Warnstreiks in Kitas – in der Corona-Krise!? GEW: Erzieherinnen verdienen Anerkennung

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POTSDAM. Der Arbeitskampf im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen verhärtet sich. In Städten wie Freiburg, Gütersloh, Duisburg, Solingen und Remscheid kam es gestern und heute zu ersten Warnstreiks – auch von Erzieherinnen und Erziehern. Einige Dutzend Kitas blieben geschlossen. Ist es unangemessen, während der Corona-Krise zu streiken – wie die Arbeitgeber meinen? Oder rechtfertigen gerade die harten Belastungen vieler Beschäftigter in der Pandemie den Ausstand? Die Meinungen gehen auseinander.

Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geht mit den Gewerkschaften hart ins Gericht. VKA-Präsident Ulrich Mädge (SPD), Oberbürgermeister von Lüneburg: „Wir halten die Arbeitskampfmaßnahmen der Gewerkschaften für völlig überzogen. Momentan befinden wir uns inmitten der Tarifverhandlungen. Wir haben uns mit den Gewerkschaften darauf verständigt, zur nächsten Verhandlungsrunde ein Angebot zu unterbreiten. Und an diese Absprache halten wir uns. Daher halte ich es für höchst unverantwortlich, dass gerade zum jetzigen Zeitpunkt – ich erinnere nur an die wieder steigenden Fallzahlen bei den Corona-Erkrankten und dass in vielen Bereichen eine fragile Normalität herrscht – Menschen in unseren Kommunen erneut beeinträchtigt werden.“

„Die Forderungen der Gewerkschaften liegen auf dem Tisch“

Das sehen die Gewerkschaften naturgemäß anders. „In der aktuellen Situation habe ich ein verantwortungsvolleres Handeln der Arbeitgeber erwartet“, sagte Marlis Tepe, Vorsitzende der GEW. Sie kritisierte, dass die Arbeitgeber bei der zweiten Verhandlungsrunde am Sonntag in Potsdam kein Angebot vorgelegt hatten. „Die Forderungen der Gewerkschaften liegen auf dem Tisch. Die Arbeitgeber bewegen sich jedoch nicht und vergeuden Zeit. Das versteht in der Öffentlichkeit niemand, insbesondere weil die Gewerkschaften vorgeschlagen hatten, die Tarifrunde zu verschieben“, betonte Tepe. Dazu seien die Arbeitgeber jedoch nicht bereit gewesen.

„Gerade in der Corona-Krise zeigen die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, dass sie und ihre qualifizierte Arbeit unverzichtbar sind. So haben beispielsweise die Erzieherinnen in den Kitas nahezu ohne Gesundheitsschutz selbst zu Hochzeiten der Pandemie mit Notdiensten dafür gesorgt, dass viele Eltern ihren Beruf ausüben konnten“, betonte Tepe. „Erst kürzlich hat die Bundespolitik einen milliardenschweren Rettungsschirm für die Kommunen aufgespannt, jetzt sind die Beschäftigten mit spürbaren Gehaltserhöhungen dran. Der Staat muss in der Krise als Stabilisator auftreten. Dazu gehört, mit höheren Gehältern die Binnennachfrage in Deutschland zu stärken.“

Gefordert wird eine Gehaltserhöhung um 4,8 Prozent

Der Corona-Schutz gelte selbstverständlich bei den Streikmaßnahmen. „Auch bei Warnstreiks sind Hygieneregeln der Maßstab. Wir werden mit Abstand für anständige Löhne streiken“, sagte Tepe.

Die GEW - hier Mitglieder bei einer Aktion im Tarifstreit - macht für höhrere Lehrergehälter mobil - jetzt auch für die Beamten. Foto: Archiv/GEW
Die Tarifauseinandersetzungen mit den Ländern sind immer wieder ein hartes Ringen, hier ein Foto von 2016. Foto: GEW

Bei der Tarifrunde 2020 für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen (TVöD) geht es um weit über zwei Millionen Beschäftigte. Insgesamt arbeiten laut GEW knapp 752.000 Beschäftigte an Kitas, darunter sind die Mehrheit Erzieherinnen und Erzieher. Dazu zählen 246.000 Beschäftigte in Kitas öffentlicher Träger, für die direkt der TVöD gilt. Hinzu kommen nochmal rund 338.000 Sozialarbeiter sowie -pädagogen, die in Jugendhilfe, Sozialarbeit und Beratung tätig sind. Für freie und kirchliche Träger gilt der TVöD nicht automatisch, aber da sie aus öffentlichen Geldern finanziert werden, orientieren sie sich ebenfalls am TVöD, so erklärt die Gewerkschaft.

Gefordert wird eine Erhöhung der Entgelte um 4,8 Prozent, mindestens aber 150 Euro, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die Vergütung der Auszubildenden soll um 100 Euro angehoben, die Altersteilzeitregelungen sollen verbessert und die Arbeitszeit im Osten an die im Westen angeglichen werden. Weitere Verhandlungstermine sind für den 22. und 23. Oktober angesetzt. News4teachers

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

 

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Angelika Mauel
3 Jahre zuvor

In München heißt es „Überraschend viele Erzieherinnen wollen streiken“ https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-streik-kita-verdi-corona-reiter-1.5045151
Wenn man bedenkt, was Eltern (gerade wenn sie unter dem Druck ihrer Arbeitgeber stehen) alles dransetzen, damit Erzieherinnen ihre kranken Kinder betreuen, ist das eigentlich nicht überraschend.