Schulministerium setzt Schwangere, Vorerkrankte und Ältere für mündliche Prüfungen ein

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DÜSSELDORF. Dem Schulministerium Nordrhein-Westfalen geht offenbar im laufenden Abitur das Schulpersonal aus – und setzt nun ausdrücklich auch Lehrkräfte über 60 und mit Vorerkrankungen sowie schwangere und stillende Lehrerinnen in den anstehenden mündlichen Prüfungen ein. In einem Erlass, der an die Bezirksregierungen in Arnsberg, Detmold, Düsseldorf, Köln und Münster gegangen ist – und der News4teachers vorliegt – heißt es: „Der Einsatz dieser Personengruppen im Rahmen mündlicher Prüfungen ist zulässig.“ Die GEW zeigt sich empört.

Schwangere Lehrerinnen kommen jetzt doch in den Schulen zum Einsatz – zur Abnahme mündlicher Prüfungen. Foto: Shutterstock

Das Schreiben aus Düsseldorf datiert vom 11. Mai. Unterschrieben hat es der Personalchef des Ministeriums, Abteilungsleiter Ludger Schrapper. Darin heißt es wörtlich: „Die Regelungen zum Einsatz von Risikolehrkräften sowie schwangeren und stillenden Lehrerinnen in mündlichen Prüfungen werden wie folgt präzisiert: Der Einsatz dieser Personengruppen im Rahmen mündlicher Prüfungen ist zulässig.“

„Die hygienischen Standards sind einzuhalten“

Alle Lehrkräfte aus der Risikogruppe, also Lehrerinnen und Lehrer mit Vorerkrankungen und Lehrerinnen und Lehrer, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, sowie schwangere und stillende Lehrerinnen seien verpflichtet, an den Verfahren zur Abnahme mündlicher Prüfungen teilzunehmen. „Die hygienischen Standards gemäß der CoronaBetrVO sind einzuhalten. Bei der Abnahme der mündlichen Prüfungen ist auf die besondere Situation der Betroffenen Rücksicht zu nehmen.“

Wie geht das mit den Corona-Regelungen zusammen, die das Schulministerium selbst erlassen hat und auf seiner Seite verkündet? Danach dürfen Lehrkräfte mit Vorerkrankungen, die ein erhöhtes Risiko für einen schwereren Krankheitsverlauf bei einer Infektion mit dem Virus mit sich bringen, sowie ältere Lehrkräfte und schwangere Lehrerinnen nicht im Präsenzunterricht eingesetzt werden. Was Präsenzunterricht ist, führt das Ministerium auch aus: „Unter den Begriff Präsenzunterricht fallen alle Tätigkeiten mit direkten Schülerkontakten, also auch die Abnahme von Prüfungen, Pausenaufsicht etc..“

GEW: Schulministerium begeht „Wortbruch“

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) spricht von einem «Wortbruch» und kündigt an, bei Bedarf für betroffene Lehrer Rechtsmittel einzulegen. Der Erlass sei ein «eklatanter Widerspruch» zu den bisherigen Rechtsinformationen des Schulministeriums, sagt die GEW-Landesvorsitzende Maike Finnern.

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Das Schulministerium rechtfertigt sich damit, dass sich die Abstands- und Hygieneregeln bei den mündlichen Prüfungen sehr gut einhalten ließen. Im Prüfungsraum befänden sich in der Regel nur ein Schüler und drei Lehrkräfte. Es sei vielfach der Wunsch aus dem betroffenen Pädagogenkreis gekommen, sich an den mündlichen Abschlussprüfungen zu beteiligen.

SPD: Chaotisches Hin und Her

Sebastian Hartmann, Landeschef der oppositionellen SPD, befindet hingegen, der Erlass revidiere und konterkariere die bisherige Aussage von Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP), dass Angehörige von Risikogruppen nur freiwillig an den Schulen präsent sein sollten. «Dieses chaotische Hin und Her schafft kein Vertrauen bei Beschäftigten, Eltern und auch nicht bei den Schülerinnen und Schülern.» Nach mehr als 20 Schulmails aus dem Ministerium mit Erlassen und Anweisungen seit Beginn der Pandemie vor neun Wochen solle Regierungschef Armin Laschet (CDU) «seine Schulministerin zur Räson bringen». News4teachers / mit Material der dpa

Hier – unter dem Punkt „Lehrkräfte – Arbeitsschutz und Dienstpflicht“ – listet das NRW-Schulministerium auf, was es selbst für Lehrerinnen und Lehrer geregelt hat.

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

Worauf Lehrer in der Coronakrise einen Anspruch haben: GEW-Rechtsgutachten zum Arbeits- und Gesundheitsschutz in der Schule

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17 Kommentare
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Gümnasiallehrer a.D.
3 Jahre zuvor

„schwangere und stillende Lehrerinnen in den anstehenden mündlichen Prüfungen ein. “

Was geht nur in den Köpfen der Entscheider vor?! Ohne Worte.

Ich hoffe das bleibt für la-la-la-Laschet und seine noch Ministerin nicht ohne Konsequenzen.

omg
3 Jahre zuvor

Bei solchen ENtscheidungen zeigt sich , ob Charakter da ist oder nicht. Ist halt nicht.

AvL
3 Jahre zuvor

Das RKI macht auch in diesem Fall die Vorgaben zum Hygienestandard.
Schwangere haben kein höheres Risiko als gleichaltrige Lehrerinnen.
Solange der Abstand von 2 Metern eingehalten wird, nur der Prüfling und zwei Beisitzer anwesend sind und artig die Maske getragen werden, so bestehen von Seiten des RKI keine Beanstandungen.
Wer snst als die Fachlehrerin sollte denn die Prüfung abnehmen, denn der Fachlehrer kennt seinen Prüfling.

Palim
3 Jahre zuvor
Antwortet  AvL

Die Vorgaben zu den Hygienestandards in Schulen kommen generell vom Land, nicht vom RKI.

Und wenn das Land sagt, dass Masken nicht benötigt werden, gibt es keine Masken, die getragen werden, es sei denn, jeder bringt sich selbst eine mit und achtet auch auf sich selbst.
Während es für Supermärkte und Geschäfte verfügt wurde, ist dies für Schulen nicht erfolgt, weil erwartet wird, dass Kinder und Jugendliche sich an die Abstandsregel halten, was von Erwachsene beim Einkaufen nicht angenommen wird.

Es ist auch nicht das RKI, das in den Schulen die Hygienestandards kontrolliert.

Dargelegt wird im Artikel, dass das Land NRW selbst, das seinen Lehrkräften Fürsorge entgegenbringen sollte, nachweislich widersprüchliche Angaben veröffentlicht, wenn Prüfungen zum Präsenzunterricht gezählt werden, von dem bestimmte Personengruppen durch das Land an einer Stelle ausgeschlossen werden und an der anderen Stelle eingesetzt werden.

Die Verantwortung wird dann gerne den Schulleitungen übertragen, die sich an den nicht eindeutigen Landes-Vorgaben orientieren müssen und die mit jeder neuen Verordnung eine Vielzahl an Aufgaben hinsichtlich Planung, Umsetzung und Kommunikation erhalten.

AvL
3 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

Die Länder, die Krankenhäuser die Länder und andere Institutionen orientieren sich an den Vorgaben des RKI.
Das RKI hat aus Gründen der Eindämmung der Pandemie in Anlehnung an die Vorgehensweise beim Grippevirus die Vorgabe gegeben, die Kitas geschlossen zu halten.
Neue wissenschaftliche Erkenntnisse fließen in die Empfehlungen mit ein, weshalb man sich auf Grund der zügigen Öffnung der Geschäfte und von Teilen der Schulen etc.für eine Empfehlung zum Tragen von Gesichtsmasken ausgesprochen hat.

Emil
3 Jahre zuvor
Antwortet  AvL

„orientieren sich an“, ja ne, ist klar! Jeder, der im System Schule arbeitet weiß, dass das nicht einen Cent wert ist! Lassen Sie endlich die Lehrer in Ruhe!
Es stellt sich die Frage, ob Sie mit Ihren Ärztekollegen nicht klar kommen.!? Oder warum treiben Sie sich hier im Lehrer Portal um? Wollen Ihre Kollegen Sie nicht mehr hören? Oder leisten die Kollegen zuviel Widerspruch? Schuster, bleib bei deinen Leisten! Schule und Bildung- nicht das Thema, für das Sie irgendeine Qualifikation vorweisen können!!!!

Palim
3 Jahre zuvor
Antwortet  AvL

Und was von dieser Empfehlung zum Tragen von Masken ist in den Schulen angekommen und wurde durch die Länder angeordnet und umgesetzt?

Illy
3 Jahre zuvor

Das Dilemma ist doch: die Konsequenzen tragen alle Akteure im Bereich Schule: Lehrer und Schüler und deren mflw vorerkrankten Angehörigen.
So ein Herr L oder eine Frau G machen sich doch keinen Kopf, deren Karrieren gehen doch weiter….und Kinder im schulpflichtigen Alter haben sie auch nicht mehr.
Dass Lehrer aus dem Ruhestand rekrutiert werden, hätte doch schon vor Wochen einen Aufschrei auslösen müssen. Nun werden auch noch Lehrer der Risikogruppen in die mündlichen Prüfungen geordert?! Unglaublich.
Waren es nicht die Krankenhauskapazitäten die geschont werden sollten und die Risikopatienten sie es zu schützen galt?

Wie Prof. Drosten aufzeigt, kommt nur durch knapp 10 % eine Ausbreitung mit Corona-Viren durch Schmierinfektionen zustande. „Die Hälfte der Übertragungen geschehe durch Tröpfchen und fast genauso oft durch Aerosole.“… in diesen Aerosolen können sich infektiöse Viren für mehrere Stunden halten (https://www.n-tv.de/panorama/Drosten-sieht-offene-Restaurants-sehr-kritisch-article21776427.html).
Vor diesem Hintergrund müssten doch alle Erwägungen der Schulöffnungen komplett überdacht und vertragt werden. Solange bis es ein Prophylaktikum oder Impfung gibt. Eigentlich müssten die Kultusminister doch von sich aus darauf kommen die Präsenzpflicht temporär ruhen zu lassen und Notfallgruppen/-klassen vor allem für die jüngeren zu organisieren.
Jedoch scheint genau das Gegenteil der Fall zu sein. Es wird weiter an einer „neuen“ Normalität gebastelt, die doch spätestens im Herbst ihren fatalen Lauf nehmen wird.
Wirklich neu sind diese Erkenntnisse ja auch nicht, da Masern und andere virale Infekte ähnliche Übertragungswege haben.
Vielleicht habe ich ja auch nur einen Realitätsverlust…. aber das kann doch alles nicht wahr sein.

Ulrich MacDonald
3 Jahre zuvor

Ich weiß, dass ich mich mit meinen Einlassungen auch bei meinen Kollegen und Kolleginnen unbeliebt mache, weil mich deren kritikarm angepasst duckmäuserisches Verhalten gegenüber ihren Vorgesetzten (Behörden) zum Übergeben bringt.

Warum bringen sie nicht massiv öffentlich zum Ausdruck, dass sie noch nie eine derart unfähige Landesregierung erlebt haben, mit einer Ministerin Gebauer, der auf Grund ihrer spezifisch auf Bildung ausgerichteten beruflichen Qualifikation ein ganz besonderer Stellenwert zugemessen werden muss, denn diese (nicht) Qualifizierung ermöglicht ihr erst, sich als die absolute Meisterin des Chaos im Schulsektor darzustellen.

Letztlich ist sie selbst aber auch nur das eitle Opfer einer sich seit Jahrzehnten abzeichnenden verfehlten, auf borniertem Beharrungsvermögen kleingeistiger Bürokraten, Juristen und Politiker basierten Bildungspolitik, deren oberstes Ziel nach wie vor Einsparung heißt. Der seit jahrzehnten betriebenen neoliberalen Wirtschaftspolitik ist es zu verdanken, dass eine ausbeuterische ständige Erhöhung der Mehrbelastung der Lehrkräfte zum Nulltarif stattgefunden hat.

Leider haben sich die Lehrerverbände und Gewerkschaften dabei als angepasste, schlaffe, mutlose Steigbügelhalter erwiesen, die ihren Funktionären das Feld überlassen haben, die wiederum in ihrem willfährig egoistischem Verhalten vor allem das Sprungbrett für (deutlich) höhere Positionen genutzt haben und noch immer nutzen.

Wie man unschwer beobachten kann, verhalten sie sich auch in der derzeitigen Situation liebedienerisch angepasst, wie Stiefellecker mit schlaffer Kritik gegenüber ihren herrschenden Parteifeudalisten in der Landesregierung. DENN: Man will ja noch Karriere machen und es sich nicht mit denen verscherzen, von denen man abhängig ist.

Ich denke, dass man diese angepassten Null Acht Fünfzig Karrieristen in der Gesellschaft nicht mehr in Schlüsselfunktionen zulassen darf. Schon gar nicht im Bildungssektor.

kanndochnichtwahrsein
3 Jahre zuvor
Antwortet  Ulrich MacDonald

Stimme in weiten Teilen zu.
Wenn ein Beamter sich dem Staat verpflichtet und unter fast allen Umständen bereit ist, seinen Dienst zu versehen, kann man auch vom Staat erwarten, dass die Entscheidungsträger ein Mindestmaß an Qualifikation mitbringen.
Learning by doing ist auf dieser Ebene da keine tragfähige Strategie.
Ich erwarte vom Staat (der seine Bürger vor etwaigen Gefahren welcher Art auch immer soweit möglich schützen soll), dass der Gesundheitsminister ein Arzt (oder ähnlich Qualifizierter) und der Schulminister ein Lehrer (oder ähnlich Qualifizierter) ist… usw; das müsste m.E. für alle Bereiche der Gesellschaft und Politik gelten, insbesondere aber da, wo es um Leben, Gesundheit und Zukunft/Kinder geht!

Von Lehrern/Beamten kann man sicher Einsatzbereitschaft und Professionalität auch in kritischen Situationen verlangen – dann müssen sie aber auch angemessen ausgebildet, ausgestattet und die Schule insgesamt der Situation der Kinder angemessen personell ausgestattet sein.
Dies ist schon zu normalen Zeiten nicht der Fall. Es herrscht chronischer Mangel an allem, Lehrer sind alles, aber selten wirklich das, was sie sich unter ihrem Beruf einmal vorgestellt haben.
Damit werden wir fertig, jeden Tag. Wahrscheinlich reißen wir die Sache auch jetzt wieder irgendwie raus. Wie immer! Geht doch! „Du bist doch Lehrer geworden, du machst das doch für die Kinder, nicht für deinen Chef…!“
Nur sollte es niemanden wundern, wenn dieser Beruf nicht mehr sehr gefragt ist und viele ihn nicht durchhalten.
Beides liegt – so die Erfahrung aus 30 Jahren Lehrerdasein – nicht an den Lehrern, sondern am System.

Illy
3 Jahre zuvor
Antwortet  Ulrich MacDonald

Illy: Dem kann ich mich nur anschliessen. Es wäre doch jetzt an der Zeit dass alle gemeinsam als Betroffene dieser schwachen Politik sich gemeinsam (Lehrer und Eltern) aufstellen und eine Veränderung erwirken.

Illy
3 Jahre zuvor
Antwortet  Illy

@UlrichMacDonald: dem.kann ich micj nur anschliessen….

Alex
3 Jahre zuvor
Antwortet  Ulrich MacDonald

@UlrichMacDonald
Ihr Kommentar missfällt mir, weil er eine reine Schimpfkanonade gegen die Landesregierung in NRW ist, besonders gegen Frau Gebauer, und gegen alle Personengruppen, die sich nicht gemäß Ihrer Wünsche und Abneigungen gegen die Regierung in Stellung bringen.

dickebank
3 Jahre zuvor
Antwortet  Alex

@Alex – muss er ja auch nicht, es handelt sich um eine Meinung – und zwar die des @UlrichMacDonald, der ich mich ausdrücklich anschließe.

„Nihil nisi bene“ gilt ja nicht, die Spitze des MSB ist ja noch im Amt.

Die FDP meint, ihr Problem sei der Kurzzeitministerpräsident von Thüringen …
Als ob das das einzige Problem wäre.

dickebank
3 Jahre zuvor

omg – Arbeitsverträge gelten auch dann, wenn Chefs inkompetent sind.

Wenn das MSB der Auffassung ist, dass die HPR und BPR nicht zu beteiligen sind, dann können die Beteiligten das gerichtlich überprüfen lassen. Selbst wenn im nachgang eine Beteiligungspflicht festgestellt werden sollte, hat das auf die derzeit herausgegebenen Erlasse keine Auswirkungen.

btw – die Gewerkschaften werden von den Angestellten lm Zuge der Koalitionsfreiheit gebildet. Eben diese Angestellten dürfen unter bestimmten Voraussetzungen streiken. Und diese Bedingungen sind derzeit nicht erfüllt. Warum sollten die Angestellten jetzt auf die Barrikaden gehen, damit die verbeamteten Lehrkräfte im Windschatten ihre Schäfchen ins Trockenen bringen können? Wer sich alimentieren lässt, der muss halt die Dienstvorgestzten aushalten. Von den Beamten gibt es ja auch keine Unterstützung für die Angestellten bezüglich der fehlenden Möglichkeit im Rahmen des TV-L in Altersteilzeit gehen zu können.

dickebank
3 Jahre zuvor

Kommunikationsdesater beim „Fast-Drei-Prozent“-Koalitionspartner in NRW; der Bundeschef gibt die Devise aus:

„Besser gar nicht regieren als schlecht regieren“.

Und was kommt bei der Gurkentruppe im NRW-Landtag an?

„Lieber schlecht regieren als gar nicht regieren“.

dickebank
3 Jahre zuvor

IT-Sicherheit – Wie unterentwickelt an Schulen digitale tandards sind, kann man daran erkennen, dass die verwendeten Email-Programme der Schulleitungen die Schulmails nicht automatisch in den Spam-Ordner weiterleiten.