Referendare sollen gelockt werden, Schüler in den Ferien zu unterrichten

7

STUTTGART. Im Fernunterricht in Corona-Zeiten sind einige Schüler mit ihrem Unterrichtsstoff ins Hintertreffen geraten. Ihnen macht die baden-württembergische Kultusministerin nun ein Angebot – in den Sommerferien. Aber wer soll denn dann die Kinder und Jugendlichen fördern? Eisenmann hat eine Idee.

Sorgt für Empörung unter Grundschullehrkräften: Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann. Foto: Kultusministerium Baden-Württemberg
Will Lernferien anbieten: Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU). Foto: Kultusministerium Baden-Württemberg

Schüler in Baden-Württemberg können in den Sommerferien an einem kostenlosen Nachhilfeprogramm teilnehmen. So könne Lernstoff nachgeholt werden, der im Fernunterricht wegen des Coronavirus auf der Strecke geblieben sei, sagte Eisenmann am Mittwoch in Stuttgart. Schüler könnten das Angebot über zwei Wochen freiwillig wahrnehmen. «Wir sind zuversichtlich, dass viele daran Interesse haben.» Referendare könnten daran, wenn sie wollten, mitarbeiten. Sie bekämen dafür einen Arbeitsvertrag. Das Konzept für die «Lernbrücken» mit einem Volumen von 13 Millionen Euro sei noch in Abstimmung und werde in den nächsten Tagen vorgestellt.

Eisenmann bekräftigte, dass es nach den Sommerferien möglichst einen regulärer Unterricht in den Schulen geben solle. Sie könne aber nicht ausschließen, dass man wegen des Coronavirus in einem Wechsel aus Präsenz- und Fernunterricht weitermachen müsse. Sie habe Verständnis für Eltern, die sich eine schnellere Rückkehr zum normalen Unterricht wünschten. «Von mir aus kann Corona auch weg.» Das Virus sei aber noch da – mit der Lage müsse man verantwortungsbewusst umgehen.

Anzeige

„Wir haben keine verlorene Schülergeneration“

Zuvor hatte die AfD noch einmal gefordert, den Regelunterricht an den Schulen sofort wieder aufzunehmen. AfD-Bildungspolitiker Rainer Balzer hielt der grün-schwarzen Landesregierung vor, eine «verlorene Schülergeneration» in Kauf zu nehmen. Viele Lehrer und Erzieher seien wegen des Coronavirus verunsichert und teilweise abgetaucht. In Einzelfällen hätten Lehrer nicht einmal für den Fernunterricht zur Verfügung gestanden. Viele Eltern seien aber mit den Nerven zu Ende.

Grünen-Bildungspolitikerin Sandra Boser entgegnete: «Wir haben keine verlorene Schülergeneration hier bei uns in Baden-Württemberg.» CDU-Bildungspolitiker Karl-Wilhelm Röhm meinte zur AfD: «Sollte jemals eine Schülergeneration gerettet werden müssen, dann frage ich mich, ob sie wünscht, von Ihnen gerettet zu werden.» Er nannte Beispiele von engagierten Lehrern in Zeiten des Fernunterrichts.

SPD-Bildungspolitiker Stefan Fulst-Blei schlug vor, den Schulen ein flexibles Budget zu geben, mit dem sie Nachhilfeleistungen für die Schüler einkaufen könnten. Zudem forderte er, alle Schulen bis Ende 2022 mit einer schnellen Internetleitung auszustatten. Und es brauche Laptops und vielleicht auch Handys für alle Lehrer. FDP-Bildungsexperte Timm Kern forderte das Land auf, offensiver um neue Lehrer zu werben, damit Lücken gestopft werden könnten. Nötig sei auch eine stärkere Lehrerfortbildung beim Thema digitale Bildung. dpa

Wie soll der verpasste Lernstoff aufgeholt werden? Kultusminister setzen bislang nur auf freiwillige „Lernferien“ – und auf die Lehrer

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

7 Kommentare
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments
omg
3 Jahre zuvor

Ist eigentlich den Leuten klar, was Referendariat heute bedeutet????
Ist einer Frau Eisenmann klar, dass sie in der Pflicht steht, sicherzustellen, dass die Leute auch Erholungsphasen haben???

Heiner
3 Jahre zuvor
Antwortet  omg

Steht hier irgendwo, dass Referendare gezwungen werden, diesen Dienst anzutreten? Steht hier irgendwo, dass dieser Dienst die vollen 6,5 Wochen andauert? Nein – dann lassen Sie bitte mal die Kirche im Dorf!

Georg
3 Jahre zuvor

13 Mio € für zwei Wochen sind eine Summe. Aber was bekommen die Referendare pro Unterrichtseinheit bezahlt und wie groß sind die Gruppen? Wenn das nicht mindestens der Überstundensatz ist, dann sollte man den Referendaren dringend davon abraten.

Pablo
3 Jahre zuvor
Antwortet  Georg

In RP kriegt man 300 Euro für 10 Tage à 3 Stunden Unterricht, das macht (bei 0 Vorbereitung) immerhin mehr als den Mindestlohn. Hier regiert die SPD.

Gümnasiallehrer a.D.
3 Jahre zuvor

Hier sollen auf Kosten der sozioökonomisch schwächeren (Refetendare) Versäumnisse der Vor-Corona-Zeit ausgebügelt werden.

Ein Examenskandidat
3 Jahre zuvor

Tja, seit Mitte Mai bieten die ExamenskandidatInnen in BW genau diese Lösung an, nach Ansicht von Eisenmann seien Studis im letzten Semester aber nicht geeignet und man brauche „Profis“, die auf die individuellen Lernbedürfnisse der Schulkinder eingehen können. Die meisten Studis haben jahrelang Nachhilfe gegeben, an Schulen gearbeitet und mussten während des Praxissemesters eigenständigen Unterricht übernehmen, weil es zu wenig Lehrkräfte gab/gibt, obwohl das ausdrücklich verboten ist – im einen Moment stolz auf die hochqualitative Lehrerausbildung in BW hinzuweisen und uns bei anderer Gelegenheit gleichzeitig die Professionalität abzusprechen ist armselig und nach Jahren des Studiums ernüchternd.

dickebank
3 Jahre zuvor

Warum setzt man dann nicht die fähigen Referendare an der Spitze des Bildungs(un)wesens im Ministerium ein. Mehr falsch machen als die amtsinhabenden Dilettanten und Innen können sie da auch nicht.