Meidinger: Fragwürdig, wenn Politiker nach Gusto festlegen, was ein Corona-Risikogebiet ist

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BERLIN. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, zeigt sich skeptisch angesichts der Schulbeschlüsse von Bund und Ländern. Es sei zwar gut, dass es jetzt zumindest ab einem Inzidenzwert von 200 weitere Schutzmaßnahmen an den Schulen geben solle, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Das sei aber nur eine Kann-Bestimmung, fügte er hinzu.

Nicht begeistert: Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Deutschen Lehrerverbands. Foto: Deutscher Lehrerverband

Meidinger kritisierte außerdem, dass die für möglichen Wechselunterricht vorgegebene Zahl von 200 Neuansteckungen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche vier Mal so hoch liege wie die Empfehlung des Robert Koch-Instituts. «Es ist fragwürdig, wenn Politiker sich eigene Zahlen ausdenken, die nichts mehr mit dem zu tun haben, was die Virologen sagen.»

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Merkel und die Ministerpräsidenten hatten am Mittwoch beschlossen, dass sogenannter Wechselunterricht, bei dem Klassen geteilt werden und Schüler abwechselnd zu Hause und in der Schule lernen, als eine mögliche Maßnahme lokal an Schulen eingeführt werden kann, wenn die Corona-Zahlen in der Umgebung extrem nach oben gehen. Regional gab es auch bisher schon solche Maßnahmen. Der 200-er Wert wird laut aktuellen Daten des Robert Koch-Instituts in den meisten deutschen Landkreisen nicht überschritten.

«Die Beschlüsse zu Schulen sind ein leichter Fortschritt, aber es fehlt die Konsequenz»

Positiv hob Meidinger heraus, dass Bund und Länder Mindeststandards für Masken an Schulen festgelegt haben. Ab einem Inzidenzwert von 50 soll es künftig ab der 7. Klasse Maskenpflicht auch im Unterricht geben. Aber auch diese Regelung ist unverbindlich: Ausnahmen sind möglich, wenn es an der Schule selbst offiziell keine Corona-Fälle gibt. In den meisten Bundesländern gilt allerdings bereits Maskenpflicht im Unterricht ab Klasse 5. «Die Beschlüsse der Ministerpräsidenten und der Kanzlerin sind ein leichter Fortschritt, aber es fehlt die Konsequenz», sagte Meidinger. News4teachers / mit Material der dpa

Anstelle eines Kommentars zur Schulpolitik: Ein persönlicher Brief an die Ministerpräsidenten

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9 Kommentare
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Georg
3 Jahre zuvor

Fragwürdig wenn Politiker entscheiden wie wertvoll die Gesundheit und das Leben einzelner Personengruppen sind.
Früher gab es für das Bewerten der Wichtigkeit von Personengruppen einen Namen.
Ach ja, Rasse Theorie.
Ist heute Out.
Heute geht die Skala nicht mehr vom Arier abwärts.
Kapitalismus eben.
Heute Wirtschaftsboss und Ministerien bis zum Bodensatz der Schüler und Lehrer.
Zum Glück ist inzwischen die Euthanasie aus der Mode gekommen. Hoffe ich jedenfalls.
Also aus Vorsicht besser nicht zu Ministerialbeschäftigten ins Auto steigen.

Galgenhumor
3 Jahre zuvor
Antwortet  Georg

Neh, Euthanasie macht man Heutzutag viel raffinierter;
Wenn es mal richtig eng wird mit Intensivbetten dann muss man ja ein Wahl machen wer das Bett kriegt… Mal sehen wer da vorne stehen und wer hinten…
Alles Galgenhumor natürlich.
Hoffe ich jedenfalls.

dickebank
3 Jahre zuvor
Antwortet  Galgenhumor

Auf der ITS können Sie natürlich keine zwei Patient*innen im ein Bett packen, obwohl die eine (Atem-)Maske aufhaben. Aber in Klassenzimmern kann man immerhin bis zu 10 Betten aufstellen, wenn den regelmäßig gelüftet wird.

Geht aber nicht, da ja der Regelbetrieb an Schulen aufrechterhalten werden muss.

Ich_bin_neu_hier
3 Jahre zuvor
Antwortet  Georg

@Georg: „Also aus Vorsicht besser nicht zu Ministerialbeschäftigten ins Auto steigen.“ – Ich dachte, Ministerialbeschäftigten wäre der direkte Kontakt mit Lehrkräften mittlerweile aus Infektionsschutzgründen strikt untersagt? Dann bestünde da doch eher keine Gefahr…

dickebank
3 Jahre zuvor

Warum sollen jetzt die überleben, die nicht einmal das Virus als infizierungswürdig erachtet?

blau
3 Jahre zuvor

Ich empfinde da nichts als Fortschritt. Bislang haben wir sowas gehört wie möglichst nur einen Freund treffen, Kontakte notieren. Wenn das beherzigt wurde und die Schüler sich in der Freizeit eingeschränkt hat, dann hat das auch die Schulen sicherer gemacht.
Jetzt aber heißt es, dass Schüler unter 14 Jahren komplett rausgenommen werden aus Kontaktbeschränkungen, d.h. die tummeln sich tagsüber wieder in großen Gruppen in der Siedlung ohne das ein Erwachsener da irgendwelche Kontakte notiert. Die feiern wieder Kindergeburtstage und dürfen sich zu beliebig vielen versammeln.
Das wird die Schulen wieder unsicherer machen.
Gepaart mit kein Abstand in der Schule zwischen den Kids, kein Abstand zwischen Lehrern und Kids, keine FFP2-Masken für Lehrer, keine Quarantäne für Lehrer bei infizierten Schülern.
Stattdessen kürzere Quarantäne, damit Frau Gebauer und co. dann wieder verkünden können: Die Zahlen sinken.

Elly
3 Jahre zuvor

Leider scheint es wirklich so zu sein. die Entrechtung der Schulbeteiligten wird ein Trauma hinterlassen, davon bin ich überzeugt.

Scheibenwischer
3 Jahre zuvor
Antwortet  Elly

Hieß es nicht, dass nur an den Feiertagen Kinder bis 14 Jahren nicht dazu zählen???

Andre Hog
3 Jahre zuvor

Wo Verrat herrscht endet die Loyalität….das habe ich mir zum Leitspruch für meine verbleibenden Dienstjahre erkoren. Arbeite für die SuS – aber für das System Schule bleiben die Hände in den Taschen.