Arbeitslosigkeit der Eltern schadet Kindern besonders beim Schulwechsel

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ESSEN. Sind Eltern zum Zeitpunkt der Wahl der weiterführenden Schule ihrer Kinder arbeitslos, verstärkt das die negativen Auswirkungen auf deren langfristigen Erfolg. Dies zeigt eine neue Studie auf Basis von österreichischen Daten.

Schülerinnen und Schüler aus sozial schwachen Familien bekommen häufig Probleme in der Schule (Symbolfoto). Foto: Shutterstock

Im Laufe der beruflichen Karriere einmal oder mehrmals seinen Arbeitsplatz zu verlieren ist in der heutigen Wirtschaft zu einem normalen Merkmal der Arbeitsmärkte geworden. Dass Kinder von arbeitslosen Eltern später schlechtere Chancen haben, ist hinlänglich bekannt. Eine neue Studie zeigt nun, dass auch der Zeitpunkt der Arbeitslosigkeit eine entscheidende Rolle spielt.

Kinder, deren Väter oder Mütter während der Wahl der weiterführenden Schule arbeitslos waren, erreichen später mit deutlich geringerer Wahrscheinlichkeit einen Universitätsabschluss als Kinder, deren Elternteile kurz nach dieser Entscheidung arbeitslos wurden, ermittelte Bernhard Schmidpeter vom RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung anhand österreichischer Daten. Betroffene Kinder verdienen zudem langfristig weniger. Das Ergebnis gelte unabhängig vom Einkommen und anderen Merkmalen der Eltern.

Wenn Eltern zum Zeitpunkt der Schulwahl – wenn die Kinder 10 Jahre alt sind – arbeitslos sind, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass ihre Kinder später einen Universitätsabschluss machen, nur bei 25 Prozent. Von den Kindern, die erst im Alter von 12 Jahren von der Arbeitslosigkeit des Hauptverdiener-Elternteils betroffen sind, erreichen dagegen 30 Prozent einen Studienabschluss. Der ungünstige Zeitpunkt sorgt unter Kindern, die aufgrund der Arbeitslosigkeit ihrer Eltern ohnehin schon benachteiligt sind, demnach also für einen Rückgang der Akademikerquote um rund 14 Prozent.

Die Studie basiert auf österreichischen Sozialversicherungsdaten von knapp 3.800 Personen, die zwischen 1975 und 1979 geboren sind und im Alter zwischen 10 und 12 Jahren von der Arbeitslosigkeit des Hauptverdiener-Elternteils betroffen waren.

Im Durchschnitt erzielten betroffene Personen im Alter von 35 bis 37 Jahren ein um bis zu 3.500 Euro geringeres Jahreseinkommen durch die Arbeitslosigkeit des Elternteils. Über die Dauer der Karriere macht das einen Unterschied von bis zu 65.000 Euro aus.

Die Studie deute darauf hin, so Bernhard Schmidpeter, dass zwischen 20 und 50 Prozent dieser Unterschiede dadurch erklärt werden könnten, dass die Eltern infolge ihrer Arbeitslosigkeit am Meilenstein der Bildungsentscheidung weniger in die Bildung ihrer Kinder investierten.

Auch wenn es unmöglich sei, wirtschaftliche Unsicherheit zu beseitigen, so zeigten die Ergebnisse nach Schmidpeters Ansicht doch, dass es für politische Entscheidungsträger wichtig sei, bei der Gestaltung von Politiken und Systemen der sozialen Sicherheit die hohen indirekten Kosten für die nächste Generation von Arbeitslosen in der heutigen Generation im Auge zu behalten, so der RWI-Arbeitsmarktökonom. Konkret könnte, Schmidpeter zufolge, etwa bei der staatlichen, finanziellen Unterstützung für den Erwerb von Hochschulabschlüssen die frühere Beschäftigungsgeschichte der Familien berücksichtigt werden, statt wie bisher nur das aktuelle Elterneinkommen. Insgesamt, so Bernhard Schmidpeter solle das soziale Sicherungs- und Bildungssystem so gestaltet werden, „dass Kinder möglichst wenig unter der Arbeitslosigkeit ihrer Eltern leiden.“ (zab, pm)

Hartz-IV-Bezug und die Übergangsphase von der Schule ins Erwerbsleben

 

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georg
3 Jahre zuvor

Bis zu 3500€ weniger Jahreseinkommen bezogen auf ALG I in Deutschland bedeutet ein Jahreseinkommen von 9000€ netto. Auf Deutschland lässt sich das also nicht übertragen, zumal im Artikel nicht auf die Bildungsabschlüsse der Eltern und die Gründe der Arbeitslosigkeit eingegangen wird. Lediglich wird die Akademikerquote als das ultimative Ziel angegeben, wobei in Geisteswissenschaften oder Medien die Job- und Verdienstaussichten eher mittel sind.

Fazit: Ziemlich oberflächlich und unvollständig.