Wie virulent ist Antisemitismus in Schulen? Studie soll Prävention verbessern

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DÜSSELDORF. Oft eher unterschwellig: Antisemitismus gibt es auch an Schulen. Eine Studie in NRW soll das Problem untersuchen. Zudem sollen Unterrichtsmaterialien und Fortbildungskonzepte für Lehrer entstehen.

„Du Jude“ ist heute wieder ein Schimpfwort in vielen Schulen. Foto: Shutterstock

Die NRW-Landesregierung will mit einer Studie und neuen Unterrichtsmaterialien Antisemitismus in den Schulen stärker entgegenwirken. «Menschenverachtende Ideologien dürfen in unserer Gesellschaft und selbstverständlich auch in unseren Schulen keinen Platz haben. Dennoch wissen wir, dass antisemitische Diskriminierungen auch im Sozialraum Schule vorkommen, denn Schule ist ein Spiegel unserer Gesellschaft», erklärte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) am Dienstag bei der Vorstellung des Projekts.

Unterrichtsbeobachtungen sollen Ansatzpunkte liefern

Durch eine empirische Studie der Ruhr-Universität Bochum auf der Basis von Unterrichtsbeobachtungen sollen Erkenntnisse und Ansatzpunkte für neue Unterrichtsmaterialien gewonnen werden. Zudem sollen auch Konzepte für Lehrer-Fortbildungen entwickelt werden. «Wir wollen, dass es gar nicht erst zu antisemitischen Vorfällen kommt», betonte Gebauer. Die Demokratie brauche junge Menschen, die couragiert gegen jede Form von Rassismus, von Gewalt und Diskriminierung eintreten.

«Wir wissen aus der bisherigen Forschung und Berichten von jüdischen Schülerinnen und Schülern, Eltern und Lehrkräften, dass Schulen nicht immer die diskriminierungsfreien Räume sind, die sie eigentlich sein sollten», verdeutlichte die Schulministerin. Beleidigungen wie «Du Jude» seien immer noch auf dem Schulhof zu hören. Die Forscher der Ruhr-Universität werden den Angaben zufolge von November bis Frühjahr 2021 an sechs Berufskollegs, Gesamtschulen und Gymnasien im städtischen und ländlichen Bereich den Schulunterricht beobachten.

Auch bereits vorhandene Unterrichtsmaterialien wollen die Forscher untersuchen. «Antisemitismus hat nichts mit realen Juden und Jüdinnen zu tun, Antisemitismus ist ein Phantasma über jüdische Menschen», erklärt der Leiter der Studie, Karim Fereidooni.

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Ambitioniert sei der Zeitplan der Studie, sagt Olga Rosow von der jüdischen Gemeinde in Düsseldorf. Auch wenn die Studie nicht darauf ausgelegt sei, repräsentativ zu sein, wäre eine größer angelegte Datenerhebung an mehr Schulen auch besser, sagte Rosow. Es sei aber gut, dass jetzt in den schulischen Alltag geblickt werde. Lehrer müssten in ihrer Ausbildung mit dem Thema konfrontiert werden, um eine eigene Haltung zu entwickeln.

„Der Institution Schule kommt bei der Prävention eine wichtige Rolle zu“

Die Ergebnisse der Studie sowie Fortbildungsmaterialien für Lehrer sollen im Juli 2022 vorgestellt werden. Die Studie sei bundesweit die erste ihrer Art, erklärte die NRW-Antisemitismusbeauftragte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Antisemitismus sei leider allgegenwärtig in der Gesellschaft und in allen Gesellschaftsschichten zu finden. «Der Institution Schule kommt deshalb bei der Präventionsarbeit eine sehr wichtige Rolle zu, damit sich antisemitische Überzeugungen erst gar nicht in den Köpfen unserer Kinder breitmachen können».

Unabhängig von der Studie gibt es bereits Projekte, mit denen Antisemitismus in Schulen bundesweit entgegengetreten wird. Eins davon heißt «Meet a Jew» («Triff einen Juden»). In diesem Projekt gehen jüdische Jugendliche und Erwachsene unter anderem an Schulen mit dem Ziel, «das oft abstrakte Bild von „den Juden“ in unserer Gesellschaft aufzubrechen», so die Homepage des Projekts. dpa

Hier geht es zur Homepage von „Meet a Jew“

Antisemitismusbeauftragter fordert von Schulen mehr Engagement

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1 Kommentar
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Georg
3 Jahre zuvor

Wenn die Studie nicht repräsentativ sein soll, was soll sie dann bringen?

Der Aluhut in mir könnte meinen, dass die größte Gruppe unter den Antisemiten außer Acht gelassen wird. Damit ist den Juden weniger geholfen als den Antisemiten. Leider.