Schulbusse sind so voll, dass Schüler sich drängeln – Eltern schlagen Alarm

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WIESBADEN. Es herrscht Corona, aber Schulbusse und Bahnen sind voll – so voll, dass Schüler oftmals dicht an dicht gedrängt sitzen und stehen müssen. Eigentlich sollten alle Kinder und Jugendliche im ÖPNV Mund und Nase bedecken. Das tun aber nicht alle. Eltern schlagen Alarm.

Foto aus überfülltem Schulbus, das im Netz kursiert. Screenshot: News4teachers

«Das ist eine Katastrophe», sagt der Vorstandsvorsitzende des Landeselternbeirats Hessen, Korhan Ekinci. Es könne nicht sein, dass für die Schulen sorgsam Hygienepläne mit Maskenpflicht teils auch im Unterricht und anderen Maßnahmen ausgearbeitet würden und die Schüler auf dem Weg zur und von der Schule eng gedrängt in Bussen und auch manchen Zügen stehen oder sitzen müssten, so Ekinci.

Beim Hessischen Städte- und Gemeindebund (HSGB) weiß man um das Problem der überfüllten Schulbusse. Das sei auch in coronafreien Zeiten ein Thema, sagt Martin Grobba, Referent für Wegerecht beim HSGB. Weil es aber nur um zwei kurze Zeiträume pro Tag gehe, ließen sich schwerlich ausreichend Fahrzeuge und vor allem Fahrer passgenau für diese Stoßzeiten vorhalten. Aufgabenträger für die Schülerbeförderung ist der Landkreistag. Die Leistungen werden teils von den Kommunen über die Kreisumlage sowie die Umlage für den Öffentlichen Personennahverkehr gezahlt.

Immer mehr Corona-Fälle an den Schulen – „Einschläge kommen näher“

Kein Geld? Dieses Argument will Ekinci nicht gelten lassen. «Als die Banken in Schieflage waren, wurden sie gerettet», sagte er. Hier aber gehe es um die Gesundheit der Kinder. Covid-19-Infektionen an mittlerweile zahlreichen Schulen bis hin zur Schließung ganzer Schulen machten deutlich, dass die «Einschläge» immer näher kämen, so Ekinci. «Wir brauchen eine Regie.» Es müsse ein Plan ausgearbeitet werden, der den kompletten Schultag einbeziehe – vom Start an der Haustür morgens bis zur Rückkehr am Nachmittag.

Auch in Rheinland-Pfalz schlagen Eltern Alarm. «Die stehen wirklich wie die Heringe», sagt Landeselternsprecher Reiner Schladweiler. «Ich habe gehört, dass Kinder bis an die Scheibe gedrückt standen.» Täglich bekomme er 12 bis 15 Beschwerden wegen der Busse.

Fünftklässler im Bus auf fehlende Masken hinweisen? Sinnlos

Auch die Schülerinnen und Schüler sehen die Probleme. Es komme vor, dass Schüler nicht mehr in den Bus passten und von den Eltern abgeholt werden müssen, sagte Jonah Simon von der Landesschülervertretung. Den Zwölftklässler vom Gymnasium Cochem stört, dass viele Kinder und Jugendliche im Bus keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen. «Wir wollen ja alle versuchen, das Risiko einzudämmen.»

Die Busfahrer griffen leider nicht ein, sagte Eric Grabowski von der Integrierten Gesamtschule Schönenberg-Kübelberg/Waldmohr. Der Schüler der zehnten Klasse hat selbst versucht, Fünftklässler auf die fehlenden Masken hinzuweisen – und nur freche Antworten kassiert. Um Platz in den Bussen zu schaffen, sollten wie vor den Ferien immer nur halbe Klassen an den Schulen unterrichtet werden, schlägt er vor.

Entspannung in Sicht?

Das Land Rheinland-Pfalz hat die Missstände beim Schülertransport offenbar erkannt – und will handeln. Eine Bus-Börse mit 250 zusätzlichen Fahrzeugen, vom Land vergangene Woche als Nothilfe angekündigt, kann nach Angaben des Verkehrsministeriums in Gang kommen.

Wo die Linienbusse nicht ausreichen, sollen vorübergehend Reisebusse zum Einsatz kommen, die derzeit nicht genutzt werden – das ist die Idee hinter der Bus-Börse. Organisiert werden soll sie vom Verband der privaten Verkehrsbetriebe Mobilität & Logistik Rheinland-Pfalz (Molo). «Wir warten darauf, dass es losgeht», sagte Molo-Geschäftsführer Guido Borning. Er gehe davon aus, dass auch mehr als 250 Busse mobilisiert werden können. Viele Unternehmen hätten ihre Fahrzeuge abgemeldet, die Fahrer in Kurzarbeit geschickt.

Doch bevor das Hilfsprogramm greifen kann, mussten die Regeln festgelegt werden. Und da warteten die Kommunen auf die Förderrichtlinie aus dem Verkehrsministerium; das Ministerium wartete auf eine Einigung der Kommunen über die Verteilung. Mittlerweile seien diese Fragen gelöst, sagte Ministeriumssprecherin Susanne Keeding. Die Förderrichtlinie sei fertig. Neben der Börse könnten die Städte und Kreise auch direkt auf die Unternehmen in ihrem Bereich zugehen und Busse anmieten. «Jeder, der einen Bus auf die Straße bringen will, kann das jetzt tun», sagte Keeding. Das Land will nach Ankündigung von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) 90 Prozent der Zusatzkosten tragen.

Das Saarland finanziert 100 zusätzliche Busse für den Schülertransport

Beim Landkreistag von Rheinland-Pfalz ist man skeptisch. «Der Pool ist mit 250 Bussen für eine Lösung eher zu klein», sagte der Vorsitzende Günther Schartz (CDU), Landrat des Kreises Trier-Saarburg. Einzelne Kreise wie Neuwied oder Südwestpfalz meldeten einen Mehrbedarf von 30 Bussen an. Es sei aber abzusehen, dass jeder nicht mehr als sechs oder sieben zusätzliche Busse bekomme, sagte Schartz. Der Landkreis Mainz-Bingen hat angekündigt, auf sieben Linien mehr Busse fahren zu lassen. «Ich bin froh, dass wir hier nun in einem ersten Schritt für Entlastung sorgen konnten», sagte Landrätin Dorothea Schäfer (CDU). In den Bussen sei der Corona-Abstand von 1,50 Meter nicht ausdrücklich gefordert, sagte der Erste Kreisbeigeordnete Steffen Wolf (SPD). Umso wichtiger sei es, dass die Kinder und Jugendlichen in den Zügen und Bussen und an Haltestellen Masken tragen.

Auch im Saarland sollen nach Angaben der Landesregierung rund 100 zusätzliche Busse zur Schülerbeförderung eingesetzt werden, um die Ansteckungsgefahr mit Corona in voll besetzten Bussen zu minimieren. «Die Kosten werden komplett vom Land übernommen», hat Verkehrsministerin Anke Rehlinger (SPD) angekündigt.

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

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Lina K.
3 Jahre zuvor

Das Schulbusproblem haben wir….gefühlt…seit der Steinzeit, auch ich habe mich vor 40 Jahren in den Bus gequetscht, oft waren die Busse so voll, dass Kinder stehen gelassen wurden. Es ist wie in den Schulen kein Geld da. Egal wie man es dreht und wendet, unsere Kids haben keine Lobby. Natürlich beschweren sich die Eltern seit Jahrzehnten. Bei uns ist der Landkreis zuständig, theoretisch. Wenn man sich beschwert, weil der Fahrplan zusammengestrichen wurde, beschuldigt der Landkreis das Busunternehmen, ebenso das Bußnternehmen den Landkreis….