Unterricht wieder in Klassenstärke – Wegfall der Abstandsregel sorgt für Verunsicherung

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MAGDEBURG. Vor elf Wochen wurden Schulen und Kitas in Sachsen-Anhalt geschlossen, um das Coronavirus einzudämmen. Jetzt endet im Land das Prinzip der Notbetreuung. Viele sehnen das herbei – doch es gibt auch Kritik. Vor allem die Streichung der bislang geltenden Regel, wonach zwischen den Schülern ein Abstand von 1,50 Meter gehalten werden muss, sorgt für Verunsicherung.

Die Abstandsregel gilt in den Kitas und Grundschulen von Sachsen-Anhalt künftig nicht mehr. Foto: Shutterstock

In Sachsen-Anhalts Schulen startet wieder ein regelmäßiger Unterricht für alle Schüler – was bei Eltern- und Lehrer-Vertretern gemischte Gefühle auslöst. Kritisch sehen diese vor alle die Pläne, in den Grundschulen wieder täglichen Unterricht in voller Klassenstärke einzuführen und dabei auf den Mindestabstand zu verzichten.

«Uns wäre es lieber gewesen, wenn wir an den Grundschulen das Wechselmodell weitergefahren hätten, das mehr Abstände ermöglicht», sagte die Landeschefin der Bildungsgewerkschaft GEW, Eva Gerth. Die Schulen hätten den Unterricht in A- und B-Gruppen gut geplant und die Lehrkräfte könnten sich damit ganz gut arrangieren, sagte sie.

Der Notbetrieb in Kitas, Schulen und Horten endet

Von Dienstag an können wieder alle Kinder und Jugendlichen Kitas, Schulen und Horte besuchen. Damit endet das Prinzip der Notbetreuung. Die Einrichtungen waren Mitte März geschlossen worden, um die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus einzudämmen.

Zum Neustart werden an den Schulen alle Jahrgänge im sogenannten Wechselmodell unterrichtet. Dabei werden die Klassen in mehrere kleinere Gruppen geteilt, die abwechselnd in der Schule und zuhause lernen. Vom 8. Juni an soll der Unterricht an den Grundschulen umgestellt werden und die Kinder täglich in voller Klassenstärke zusammen lernen. Der Mindestabstand gilt nicht. Im Gegenzug sollen die Klassen immer von der gleichen Lehrkraft unterrichtet und auf dem Schulgelände von anderen Gruppen getrennt werden.

Sachsen war das erste Bundesland, das vor knapp zwei Wochen das Modell eingeführt hatte. Mittlerweile haben mehrere weitere Bundesländer angekündigt, zeitnah entsprechend zu verfahren (News4teachers berichtet ausführlich über den Streit darüber – hier geht es zu dem aktuellen Bericht).

Das System funktioniere nur so lange, wie die eingeteilten Lehrerinnen und Lehrer nicht ausfielen, sagte die Landesvorsitzende des Grundschulverbands Sachsen-Anhalt, Thekla Meyerhofer. Gerade an großen Schulen stoße das System ebenfalls an Grenzen. «Wenn alle Gruppen getrennt bleiben sollen, müssten dort manche um zehn anfangen, Mittag zu essen.» Andererseits sei es für die Kinder sehr wichtig, wieder täglich und regelmäßig in die Schule zu gehen. «Die Kinder sehnen sich nach Normalität, aber Corona ist eben auch nicht vorbei.»

Wieso soll der Mindestabstand an Schulen nicht mehr gelten?

Ähnlich sieht das Matthias Rose vom Landeselternrat. Es sei problematisch, dass bei der Kitabetreuung und an den Grundschulen jetzt der sonst so stark eingeforderte Mindestabstand nicht mehr wichtig sein solle, sagte er.

Andererseits seien viele Eltern nach Wochen des Heimunterrichts und der Kinderbetreuung an ihre Grenzen gestoßen und die Wiederöffnung sei eine große Erleichterung. Das gelte sowohl für die finanzielle Situation als auch für die häufig beklagte und erlebte Überforderung, die eigenen Kinder zu unterrichten. «Uns erreichen viele Elternbriefe, in denen steht: „Macht die Schulen wieder auf!“. Und fast ebenso viele mit dem Tenor: Macht Kitas und Schulen auf keinen Fall wieder auf.»

Rose verwies darauf, dass Eltern ihre Kinder vom Präsenzunterricht befreien dürfen, wenn ein besonderes Risiko besteht, an Covid-19 zu erkranken. Auch Lehrkräfte können sich vom Arzt attestieren lassen, zur Corona-Risikogruppe zu gehören.

Zuletzt nutzten laut Bildungsministerium Sachsen-Anhalt rund 1300 Kolleginnen und Kollegen im Land diese Möglichkeit. Rund 13.600 Lehrkräfte konnten hingegen vor Ort eingeplant werden. Ob das Personal reiche, müsse abgewartet werden, sagte GEW-Chefin Gerth. An den Grundschulen gebe es Kolleginnen und Kollegen, die durch den Wegfall der Abstandsregeln zusätzlich besorgt und verunsichert seien, was die Ansteckungsgefahr angehe. dpa

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

Ärzte-Präsident: Lockerungen liefen überraschend gut – Schulöffnungen ohne 1,50-Meter-Abstandsregel sind jetzt vertretbar

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