Auch Grundschulen stark von Corona betroffen: Stadt stellt sich gegen Gebauer

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KREFELD. Die Maskenpflicht im Unterricht gilt in Nordrhein-Westfalen nur für die höheren Jahrgänge. Jetzt sollen in Krefeld auch die Grundschüler nachziehen. Noch handelt es sich um eine Empfehlung, doch die Stadt will «schnellstmöglich» eine Pflicht daraus machen – und stellt sich damit gegen Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP). Die hatte erst in der vergangenen Woche eine Kommune zurückgepfiffen, die angesichts hoher Infektionszahlen ihre Schulen in den Wechselunterricht hatte nehmen wollen.

Schulöffnungen um jeden Preis? NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer. Foto: Martin Kraft / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0 DE)

Um die Corona-Pandemie einzudämmen, sollen an den Grundschulen der Stadt Krefeld die Schülerinnen und Schüler ab sofort auch im Unterricht eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen. Diese «dringliche Empfehlung» hat der Krisenstab der Stadt ausgesprochen, wie am Sonntag aus einer Mitteilung im Internet hervorging. Ob aus der Empfehlung in den nächsten Tagen in Krefeld eine Pflicht wird, will die Stadt zunächst juristisch prüfen. Die Empfehlung soll an den Schulen durch Beschlüsse der jeweiligen Schulkonferenz umgesetzt werden. In Krefeld gibt es 29 Grundschulen.

„Die Kinder besser zu schützen, muss das klare Handlungsziel sein“

Oberstes Ziel sei es, den Kernunterricht vor Ort aufrecht zu erhalten, sagte der Leiter des Fachbereichs Schule, Jürgen Maas, laut der Mitteilung. «Da schon mehr als ein Drittel der Krefelder Grundschulen von Corona-Fällen betroffen ist, steht für uns der Gesundheitsschutz im Vordergrund. Die Kinder besser zu schützen, muss das klare Handlungsziel sein», so Maas. Die Maßnahme solle helfen, bei Infektionen in Grundschulen die Zahl der Quarantäne-Anordnungen zu senken. In der Vergangenheit seien bereits ganze Klassen in Quarantäne geschickt worden, sagte Maas am Sonntag auf Anfrage. Auch sei bereits eine ganze Schule geschlossen worden, nachdem im Lehrerkollegium ein positiver Fall aufgetreten war.

Die Möglichkeit einer freiwilligen Übereinkunft an Grundschulen sehen Verhaltensempfehlungen des Schulministeriums ausdrücklich vor: «Schulen können sich im Einvernehmen mit der Schulgemeinde darauf verständigen, freiwillig auch weiterhin im Unterricht eine MNB (Mund-Nasen-Bedeckung) zu tragen», heißt es dort wörtlich. Allerdings hatte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) stets darauf hingewiesen, dass kein Schüler zum Maskentragen gezwungen werden könne – sie hatte die Schulen sogar in einer Schulmail davor gewarnt, Druck auf Kinder auszuüben.

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Stadt Solingen hatte auf Wechselunterricht umstellen wollen – die Landesregierung verbot dies

Der Vorschlag sei bei einem Krefelder «Schulgipfel» in der vergangenen Woche von den Vertretern der Grundschulen gekommen, so Maas. Von der bei der Bezirksregierung angesiedelten Schulaufsicht werde das Vorhaben «in vollem Umfang» akzeptiert. Maas betonte, dass es sich bei der Empfehlung nur um einen ersten Schritt handle. Die Stadt beabsichtige, schnellstmöglich eine entsprechende Festsetzung zu treffen und prüfe derzeit die dafür notwendigen juristischen Schritte. Dies wolle man nach Möglichkeit im Einvernehmen mit dem Land tun.

In Nordrhein-Westfalen sind derzeit bis auf Grundschüler alle Schüler verpflichtet, auf dem Schulgelände und im Unterricht durchgehend eine Maske zu tragen, außer beim Essen und Trinken. Nur Grundschüler dürfen im Klassenraum ihre Maske abnehmen. Lehrer dürfen ohne Maske unterrichten, solange sie einen Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten können.

Die Stadt Solingen hatte angekündigt, angesichts anhaltend hoher Corona-Neuinfektionen die Klassenstärken zu halbieren und je 50 Prozent der Schüler digital zu unterrichten. Konkret sollte bis Ende November wechselweise die Hälfte einer Klasse im Präsenz-, die andere Hälfte daheim im Distanzunterricht lernen. Das wurde von der Landesregierung per Erlass gestoppt (News4teachers berichtete ausführlich über den Streit um den Unterricht in Schichten). Krefeld hatte zuvor erwogen, das Modell – das sich an den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts für Schulen orientiert – zu übernehmen.

Robert-Koch-Institut empfiehlt Maskenpflicht im Unterricht der Grundschulen ab einem Inzidenzwert von 50

Das Robert-Koch-Institut empfiehlt ab einem Inzidenzwert von 50 Neuinfektionen innerhalb einer Woche auf 100.000 Einwohner für alle Schulen des betroffenen Gebiets eine generelle Maskenpflicht im Unterricht (also auch in Grundschulen) sowie eine Verkleinerung der Lerngruppen, damit die Abstandsregel in den Klassenräumen eingehalten werden kann (News4teachers berichtet ausführlich über die Empfehlungen des RKI für den Schulbetrieb). Die Landesregierung hält sich nicht an die Empfehlungen. Der Inzidenzwert von Krefeld hatte vergangene Woche die Marke von 200 überschritten. News4teachers / mit Material der dpa

Protest! Schulleiter teilt die Klassen trotz Gebauers Verbot (für einen Tag)

 

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Sunshine
3 Jahre zuvor

Ich wäre erleichtert, wenn auch bei meinen eigenen Kindern in der Grundschule eine Maskenpflicht angeordnet würde.

S.
3 Jahre zuvor

Alles nicht zu fassen. Hier in Mainz bei Dr. Hubig, die von einem (!!!) Inzidenzfall an einer Schule in RLP vor den Ferien ausgeht, haben wir nun schon ein paar Tage eine Inzidenz von über 200 (trotz geschönter Statistiken wegen der nicht mehr erfolgenden Testungen aller Betroffenen). Dennoch: keine Masken in Grundschulen, keine Abstände in allen Schulen, kein Digitalunterricht statt Präsenzunterricht. Nun ja, irgendwann wird es eng in der Mainzer Uni-Klinik bei KMK-Berater Prof. Plachter – aber bis dahin wird es hier offenbar so weitergehen. Nun zählen zur Einschätzung der Lage nur noch die Zahlen der Intensivpatienten und der Toten. Bitter, aber so ist das, wenn fachwissenschaftliche virologische Expertise durch das RKI bei den Regierenden keine Beachtung findet.

Auch, wenn ich mich hier mantra-artig wiederhole: bitte alle die Elternverbände unterstützen und unterzeichnen:
https://www.openpetition.de/petition/online/bildungsgerechtigkeit-und-gesundheitsschutz-in-der-pandemie

Anne
3 Jahre zuvor

Auch das wird Frau Gebauer wieder abbügeln, und zwar mit der gleichen Begründung wie in Solingen: man muss landes- und bundesweit einheitlich agieren. Komisch nur, dass es sonst immer heißt, Maßnahmen wären von der Lage vor Ort abhängig.

Jan aus H
3 Jahre zuvor

In Hagen hat man das auch verstanden und will den Wechselbetrieb gegenüber der Landesregierung anregen:

https://www.hagen.de/web/de/hagen_de/01/0101/010101/PM_357825.html

In den News häufen sich die Erwähnungen von Schulen und Kitas:

https://www.hagen.de/web/de/hagen_de/01/0111/011101/aktuelle_infos_aus_hagen.html

Dieter HEINRICH
3 Jahre zuvor

Kann mir mal bitte jemand erklären, was die Bereitschaft blockiert, Präsenzunterricht mit Infektionsmanagement IN der Schule zu verknüpfen?
Der DRITTE WEG tut es – mit der 7-Tage-B e o b a c h t u n g s w o c h e der symptomfreien Mitschüler*innen der Klasse des infizierten Kindes, während der Unterrichts- und Betreuungszeit. Und die ELtern dieser Kinder behalten sie danach bis zum anderen Morgen zuhause – ohne Außenkontakte.
Zur Ausbreitungsabbremsung und zur Verbesserung der Nachverfolgung von Infektionsketten wird die Klasse dreigeteilt – für 1 WOCHE.
Die anderen Klassen arbeiten mit AHA-L weiter.
Näheres ist unter >SCHULE schaffts< zu finden – abrufbar unter didih432@gmail.com

Jan aus H
3 Jahre zuvor
Antwortet  Dieter HEINRICH

Selbst wenn sich in der Klasse nur ein weiteres Kind angesteckt wurde, so riskiert man mit dem Ansatz, dass sich ein volles Drittel der Klasse ansteckt mit der Option, das Virus auch an alle anderen weiterzugeben, die im Haushalt wohnen.

Einfach mal ein paar der Berichte der Überlebenden lesen. Diese Krankheit will man nicht haben und es ist seltsam, auch nur darüber nachzudenken, eine größere Personengruppe bewusst diesem Risiko auszusetzen.