Mobil, flexibel, digital: Piazolos Ideen für die Schule von morgen – «Wir haben in der Krise einiges gelernt, was wir beibehalten wollen»

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MÜNCHEN. Die Corona-Pandemie erforderte einen nie dagewesenen Schritt: zum Infektionsschutz mussten auch Bayerns Schulen schließen. Für Kultusminister Piazolo rückblickend ein zukunftsweisender Moment.

Agiert vorsichtiger in der Corona-Krise als so manche Amtskollegen: Bayerns Bildungsministerer Michael Piazolo. Foto: Andreas Gebert / StMUK

Als Lehre aus der Corona-Pandemie will Bayerns Kultusminister Michael Piazolo die Schulen im Freistaat durch mehr Digitalisierung mobiler, flexibler und so krisensicherer aufstellen. «Wir haben in den vergangenen Wochen einiges gelernt, was wir beibehalten wollen für die Schule der Zukunft», sagte der Freie-Wähler-Politiker im Gespräch in München.

Durch die Dynamik bei den Infektionszahlen habe sich notgedrungen auch eine Dynamik bei der Digitalisierung an den Schulen ergeben, – «ein regelrechter Sprung, ausgehend vom Kickoff durch den Lockdown», sagte Piazolo. Dies müsse man nun genauso dynamisch weiterführen – allerdings habe die Krise auch gezeigt, wie unverzichtbar der klassische Präsenzunterricht sei. Dieser werde – bei aller Digitalisierung – auch in Zukunft weiter der Normalfall sein.

Mittelfristig den Lehrern Rechner für Zuhause zur Verfügung stellen

Für ihn sei es dabei besonders wichtig, dass es mehr Mobilität gebe, betonte Piazolo. «Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir mittelfristig unseren Lehrern eigene Geräte für Zuhause zur Verfügung stellen können. Um flexibler zu werden, sei dies in einem ersten Schritt für Referendare und langfristig dann auch für die Schüler nötig. «Das geht natürlich nicht alles auf einen Schlag, aber die Richtung muss dahin gehen.»

Aus Piazolos Sicht könne man auch für die generelle Kommunikation innerhalb der «Schulfamilie» viel aus der Pandemie lernen. Das bedeute nicht, dass es «nun für alles Videoschalten gebe», aber auch hier sei ein Ausbau der Angebote richtig. Das gelte auch für Methodik und Fortbildung: «Rund 80.000 Lehrer haben bereits unsere digitalen Fortbildungsangebote genutzt. Da müssen wir unbedingt dranbleiben.» Wünschenswert wären hier auch Anpassungen im Lehramtsstudium, in jedem Fall sollten aber die Referendariate für eine Stärkung der digitalen Kompetenz der Lehrkräfte genutzt werden.

Eine Hürde sei bisher immer die Finanzierung gewesen. Doch den Kommunen als verantwortliche Sachaufwandsträger der Schulen stünden derzeit fast 1,1 Milliarden Euro aus Fördertöpfen von Bund und Land zur Verfügung. «Mein Wunsch wäre es, dass die Schulaufwandsträger noch in diesem Jahr für die Beschaffung der Geräte einen möglichst hohen Anteil dieser Mittel investieren. Ich möchte hierzu zeitnah den Dialog mit den kommunalen Spitzenverbänden fortsetzen, um ein gemeinsames Vorgehen zu vereinbaren.»

Serverkapazitäten auf „mebis“ verzehnfacht

In der Pandemie habe sich trotz diverser Probleme auch gezeigt, dass in Bayern schon viel Gutes auf dem Weg sei. So nutzten rund 1,3 Millionen der 1,7 Millionen Schüler die Möglichkeit, über die staatliche digitale Plattform mebis Lerninhalte abzurufen, sagte Piazolo. In Summe gebe es auf «mebis» rund 250.000 Kurse, als Reaktion auf anfängliche Schwierigkeiten seien die Serverkapazitäten verzehnfacht worden. Man habe kurzfristig für die weiterführenden Schulen das Kommunikationstool «Microsoft Teams for Education» angeschafft, um insbesondere auch Videokonferenzen zu ermöglichen.

Zudem habe man für Schüler, die kein eigenes Endgerät hätten, eine flexible Leihmöglichkeit aus dem vorhanden Gerätepool geschaffen. Den Kommunen stünden mit einem Sonderprogramm 78 Millionen Euro aus Bundesmitteln für neue Leihgeräte zur Verfügung.

Medienkompetenz gehört zum Methodenmix der Schulen

Auch bei den jüngeren Schülern gehöre neben den drei klassischen Kulturtechniken «lesen, schreiben, rechnen» die immer wichtigere Vermittlung von Medienkompetenz zum richtigen Methodenmix der Schulen, sagte Piazolo. Je nach Alter könne dies spielerisch ab der Grundschule geschehen. Der Schulalltag werde dadurch bereichert, ohne dass die soziale Interaktion, das persönliche Miteinander zwischen Schülern und Lehrern darunter leide.

Es sei aber dabei nicht das Ziel, den Regelbetrieb der Schulen nach Hause zu verlagern, dieser solle «selbstverständlich» wie bisher in den Schulen mit den Lehrern stattfinden, sagte Piazolo. Auch dies sei eine Lehre der Krise, Lehrer seien die Profis bei der Vermittlung von Wissen, und Eltern sollten hier nicht zu Aushilfslehrern werden.

Gleichwohl müsse schon wegen einer möglicherweise im Herbst drohenden zweiten Corona-Infektionswelle oder anderen Pandemien damit gerechnet werden, dass es auch wieder zum Lernen zuhause kommen könne. Deshalb sei es wichtig, sich darauf einzustellen. «Denn», dies müsse auch klar benannt und zugegeben werden, «auf Corona war kein Land oder Staat perfekt vorbereitet.» Dies gelte für das Gesundheitssystem generell wie für den Bereich der Bildung und Schulen. dpa

Hintergrund

Bayern agiert bei den Schulöffnungen vorsichtiger als viele andere Bundesländer (hier geht’s zu einem Überblick). Von einer Aufhebung der Abstandsregel war im Freistaat noch keine Rede. Am kommenden Montag,  nach den Pfingstferien also, soll der Präsenzunterricht für alle Jahrgangsstufen an allen Schularten wieder aufgenommen werden, die bislang noch nicht wieder in die Schulen zurückgekehrt sind. Ein wochenweise gestaffelter Unterrichtsbetrieb wird auch hier die Regel sein.

Wird nach den Sommerferien auch in Bayern die Abstandsregel fallen, wie die KMK-Präsidentin und baden-württembergische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) vorgeschlagen hat („verantwortbar“ – News4teachers berichtete darüber)? Laut Bayerischem Rundfunk antwortet das bayerische Kultusministerium darauf auf Nachfrage: Man sei angesichts der Dynamik des Infektionsgeschehens auf verschiedene denkbare Szenarien für die Durchführung des Unterrichts an den Schulen vorbereitet. Was das Kultusministerium damit genau meine, bleibe offen. News4teachers

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

„Markus Lanz“: Ist der Verzicht auf Abstand im Klassenzimmer verantwortungslos? Wie der Streit um Schulöffnungen die Gemüter erhitzt

 

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1 Kommentar
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Angela Seger
3 Jahre zuvor

Es sollen die Eltern natürlich keine Aushilfslehrer sein.Es gibt aber auch Eltern die schwere Vorerkrankungen.haben.Es wird leider viel zu wenig darüber gesprochen .