Offenbar rollt zweite Corona-Welle durch Europa – mitten in den Schulstart

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BERLIN. Frankreich, Italien, Dänemark – um uns herum scheint sich die Corona-Lage zuzuspitzen. Bedrohliche Werte an Neuinfektionen werden gemeldet. Dabei startet vielerorts gerade jetzt der Schulbetrieb wieder nach langen Monaten des Stillstands. In Frankreich mussten eine Woche nach Schulstart schon wieder 30 Schulen geschlossen werden.

Das Coronavirus ist keineswegs aus der Welt. Foto: Shutterstock

In Madrid spitzt sich die Corona-Lage zu, Frankreich kämpft mit einem rasanten Anstieg der Fallzahlen und auch in Italien gibt es so viele Neuinfektionen wie seit Monaten nicht mehr. Zu beachten ist dabei aber ebenso wie bei der Beurteilung der Situation in Deutschland, dass die Zahl der Tests enorm zugenommen hat und die Altersverteilung eine andere ist. Was bedeuten die Werte – und wie lange bleibt Deutschland noch relativ verschont?

Eine Prognose, bis zu welcher Grenze sich die Zahl der Corona-Neuinfektionen hierzulande noch kontrollieren lässt und wann eine massenhafte Ausbreitung beginnt, ist dem Berliner Virologen Christian Drosten zufolge kaum möglich. «Das ist ganz schwer einzuschätzen, ab wann das passiert», hatte er kürzlich im NDR-Podcast gesagt. Klar sei, dass es zu einem schlagartigen Effekt, einem Schwelleneffekt kommen könne.

Von Land zu Land beeinflussten Faktoren wie die mittlere Familiengröße und die Mobilität der Bevölkerung das Geschehen aber unterschiedlich. «Und darum kann ich jetzt nicht sagen: Hier ist der Schwellenwert.» In Frankreich zum Beispiel sei diese Grenze womöglich überschritten. Doch warum dort und nicht in Deutschland? Denkbar sei, dass das Infektionsgeschehen hierzulande über den Sommer auf ein niedrigeres Grundlevel gedrückt worden sei, so Drosten.

In Frankreich hat die Schule in der vergangenen Woche wieder begonnen

Derzeit kommen in Frankreich mit seinen rund 67 Millionen Einwohnern täglich etwa 6000 Neuinfektionen hinzu. Das bisherige Maximum war Ende März mit rund 7500 neu erfassten Fällen binnen eines Tages vermeldet worden. Allerdings ist wie in vielen Ländern auch die Zahl der Tests immens gestiegen: Wurden Ende Mai binnen einer Woche noch weniger als 40.000 Menschen getestet, waren es in der Woche vom 24. bis 30. August mehr als 850.000. Die Rate positiver Tests lag zuletzt bei gut vier Prozent. Die Schule hat in Frankreich erst am 1. September wieder begonnen, über 30 Schulen im Land sind bereits von Schließungen betroffen.

Wie in anderen Ländern Europas stecken sich derzeit auch in Frankreich verstärkt junge Erwachsene mit Sars-CoV-2 an, nach Behördenangaben hauptsächlich bei Feiern und Urlaubsreisen. Daher ist die Zahl der im Krankenhaus behandelten Patienten vergleichsweise gering: Stand Montag waren 4907 Menschen wegen Covid-19 im Krankenhaus, davon 537 auf einer Intensivstation. Als Risikogebiete gelten momentan vor allem der Großraum Île-de-France mit der Hauptstadt Paris und die Region Côte d’Azur.

Strenge Regeln in Spaniens Schulen: Maske – und Abstand

In Spanien mit seinen knapp 47 Millionen Einwohnern bereitet vor allem die Situation in der Region Madrid Sorgen. Seit Ende Juni steigt die Zahl der landesweiten Neuinfektionen wieder an, Anfang des Monats wurden mehr als 4500 Neuinfektionen binnen 24 Stunden gemeldet. Das bisherige Maximum lag bei 9222 Fällen am 31. März. Spanien macht zurzeit nach Angaben des Gesundheitsministeriums knapp 50.000 PCR-Tests pro Tag, Ende März waren es etwa 200.000 pro Woche. Gestern hat in Spanien die Schule wieder begonnen – nach einem halben Jahr Zwangspause.

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Die Regelungen sind streng: Zusätzlich zur Schutzmaske müssen die Schüler darauf achten, stets 1,5 Meter Abstand voneinander zu halten und sich fünf Mal täglich die Hände zu waschen. Zudem sollen die Klassenräume regelmäßig durchlüftet werden. Alle Lehrer und Schüler haben sich einer täglichen Temperaturmessung zu unterziehen. Ziel sei es, so hat die Regierung erklärt, dass alle Schüler in die Schulen zurückkehren könnten, anstatt lediglich Online-Unterricht zu bekommen, wie es am Ende des vergangenen Schuljahres der Fall war.

In Italien beginnt die Schule in der nächsten Woche

In Italien verzeichnen derzeit Kampanien, das Latium mit der Hauptstadt Rom und die Emilia-Romagna die meisten Neuinfektionen. Neben Einschleppungen aus dem Ausland spielen dem Gesundheitsministerium zufolge Freizeitaktivitäten und die gestiegene Mobilität vor allem von jüngeren Menschen eine Rolle.

In dem Land mit gut 60 Millionen Einwohnern wurden zuletzt im Mittel wieder rund 1300 Neuinfektionen täglich gemeldet. Der bislang höchste Wert lag bei 6557 registrierten Fällen am 21. März. Auch hier stieg die Zahl der Tests stark: von rund 195 600 in der Woche vom 23. bis 29. März – in dieser Woche gab es den größten Anstieg an Neuinfektionen in Italien – auf inzwischen etwa 633 000 (31. August bis 6. September). Rund 1,5 Prozent fallen derzeit positiv aus – zum Zeitpunkt des Maximums im Frühjahr waren es fast 20 Prozent.

Das Durchschnittsalter der erfassten Infizierten lag in Italien zuletzt bei 32 Jahren (24. bis 30. August). Am 24. März hatte es bei 63 Jahren gelegen. Stand Montag wurden lediglich 1719 Infizierte im Krankenhaus behandelt, 142 auf der Intensivstation. Im März (Stichtag 21.3.) lagen 17 708 Menschen mit Corona-Symptomen im Krankenhaus – fast die Hälfte der bekannten Infizierten zum damaligen Zeitpunkt. 2857 wurden auf der Intensivstation behandelt. Der für den 14. September geplante Beginn des Schuljahres (in Südtirol hat die Schule bereits am 7. September wieder begonnen) nach sechsmonatiger Pause ist mit hohen Auflagen verbunden: Stillsitzen im Unterricht ist Pflicht. Singen ist verboten. Dafür müssen Schüler im Unterricht keine Maske tragen – wenn ein Abstand von einem Meter zum Sitznachbarn gewährleistet ist.

Steigende Infektionszahlen auch in Dänemark und Norwegen

Auch in nordeuropäischen Ländern wie Dänemark und Norwegen ist die Zahl der Neuinfizierten in den letzten Tagen sprunghaft gestiegen. Schwerer einzuschätzen ist die Lage in Polen mit seinen rund 38 Millionen Einwohnern. Am vergangenen Freitag lag die Zahl der registrierten Neuinfektionen dort bei rund 690. Im Frühjahr hatte der Höchstwert am 19. April bei 545 gemeldeten Fällen binnen eines Tages gelegen. Die Zahl der Tests verdoppelte sich seither auf gut 22.000. Zur Positivrate sowie zum Durchschnittsalter der Infizierten gibt es keine Informationen der polnischen Behörden.

Die insgesamt höchsten Fallzahlen hat die Region Schlesien, wo sich der Erreger vor allem unter Bergarbeitern schnell ausbreitete. Neuerdings häufen sich die Fälle in der Woiwodschaft Masowien um die Hauptstadt Warschau sowie in Kleinpolen im Süden des Landes. Als Gründe nannte das Gesundheitsministerium unter anderem große Hochzeitsfeiern sowie Ansteckungen am Arbeitsplatz. Auch in Polen ist die Zahl der Covid-19-Patienten, die im Krankenhaus behandelt werden, derzeit vergleichsweise gering.

Das allerdings kann sich in jedem der Länder – auch in Deutschland – rasch ändern. «Was jetzt bei jüngeren Menschen passiert, wird in wenigen Wochen bei älteren Menschen passieren», hatte Anders Johansson, Experte für Infektionskrankheiten an der Universität Umeå in Schweden, kürzlich gewarnt. Auch das Robert Koch-Institut (RKI) mahnt in seinen Lageberichten, dass verhindert werden müsse, dass wie zu Beginn der Pandemie wieder vermehrt ältere und besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen erkranken. dpa

 

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Jonas Kruse
3 Jahre zuvor

Das ist ein bedenklicher Anstieg, keine Frage!

Erfreulich ist jedoch, dass die Betroffenen viel jünger und fitter sind.

Erfreulich auch, dass da, wo Schule bereits wieder begonnen hat, sich die deutschen Erkenntnisse spiegeln: Reisen, Familienfeiern, schweißtreibende Bergarbeit etc. heben die Zahlen. Der Schulbetrieb ist glücklicherweise flächendeckend harmlos bzw. unbedeutend.

Bernd
3 Jahre zuvor
Antwortet  Jonas Kruse

Weiß das auch das Coronavirus? Oder ist das nur ein frommer Wunsch?

Der Schulbetrieb in Deutschland läuft bisher in einem Umfeld, in dem das Infektionsgeschehen zwar ansteigt, aber immer noch auf relativ niedrigem Niveau stattfindet. Trotzdem passiert bereits sowas: https://www.news4teachers.de/2020/09/sieben-corona-infektionen-an-einer-schule-sozialsenatorin-womoeglich-zufall/

Klar, für die Schulbehörde ist das immer noch „Zufall“. Zufälle gibt’s…

Illy
3 Jahre zuvor
Antwortet  Jonas Kruse

Jonas Kruse : Oh Mann was sie sich alles so trauen zu schreiben.
Sie bereitet mir zunehmend Schmerzen, ihre trollige Art. Lachmuskelalarm.
Freue mich schon auf ihre Beiträge unter ihren weiteren Synonymen.
Frage mich wirklich was ihre eigentliche Berufung ist. So häufig wie Sie sich hier trollen.
Sie haben offenbar viel Zeit, die sie tagsüber wenn ihre Kinder in der Schule sind nutzen können um hier ihre Weisheiten zu verkünden. Nach dem Frühstücksfernsehen geht es dann für sie los. Dann schlüpfen sie in die verschiedenen Rollen : Arzt, Mutter, Pressesprecherin sogar als Lehrer versuchen sie sich. Also entweder sind sie Theater Schauspieler oder Komiker… oder einfachn nur ein arbeitsloser Clown. Theater und Zirkus sind ja soweit ich weiß immernoch geschlossen.
Wird Zeit, dass der Karneval kommt… und sie sich wieder unter Clowns kommen… Vielleicht lädt Sie ja unser Landesvater aus NRW ein.

abc
3 Jahre zuvor
Antwortet  Jonas Kruse

Ja klar, die Lehrer sind alle jünger und könnten es im Fall der Fälle alle locker wegstecken … ??? Oh man …

Mary-Ellen
3 Jahre zuvor

„Erfreulich“ ist jedoch, das die jüngeren und fitteren Betroffenen…..“ …..das Virus unbemerkt in der Gesamtbevölkerung verteilen….

Jonas Kruse
3 Jahre zuvor

@ Illy

Tut mir ja auch leid, dass die Wahrheit manchmal die Erwartungen enttäuschen, das liegt aber nicht an mir, sondern an der Realität.

Nehmen wir doch einfach mal den Fall in Leer vom letzten Wochenende. Was lesen wir denn da in jedem nur verfügbaren Medium? Richtig! Die eine Schülerin hat sich angesteckt und wen ihrer 94 Oberstufenmitstreiter, Lehrer und wen vom Nachbargymnasium im Mischkurs hat sie angesteckt: keinen.

Es ist schade, dass man hier immer so schnell aggressiv wird, wenn einem die Argumente wegbrechen. Sehr Schade!

Emil
3 Jahre zuvor
Antwortet  Jonas Kruse

Was ist bei Ihnen eigentlich schief gelaufen, dass Sie derart kalt und emotionslos auf kranke Kinder und Lehrer reagieren?

Illy
3 Jahre zuvor

@ Jonas Kruse: oder wie auch immer ich sie ansprechen soll. Eigentlich habe ich gar keine Lust auf diesen Schlagabtausch mit so jemanden wie Ihnen. Daher werde ich mich auch in Zukunft einfach über ihren Beitrag amüsieren und weder Ihnen noch einer ihrer trolligen Parallelpersönlichkeiten meine Energie schenken…in meinem Leben gibt es zum Glück nicht so viele Clowns.

Derzeit gibt es viele Hinweise von Lehrern,die berichten,dass Sie angehalten werden in der Schule weder ihren Schülern noch Eltern oder Kollegen über Fälle in ihren Klassen öffentlich zu sprechen. Es wird auch nicht über die Medien veröffentlicht.
Zudem herrscht großes Durcheinander bei der Testung für Schüler. Wie sie ja aus einer ihrer zahlreichen Parallel Profession als Arzt selbst am besten Wissen unterliegen die Testungen einer gewissen Willkür und bilden mit nichten die Realität in den Schulen ab.
Zudem gehen auch nicht alle Eltern mit ihren Kindern bei Symptomen zum Arzt.
Mal angesehen von den bekloppten Eltern die ihre Kinder mit Fieber in den Unterricht schicken (was bereits vor Corona ein NOGO war!)
Für mich ergibt sich ein eindeutiges Bild. Mit den Schulöffnungen ohne Schutzkonzept sollten Fakten geschaffen werden.

Laut Spahn:werden wir uns wenn die Pandemie vorüber ist alle viel zu verzeihen haben. Damit hat er bereits eine Ankündigung gemacht, die mich hat aufhorchen lassen. Für mich um Gesamtkontext die Ansage für diesen Plan der Herdenimmunisierung.
Unethisch und nicht akzeptabel.

Ein Herr Schäuble hat bereits durchgerechnet wieviel die Erhaltung der Gesundheit kosten darf.
So darf dieser Ansicht nach dem Schutz des Lebens nicht alles untergeordnet werden. Nun sitzt er, wie alle anderen Entscheider nun in seiner Plexiglaskabine und hat Mundschutz im Bundestag eingefordert. Die Gesundheit und das Leben dieser „wichtigen“ Menschen ist also offenkundig mehr Wert als das der Schüler und Lehrer und deren Angehörigen.
So einfach ist das.
Nachdem nun auch offiziell von den Kultusministern gesagt wurde, dass in Schulen nicht die Priorität auf dem Gesundheitsschutz sondern auf dem Stattfinden eines regelmäßigen Unterrichts liegt, bin ich überhaupt nicht „enttäuscht “ über ihre Wahrheit, lieber Jonas.

Es fügt sich doch alles so in einen Zustand, wie es politisch gewollt ist.
Demnach wäre ich überrascht, wenn wir über alle Fälle in den Schulen offiziell erfahren würden und ich wäre überrascht wenn die Schulen mit Lüftungsanlagen und digitalen Geräten ausgestattet würden. Richtig überrascht wäre ich wenn die KM bei der nächsten Sitzung ihr Ziel umschrieben und den Gesundheitsschutz ihrer zukünftigen Wähler priorisieren und eine Aussetzung der Schulpflicht anbieten.
Jedoch: Desinformation und Intransparenz gehören ganz offenbar zum Hygiene Konzept der Schulen. Dies dient alleinig dem Ziel dem Volk den Regelschulbetrieb ohne Schutzkonzept als Erfolg zu verkaufen.

Am Ende werden über die jungen Menschen die Viren in den Schulen verteilt (mehr oder weniger symptomlos) so geht es in die Haushalte und last not least landet es bei den älteren und Risikopatienten.

Das Ziel ist, die Intensivbetten voll zu bekommen. Für was all die geschaffenen Kapazitäten, wenn wir sie nicht nutzen wollten.

Jeder der so denkt wie Sie, dass es in Ordnung ginge den Arbeitsschutz für Schulen auszusetzen hat schlicht ein paar Verständnisprobleme von denen ich als Laie keine Ahnung habe.

Lieber Jonas, wenn sie wirklich glauben, dass sie mich mit ihrem Geschwurbel beeindrucken oder mir die Argumente ausgingen muss ich sie sehr enttäuschen.
Viel Spaß auf der nächsten Demo und wie gesagt immer schön auf dem rechten Weg bleiben.