Deutscher Kitaleitungskongress: „Am Ende geht es um die Kinder“ – Wie die Kita-Kollegien sich in ihren Alltag zurückkämpfen

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HAMBURG. Zarte Aufbruchstimmung auf dem Deutschen Kitaleitungskongress (DKLK) in Hamburg: Beim ersten Bildungskongress in Deutschland nach Ausbruch der Pandemie, der jetzt zu Ende ging, zeigten sich Kitaleitungen optimistisch, sich künftig wieder verstärkt ihren – ja nicht kleinen – pädagogischen und organisatorischen Herausforderungen abseits von Corona widmen zu können. VBE-Bundesvorsitzender Udo Beckmann benannte vor allem den Personalmangel als gravierendes Problem in den Einrichtungen. Mit Blick auf die laufenden Tarifverhandlungen forderte er die Arbeitgeber auf, das Berufsfeld attraktiver zu gestalten und endlich die Gebührenfreiheit bei der Ausbildung durchzusetzen.

In den insgesamt mehr als 50 Vorträgen und Workshops auf dem DKLK galt: Abstand halten. Foto: Guido Schröder

„Bei uns läuft alles wieder völlig normal“, so berichtete die Leiterin einer Kita in einem ländlichen Umfeld in Niedersachsen fröhlich – und unterstrich ihre Aussage mit einem nach oben Daumen gereckten Daumen (die strenge Maskenpflicht auf dem Kongress erlaubte kein erkennbares Lächeln).

Allerdings, auch das kam in vielen Gesprächen auf dem DKLK heraus, wird es mancherorts einige Zeit brauchen, bis wieder völlige Sicherheit in den Kita-Alltag einkehrt. „Wir trauen uns noch nicht so recht“, bekannte eine Kita-Leiterin aus Nordrhein-Westfalen, deren Einrichtung im März als eine der ersten in Deutschland aufgrund der Corona-Infektion einer Erzieherin geschlossen werden musste. Der Betrieb laufe nach wie vor nur eingeschränkt. Die anschließende Quarantäne für alle Beschäftigten und Familien im Umfeld der Kita mit allen damit verbundenen Sorgen und Ängsten wirke nach.

Freude über Erleichterungen bei der Organisation des Kita-Betriebs

Drei Kitaleiterinnen aus Sachsen-Anhalt freuten sich hingegen über Erleichterungen im Arbeitsablauf. So müsse nicht mehr nach jedem Toilettengang das Bad gewischt werden. Auch müssten die Kinder nicht mehr in Kleinstgruppen voneinander getrennt werden, ein halboffener Betrieb sei möglich, was die Organisation der Abläufe ungemein vereinfache. Personell allerdings seien die Folgen der Corona-Krise nach wie vor zu spüren: Weil in den Monaten der Krise viel Einsatz notwendig war, mussten Urlaube verschoben und Überstunden geleistet werden. Dieser Berg wird jetzt schrittweise abgebaut. Die Folge, so die drei Kitaleiterinnen: In den meisten Gruppen könnten sie jeweils nur eine einzige Fachkraft einsetzen – für 24 Kinder.

VBE-Bundesvorsitzender kritisierte die fehlende Unterstützung der Kitaleitungen durch die Politik. Foto: Guido Schröder.

„Die Herausforderungen, denen sich die Kitaleitungen stellen müssen, sind riesig“, erklärte dann auch VBE-Bundesvorsitzender Udo Beckmann in seinem Eröffnungs-Statement. Der Personalmangel bringe so manche Kita – auch ohne die Auswirkungen der Corona-Krise – an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit. Beckmann verwies auf die DKLK-Studie, die alljährlich im Rahmen des Kongresses erstellt wird. Danach beklagen aktuell vier von fünf Kita-Leitungen (78,5 Prozent), dass es innerhalb der letzten 12 Monate noch schwieriger geworden ist, offene Stellen zu besetzen. Und das führe direkt in einen Teufelskreis. Der Personalmangel sorge für eine hohe Arbeitsbelastung. Die wiederum ist für knapp 90 Prozent der Kita-Leitungen Ursache für den hohen Krankenstand ihrer Fachkräfte – was dann zu einer noch höheren Arbeitsbelastung führt. Und dazu kämen dann noch die Belastungen durch Corona.

„Die Politik lässt die Kitaleitungen im Regen stehen, wenn es um Ressourcen geht“, kritisierte Beckmann und nahm Bezug auf die laufenden Tarifverhandlungen für die Beschäftigten in den Kommunen. „Hier muss deutlich nachgebessert werden“, forderte er.

„Kitaleitungen leisten einen guten Job – in Hamburg und bundesweit“

Dass der Beifall des Publikums etwas spärlich ausfiel, hatte mit der Kongress-Organisation zu tun: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren bei der Eröffnung auf sechs Säle der Kulturfabrik Kampnagl verteilt worden, um die Abstandsregel einhalten zu können. Die meisten konnten Beckmanns Statement also nur über Bildschirme verfolgen. Der Dringlichkeit seiner Botschaft nahm das jedoch nichts. Dirk Bange, als Leiter der Abteilung Familie und Kindertagesbetreuung der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration in Hamburg, sah sich dann auch genötigt, den Kitaleitungen „ein Lob im Namen der Politik zu machen: Sie leisten einen guten Job in Hamburg und bundesweit“. Er verwies auf das niedrige Infektionsgeschehen in den Kitas – und darauf, dass es den Kitaleitungen gelinge, verunsicherte Eltern und Mitarbeiter „mitzunehmen“.

Personalführung war auch tatsächlich eines der Top-Themen bei den insgesamt mehr als 50 Vorträgen und Workshops auf dem DKLK. „Der Ton macht die Musik. So nutzen Sie wertschätzende Kommunikation, um Konflikte zu verhindern“ (Referent: der Berater und Autor Wolfgang Bergmann), „Zweifeln war gestern, tun ist heute! Die Kunst, Menschen zu motivieren und zu mobilisieren“ (Konflikt-Trainer Philipp Karch), „Die Haltung macht‘s! – So setzen Sie positive Psychologie als effektives Führungsinstrument in Ihrem Leitungsalltag ein“ (Leadership-Berater Markus Bräuning), so lauteten Titel von gut besuchten Runden.

Die Altersspanne in den Kita-Teams wird größer – und mehr Männer

Auf großes Interesse stieß auch der Vortrag der Psychologin Hanna Heinrich über das Zusammenwirken unterschiedlicher Generationen in einem Kita-Team. Sie machte deutlich, welche Anforderungen an Kitaleitungen aus unterschiedlichen Alterskonstellationen im Personal resultieren – allerdings auch, welche Chancen in einer Kombination der jeweiligen Stärken liegen. „Je mehr Generationen bei Ihnen zusammenkommen, desto mehr Wertewelten prallen aufeinander“, erklärte Heinrich. Spannend, aber mitunter auch aufreibend. Während beispielsweise jüngere, Angehörige der Generation X, eine stringente Führung mit klaren Zielen präferierten, kämen „die Babyboomer“ tendenziell besser mit „konsensorientierter Führung“ klar, also mit flachen Hierarchien. Dass darüber hinaus auch immer mehr Männer in Kitas arbeiteten, eine Kitaleiterin brachte dazu eigene Erfahrungen ein, mache die Leitungsaufgabe in einer Kita nochmal komplexer. Flexibilität ist gefordert.

Der Deutsche Kitaleitungskongress gilt als die Leitversanstaltung in Deutschland für frühkindliche Bildung. Foto: Guido Schröder

Was mache ich, damit mein Kind beim Essen sitzenbleibt? Wie kann ich meinem Kind die Windel abgewöhnen? Wann ist die Trotzphase endlich vorbei? – dass Erziehungsfragen von Eltern ihre Bedeutung im Kita-Alltag nicht verloren haben, wurde im Workshop der Pädagogin Eva Jermer deutlich: Kitaleitungen berichteten darin von ihren Erfahrungen in der Elternkommunikation. Dabei wurde deutlich: Die Vielfalt der familiären Hintergründe nimmt immer weiter zu, ob sozial, kulturell oder individuell. Und das macht die Kita als grundlegende Bildungseinrichtung immer wichtiger. „Die Corona-Krise hat die Probleme, die wir mit uns herumschleppen, deutlich gemacht – so deutlich, dass jetzt jedem klar sein muss, auch Politikern, wo Verbesserungsbedarf besteht“, so meinte Jermer. Am Ende gehe es um ein gemeinsames Ziel: nämlich „unsere Kinder so zu fördern, dass sie als starke Persönlichkeiten in die Zukunft gehen“. Und dafür bedürfe es starker und kompetenter Kitaleitungen. Die Zustimmung im Saal war unüberhörbar. Andrej Priboschek, Agentur für Bildungsjournalismus

Der Deutsche Kitaleitungskongress findet auch noch in Berlin am 15. und 16. September, in Stuttgart am 22. und 23. September, in Augsburg 5. und 6. Oktober und in Leipzig am 12. und 13. Oktober statt. Weitere Informationen: www.deutscher-kitaleitungskongress.de/2020/

DKLK 2020 – Düsseldorf: Die Personalnot in den Kitas ist im vergangenen Jahr noch gewachsen!

 

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Chrissie Kuhr
3 Jahre zuvor

Es ist immernoch erschreckend mit welcher Einstellung und welchen veralteten Glaubenssätzen, genau das Gegenteil erreicht wird. Während ich nur darauf warte endlich angehört zu werden, muss ich mit erleben wie meine Tochter (HSP) seit 2 Jahren in einer Krippe ist die nachweislich Corona benutzt um Ihrer Unzufreidenheit lautstark Luft zu machen und für Ihren Zustand machen Sie unsere Kinder verantwortlich. Das ist der 1. Hinweis.
Sie forden mehr Anerkennung?? Das ist so bitter dass alle so taub wie blind sind. So eine erzwungene Anerkennung ist ja auch direkt wirksam ….. das ist für mich eine Art von Jammern, was aber alle auffordert nochmal hinzu hören und Sich dann zu fragen warum Sie denn nicht geht wenn Sie angeblich soooo schlecht dran sind. Im übrigen ist Dankbarkeit und Wertschätzung ein Ergebnis . und das erreicht man in der Regel nicht durch rumbrüllen und Rumjammern . Hinweis 2 . Wenn hier Menschen die sich Fachpersonal und staatlich anerkannte Pädagogen nennen ,öffentlich die Pandemie benutzen um noch mehr Druck zu machen und Sie ja schon soooo schwach sind ,dass wir wenigstens schon 20% haben die woanders rumheulen sollen und ein offensichtliches Problem haben was sie nicht in der Schule dran hatten, was natürlich damals nicht so war , also muss es ja an unseren Kindern liegen denn selbst Ihre Psychologischen Berater können sich nur beraten und vermuten. Und ach Haas Die Pandemie, jetzt kommt noch Todesangst hinzu, auweia , dann kann ich ja die Kinder gar nicht mehr so hygienisch unbedenklich nach dem Toilettengang versorgen, weil ich natürlich völlig verunsichert bin und man uns früher nichts gesagt hat wie man in soooo einer unzumutbaren Umgebung straff sein in gewohnter Härte und der dringend benötigten Disziplin antrainiert: Denn dqs ist Ihre Pflicht und

Chrissie Kuhr
3 Jahre zuvor

gerne alles bei der Chance
zu reden :::