Sonderpädagogen: Behinderte Schüler dürfen nicht zu Corona-Verlierern werden

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HEIDELBERG. In einer Stellungnahme mahnen Sonderpädagogen der Pädagogischen Hochschule Heidelberg an, die besonderen Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung bei der Schulöffnung nicht außer Acht zu lassen.

Schreibt die Inklusion gemeinsamen Unterricht vor - oder reicht ein gemeinsames Schulgebäude? Foto: Shutterstock
Die Inklusion ist in der aktuellen Coronakrise an den Rand gerückt. Foto: Shutterstock

Kinder und Jugendliche mit Behinderung dürfen nicht zu Verlierern der Corona-Pandemie werden. Dies fordern Wissenschaftler am Institut für Sonderpädagogik der Pädagogischen Hochschule Heidelberg in einer Stellungnahme. Für den Start des Schulbetriebs, der in Baden-Württemberg für den 4. Mai geplant ist, werden demnach differenzierte Lösungen benötigt, um einerseits die Gesundheit Schülern mit Behinderung, ihrer Familien und Lehrkräfte zu schützen und zugleich das Recht der Kinder und Jugendlichen auf Bildung zu erfüllen.

Gruppe der Schüler mit Behinderung äußerst heterogen

„Bei den anstehenden Entscheidungen über die Wiederöffnung von Schulen aller Art sehen wir mit großer Sorge, dass bei all den Diskussionen eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern nahezu unberücksichtigt bleibt: Es sind die Kinder und Jugendlichen mit Behinderungen“, heißt es in der Stellungnahme der Heidelberger Sonderpädagogen. Da die Gruppe der Schüler mit Behinderung in sich äußerst heterogen sei – etwa in Bezug auf die Art der Behinderung, die besuchte Schulform oder die Unterstützungsbedarfe – ist eine Einheitslösung zur Wiederöffnung der Schulen für die Forschenden nicht bedarfsgerecht. Sie fordern vielmehr differenzierte Lösungen.

Dass die Kinder und Jugendlichen mit Behinderung wieder außerfamiliäre Kontakte erhalten, unterstützen die Wissenschaftler: „Familien fühlen sich in der aktuellen Situation der häuslichen Isolation oftmals überlastet. Dies gilt insbesondere für Familien mit einem Kind mit Behinderung, für die häufig alleine durch den Wegfall bekannter Abläufe und vertrauter Betreuungs- bzw. Begegnungsformen große Unsicherheiten entstehen“, so die Forscher. Sie befürchten, dass sich durch die Unterschiede in den familiären Ressourcen und elterlichen Kompetenzen die Bildungsbenachteiligung deutlich vergrößert – mit langfristigen Folgen.

Gleichzeitig verweisen die Heidelberger Sonderpädagogen auf die besonderen Herausforderungen, vor denen gerade sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren in Bezug auf die Umsetzung von Hygienemaßnahmen stehen: „Einen Abstand von 1 bis 2 Metern einzuhalten, ist für den Zugang zu Pflegeleistungen, Mobilität, Information und Kommunikation bei Kindern und Jugendlichen mit Behinderung kaum möglich.“ So stellt beispielsweise Kinder und Jugendliche mit Hörbehinderung die geltende Maskenpflicht vor große Herausforderungen, da sie in der Kommunikation auf ein sichtbares Mundbild angewiesen sind. Und Personen mit Taubblindheit sind zur Kommunikation unmittelbar auf den physischen Kontakt angewiesen.

Multiprofessionelle Betreuung gewährleisten

Für die Wissenschaftler stellt sich die Frage, wie eine intensive multiprofessionelle Betreuung und Förderung betroffener Kinder und Jugendlicher außerhalb der Familie unter Einhaltung der dringend notwendigen Hygienevorschriften gewährleistet werden kann. Sie kommen zu dem Schluss, dass diese Schüler einer besonderen Aufmerksamkeit – nicht nur bei den politischen Akteuren – bedürfen, um sie nicht zu Verlierern der Corona-Krise werden zu lassen. Die Sonderpädagogen schlagen daher unter anderem verantwortungsvolle Einzelfallentscheidungen vor oder auch die Anpassung von Schutzmaßnahmen wie zum Beispiel das Tragen von transparenten Masken, bei denen der Mund zu sehen ist. News4teachers

Inklusion beim Homeschooling – Barrierefreies Material

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