Wassmuth: „Die Verantwortlichen tun so, als wäre nichts gewesen“ – Bundeselternrat fordert kleinere Lerngruppen (nicht nur wegen Corona)

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BERLIN. Stephan Wassmuth, Vorsitzender des Bundeselternrats, plädiert im Interview mit News4teachers für einen Wechsel aus Präsenz- und Distanzunterricht. Zudem äußert er die Sorge, dass Bildung derzeit zum Glücksspiel wird – abhängig vom Standort, der digitalen Ausstattung und dem Engagement einzelner Lehrkräfte. Seine Forderung an die Politik: Die Probleme, die durch Corona offengelegt wurden, dürfen nun nicht einfach wieder ignoriert werden. Schluss mit dem Weiter-so!

Stephan Wassmuth spricht vom „Brennglas Corona“. Er pocht darauf, dass bestehende Probleme im Bildungssystem nun endlich angegangen werden. Foto: Bundeselternrat

News4teachers: Sie haben in einem Interview gesagt, es sei völlig blauäugig, jetzt so zu tun, als sei Corona einfach vorbei. Man könnte meinen, es sollte allen Beteiligten klar sein, dass die Pandemie noch nicht überstanden ist. Warum war es Ihnen dennoch wichtig, das noch einmal hervorzuheben?

Stephan Wassmuth: Die Corona-Krise hat ja wie ein Brennglas gewirkt und ganz viele Probleme, die schon seit langem bekannt sind, noch einmal deutlich hervorgehoben und vergrößert. Sei es beim Thema Schulsanierungen, beim Lehrermangel oder Digitalisierung. Wir als Bundeselternrat haben also die Zeit seit März genutzt, um mit Eltern, Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften, Schulleitungen und der Politik zu sprechen. Dabei ging es auch darum, Bildung beziehungsweise das Bildungssystem langfristig zu verbessern. Was uns jetzt ärgert, ist einfach, dass diese ganzen Gespräche, die wir geführt haben, diese ganzen Überlegungen, die wir hatten, wieder komplett ignoriert werden und die Verantwortlichen so tun, als wäre nichts gewesen. Als wären alle Probleme beseitigt. Deshalb halte ich das jetzige Vorgehen, die Schulen nach den Sommerferien einfach wieder für alle zu öffnen, für sehr blauäugig.

Eltern wünschen sich Präsenzunterricht in der Schule  – aber…

News4teachers: Wenn Sie hätten mitentscheiden könnte, was hätten Sie nach den Sommerferien ganz konkret anders gemacht?

Wassmuth: Wir waren ja vor den Sommerferien auf einem guten Weg, indem kleinere Lerngruppen gebildet wurden und die Schüler abwechselnd in die Schule gekommen sind – verbunden mit dem Fernunterricht. Ich habe von vielen Seiten die Rückmeldung bekommen, dass auf diese Weise der Unterrichtsstoff viel effektiver nachgeholt werden konnte. Natürlich bräuchte man für kleinere Lerngruppen auch mehr Personal, das es nicht gibt. Aber auch der Vorschlag, Studierende mit ins Boot zu holen oder die Unterstützung Dritter zu nutzen, ist nicht aufgenommen worden. Stattdessen soll alles einfach möglichst normal weitergehen. Es wird nicht mal über die Frage gesprochen, was denn passiert, wenn einzelne Schulen doch wieder in den Lockdown müssen. Das ist frustrierend.

News4teachers: Aber ist es nicht auch ein positiver Schritt für Familien, für die die Schulschließungen ja auch mit Belastungen verbunden waren, dass die Kinder nun wieder zurück an die Schulen können?

Wassmuth: Klar wünschen wir Eltern uns auch, dass wir wieder qualifizierten Präsenzunterricht hinbekommen. Das ist ja auch für die Psyche der Kinder ganz wichtig, dass sie wieder vor Ort angebunden sind und persönlicher Kontakt zu den Lehrkräften besteht. Aber ich denke, den meisten ist auch bewusst, dass es unter den gegebenen Umständen so nicht klappen kann. Ich war Teil der 22-köpfigen Kommission der Friedrich-Ebert-Stiftung, die verschiedene Empfehlungen für das Schuljahr 2020/2021 erarbeitet hat. (News4teachers hat ausführlich über das Papier berichtet – hier geht es zu dem Beitrag.) Und wir haben gesagt, es sind drei Szenarien denkbar: Das Szenario A ist Präsenzunterricht als Regelfall, Szenario B wäre ein Mix aus Präsenz- und Fernunterricht und Fernunterricht als Regelfall wäre Szenario C. Und ich weiß, dass das Szenario B von, der Präsenzunterricht verbunden mit qualifiziertem Fernunterricht, für viele der favorisierte Weg ist. Denn der Virus ist ja nicht weg.

„Es muss wirklichen Unterricht geben, mit dem wir Eltern nichts zu tun haben“

News4teachers: Was verstehen Sie unter qualifiziertem Fernunterricht?

Wassmuth: Fernunterricht meint nicht Homeschooling. Es ist nicht so gedacht, dass die Kinder zu Hause Hausaufgaben erledigen, dann aber nur einmal wöchentlich oder gar keine Rückmeldung bekommen. Es muss wirklichen Unterricht geben, mit dem wir Eltern nichts zu tun haben. Leider scheitert es dabei häufig an den technischen und infrastrukturellen Möglichkeiten und da hätte man sich in den vergangenen Monaten natürlich kümmern können. Nein, nicht können: müssen!

News4teachers: Die Schulschließungen haben auf schmerzliche Weise deutlich gemacht, dass die Schulen digital noch lange nicht auf dem Stand sind, auf dem sie sein sollten. Was sind Ihrer Meinung nach die derzeit größten Baustellen?

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Wassmuth: Es scheitert vor allem daran, dass wir nicht überall Internet haben und zusätzlich digitale Endgeräte fehlen. Diese Probleme hätte die Politik angehen müssen. Hinzukommt, dass jedes Bundesland gerade damit beschäftigt ist, eine eigene Cloud-Lösung auf die Beine zu stellen. Dabei gibt es doch auf Bundesebene schon seit Jahren die HPI-Schulcloud. Warum wird die nicht ausgebaut und genutzt? Oder wenn ich auf den Digitalpakt schaue: Darin ist festgehalten, dass der Support der angeschafften Technik über die jeweiligen Schulträger stattfinden soll. Wenn ich jetzt auf die Stadt Kassel schaue, werden vielleicht zwei, drei Leute eingestellt, die sich um die Technik kümmern – für hundert Schulen. Da kann man sich ausrechnen, wie dieser Support laufen wird. Man kann eigentlich jetzt schon absehen, dass dabei viele Kinder auf der Strecke bleiben – und zwar die, die eh schon die schwierigeren Startbedingungen hatten. Warum gibt es dafür keine einheitlichen, sinnvollen Lösungen?

Was ist mit den Aerosolen in den Klassenräumen?

News4teachers: Die Kultusministerkonferenz hat ja einen gemeinsamen „Rahmen für aktualisierte Infektionsschutz- und Hygienemaßnahmen“ beschlossen. Was halten Sie von den Vorgaben darin?

Wassmuth: Dieses Rahmenpapier wird aus meiner Sicht schon dadurch ausgehebelt, dass darin steht „soweit das Infektionsgeschehen es zulässt“. Dieser Halbsatz heißt so viel wie: „Macht mal, was ihr wollt.“ Und es gibt auch noch viele ungeklärte Fragen: Wie verhält es sich mit den Aerosolen und dem Lüften? Was machen die Schulen, die gar keine Fenster in den Klassenzimmern haben? Werden spezielle Filteranlagen eingebaut oder sonstige bauliche Veränderungen vorgenommen?

Es ist ganz klar, dass regionale Unterschiede beachtet werden, da stehen wir als Bundeselternrat auch hinter. Nichtsdestotrotz müsste es gerade bei so wegweisenden Entscheidungen einen roten Faden von Bundesseite aus geben, der nach unten durchgegeben wird. Es kann nicht sein, dass letztendlich alles dem jeweiligen Schulträger überlassen wird. Ich meine, wir haben starke Schulträger und Kommunen, die finanziell gut ausgestattet sind und wir haben finanziell eher schwach ausgestattete Schulträger. Das kann also nicht die Antwort auf eine weltweite Pandemie sein. Bildung darf jetzt nicht zum Glücksspiel werden, abhängig vom Wohnort!

News4teachers: Vor den Sommerferien hatten Sie gefordert, dass man Lehrkräfte in den Ferien verpflichtend fortbilden müsste. Aber können Sie nicht auch die Lehrkräfte verstehen, hinter denen kräftezehrende Wochen lagen und die auch Zeit zum Durchatmen brauchten?

Wassmuth: Natürlich, wir als Bundeselternrat haben auch nie gesagt, dass wir den Lehrerinnen und Lehrern ihre Ferien nicht gönnen. Aber auch hier muss man realistisch sein: Sechs Wochen Sommerferien heißt ja nicht, dass Lehrer sechs Wochen frei haben. Sie nutzen die Zeit ja auch für Vor- und Nachbereitung und da hätte man schon Schulungsangebote machen können, damit alle Lehrkräfte in der Lage sind, im Notfall Fernunterricht anzubieten. Es ging uns darum, dass zumindest alle die pädagogischen und technischen Fähigkeiten erwerben, dass eine Schulschließung sinnvoll aufgefangen werden kann.

„Gar kein Feedback für Schüler ist schlimmer als schlechtes Feedback“

News4teachers: Sie haben selbst noch schulpflichtige Kinder. Wie haben Sie die Monate der Schulschließungen erlebt?

Wassmuth: Wirklich ganz unterschiedlich. Mein einer Sohn hat zum Beispiel Arbeiten einreichen müssen, für die er bis heute keine Rückmeldung bekommen hat. Und gar kein Feedback ist schlimmer als schlechtes Feedback. Bei negativem Feedback hätte er wenigstens gewusst, es interessiert jemanden. Es kann aber auch ganz anders funktionieren, wie ich bei meiner Tochter gesehen habe. Man muss dazu sagen, dass meine Tochter auf eine Privatschule geht, was mit ihrer Ausbildung zusammenhängt. Aber diese Schule ist schon seit Jahren digital aufgestellt. Für die Lehrerinnen und Lehrer war es also ganz einfach zu sagen: „Wir machen jetzt den qualifizierten Fernunterricht weiter, den wir auch vorher schon als freiwilliges Angebot im Programm hatten.“

Es gibt viele positive Beispiele in Deutschland von Lehrern, die Youtube-Kanäle eingerichtet haben, von Lehrerinnen, die ihre Schüler zu Hause besucht haben, oder von Klassen, in denen Videokonferenzen durchgeführt wurden. Das Problem ist, dass diese engagierten Lehrkräfte jetzt quasi gesagt bekommen: „Das war ja alles schön und gut, aber das kloppen wir jetzt trotzdem alles wieder in die Tonne und machen weiter, wo wir vor Corona aufgehört haben.“ Auch das ist total demotivierend für Lehrer und Schüler und meiner Meinung nach der falsche Weg. Laura Millmann / Agentur für Bildungsjournalismus

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

Elternverbände fordern Unterricht mit Abstand, in kleinen Lerngruppen und ohne Masken

 

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Gümnasiallehrer a.D.
3 Jahre zuvor

„Aber auch der Vorschlag, Studierende mit ins Boot zu holen oder die Unterstützung Dritter zu nutzen, ist nicht aufgenommen worden.“ Wenn mal (!) not in der Schule ist, dann mag das ein Weg sein. Keinesfalls sollten Studierende oder Dritte aber dauerft ins System eingebunden werden, ergo ein fester Bestandteil des Kerngeschäfts Unterrichten. Die Qualität würde zwangsläufig in der Breite leiden.

Dietmar
3 Jahre zuvor

Natürlich hat Herr Wassmuth recht. Ein Mix aus Präsenz- und Fernunterricht, also Blended Learning, ist die Lösung für die wichtigsten Probleme. So können insbesondere die LuL, die zur Risikogruppe gehören, wieder ins Unterrichtsgeschehen eingebunden werden. Die Idee unqualifizierte Leute mit dieser Aufgabe zu betrauen ist absolut abwegig.

Stina
3 Jahre zuvor

Herr Wassmuth, ein Mix aus Präsenz- und Fernunterricht ist eine angemessene Beschulungsmöglichkeit. Danke!

Ein pandemieangepasstes Beschulungskonzept wünschen sich einige Hamburger Eltern auch:

https://sichere-bildung-hamburg.de/

kanndochnichtwahrsein
3 Jahre zuvor

Bitte bei all dem, das ich absolut unterstützen würde, auch noch dies beachten:

Langfristig muss bei den kleinen Schülern von Anfang viel an mehr Wert auf Grundkenntnisse und Fähigkeiten in den Kulturtechniken gelegt werden.
Sie müssen wirklich sicher lesen, schreiben, rechnen, verstehen, auswerten, hinterfragen lernen!
Danach erst kann man digitale Kompetenzen sinnvoll aufbauen.

Die jüngeren Schüler brauchen engmaschigere Betreuung als die älteren.
Hier lieber kein rollierendes System. Diese Kinder (und ihre Eltern) brauchen verlässliche Strukturen: täglicher Unterricht in kleinen Gruppen mit mehr Personal und zusätzlichen Hilfskräfte (nicht als Lehrerersatz, sondern zur Unterstützung im Team, damit Kinder nicht zurückbleiben).
Kleine, gut betreute Gruppen können in der Hälfte der Zeit mehr lernen als zur Zeit.
Der „ryhtmisierte Ganztag“ erweist sich in der Praxis eh als nette Legende.
Es bringt nichts, wenn in einer 5. oder 6. Klasse kurz vor 16 Uhr noch Mathe unterrichtet wird, weil nur dann der Lehrer eingeplant werden kann.

Langfristig müssen so viele Lehrer zur Verfügung stehen, dass bis Jg. 7/8 vor der Mittagspause gut gelernt werden kann.

Soweit Betreuung am Nachmittag notwendig ist, kann dies durch andere Kräfte geschehen, das muss kein Lehrer machen!

Lehrerausbildung muss verändert werden: Alle verlangen fachübergreifenden Unterricht, möglichst noch digital, aber Lehrer werden immer noch nur für eins der beteiligten Fächer ausgebildet. Das ist personaltechnisch und didaktisch nicht effektiv! (GL in der Schule, aber die Lehrer können entweder EK oder GE..)

JETZT konkret kann es nichts anderes geben als Schule mit Abstand und Belüftungssystemen!
Es ist m.E. ein Skandal, dass der Bevölkerung vermittelt wird, es gehe anders.

Die Quittung werden wir alle ausbaden müssen, nicht die Entscheider hinter ihren Plexiglasscheiben und im Homeoffice.
Und dann leidet die Wirtschaft erst richtig!!

Es müsste dazu auch klar vermittelt werden, dass wir in den Schulen uns alle Mühe geben, keine Infektionsketten entstehen zu lassen (sie nur nachzuverfolgen muss immer der letzte Notanker sein).
Dann müssen Eltern aber auch verpflichtet werden, die außerschulischen Kontakte ihrer Kinder auf einige wenige, stabile Kontakte zu beschränken, um unser Bemühen nicht hinterm Schultor zu konterkarieren!!!
Für die Lehrerzimmer hieße das natürlich auch: keine nicht dringend notwendigen Besprechungen, keine Gesamtkonferenzen, solange kein Infektionsschutz möglich ist.
Ein Stück Stoff vor dem Mund ist kein Infektionsschutz, wenn 100 Kollegen über Stunden in einer schlecht belüfteten Aula hocken!

OlleSchachtel
3 Jahre zuvor

Unser Lehrerzimmer stand schon vor den Ferien leer. Versetzter Anfang, keine Pausen, da die Pause von der Lehrkraft betreut wurde, versetztes Ende. Dienstbesprechungen nur per Videokonferenz. Technisch Probleme hatte nur die SL weil es kein vernünftiges Netz in der Schule gibt.

z
3 Jahre zuvor

Ich stimme Herrn Wassmuth in allen Punkten zu. Ich frage mich sehr, warum gerade diejenigen, die ja die tatsächliche Verantwortung für ihr Kind haben und im Ernstfall auch mit den Konsequenzen einer möglichen Infektion mit dem Virus konfrontiert werden und damit leben müssen, nämlich die Eltern, so wenig gehört und so wenig Einflusskraft auf politische Entscheidungen haben. In welchem Rechtssystem leben wir? (Einzig das KM von Baden-Württemberg gibt den Eltern mit Aufhebung der Päsenzpflicht für die Schüler, nicht Schulpflicht), die Möglichkeit ihrer Verantwortung für ihr Kind nachzukommen. Erschreckend.

@kanndochnichtwarsein
Natürlich brauchen die jüngeren Schüler eine engmaschigere Betreuung als die älteren Schüler, aber hier kein rollierendes System zuzulassen, wäre FALSCH,

weil man damit die Betreuung vor Ort durch Lehrer ÜBER den Gesundheitsschutz von jüngeren Schülern und deren betreffende Lehrer stellt.
Die sog. verlässlichen Betreuungsstrukturen für deren Eltern müssen entweder die Eltern selbst organisieren und soweit sie das nicht wollen oder können, müssten für diese Eltern anderweitige staatl. Betreuungsangebote her.
Da mittlerweile die Studienlage deutlich zeigt, dass sich Kinder unter 10 Jahren ebenso infizieren und anstecken können, z. T. noch mehr Virenlast in der kritischen Phase haben, ist es einfach nicht richtig, zu sagen, du bist jung, damit betreuungsintensiver, du hast also kein Recht auf rollierenden Distanzunterricht.

Gesundheit MUSS vor komfortablen Betreuungsmöglichkeiten für die Eltern stehen. Ich kenne viele Eltern, die gerne bereit sind, auch bei ihren Grundschülern bei Distanzunterricht zu unterstützen und dafür beruflich und finanziell zurückstecken, um ihr Kind vor der Ansteckung zu schützen.

Das Recht, sich vor Ansteckung zu schützen muss für alle Arbeitnehmer aber auch alle Schüler gleich sein, weil sich alle ausnahmslos mit diesem Virus infizieren und diesen auch weitergeben können!

kanndochnichtwahrsein
3 Jahre zuvor
Antwortet  z

Mit „nicht rollierend“ für jüngere Kinder meine ich, dauerhaft mehr Räume und mehr Lehrer, damit alle Kinder – notfalls in reduziertem Stundenumfang – jeden Tag in der Schule sein können. Sonst lassen sich bei jungen Schülern m.E. nur schwer sichere Grundlagen legen.
Lieber jeden Tag, aber kurz – als nur alle paar Tage für viele Stunden, die die Kinder dann überfordern!

Absolut einverstanden, dass Eltern für ihre Kinder verantwortlich sind – aber Eltern wurden auch vermittelt, die Kinder seien versorgt, dass kann man sicher nicht von heute auf morgen langfristig zurücknehmen, würde Existenzen gefährden.
Abstriche wird jeder machen müssen. Nicht nur die Mütter, die dann zu Hause bleiben. Da braucht es Modelle, nach denen beide Eltern – und wenn nur ein Elternteil vorhanden ggf. eine andere Person – Teilzeit arbeiten kann, ohne in existentielle Not zu geraten.

mama07
3 Jahre zuvor

https://www.tagesschau.de/inland/rki-corona-zahlen-105.html
Wann werden unsere Regierenden endlich einsehen – und vor allem eingestehen! – dass sie die Verbreitung des Corona-Virus unterschätzt und in vielen Bereichen falsch oder gar fahrlässig gehandelt haben!?
Im Bereich „Schule“ sind aus den „Regierenden“ inzwischen „Diktierende“ geworden, die die Grundrechte von Kindern/Schülern und Eltern ignorieren und außer Kraft setzen.
Das muss endlich ein Ende haben und zwar bundesweit!!!

Illy
3 Jahre zuvor
Antwortet  mama07

@mama07 dem kann ich mich nur anschließen. Danke!

A.P.
3 Jahre zuvor

Und WANN soll der Lehrer, der normalerweise in der Klasse steht und Schüler unterstützen und ihnen Dinge erklären kann, das alles leisten (Präsenzunterricht für die einen UND qualifizierten Fernunterricht für die anderen, Abgaben der Schüler korrigieren, während er ja den ganzen Schultag im Präsenzunzerricht war, youtube-Videos erstellen und Videokonferenzen durchführen, während er die Abgaben all seiner Schüler aus dem Fernunterricht korrigieren soll…). Das sind ja alles ganz tolle Ideen, aber dann bitte nur noch mit der Hälfte der Lerngruppen für den Lehrer! Denn auch der hat irgendwann mal ein Anrecht auf Familie und Feierabend! Ich finde es total frustrierend, solche realitätsfernen Forderungen zu lesen! Der Lehrer ist dafür ausgebildet, mit Kindern live zu arbeiten und es erfordert einen VIEL höheren Aufwand, selbsterklärende Materialien zu erstellen, die ein Kind völlig ohne Schwierigkeiten, aber selbstverständlich mit Lernzuwachs alleine Zuhause bearbeitet. Von der Zeit, die man alleine braucht, um all die Lösungen der Schüler (die dann als 10 jpg-Dateien gesendet werden!) zusammen zu sammeln, zu überblicken und dann endlich zu kommentieren, ganz zu schweigen…
Die Schule, so wie sie gestartet ist, ist das Beste für Kinder und Lehrer und sollte, solange es infektionstechnisch möglich ist, auch so durchgeführt werden! Und klar wäre es schön, nur noch halbvolle Klassen zu haben. Aber das ist eben an der Realität vorbei gewünscht…

dickebank
3 Jahre zuvor
Antwortet  A.P.

Der „Fernunterricht“ – also das Lernen auf Distanz ist zum einen Frontalunterricht und zum anderen Übungszeit mit Selbstlernkontrolle. Aus Gründen der Zeitersparnis wird der Präsenzunterricht gestreamt – zumindest die „Instruktionsteile“, da die Veröffentlichung des restlichen Unterrichtsverlaufs gegen jede Menge Rechtsvorschriften verstoßen würde.
Daneben noch die üblichen „how to“-Videoschnipsel oder von den Fachschaften erstellte Vloggs. Die Alternative wären dann kommerzielle, von den „Schulbuchverlagen“ erstellte und von den Schulministerien abgesegnete/zugelassene, geprüfte Lehr- und Lernmaterialien.

Wenn den – wie die Partei von Y.G. glaubt, der Markt alles regelt, dann soll der Markt endlich in die Pötte kommen und Materialien anbieten. Derzeit ist die Nachfrage groß und das vorhandene Angebot ziemlich überschaubar. Blöd ist ja nur, dass die ;arktteilnehmer wissen, dass die Kommunen als Sachaufwandsträger der Schulen die Kosten für die dann fälligen Lizenzen nicht zahlen können, es folglich keinen Markt geben wird. Die ganzen Milliarden für die Digitalisierung werden nämlich in Hardware versenkt, an den jährlichen Einkauf von Software und „Lernmaterialien“ hat anscheined noch kein Verantwortlicher gedacht. Für den Erwerb von Lizenzen und die Nutzungsrechte haben große Firmen ganze Abteilungen, das MSB ist an der Stelle aber ziemlich nackt.

Palim
3 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Die Erstellung von Content ist extrem zeitaufwändig und damit teuer.
Deshalb regelt der Markt seit über 10 Jahren, dass es kaum Angebote gibt.

Norwegen hat vor Jahren geregelt, dass für den Aufbau einer großen Materialdatenbank über das Ministerium die technischen Möglichkeiten erstellt wurden. Anschließend wurden Lehrkräfte für das Einstellen von Materialien entlastet, statt Mehrarbeit zu erwarten.

Daran hätte man sich längst orientieren können.
https://www.bpb.de/lernen/digitale-bildung/werkstatt/293964/oer-was-wir-von-norwegen-lernen-koennen

Aber wir warten darauf, dass der Markt es regelt.

Wie schön wäre es, wenn man in allen Schulstufen jetzt auf fertige digitale Materialien zurückgreifen könnte, die von Experten für den Unterricht erstellt und allen zur Verfügung gestellt wurden.
Bei einem entsprechenden Austauschportal, klarem rechtlichem Rahmen und guter Ausstattung der Schulen wären Austausch über Bundesländer und Schulformen hinweg leicht möglich.

Dietmar
3 Jahre zuvor
Antwortet  A.P.

Wenn Sie im virtuellen Klassenraum unterrichten, müssen Ihre Materialien nicht selbsterklärend sein. Sie erklären sie in Ihrem gestreamten Unterricht. Das ist fast wie Präsenzunterricht, nur dass sich die SuS weniger gegenseitig ablenken können.

Jonas Kruse
3 Jahre zuvor

@ A.P. Volle Zustimmung zu den sehr korrekt dargestellten Problemen.

Ergänzen möchte ich noch, dass es einen flächendeckenden Lehrermangel gibt, den man so schnell auch nicht beheben kann. Immer wenn ich in diesem Zusammenhang die Forderung nach kleineren Klassen lese, verschütte ich immer meinen Kaffee vor Lachen und denke, wie realitätsfern können meine Mitbürger eigentlich argumentieren. Es würde ca. 10 Jahre dauern, bis man bei erkennbar kleineren Klassen ankommen würde.

ThinkAbout
3 Jahre zuvor
Antwortet  Jonas Kruse

Ich befürchte der Lehrermangel wird sich auch in den nächsten Jahren nicht verbessern. Die Ministerien machen als Arbeitgeber momentan keine gute Werbung für diesen Beruf. Ich kann meinen Kindern nur abraten irgendwann einmal Lehrer zu werden. 🙂

Gümnasiallehrer a.D.
3 Jahre zuvor
Antwortet  Jonas Kruse

Es gibt keinen generellen (!) flächendeckenden Lehrermangel. Das ist ein Mythos, der immer wieder gerne erzählt wird, warum auch immer (vermutlich, weil es sonst keine Probleme gibt).

Es gibt aber Regional, nach Lehramtstyp und nach Fach immer wieder „überhänge“ und in anderen Regionen zu wenige Lehrer. Mit Ausnahme der Fächern Physik, Musik und Kunst sowie den Grund- und Förderschullehrern scheint es aber eher schlicht an der Mobilität der Lehrer zu liegen. Was ich aber niemandem verübeln kann. Wenn ich in der Region unterrichten will, dann will ich eben dort unterrichten.

dickebank
3 Jahre zuvor

In NRW ist der Lehrkräftemangel flächendeckend – mit Ausnahme der Fächerkombi D/GE für Lehramt SekI+II. Es gibt keine Schule die mindestens zu 100% mit Lehrkräften versorgt ist und an der es keinen fachfremden Unterricht gibt

Palim
3 Jahre zuvor

Gibt es nicht?
In Niedersachsen bleiben seit Jahren Stellen unbesetzt.
Derzeit ca. 150 an SekI-Schulen, 170 an Gym-Stellen (Wiedereinführung von G9), 30 FöS- und 40GS-Stellen.

Und dabei handelt es sich nur um die ausgeschriebenen Stellen, nicht um den tatsächlichen Bedarf.

Wenn es so viele arbeitssuchende Lehrkräfte gibt, dann können sie ja alle ab morgen eine Stelle übernehmen, und wir hätten auch die Quereinsteigenden gar nicht gebraucht.

Palim
3 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

Nachtrag: Es gibt sogar noch offene Stellen Deutsch-beliebig oder Geschichte-beliebig für Gymnasiallehrkräfte, es ist also nicht auf Mangelfächer begrenzt.

dickebank
3 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

Was haben Lehrkräftemangel und SARS-CoV 2 gemeinsam? In den Augen einiger gibt es hat beides nicht.

Wie sagte schon Captain Kirk? – „Beam me up, Scotty! There is no intelliigent life down there on earth.“

kanndochnichtwahrsein
3 Jahre zuvor

Jetzt und sofort können wir natürlich nicht einen generellen oder auch fächerspezifischen Mangel an Lehrkräften beheben.
Man könnte sich aber entscheiden zwischen Infektionsschutz und „Schule wie immer“.
Wählt man den Infektionsschutz als Priorität, müssen Lehrkräfte anders eingeteilt, Stunden in Unterricht statt Sonderaufgaben fließen, muss Ganztag ausgesetzt, muss Betreuung in die Hände von Nicht-Lehrern (es haben ja viele Eltern ihren Job verloren) gegeben und alles nicht Essentielle in Schule verschoben werden.
So könnte man täglich einige Unterrichtsstunden für die Kleinen und einige für die Größeren sicherstellen.

Das wäre dann kein Regelunterricht, aber geregelter Unterricht in Pandemiezeiten, den man – mit Abständen in kleinen Gruppen – halbwegs verantworten könnte.
Am fehlenden Hauswirtschafts- oder Sportunterricht wird kein Kind leiden, der fiel auch sonst oft genug dem Lehrermangel zum Opfer.

Jonas Kruse
3 Jahre zuvor

Dass es in Deutschland in Zukunft an Lehrkräften fehlt, ist nun aber wirklich gar kein Geheimnis mehr. Die Studien der Bertelsmann Stiftung und der Kultusministerkonferenz zeigen zwar durchaus unterschiedliche Zahlen, doch eines geht aus beiden hervor: Auf das deutsche Bildungssystem kommt eine große Herausforderung zu. Laut Bertelsmann Studie fehlen im Jahr 2025 alleine mindestens 26.000 Grundschullehrer /-innen.

Die Kultusministerkonferenz, ein Plenum aller Wissenschafts-, Bildungs- und Kulturminister der Bundesländer, sieht das Ganze anders: Sie spricht von einem kurzfristigen Engpass von 12.400 Grundschullehrerinnen und Lehrern. Außerdem prognostiziert sie einen durchgängigen Engpass von Berufs-, Haupt- und Realschullehrerinnen und -lehrern bis zum Jahr 2030. Alleine an den Berufsschulen werden laut Bertelsmann-Studie bis zu 60.000 Lehrer /-innen fehlen.

dickebank
3 Jahre zuvor
Antwortet  Jonas Kruse

Natürlich hat die KMK recht mit ihren Zahlen; die Lehrkräfte fehlen lediglich kurzfristig – und zwar immer dann, wenn Unterricht stattfinden sollte. In den sonstigen Zeiten – nachts und in den Ferien – sind mehr Lehrkräfte vorhanden als benötigt werden.

Wenn also während der unterrichtszeit von 08:00 bis 16:00 Uhr bundesweit im Durchschnitt 15% der Planstellen nicht besetzt sind, dann sind doch in der Zeit von 16:00 bis 08:00 Uhr 85% der Stellen überbesetzt ==> also zweimal 85% plus einmal (-15%) geteilt durch drei ergibt eine mehr als 50% Versorgung mit vorhandenen Lehrkräften über den Bedarf hinaus:)

Und wenn die geschätzten Kollegen und Kolleginnen dann noch auf ihre ausführlichen Kaffeepausen verzichten würden …

Palim
3 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Wie viele Lehrkräftestunden könnte man wohl generieren, wenn diejenigen, die als Lehrkraft ausgebildet wurden und nun in der Verwaltung oder der Uni eine Stelle besetzen, vormittags in die Schulen gehen würden?

Sie könnten eine Teilzeit-Stelle übernehmen und im Anschluss die anderen Tätigkeiten ausüben, so ist es bei Schulleitungen ja auch.
Sicher ist es möglich, Verwaltungskräfte oder Quereinsteigende an Uni/ in der Verwaltung kurzfristig zur Entlastung einzusetzen.

Wie schrieb die CDU NDS im Wahl/Regierungsprogramm unter dem Motto „Unsere Schulen nach vorne bringen“?:
„Die Unterrichtsversorgung muss in ganz Niedersachsen flächendeckend gesichert sein. Das gilt sowohl für allgemeinbildende als auch für berufsbildende Schulen. Es müssen deutlich mehr Lehrerstunden im konkreten Unterrichtseinsatz, also direkt beim Kind, ankommen. Wir wollen
daher nicht kürzen oder die Unterrichtsverpflichtung erhöhen, sondern eine zielgerichtete und bessere Verteilung von Unterrichtsstunden sowie den klugen Einsatz von Lehrkräften garantieren.“

omg
3 Jahre zuvor
Antwortet  Jonas Kruse

Aktuel sind bei mir 15 des Kollegiums ohne entsprechende Ausbildung. Und wir stehen damit noch gut da. 2011 habe ich als SL deutlich davor gewarnt, dass durch Verknappung der Referendariatsplätze und fehlende Programme zur Qualifizierung bzw. zur Vorbereitung eines möglichen Einstiegs ins Lehramt ein dramatischer Mangel entstehen würde.
Antwort aus dem HKM: ich „habe keine Ahnung“.
Der Mann, der mir damals geschrieben hat, arbeitet heute noch dort und findet sich bestimmt weiterhin toll.

Alla
3 Jahre zuvor

KM sehen das anders! Klar!
Schon an unserer Grundschule, die keine Brennpunktschule ist, können wir knapp 78% des Unterrichts durch ausgebildete Lehrkräfte abdecken.
Jetzt wirbt uns auch noch MV unsere Junglehrer ab, mit A13, Beihilfe die wirklich 40% der Gesundheitskosten deckt, uvm.

z
3 Jahre zuvor

Aktuell muss es um Infektionsschutz gehen und um die Gesundheit von Schülern und Lehrern. Lehrermangel hin oder her – das Thema ein Dauerbrenner, kann aber jetzt nicht kurzfristig gelöst werden.
Was aber JETZT KURZFRISTIG gelöst werden MUSS und KANN, ist ein echter Infektionsschutz für Schüler und Lehrer. Was nützt die Bildung nach Regelkatalog, wenn die Schüler krank werden. Mit Spätfolgen – welche Eltern interessiert da bitte, ob die Bildung komplett stattgefunden hat???

https://twitter.com/Cassie_Cazoo/status/1284012602822201345

Bei solchen Risiken wird doch Bildung soo nebensächlich!