Wann machen die Kitas endlich wieder auf? Enttäuschung über unklare Perspektiven

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BERLIN. Die Fußball-Bundesliga weiß, woran sie ist – Eltern von Kita-Kindern müssen weiter auf klare Ansagen warten. Nach den jüngsten Bund-Länder-Beschlüssen zur Lockerung der Corona-Auflagen beklagen SPD und Grüne fehlende Perspektiven für die Öffnung der Kitas über den bislang geltenden Notbetrieb hinaus. SPD-Chefin Saskia Esken bezeichnete die Vereinbarungen als «fatales Signal an die Familien». Auch der VBE zeigt sich enttäuscht.

Für viele Kinder ist es hart, derzeit nicht in ihre Kita zu dürfen. Foto: Shutterstock

Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder hatten sich am Mittwoch grundsätzlich darauf verständigt, dass jeder Schüler und jedes Vorschulkind vor den Sommerferien möglichst noch mindestens einmal die Schule oder die Kita besuchen soll. Details regeln die Länder. Die Notbetreuung in den Kitas soll spätestens ab dem 11. Mai überall ausgeweitet werden. Einige Länder haben dies bereits getan und auch weitergehende Kita-Öffnungspläne bekanntgegeben.

Gruppen mit bis zu zehn Kindern

Schleswig-Holstein etwa will die Kinderbetreuung in mehreren Stufen wieder hochfahren. «Die Belastungsgrenze insbesondere für Eltern, die derzeit Familie und Beruf miteinander vereinbaren müssen, ohne auf das bewährte Angebot an Kitabetreuung zurückgreifen zu können, ist zunehmend erreicht», sagte Familienminister Heiner Garg (FDP). Voraussichtlich noch im Mai sollen in den Kitas im Land im Rahmen der Betreuung Gruppen mit bis zu zehn Kindern möglich sein. Die Ergebnisse der Gespräche von Bund und Ländern sollen dabei berücksichtigt werden. Dann dürfen auch Vorschulkinder, die im Sommer eingeschult werden sollen, und Kinder mit heilpädagogischem Förderbedarf beziehungsweise Sprachförderbedarf in den Kitas betreut werden. Die Betreuung erfolgt dann aber noch nicht durchgehend, sondern tage- oder wochenweise in Gruppen.

Die Kitas in Rheinland-Pfalz sollen bis zu den Sommerferien bei Bedarf für alle Kinder geöffnet werden. Bis Anfang Juli werde der Betrieb in den Kindertagesstätten erweitert «für alle, die das möchten und deren Eltern das möchten», sagte Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) nach der Bund-Länder-Konferenz. Eine hundertprozentige Vollbesetzung könne es zwar nicht geben, zumindest stundenweise solle die Kita-Betreuung aber möglich sein. Jedes Kind habe ein Recht auf Bildung, auch auf die frühkindliche Bildung, sagte Hubig. «Kitas und Schulen sind Orte des sozialen Miteinanders – Orte, die mehr bedeuten als Unterricht, Betreuung und Erziehung.» Dies sei auch für Eltern, das pädagogische Fachpersonal und Lehrkräfte von großer Bedeutung.

„Bedürfnisse von Kindern werden vernachlässigt“

SPD-Chefin Esken kritisierte, für die Fußball-Bundesliga gebe es ein konkretes Konzept, für die Bildung und Betreuung von Kindern dagegen nicht. «In diesem Zusammenhang ist die Fortsetzung der Bundesliga für viele Fans eine gute Nachricht – vielen Eltern muss sie zynisch erscheinen», sagte sie. Grünen-Familienpolitikerin Dörner sagte im Gespräch: «Weiterhin werden die Bedürfnisse von Kindern nicht angemessen aufgegriffen.» Es gehe um Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit, aber auch um die Situation der Kinder selbst.

Auch Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sieht Defizite: Sie erwarte «konkrete Aktionspläne», die den Menschen helfen und eine Perspektive geben. Wenn es schon «Profilierungswettbewerbe» der Ministerpräsidenten gebe, «dann einen um bessere Schutzkonzepte für alte Menschen und Risikogruppen oder über sicheren Zugang zu Schulen, statt hier nur Minimalfortschritte vorzulegen», sagte sie.

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung rechnet damit, dass die Folgeschäden der Corona-Krise die Gesellschaft noch über Jahre beschäftigen werden. «Denken Sie mal an die Kinder von suchtkranken Eltern. Die sitzen plötzlich ganz alleine mit dem betrunkenen Vater oder Mutter da – ohne Hilfe von außen im schlimmsten Fall», sagte die CSU-Politikerin der «Welt».

Ärzte: Lehrern und Erziehern einiges abzuverlangen, ist besser…

Auch der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte forderte mehr Tempo bei der Öffnung von Bildungseinrichtungen. «Kitas und Grundschulen müssen – bei klugen Maßnahmen zum Infektionsschutz – schneller wieder geöffnet werden», sagte Präsident Thomas Fischbach der «Neuen Osnabrücker Zeitung». «Das mag Lehrern und Erziehern einiges abverlangen. Aber es ist allemal besser, als die Kinder in ihren vier Wänden verkümmern zu lassen. Und das würde passieren.» Kritik übte Fischbach an den bundesweit unterschiedlichen Regelungen: «Es streiten nicht nur die Länderchefs untereinander, auch jeder Landrat und Bürgermeister bastelt sich eigene Regeln. Dadurch verlieren wir wertvolle Zeit zum Schaden der Kinder und Jugendlichen und ohne jeden epidemiologischen Sinn.»

«Seit Mitte März sind Millionen von Kindern von sozialen Kontakten ausgesperrt. Da muss man doch den Beweis antreten, dass das notwendig und sinnvoll ist», sagte Fischbach. Inzwischen sei nachgewiesen, dass Kinder deutlich seltener krank würden als Erwachsene.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) appellierte an die Bundesländer, sich auf einen Zeitplan zur Öffnung der Kitas zu einigen. «Ich hoffe, dass sich die Länder auf konkrete Zeitpunkte für die nächsten Stufen verständigen – die erweiterte Notbetreuung und auch den eingeschränkten Regelbetrieb in den Kitas und in der Kindertagespflege», sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. «Aus meiner Sicht müssen konkrete Schritte noch im Mai erfolgen.» News4teachers / mit Material der dpa

Stellungnahme des VBE

Der VBE begrüßt in einer Erklärung, „dass Bund und Länder deutlich gemacht haben, dass die Gesundheit und der Schutz der Kinder und pädagogischen Fachkräfte an Kitas oberste Priorität bei den geplanten Lockerungen habe“. Gleichwohl zeigt sich der Verband enttäuscht. 

„Im Ganzen ist das, was jetzt geregelt wurde, aber zu wenig“, so kritisiert auch VBE-Bundesvorsitzender Udo Beckmann. „Als Ende April durch Bund und Länder ein vierstufiger Wiedereröffnungsplan empfohlen wurde, haben wir darauf hingewiesen, dass es entscheidend ist, wie dieser konkret umgesetzt werden soll und dass es bundeseinheitliche Rahmenvorgaben brauche. Jetzt wurden kaum klare Regelungen beschlossen, wertvolle Zeit ist damit verspielt worden. Die ausdifferenzierten Fahrpläne müssen nun von den Ländern und Kommunen entwickelt werden, was Eltern und Fachkräfte an Kitas zusätzliche und unnötige Ungewissheiten und Belastungen aufbürdet“, sagt der VBE-Chef.

Rahmenbedingungen für die Arbeit in den Kitas unklar

„Es ist zum Beispiel nach wie vor nicht klar, wie Hygieneregeln genau umgesetzt werden können und sollen, welche Vorgaben zur personellen Ausstattung an Kitas in den verschiedenen Phasen gegeben sein müssen, wie viele Kinder bei welchen räumlichen Gegebenheiten maximal betreut werden dürfen, wie Abstandsgebote, zum Beispiel in der Bring- oder Abholsituation oder im Außengelände, eingehalten werden können“, so Beckmann weiter.

„Ich warne die Politik davor, die Verantwortung für die konkrete Ausgestaltung vager und nicht realisierbarer Vorgaben letztlich auf die Kitas selbst abzuwälzen. Dies ist bei der ohnehin überangespannten Personalsituation, die sich durch den Ausfall risikogefährdeter Fachkräfte und durch zusätzliche Aufgaben nochmals verschärfen wird, in keiner Weise zu vertreten. Es braucht hier zu allen neuralgischen Punkten vollständige und klar dokumentierte Regelungen. Für die Klärung darüber hinaus bestehender Fragen, die an Kitas mit Sicherheit entstehen werden, müssen die Kommunen jederzeit erreichbare Verantwortungsträger definieren und an Kitas kommunizieren“, so Beckmann abschließend.

 

Familienminister wollen Kitas in vier Phasen öffnen – wann, ist offen

 

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AvL
3 Jahre zuvor

Da nach Ansicht von Internetaktivisten Kinder im Vorschulalter sich durch eine ihnen möglicherweise innewohnende exponentielle Gefahr durch eine Übertragung des Sars-Covit-2-Virus für alle Erwachsenen auszeichnen, sollten Vorschulkinder bis auf Weiteres für die nächsten 2 Jahre in ihren Zimmern eingesperrt bleiben, wodurch teure Betreuungskosten eingespart werden und gleichzeitig eine vorbeugende Maßnahme gegen die Entstehung von Hautkrebs (Melanomen ) getroffen wird und so das Melanom und das Basaliom kostengünstig im späteren Leben auch deutlich reduziert werden kann.