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„Unsicherheit, Angst – bis hin zu Panik“: Wie angehende Lehrer (und ihre Ausbilder) unter der Coronakrise leiden

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BERLIN. Angehende Lehrkräfte benötigen in diesem Jahr vor allem eins: starke Nerven. Sowohl das Lehramtsstudium wie auch der schulpraktische Teil der Ausbildung leiden unter der Coronakrise und ihren Folgen. Auch für die Ausbilder, das macht der Verband bak Lehrerbildung deutlich, ist die aktuelle Situation schwierig. Unterrichtshospitationen – eigentlich der Kern des Referendariats – fallen aus. Die unzureichend ausgebauten digitalen Kanäle können den persönlichen Kontakt nicht ersetzen.

Lehramtsstudierende und Referendare haben es in diesen Tagen nicht leicht. Foto: Shutterstock

Kann zum neuen Schuljahr nur ein Bruchteil derjenigen, die ihr erstes Staatsexamen dann bereits absolviert haben, auch tatsächlich das anschließende Referendariat aufnehmen? Diese offene Frage besorgt Betroffene derzeit in Bayern. Zum Schuljahresbeginn werde von vielen Kandidaten kein Ergebnis vorliegen, weil die Prüfungen verschoben und dadurch die Korrekturzeiträume drastisch verkürzt worden seien, so fürchtet der Referendar- und Jungphilologenvertretung im Philologenverband – und es gilt nunmal: Ohne Ergebnis wird kein Kandidat zum Referendariat zugelassen.

Auch bei Referendaren läuft nicht alles rund

Im benachbarten Baden-Württemberg gibt es unterdessen Krach, weil das Kultusministerium kurzfristig neue – zeitnahe – Termine für die Abschlussprüfungen der Lehramts-Studierenden angesetzt hatte. Auch wenn den Kandidaten angeboten wurde, ihre Prüfungen ohne Nachteil auch auf den nächsten Durchgang im Herbst verschieben zu können, löste die Ankündigung, so die Landesastenkonferenz (LAK), „Unsicherheit, Angst bis hin zu Panik“ bei Betroffenen aus. Schließlich bringe ein um ein halbes Jahr nach hinten gerückter Prüfungstermin so manche Studienplanung ins Wanken. Ohnehin sei die Vorbereitung aufgrund der Corona-Beschränkungen extrem beeinträchtigt worden: Die LAK klagt über geschlossene Uni-Bibliotheken und die Unmöglichkeit, Lerngruppen zu bilden.

Auch bei denjenigen, die schon als Referendare – dem schulpraktischen Teil der Lehrkräfteausbildung – an Schulen beschäftigt sind, läuft bei weitem nicht alles rund, wie Helmut Klaßen, Bundesvorsitzender des Bundesarbeitskreises (bak) Lehrerbildung, gegenüber News4teachers berichtet. Sein Verband, in dem bundesweit Lehrerausbilder und -ausbilderinnen organisiert sind, sieht mit Sorge, dass sich seit Wochen die Ausbildung der Lehramtsanwärter auf das reduziert, was im Home-Office umsetzbar ist – ohne persönlichen Kontakt und vor allem ohne die wichtigen Unterrichtshospitationen.

Ausbildungsveranstaltungen finden online statt. Ausbildungsberatungen werden verschoben oder werden telefonisch oder per Videokonferenzen abgewickelt. Dabei kommt unterschiedlichste Software zum Einsatz – mal diese, mal jene. „In der Regel geschieht dies leider ohne technische Einweisung und vor allem ohne eine didaktische Reflexion zum Fernunterricht. Es wird halt ausprobiert, was geht. In einigen Ländern läuft es recht gut, in anderen eher nicht“, stellt Klaaßen fest.

Hohes Engagement der Ausbilder und Anwärter – aber…

Insgesamt sei ein sehr hohes Engagement der betroffenen Ausbilder und Anwärter zu erkennen, sich einzuarbeiten und einzubringen, sodass es trotz der widrigen Umstände zu guten Arbeitsergebnissen kommen kann. Gleichwohl bestehe das Problem, dass es „viel zu wenig Austausch unter den Kolleginnen und Kollegen gibt. Wer macht was wie? Die kollegiale Reflexion fehlt“, beklagt der bak-Bundesvorsitzende. Ergebnis: „Die didaktische Aufbereitung kommt zu kurz und bleibt auf der Strecke.“ Klaßen fordert von den Bundesländern, umgehend eine angemessene Infrastruktur zu schaffen, damit die Kommunikation verlässlich und strukturiert laufen kann – und er fordert, die Lehrerausbilder angemessen darin einzuarbeiten.

Die Bundesländer haben im Rahmen der Kultusministerkonferenz vereinbart, ihre aktuelle schulpraktische Lehrerausbildung samt Prüfungen gegenseitig anzuerkennen. Der Hintergrund: Die Kultusminister konnten sich nicht darauf einigen, wie sie in der Corona-Krise mit den Referendaren umgehen sollen. „Trotz sehr unterschiedlicher Prüfungsformate der einzelnen Bundesländer zeichnet sich im aktuellen Prüfungsdurchgang überwiegend ein einheitlicher Trend ab“, so berichtet Klaßen. „Abweichen von der eigentlichen gültigen Prüfungsordnung wird jeweils in Kauf genommen. Unterrichtspraktische Prüfungen im laufenden Prüfungsdurchgang werden in unterschiedlichen Szenarien ohne praktisch umgesetzten Unterricht geprüft, wobei die schriftliche Planung den Fokus setzt.“

Diese „Notlösung“, so Klaßen, ermöglicht es zwar, dass auch Angehörige von Risikogruppen an Prüfungen teilnehmen können. Probleme bereitet sie aber ebenfalls – auf Seiten der Ausbilderinnen und Ausbilder. Denn, so Klaaßen: „Organisatorisch ist es eine Herausforderung, wenn Hunderte von unterrichtspraktischen Prüfungen als Ersatzleistungen innerhalb von wenigen Wochen zu planen sind.“ Sein Fazit: „Die Stimmung ist insgesamt angespannt.“

Lehramtsstudierende bekommen einen „Freischuss“

Das gilt auf allen Seiten. Eine Gruppe von Lehramts-Studierenden, die sich „Ihre zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer in Bayern“ nennt, hat sich in einem offenen Brief an Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) gewandt und sich darüber beschwert, dass „wir in der momentanen Ausnahmesituation genauso behandelt werden, als gäbe es keine Pandemie“. Stattdessen fordern sie Sonderregeln. So solle den Prüflingen „mindestens die Note gegeben werden, die zum Bestehen des Ersten Staatsexamens erforderlich ist“ sowie die Möglichkeit der Notenverbesserung am folgenden Prüfungstermin.

Piazolo hat umgehend reagiert: „Es ist mir wichtig, dass unsere angehenden Lehrerinnen und Lehrer durch diese Ausnahmesituation nicht unnötig unter Druck geraten“, sagte er – und räumte den Studierenden wenigstens einen „Freischuss“ ein: Jeder, der in diesem Jahr durch die Prüfungen zum ersten Staatsexamen fällt, darf sie ohne weitere Konsequenzen wiederholen. News4teachers

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers kommentiert.

„Das ist nicht mal eben zu machen“: Warum der schulpraktische Teil der Lehrerausbildung so wichtig ist – ein Interview

 

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Marc
3 Jahre zuvor

Kommentar 1: Meisten glauben die Corona-Pandemie wird wieder schnell kommen nach der Schule-Öffnung und nach der Rückkehr zur Normalität, dann die Schulen werden noch einmal schließen. Ich persönlich verstehe gar nicht Warum können nicht Deutsche Lehrer die Internet-Unterricht anbieten. Sie haben Zeit vorzubereiten und die Technik ist ganz einfach und fast alle Familie haben Computer und Internetanbindung. So viel ich weiß, in meister USA bietet Internet unterricht bis nächstes Semester an und die Schule ist deshalb geschlossen bis dahin.Warum kann Deutschland nicht dasselbe machen?

Kommentar 2: Das Bildung amt hat auch nicht genug angetrieben und das ist das typische Deutsch Problem: Langsam! Langsam! Die Politiker sorgen nur um das negative Einfluss auf die Ökonomie aber nicht auf das Leben der Menschen! Sie möchten einfache Gemeinschaft Immunität weil das ist das einfachste Lösung der Corona-Pandemie und um das zu erreichen dann die Kinder und die Schule sind gezwungen zu Schule gehen und ein Test wie kleine Mäuse zu machen. Ist das menschlich?

Kommentar 3: Was ist eigentlich der Menschen Recht? Haben wir und unsere Kinder Recht mit Sicherheit zu leben? Viele Leute sagen Kinder und Jugendliche habe ganz kleine Risiko anzustecken und zu sterben. Ist das wahr? Viele Kinder sind angesteckt und leiden an seltsame Symptome in New-York und Italien und viele davon sind schon gestorben. Und weiteres, die Kinder werden zu Hause Kommen und werden von ihren Eltern/Opa/Oma von einander infizieren, nicht wahr?

Kommentar 4: Jetzt meisten Schulen sind wieder geöffnet, mache Eltern sind damit zufrieden weil sie sagen sie haben Keine Zeit um ihre Kinder zu kümmern, OK, einverstanden! Aber es gibt auch viele Eltern, die die Sicherheit haben möchten um ihre Kinder zu schutzen und sie haben Zeit um Ihre Kinder beizubringen weil sie am Abend sogar am Wochenende arbeiten gern können! Deshalb solche Eltern möchten nicht ihre Kinder zu Schule gehen lassen, anstatt, sie möchten weiter zu Hause bleiben und sie und ihre Kinder haben die Fähigkeit selbst zu lehren und lernen. Aber jetzt sie sind gezwungen ihre Kinder zu Schule zu schicken. Sie haben keines Alternative weil wie sie wissen es strafbar ist wenn sie dagegen sind. Ist das fair?? Warum wir, Eltern, können nicht die Recht/Freiheit zu haben zu entscheiden unser Kinder Zuhause lernen/lehren oder zu Schule gehen unter dieser Corona-Pandemie Situationen? Wenn unsere Kinder oder/und wir selbst angesteckt und gestorben, wer verantwortet das?? Niemand außer wir selbst, nicht wahr?? Ist das vernünftig? Ist das fair?

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