Studie zu Coronavirus: Kinder sind – angeblich – nicht Treiber der Infektion

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Aktuell: Fußen Schulöffnungen auf falschen Studien? Drosten: Schwedische Untersuchung weist bei jungen Menschen sogar häufiger Corona-Infektionen nach

STUTTGART. Bei der Grippe gelten Kinder mitunter als regelrechte Virenschleudern. Aber welche Rolle spielt der Nachwuchs bei der Verbreitung des Coronavirus? Forscher aus Baden-Württemberg haben dazu neue Erkenntnisse. Ob die allerdings ausreichen, um den wissenschaftlichen Streit um die Rolle von Schulen und Kitas im Infektionsgeschehen aufzulösen, ist zweifelhaft. Denn eine entscheidende Frage bleibt unbeantwortet. 

Wie infektiös sind Kinder, die sich mit dem Coronavirus angesteckt haben? Foto: Shutterstock

Kinder sind einer Studie aus Baden-Württemberg zufolge nicht so häufig mit dem Coronavirus infiziert wie ihre Eltern. Das ist das Ergebnis einer großen Untersuchung von Unikliniken im Land, die am Dienstag in Stuttgart vorgestellt wurde. Kinder hätten sich demnach seltener angesteckt als ihre Eltern und seien auch nicht als Treiber dieser Infektion anzusehen, sagte Klaus-Michael Debatin, Ärztlicher Direktor der Kinderklinik am Universitätsklinikum Ulm.

Die vier Universitätskliniken in Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm stehen hinter der Untersuchung. Für die Studie wurden 5000 Menschen, die keine Symptome hatten, auf das Virus und auf Antikörper getestet, darunter 2500 Kinder unter zehn Jahren und je ein Elternteil. Mit Blick auf die Fallzahlen sprach Debatin von einer der größten Studien weltweit.

Nicht untersucht, ob Kinder besonders infektiös sind

Im Untersuchungszeitraum von 22. April bis 15. Mai war aktuell nur ein Elternteil-Kind-Paar infiziert. 64 Getestete hatten Antikörper gebildet und weitgehend unbemerkt eine Corona-Infektion durchlaufen, was einer Häufigkeit von 1,3 Prozent entspricht. Darunter befanden sich 45 Erwachsene und 19 Kinder. Man sei demnach weit von einer Herdenimmunität entfernt, sagte Debatin. Kinder in Notbetreuung waren den Ergebnissen zufolge auch nicht häufiger infiziert als andere.

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Man habe mit der Studie aber nicht untersucht, ob Kinder besonders infektiös sind, sagte Hans-Georg Kräusslich, Sprecher des Zentrums für Infektiologie am Universitätsklinikum Heidelberg. Man könne bei den positiv getesteten Eltern-Kind-Paaren keine grundsätzliche Aussage darüber treffen, wer wen angesteckt hat.

Die Rolle von Kindern bei der Verbreitung des Virus spielt eine entscheidende Rolle bei der Wiedereröffnung von Kitas und Grundschulen im Land. Man stütze mit der Studie politische Entscheidungen auf die aktuellste wissenschaftliche Expertise, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Dank der schnellen Bereitstellung der Ergebnisse könnten die Kindertagesstätten und Grundschulen schon bald eine neue Phase starten. Die baden-württembergischen Unikliniken hätten einen wertvollen Baustein für die weltweite Forschung und den weiteren Erkenntnisgewinn geliefert, sagte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne).

Studie ist Grundlage für Schul- und Kitaöffnungen ohne Abstandsregel

Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) stellte am Dienstag Konzepte für die geplante Öffnung von Kitas und Grundschulen ab dem 29. Juni vor. Das Abstandsgebot wird dann fallen. Kinder aus einer Gruppe sollen sich aber in Kitas und auch in den Schulen nicht mit Kindern aus anderen Gruppen durchmischen. News4teachers / mit Material der dpa

Hier lässt sich der vorläufige Studienbericht herunterladen.

Kretschmann: Neue Studie zeigt geringe Rolle von Kindern bei Infektionen – Grundschulen und Kitas sollen jetzt schneller öffnen

 

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11 Kommentare
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Illy
3 Jahre zuvor

Ja das wäre ja alles „schön“…aber diese gesamte Testphase ist doch eine Farce.
Es ist doch so, dass bereits jetzt schon beschlossen ist, dass die weiterführenden Schulen ebenfalls ohne Abstandsregel nach den Sommerferien wieder eröffnet werden. Bekanntlich sind die Schüler dort >10 Jahre. Diese Altersgruppe ist vergleichbar infektiös wie Erwachsene…
Letzlich werden wir doch alle für dumm verkauft.
Diese Grundschulöffnung vor den Ferien sollte doch dazu dienen aufzuzeigen, dass wir gar keine Abstandsregeln o.ä..brauchen und die Rechtfertigung für eine allgemeine Öffnung im Winter für alle Altersgruppen darstellen, ungeachtet der Erkenntnisse über die Verbreitung über Aerosole und die Erfahrungen der Nachbarländer….
Ich glaube keinem Politiker oder Kinder-Arzt noch irgendetwas.
Hier werden wwirtschaftlich motivierte Interessen auf Kosten der Gesundheit aller durchgeboxt….und das ganz offensichtlich zentral, nicht föderal!
Letztlich ist bereits jetzt schon alles jetzt beschlossen.
Wie mit der Heinsberg Studie, da stand das zu erklärende Ziel bereits fest, bevor es Ergebnisse gab.
So ist es jetzt auch. Kinderärzte und Kultusminister kommen dem Druck der überforderten Eltern und der wirtschaftlich erwünschten Ziele nach.
…nur nochmal so zur Erinnerung: wir wollten mal die Gesellschaft und die Schwächsten schützen. Mittlerweile entbrennen hier Diskussionen die einen wirklich ratlos zurücklassen.
Lehrer und Eltern die sich zurecht Sorgen um ihre Gesundheit machen werden zu den irrational Ängstlichen dieser Tage abgestempelt, die angeblich die Schwächeren aus dem Blick verlieren während alle anderen sich als die Mutigen unserer Gesellschaft aufschwingen, die in ihrer Unsterblichkeit angeblich die Übersicht haben und alle wirklch wichtigen Aspekte im Blick behalten.
So oder so…
Das dicke Ende kommt im Herbst.

Pälzer
3 Jahre zuvor
Antwortet  Illy

Ich würde Ihnen Ihre Angst gerne nehmen: Es gibt sehr wenig Infizierte. In den Schulen nehmen wir große Einschränkungen in Kauf, um hypothetische Weitergabe des Virus zu vermeiden. Selbst wenn man krank wird, gibt es nur in ca. 3% der Fälle eine Pneumonie. Unser Gesundheitssystem hat genug Kapazität, um Sie in so schweren Fällen gut zu behandeln. Bislang sind dem RKI drei COVID-19-Todesfälle bei unter 20-Jährigen übermittelt worden. Die verstorbenen Personen waren im Alter zwischen 3 und 18 Jahren, alle hatten Vorerkrankungen. Sie sollten sich vernünftig schützen – keine Demos! – müssen aber keine Angst haben!

Katja
3 Jahre zuvor
Antwortet  Pälzer

Leider sind Lehrkräfte, Eltern, Großeltern… eher nicht in der Gruppe der unter Zwanzigjährigen zu finden. Und selbst wenn unser Gesundheitssystem genug Kapazität hat – ich möchte nicht mit einem Schlauch im Hals nackt auf dem Bauch in einer ITS liegen …

Ein denkender Mitbürger
3 Jahre zuvor

Nicht mein Fachgebiet, aber ich zweifle die Studie trotzdem an, da sich mir folgende Frage aufdrängt: Ist es nicht logisch, dass 2/3 der Antikörperträger Elternteile waren, da diese schließlich während des Lockdowns (vermutlich) weiterhin zur Arbeit etc. gegangen sind und die Kinder eben zuhause geblieben sind und somit einem viel geringeren Risiko ausgesetzt waren? Ist nicht schon lange wissenschaftlich bewiesen, dass die Anzahl der Kontakte zu Infizierten und damit die Anzahl an Viren, die man aufnimmt bzw. denen man ausgesetzt ist, darüber entscheidet, ob man sich infiziert? Demzufolge ist es wohl klar, dass weniger Kinder Antikörper trugen als ihre Elternteile.
Außerdem wie aussagekräftig ist eine Studie, die lediglich 64 ehemalige Infizierte untersucht hat (mir ist bewusst, dass insgesamt 5000 Menschen untersucht wurden, von denen aber eben nur 64 Antikörper trugen)?

SKB
3 Jahre zuvor

Nochmal zum Nachschreiben: es wurden 2500 Elternteil-Kind-Paare untersucht. EIN Paar war aktuell infiziert. Bei 19 PAAREN wurden Antikörper gefunden. Es gab also 20 entdeckte Paare. Davon wohl keine Auffälligkeit bzgl. Kinder in Notbetreuung. Außerdem könne man „bei den positiv getesteten Eltern-Kind-Paaren keine grundsätzliche Aussage darüber treffen, wer wen angesteckt hat“. Demgegenüber gab es 26 Elternteile die alleinig infiziert waren. „Kinder hätten sich demnach seltener angesteckt als ihre Eltern und seien auch nicht als Treiber dieser Infektion anzusehen.“ – Die Studie hat „einen wertvollen Baustein für die weltweite Forschung und den weiteren Erkenntnisgewinn geliefert. Unkommentiert.

SKB
3 Jahre zuvor

Anders formuliert: StudienGRUNDLAGE sind 66 Infizierte. Davon 20 Kinder, die wohl nicht überwiegend die Notbetreuung besucht haben. Das passt doch. Oder haben Kinder daheim oder in einer kleinen Notbetreuung soviel Kontakte wie ihre berufstätigen Eltern? Wie kommt man überhaupt zu IRGENDEINER AUSSAGE?

Katja
3 Jahre zuvor
Antwortet  SKB

Psssst, sagen Sie das doch nicht so deutlich. Sonst fällt noch jemandem auf, dass die Schul- und KiTa-Öffnungen reine Klientelpolitik waren und die ach so relevanten Studien das Papier nicht wert sind, auf dem sie geschrieben wurden.

Pälzer
3 Jahre zuvor
Antwortet  SKB

Nur 1,3 % waren angesteckt. 5000 wurden getestet, das sind 2 – 5 mal so viele wie bei den politischen Meinungsumfragen. Statistiken sind immer Schätzungen, mit mehr Geld kann man mehr testen und dann wird es genauer. Spenden Sie ein paar Millionen, und es wird gemacht!

dickebank
3 Jahre zuvor
Antwortet  Pälzer

NRW: 600.000 Grundschüler*innen ==> 1,3% von 600.000 SuS sind dann 7.800 „potentielle Gefährder“. Wären die nicht als Virenträger sondern als Islamisten oder Rechtsextremisten eingestuft, die Politik würde vor Alarmismus rotieren. – Nur mal so, zum Vergelich

Emil
3 Jahre zuvor

Die Politik dreht gerade alles so hin, wie es ihr passt. Nicht das Infektionsgeschen bestimmt die Entscheidungen, sondern das Geschrei der Eltern und der Wirtschaft. Die Pseudolegimation durch irgendwelche „Untersuchungen“ ist eher peinlich als aussagekräftig!
Wie Frau Gebauer schon sagte: Es wird Tote geben….
Den Lehrermangel behebt man so sicherlich nicht.