage sowohl dem modernen Demokratieverständnis als auch der digitalisierten Gesellschaft Rechnung, erklärt Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD). Mit dem neuen Gesetz wird es sehr viel mehr Rechte für Schülerinnen und Schüler geben. „Außerdem haben wir eine Bestimmung aufgenommen, dass Schule zur Erfüllung ihres Bildungsauftrags auch digitale Lehr- und Lernsysteme sowie Netzwerke nutzt.“
Die Novelle sieht vor, dass alle Schulen im Land künftig eine einheitliche Software zur Verwaltung einsetzen. Diese kann dann auch für die amtliche Schulstatistik genutzt werden.
Hinsichtlich der Mitwirkung von Schülerinnen und Schülern bestimmt der Gesetzentwurf, dass alle Schulen Schülervertretungen haben sollen. Bei den Grundschulen war dies bisher nicht überall der Fall. „Schon unsere Jüngsten können und sollen mitbestimmen“, sagt Hubig. „Das ist gelebte Demokratie.“ Dass Kinder in der Schule lernen, dass die eigene Meinung gehört wird und auf diese Weise Selbstwirksamkeit erfahren, ist ein zentrales Anliegen der rheinland-pfälzischen Bildungsministerin.
Die Demokratiebildung in der Schule hat im Zuge der aktuellen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen an Bedeutung gewonnen. Schülerinnen und Schüler sollen lernen, sich als Part der Gesellschaft zu begreifen, der diese aktiv verändern kann. Doch wie können Lehrkräfte dies erreichen? Unterstützung bietet der kostenlose Online-Kurs „Citizenship Education – Demokratiebildung in Schulen“, den die Bertelsmann Stiftung zusammen mit dem Institut für Didaktik der Demokratie an der Leibniz Universität Hannover entwickelt hat.
„Die Kinder und Jugendlichen von heute sind die Gesellschaft von morgen. Sie werden dieses Land in 10, 15 und 20 Jahren tragen. Wenn wir wollen, dass auch sie die Chance haben, in einer freien und gerechten Gesellschaft zu leben, dann müssen sie den Wert von Demokratie kennen“, sagte Hubig bereits im vergangenen Jahr gegenüber News4teachers, kurz bevor sie das Amt der Präsidentin der Kultusministerkonferenz übernahm (hier geht es zum Interview). Um dieses Ziel zu erreichen, müssten Kinder auch selbst erleben, „wie Demokratie funktioniert, wie ein demokratisches Miteinander, respektvoller Umgang und gegenseitige Achtung funktionieren – und wie unverzichtbar sie sind“, so Hubig damals.
Vorgaben zur Mitbestimmung in der Praxis
Für die Beteiligung der Schülerinnen und Schüler in der schulischen Praxis in Rheinland-Pfalz soll nun ein Mitbestimmungskatalog eingeführt werden, der etwa Veränderungen des Schulgebäudes, Konzepte zu Klassenfahrten oder auch die Organisation von Hausaufgaben einschließe. Explizit untersagt wird in der Neufassung die Vollverschleierung im Unterricht, also das Tragen von Burka und Niqab. „Das Tragen eines Kopftuchs bleibt davon selbstverständlich unberührt“, so die Ministerin.
Für den Entwurf berücksichtigte das Ministerium 28 Stellungnahmen von Verbänden und Interessenvertretungen. Die Gesetzesvorlage geht nun an den Landtag. Die Landesvertretung der Schülerinnen und Schüler (LSV) begrüßt, dass die Mitsprache von Kindern und Jugendlichen an der Schule in mehreren Punkten verbessert worden sei. Allerdings sei das Ministerium leider nicht auf den Vorschlag gleich großer Stimmengewichte von Lernenden, Lehrkräften und Eltern in der Schulgemeinschaft eingegangen. Die Landesvertretung kritisiert auch, dass der Gottesbezug im Schulgesetz nicht gestrichen worden sei. Gleichwohl sei es Ministerin Hubig gelungen, eines der modernsten und schülerfreundlichsten Schulgesetze in Deutschland zu erarbeiten, an dem sich andere Bundesländer orientieren sollten. News4teachers / mit Material der dpa
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KMK-Erklärung zur Demokratiebildung: Anschlag von Hanau fordert auch die Schulen heraus
Was ist mit “Organisation von Hausaufgaben” gemeint?
Zitat:
„Außerdem haben wir eine Bestimmung aufgenommen, dass Schule zur Erfüllung ihres Bildungsauftrags auch digitale Lehr- und Lernsysteme sowie Netzwerke nutzt.“
Hört sich für die Öffentlichkeit natürlich gut und fortschrittlich an.
Aber, damit das so stattfinden kann, müssten die Ministerien erst einmal für datenschutz-konforme Lernsysteme und Netzwerklösungen sorgen. Außerdem auch für entsprechende Ausstattungen an den Schulen.
Und dann müssten diese digitalen Lehr- und Lernsysteme auch noch besser sein als die analogen Materialien, sonst wäre eine Pflicht zur Verwendung ein Rückschritt.
Digitale Lehrwerke – hier liegt der Knackpunkt. Für die digitalen “Lehrwerke” (Schulbücher) fallen jährliche Lizenzen an. Nur wer zahlt die?
Die Sachausstattung, zu der ja auch die Schulbücher abzüglich des Elternanteiles gehören, ist Sache der Sachaufwandsträger – also der Kommunen. Hier in NRW ist es üblich die Schulbücher mindestens fünf mal auszuleihen. Es gibt Bücher, die trotz Mehrfachausleihe in gutem Zustand sind bzw. die nur leicht beschädigt sind, die auch schon acht Durchläufe haben. Es müssen je Schuljahr nur geringe Mengen wegen starker Beschädigung oder Verlustes ersetzt werden. Ein Teil dieser Bücher muss wegen unsachgemäßen Umgangs mit den Büchern von den Entleihern anteilig beglichen werden. Der Haushaltsansatz für die Schulbuchbeschaffung kann entsprechend gering ausfallen.
Bei lizenzgebühren geht das nicht, die fallen jährlich an. Es ist also kein Wunder, wenn sich die sachaufwandsträger sperrig anstellen.
In Niedersachsen hat sich die Lobby gleich durchgesetzt, die Schulbuch-Miete kostet 1/3 des Buches, das Buch darf nur 3mal ausgeliehen werden. Danach darf man es wegwerfen oder verschenken oder…
Wenn RLP vorschreibt, dass im Unterricht Digitales einzusetzen ist, geht das Land damit sicher auch die Verpflichtung ein, den Lehrkräften entsprechende Endgeräte zur Verfügung zu stellen.
Aus genau dem Grund haben die Verlage die Lizenzen (und Arbeitshefte) “erfunden”. Viel einfacher und handlicher wären die Bücher als pdf-Dateien für die Schulen, wenn sie sich für eine Lehrbuchreihe entscheiden.