„Das größte Entfristungsprogramm, das es in diesem Land jemals gab“

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MAINZ. Eine befristete Stelle nach der anderen – damit ist für eine Reihe von Hochschul-Beschäftigten jetzt Schluss. Im Rahmen des neuen Hochschulpakts werden in Rheinland-Pfalz 780 Stellen an Hochschulen entfristet. Wissenschaftsminister Konrad Wolf spricht vom größten Stellenprogramm seit Jahrzehnten. Aus Sicht der GEW reicht das aber noch lange nicht.

Die Hochschulen in Rheinland-Pfalz können fast 780 Stellen mit Geld von Bund und Land entfristen. Wissenschaftsminister Konrad Wolf spricht von «einer der wichtigsten wissenschaftspolitischen Maßnahmen der vergangenen Jahrzehnte», weil die Hochschulen so Planungssicherheit bekämen. «Das verbessert die Studienbedingungen und schafft gute Arbeitsbedingungen für viele Beschäftigte», sagte der SPD-Politiker. Sicherheit gibt es jetzt vor allem für Beschäftigte in der Verwaltung, die die Lehre unterstützen oder Studierende beraten, aber auch für so manchen Professor. Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sagte in der Haushaltsdebatte: «Das ist das größte Entfristungsprogramm, das es in diesem Land jemals gab.»

Junge Wissenschaftler in Deutschland haben es noch immer schwer. Foto: Jitka Janů / Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0)

Die GEW ist damit noch nicht zufrieden. «Rheinland-Pfalz steht zwar besser da als manch anderes Bundesland, aber es ist noch lange nicht gut», sagte der Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Klaus-Peter Hammer, über die prekären Arbeitsbedingungen an den Hochschulen. Viele junge Wissenschaftler in Deutschland hätten keine Perspektive und ganz geringe Chancen auf Dauerstellen. «Der Arbeitsmarkt für sie ist in Deutschland katastrophal.» Dabei würden dringend junge Wissenschaftler gebraucht.

Aus dem Zukunftsvertrag könnten nicht alle befristeten Beschäftigungsverhältnisse entfristet werden, heißt es dagegen im Wissenschaftsministerium. Die «Bayreuther Erklärung» der Universitäts-Kanzler vom September 2019 zeige auch, dass dies von den Universitäten so gar nicht gewünscht sei.

Der neue Finanzpakt zwischen Bund und Ländern mit dem Titel «Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken» ist der Nachfolger des Hochschulpakts 2020 und gilt ab 2021. Das Land gibt seinen Hochschulen damit künftig dauerhaft 140 Millionen Euro für Studium und Lehre. Der Bund stellt insgesamt von 2021 bis 2023 jährlich 1,88 Milliarden Euro und ab dem Jahr 2024 dauerhaft jährlich 2,05 Milliarden Euro bereit. Die Länder geben – zusätzlich zur Grundfinanzierung der Hochschulen – insgesamt genauso viel.

Die Hochschulpräsidenten sehen den Zukunftspakt positiv. «Die Studierenden und die Lehrenden, aber auch alle Servicebereiche werden in der jeweiligen Umsetzung davon profitieren», sagte der Vorsitzende der Landeshochschulpräsidentenkonferenz und Präsident der Universität Trier, Michael Jäckel. Die Konkurrenzfähigkeit der Hochschulen bleibe so auch in der kommenden Dekade erhalten, ergänzte der stellvertretende Vorsitzende von der Hochschule Koblenz, Kristian Bosselmann-Cyran. Seine Hochschule etwa erhält ab 2021 rund elf Millionen Euro und kann damit dauerhaft 102,75 Stellen finanzieren.

Was bedeutet die Entfristung für die anderen Universitäten und Hochschulen?

An der UNIVERSITÄT MAINZ seien mehr als 400 Beschäftigungsverhältnisse in Voll- und Teilzeit vom Auslaufen des Hochschulpakts sowie des Qualitätspakts Lehre betroffen, sagte Sprecherin Kathrin Voigt. Dies entspreche etwa 215 Vollzeitstellen. Nun könne die größte Uni des Landes bis zu 150 Vollzeitstellen dauerhaft sichern. Mit dem Geld könne die Universität in den nächsten sechs Jahren die Qualität und Quantität in Studium und Lehre auf hohem Niveau sichern, sagte Universitätspräsident Georg Krausch. «Inhaltlich wollen wir – auch im Verbund mit anderen rheinland-pfälzischen Hochschulen – die Digitalisierung in Studium und Lehre vorantreiben und die Informatik ausbauen.» Die HOCHSCHULE MAINZ kann nach Angaben des Ministeriums 53 Stellen verstetigen, die TECHNISCHE HOCHSCHULE BINGEN elf.

Die TECHNISCHE UNIVERSITÄT KAISERSLAUTERN kann 92 Stellen bezahlen. Die schaffe Planungssicherheit ebenso wie Raum für die Weiterentwicklung der Lehre, heißt es an der TU. Die enge Verbindung zwischen Studium, Lehre, Forschung und Weiterbildung könne so fortgeführt werden – insbesondere mit Blick auf die Digitalisierung. Die Hochschule Kaiserslautern kann mit 54,75 Dauerstellen rechnen.

An der UNIVERSITÄT TRIER würden mehr als 40 Stellen in der Lehre und der Unterstützung der Lehrer abgesichert, sagte Hochschulsprecher Peter Kuntz. Darunter seien 18 neu geschaffene Dauerstellen. Die Hochschule Trier kann 52 Stellen mittelfristig sichern. Darunter sind 38,75 neu geschaffene Dauerstellen oder nun entfristete Stellen, wie es im Ministerium heißt.

Die HOCHSCHULE WORMS kann 38 Stellen verstetigen. «Wir haben es geschafft, das die Hochschule Worms alle Studiengänge auch als «Duales Format» anbietet», sagte deren Präsident, Jens Hermsdorf. Das Interesse an Informatik und anderen MINT-Studiengängen habe über Schulkooperationen «beeindruckend erhöht werden» können. Er sieht einen wesentlichen Meilenstein zur Weiterentwicklung des Wissenschaftsstandorts in Worms. Die HOCHSCHULE FÜR WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT LUDWIGSHAFEN kann sich auf fast 28 Dauerstellen einrichten. (dpa)

GEW kritisiert neuen Hochschulpakt: „Befristetungsunwesen“ beim Personal bleibt bestehen

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A.A.
3 Jahre zuvor

Leider wurden gerade im Bereich der Digitalisierung durch den neuen Zukunftsvertrag zahlreiche befristete Stellen abgeschafft, die in den Jahren davor durch die BMBF-Projekte geschaffen wurden. In der Realität bedeutet es für Mitarbeiter*innen, die jahrelang in befristeten Verhältnissen die Digitalisierung an den Hochschulen vorangetrieben haben, dass sie ab 2021 keine Stelle mehr haben – weder befristet noch unbefristet.

PL
3 Jahre zuvor

Angestellter beim Land RLP ist halt wie Lotto spielen…