Internationaler Vergleich: Deutsche Lehrer beim Distanzlehren eher konservativ

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DUISBURG. Deutsche Mathematiklehrer setzen beim Distanzlernen stärker auf E-Mails und Foren als ihre Kollegen aus Holland und Belgien, die stärker Videokonferenzen und Livechats in den Fernunterricht einbauen, zeigt eine Umfrage. Das schlägt sich auch auf die behandelten Themen nieder.

Wie gut klappt Mathematikunterricht auf Distanz? Eine Umfrage in Deutschland, Flandern und den Niederlanden zeigt: Er funktioniert, aber in Deutschland sollten die digitalen Möglichkeiten besser genutzt werden.

Deutsche Mathematiklehrer haben vergleichsweise seltener synchrone Verfahren eingesetzt als ihre Kollegen in Belgien und den NIederlanden. Foto: Julia M Cameron / Pexels (CC0 1.0)

Welche Wege haben Lehrer während der Corona-Pandemie für den Unterricht gewählt. Welche Vorerfahrungen haben sie mit Digitalisierung? Was halten sie vom Distanz-Unterricht in ihrem Fach, und wie gestalten sie ihn? Dazu befragten Wissenschaftler der Universitäten Duisburg, Antwerpen und Utrecht 1.706 Mathematiklehrkräfte aus Deutschland, den Niederlanden und dem niederländischsprachigen Flandern (Belgien).

Dabei kam heraus, dass deutsche Lehrkräfte seltener Videokonferenzen, Live-Chats oder andere synchrone Verfahren nutzten und lieber per E-Mail und in Foren mit den Schülern Kontakt hatten. Auch wiederholten sie oft nur bekannten Stoff. Dies sei jedoch oftmals auf administrative Vorgaben zurückzuführen. „In den beiden anderen Ländern wurde dagegen mit einem Mix an Formaten kommuniziert, und es wurden auch neue Inhalte vermittelt“, sagt Dr. Marcel Klinger von der Universität Duisburg-Essen.

Zugleich beschäftigten sich die Lehrer hierzulande weniger mit verständnisorientierten Aufgaben und Diskussionen. „Anders als in den Nachbarländern wurde bei uns weniger Wert auf inhaltliches Verständnis gelegt. Stattdessen wurden häufiger Rechenverfahren gebüffelt“, so Didaktiker Klinger. Aufgaben, die Rückschlüsse aufs mathematische Verständnis der Schüler ermöglichen oder komplexere mathematische Fähigkeiten fördern, habe es vergleichsweise selten gegeben.

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Den Fernunterricht für ihr Fach lehnen die deutschen Befragten eher ab. Jedoch denken sie, dass sie im Lehren auf Distanz immer besser werden. Das glauben auch die Kollegen der Nachbarländer von sich.

„Die Studienergebnisse geben deutlich Anlass zu diskutieren, wie Mathematik-Lehrer besonders inhaltlich noch gezielter unterstützt werden können“, meint Marcel Klinger. Dies sei wichtig, denn im Zuge der Digitalisierung komme dem Fach eine exponierte Stellung zu. Auffällig in allen drei Ländern: Digitale Lernumgebungen oder Tutorensysteme werden kaum verwendet. (zab, pm)

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4 Kommentare
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Palim
3 Jahre zuvor

Ich sollte das noch mal überdenken und in Zukunft einfach MEINE digitalen Möglichkeiten einsetzen und Videounterricht durchziehen.

Leider werden dann wohl max. 2 SuS daran teilnehmen können, weil die Ausstattung und die Kenntnisse der anderen SuS nicht ausreichen,
aber in der nächsten Studie stimmt dann wenigstens das Ergebnis, dass Lehrkräfte digitale Medien einsetzen.

Die Vorgaben des Ministeriums, Aufgaben freiwillig einzusetzen, nur Wiederholungen zu nutzen, nichts zu bewerten, die Zeit in jedem Fall im Blick zu haben, schreibe ich in den Wind. Hauptsache, am Ende stimmt die Studie!

Palim
3 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

… aber vorher frage ich den Datenschutzbeauftragten von Thüringen, ob er sich die Sache in NL und Flandern auch mal vornehmen und Klage erheben möchte.

Pälzer
3 Jahre zuvor

Wir haben in der Schulschließungszeit alle improvisiert, etwa 5 von uns machten Unterricht mit „Discord“ (das ist zum Vernetzen von online-Spielern !). Dann hat das Land uns eine „Webex“-Lizenz gekauft, aber Schulungen gab es nicht, nicht mal zur Technik, geschweige denn zu pädagogischen Konzepten. Und nun ratet mal …

Georg
3 Jahre zuvor

Da in NRW nur Lücken aufgearbeitet werden dürften, blieb den Lehrkräften nicht viel anderes übrig als Rechenaufgaben büffeln zu lassen. Das als „administrative Vorgaben“ zu umschreiben, finde ich dreist und zeigt von fehlender Sorgfalt bei den Autoren der Untersuchung.