Gericht: Corona-Vorkehrungen in Schulen ausreichend – Lehrerin muss zum Dienst erscheinen

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KASSEL. Eine Grundschullehrerin hat erneut vor einem Gericht in Hessen verloren und muss zum Präsenzunterricht erscheinen. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof wies eine Beschwerde der Klägerin zurück (Aktenzeichen VGH: 1 B 1308/20), wie das oberste Verwaltungsgericht des Landes am Freitag in Kassel mitteilte. Die Frankfurter Lehrerin hatte versucht, gegen eine vorangegangene Entscheidung des Verwaltungsgerichts Frankfurt vorzugehen.

Die Lehrerin hat auch in zweiter Instanz verloren. Foto: Shutterstock

Die verbeamtete Lehrerin wollte dem Land wegen der Covid-19-Pandemie untersagen lassen, sie zum Präsenzunterricht beordern zu lassen, bis Arbeitsschutzmaßnahmen getroffen worden seien. Es ging ihr den Angaben zufolge unter anderem um eine schulbezogene Gefährdungsbeurteilung, ein Schutzkonzept und eine schriftliche Dokumentation.

Der beim VGH für das Beamtenrecht zuständige 1. Senat begründete die zurückgewiesene Beschwerde damit, dass hinreichende Vorkehrungen getroffen worden seien zum Schutz vor der Lungenkrankheit. Die Lehrerin hätte sich nur weigern können zum Unterricht zu kommen, wenn dies unzumutbar gewesen wäre – etwa durch eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben. Dies sei aber nicht der Fall.

Dem Dienstherrn von Lehrern steht ein Ermessenspielraum zu

Zuvor hatte bereits das Frankfurter Verwaltungsgereicht ein sogenanntes Eilrechtsschutzbegehren der Grundschullehrerin abgelehnt (News4teachers berichtete darüber ausführlich – und zwar hier). Die Kammer hob hervor, dass an der Schule der Antragstellerin unter Fürsorge- und arbeitsschutzrechtlichen Gesichtspunkten Vorkehrungen getroffen worden seien, um eine Gefährdung der Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrkräfte hinreichend zu minimieren. Das Land habe durch den am 22. April veröffentlichten Hygieneplan Corona für die Schulen in Hessen konkrete Handlungsanweisungen für ein stufenweises „Anfahren“ des Unterrichts erlassen.

Dabei stehe ihm als Dienstherr ein Beurteilungsspielraum zu, ob und wie eine Wiederaufnahme des Schulbetriebes angesichts der jeweils aktuellen Entwicklung der Pandemie erfolgen kann – und dieser Spielraum sei eben vom Schulamt in nicht zu beanstandender Weise genutzt worden. Die Antragstellerin könne nicht erwarten, „mit einem bis ins Letzte ausgefeilten Hygieneplan eine Nullrisiko-Situation“ in der Schule anzutreffen.

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„Würde man die Erwartung der Antragstellerin an einen allumfassenden Gesundheitsschutz in Zeiten einer solchen Pandemie auf alle Bereiche der Daseinsvorsorge – wozu auch Schulen zählen – übertragen, hätte dies einen vollständigen Zusammenbruch der Versorgung der Bevölkerung zur Folge“, so meinte das Gericht. Die Klägerin habe als verbeamtete Lehrerin aufgrund ihrer Treuepflicht die den Schulen übertragene Verantwortung gegenüber den Schülern und ihren Familien mitzutragen.

GEW kritisierte das Urteil – ohne Ortsbegehung in der Schule

Die Sorge der Lehrerin sei verständlich – sie habe vermutlich gute Gründe für ihre Klage gehabt, teilte die GEW Hessen zu der ersten Gerichtsentscheidung mit. «Uns haben in der letzten Zeit eine Vielzahl von Berichten von Kolleginnen und Kollegen aus den Schulen erreicht, die gravierende Mängel in der Umsetzung von Hygienemaßnahmen bestätigen.» Die Wiedereröffnung von Schulen sollte «in enger Abstimmung mit den Gesundheitsbehörden mit Blick auf die konkrete Situation der Schule erfolgen».

Die GEW kritisiert auch, dass das Gericht keine Ortsbegehung vorgenommen habe. „ Dies wäre aus Sicht der GEW Hessen für eine Entscheidung aber maßgeblich gewesen.“ Denn: Schlechte Hygiene-Verhältnisse seien in hessischen Schulen keineswegs unüblich, sondern ein Ergebnis der jahrelangen Sparpolitik und Vernachlässigung von Investitionen in die Schulgebäude. News4teachers / mit Material der dpa

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

Worauf Lehrer in der Coronakrise einen Anspruch haben: GEW-Rechtsgutachten zum Arbeits- und Gesundheitsschutz in der Schule

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2 Kommentare
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OlleSchachtel
3 Jahre zuvor

Da ja immer klarer wird, dass Covid-19 durch die Sprechaerosole in geschlossenen Räumen am meisten übertragen werden ist die Oberflächendesinfektion zwar zusätzlich notwendig, aber nicht das Hauptproblem. Wichtiger scheint die Durchlüftung der Räume. Wie soll das gehen, wenn keine Querlüftung stattfinden kann, da das Schulhaus das nicht ermöglicht oder wenn alte Fenster zugeschraubt wurden, weil sie nicht mehr zu reparieren sind.
Wir sprechen dann nicht mehr???
Die Klage halte ich trotzdem für bedenklich, weil es jetzt wieder heißen wird „alle Lehrer“ wollten die „Coronaferien“ verlängern.

Küstenfuchs
3 Jahre zuvor

Meine Bewertung hängt immer vom Einzelfall ab. Ist keine ausreichende Lüftung möglich, ist es schon ein Problem. Wenn doch, dann kann eine Lehrerin kaum mehr geltend machen als die Aldi-Verkäuferin, die auch zum Dienst antreten muss.