Söder rechnet mit Wechselunterricht auch im Januar und mahnt Piazolo

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MÜNCHEN. Die Corona-Krise belastet besonders auch die Schüler, Lehrer und Eltern in Bayern. Etwas Hickhack um drei Tage Online-Unterricht oder nicht nimmt Markus Söder hin. Doch für Januar nimmt er den Minister in die Pflicht – denn der Ausnahmezustand dürfte noch länger dauern.

Sieht erst einmal keine Chance auf Regelbetrieb in den Schulen: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Foto: Shutterstock

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat Lehrer, Schüler und Eltern auf einen längeren Ausnahmezustand an den Schulen auch nach den Weihnachtsferien eingestimmt. Er gehe davon aus, dass es wegen Corona auch nach dem 10. Januar noch Wechselunterricht geben werde, sagte Söder am Dienstag in einer Regierungserklärung im Landtag in München. Seinem in der Kritik stehenden Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) stärkte er angesichts von Rücktrittsforderungen aus der Opposition demonstrativ den Rücken. Gleichzeitig verlangte Söder aber, dass Wechsel- und Distanzunterricht im neuen Jahr problemlos funktionieren müssen.

«Meine klare Botschaft: Bis zum Januar muss dann genau geklärt sein, dass es im Wechsel- und Distanzunterricht keine Missverständnisse und keine Probleme gibt», sagte Söder. «In drei Tagen was zu organisieren ist nicht einfach, aber bis 10. Januar muss das alles stehen.»

Hin und her beim Distanzunterricht – Söder: Kultusminister zu sein, ist keine einfache Aufgabe

Das Kultusministerium hatte unmittelbar zuvor klarstellen müssen, dass Distanzunterricht auf der dreitägigen Zielgeraden zu den Weihnachtsferien zwar nicht verpflichtend sei, aber möglich bleibt. In der Kritik steht Piazolo zudem, weil die digitale Lernplattform mebis zu Stoßzeiten nach wie vor immer wieder in die Knie geht.

Es habe «einige Missverständnisse» gegeben, sagte Söder nun, und er sei sehr froh, dass das klargestellt worden sei. «Kultusminister in dieser Zeit zu sein, ist keine einfache Aufgabe», fügte er hinzu. Und auch wenn manches zu verbessern sei, sollte man da «einfach Respekt zeigen». «Schulen sind immer eine gewisse Herausforderung.»

Am Montag, also kurz nach der Bund-Länder-Entscheidung zur Schließung der Schulen ab Mittwoch, hatte ein Schreiben des Kultusministeriums für Aufregung gesorgt, in dem es für alle Jahrgangsstufen mit Ausnahme der Abschlussklassen unter anderem hieß: «Distanzunterricht findet in den betreffenden Klassen nicht statt.» Die Landtags-FDP forderte daraufhin am Dienstag den Rücktritt des Kultusministers.

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Am Dienstag erklärte das Ministerium dann, man habe sich – abgesehen von den Abschlussklassen – für die verbleibenden drei Tage bewusst gegen verpflichtenden Distanzunterricht entschieden, «auch, um in der besonderen Lage kurz vor Weihnachten etwas Druck von allen Beteiligten zu nehmen». Die Lehrkräfte stellten in jedem Fall Materialien zum Vertiefen, Üben und Wiederholen bereit und seien für Schüler weiterhin erreichbar. Aber selbstverständlich könne die Schule dabei, je nach Gegebenheiten vor Ort, «auch alle digitalen Formen und Strukturen des Distanzunterrichts nutzen», betonte das Kultusministerium, also etwa Videokonferenzen, MS Teams, die Lernplattform mebis, die Schulcloud, E-Mails oder Ähnliches.

„Lehrermangel, Digitalisierungsdefizite, Kommunikationschaos“

Der bildungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Matthias Fischbach, sagte: «Lehrermangel, Digitalisierungsdefizite, Kommunikationschaos: Bayerns Bildungspolitik krankt am Missmanagement des bayerischen Kultusministeriums.» In der Corona-Krise zeigten sich Piazolos Schwächen überdeutlich. Nach neun Monaten gebe es weder ein verlässliches digitales Lernprogramm noch eine funktionierende Verzahnung von Präsenz- und Distanzunterricht. Der Vorfall aktuell sei «jetzt der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Piazolo muss daraus die Konsequenzen ziehen und seinen Platz freimachen.»

Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze sagte: «Mit diesem Move (Zug), der jetzt gestern und heute abgelaufen ist, ist das Vertrauen in die Fähigkeiten der Staatsregierung, Bildungsgerechtigkeit in Pandemiezeiten zu gewährleisten, erneut verspielt worden.» Dafür, dass Corona bereits seit einem Dreivierteljahr präsent sei, gebe es an Bayerns Schulen im Bereich des digitalen Unterrichts noch immer erschreckende Versäumnisse. «Was macht dieser Kultusminister jeden Tag, außer Schulfamilien zu verwirren, widersprüchliche Signale zu senden und die Infrastruktur eben nicht bereitzustellen, die es für ein sicheres Lernen und Lehren in einer Pandemie braucht?»

Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann erklärte, für Piazolo seien die Weihnachtsferien «Nachsitzzeit», um endlich digitalen Unterricht an Bayerns Schulen stabil zu organisieren. «Wenn er sich das nicht zutraut, sollte er besser heute als morgen gehen», fügte er hinzu.

Scharfe Kritik kam auch von der SPD. «Diese Kultuspolitik ist Chaospolitik pur», sagte die Abgeordnete Simone Strohmayr. Fraktionschef Horst Arnold sagte: «Das Nichteinhalten von Versprechungen hinterlässt nicht nur einen Scherbenhaufen, sondern es beweist Konfusion.» Dies treibe Schüler, Eltern und Lehrer zur Verzweiflung. Volkmar Halbleib (SPD) sagte Richtung Piazolo: «Sie sollten sich schon fragen, ob Sie der Richtige in diesem Amt sind.» dpa

Erstes Bundesland kündigt an: In den weiterführenden Schulen wird nach den Weihnachtsferien im Wechsel unterrichtet

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Roxana
3 Jahre zuvor

Niemanden redet über wie anstrengend es ist diese Digitalisierung in Ausländische Familien , oder wo man sich nicht gut auskennt mit Computers, oder in Familien wo beide Eltern arbeiten müssen!!! Was werden Grundschulkinder machen? Kern fie zuerst am Computer zu arbeiten un danach Lesen, Schreiben und rechnen???? Finden Die das in Ordnung?

Georg
3 Jahre zuvor
Antwortet  Roxana

Nicht gut auskennen mit Computern hat mit der Herkunft nichts zu tun. Die benötigte Software gibt es in so ziemlich jeder Sprache. Ansonsten gebe ich ihnen recht. Der größte Wahnsinn ist die zeitgleiche Verbindung von Präsenz- und Fernunterricht.

Defence
3 Jahre zuvor
Antwortet  Roxana

Liebe Roxana,

ich kann Sie sehr gut verstehen. Ich sehe es auch bei meinen Kolleginnen und Kollegen vor welch immensen Herausforderungen sie stehen, die gemeistert werden müssen. Es sind grad wirklich harte Zeiten.

Ich muss aber sagen: „Ja! ich finde es in Ordnung!“

Wenn ich von 950 Goten am heutigen Tage lese, finde ich es vollkommen in Ordnung, das Eltern für 3 Tage ihre Kinder zu Hause betreuen müssen. Ich finde es sogar in Ordnung, wenn dies noch länger dauern müsste. Könnte ich nur einen Toten von diesen 950 verhindern, könnte ich mich sogar mit noch schärferen Maßnahmen arrangieren.

Ich finde Eltern sollten hier nicht nur ihre eigene Misere sehen. Sie haben sich ja auch irgendwann einmal für ein Kind entschieden.

Gegenfrage: Finden Sie es in Ordnung, dass Unser Gesundheitspersonal praktisch 20 Stunden Schichten schiebt? Finden Sie es in Ordnung, dass Sachsen inzwischen die Triagefrage in Betracht gezogen wird?

Julia
3 Jahre zuvor

Dass ich mal einen Bildungsminister der CSU in Schutz nehmen würde…..

Grundsätzlich finde ich es gut, dass ein wenig Druck aus dem Kessel genommen wird, indem die Form des Distanzlernens ein wenig offen bleibt.
Habe gerade 4 Videostunden mit unterschiedlichen Klassen gehabt (6-10)- da liegt die Tücke bei vielen Schüler*innen im Detail. Deshalb mache ich parallel Einzelstunden per Video, Chats, E-Mail- und Telefonzeiten. Und zu guter Letzt deponiere ich morgen Kopien der Arbeitsblätter und Wochenpläne für die ersten beiden Januarwochen in der Schule, damit- falls bei einem Kind alle Stricke reißen- die Sachen abgeholt und händisch bearbeitet werden können.
ALSO…ich kann das alles, habe meine SuS auch seit Wochen auf diese Situation vorbereitet, aber wie gesagt….
Also bleiben wir besonnen und pragmatisch.

ABER FÜR DUMM VERKAUFEN LASSEN WIR UNS AUCH NICHT! Gesundheitsschutz muss vor dem Bildungsauftrag stehen. Politiker mögen das abwägen- ICH NICHT- habe nur ein Leben!

trotzki
3 Jahre zuvor
Antwortet  Julia

nur das der Bildungsminister nicht von der CSU kommt.
Aber der Unterbau ist noch schwer CSU lastig. (ob der es schon verkraftet hat, dass sie das Ressort nach der letzten Wahl abgegeben musste ???)

Julia
3 Jahre zuvor
Antwortet  trotzki

Sorry- Abitur in NRW ;-))

Monika, BY
3 Jahre zuvor

Nein. Der größte Wahnsinn ist es zu erlauben, dass so viele Menschen sterben!

Ich fasse einfach nicht, dass irgendjemandem so wenig an Leben der Menschen liegen kann. Jedes Schuljahr kann man nachholen, jede Feier. Alles kann man nachholen, nur das Leben nicht.

Die, die so viel Drama um die Schulen machen, sollen sich dringen fragen, was wird aus diesen Kindern, die ihre Eltern durch Corona verlieren. Was für eine Zukunft dann wartet auf sie.

Und übrigens, es wird lauter und lauter, dass auch die Kinder ohne Symptomen verschiedene gesundheitliche Schaden durch Corona erleiden.

Bitte hört mal endlich auf mit dieser Schuldramatik. Wenn euch so viel an den Kindern liegt, macht euch besser jetzt in der Pandemie(!) Sorgen darum, wie die Kinder zuerst gesund bleiben, und auch ihre Eltern.

Nicht zu glauben, dass man im 21. Jahrhundert so einen Appell überhaupt schreiben muss.

Jan aus H
3 Jahre zuvor
Antwortet  Monika, BY

Volle Zustimmung!

Wenn sich tatsächlich zeigt, dass ein nennenswerter Prozentsatz der mal eben so nebenher symptomlos infizierten Kinder Nebenwirkungen davonträgt, die sie den Rest ihres Lebens beeinträchtigen können, dann ist das Geschrei groß und keiner will es gewesen sein.

Wir reden hier immer noch über eine Krankheit, die man (im Gegensatz zu vielen anderen) noch gar nicht genau kennt und deren Folgen noch niemand abschätzen kann. Wie man da auch nur auf die Idee kommen kann, es einfach hinzunehmen, dass viele Kinder diese Krankheit mal eben so bekommen, nur weil man den Aufwand scheut, in einen wirkungsvollen Schutz zu investieren, ist mir absolut unbegreiflich.

xy
3 Jahre zuvor
Antwortet  Jan aus H

Viele glauben immer noch, dass es sie nicht treffen wird. Das ist Verdrängung und es sind die Nachwirkungen des glimpflichen Ablaufs im Frühjahr. Ein Vergleich mit der Spanischen Grippe ist interessant. Selbst die Argumente der Verharmloser waren ähnlich, auch die Überraschung über die zweite Welle. Und wenn Politiker Mumm zur Wahrheit hätten, müssten sie sagen, dass Schule als Massenveranstaltung die nächsten Monate nicht stattfinden kann.

BK-Lehrkraft
3 Jahre zuvor
Antwortet  Monika, BY

Die asymptomatische Generation Corona wird sicherlich auch bald noch von sich hören lassen. Spätestens in zukünftigen Statistiken über den Gesundheitszustand der Generation Corona.
Nicht sehen, heisst nicht, dass da auch nicht ist. Man muss auch mal die Hand von den Augen herunternehmen.

wolle
3 Jahre zuvor

Redet Fischbach über seine Parteifreundin Gebauer? Diese Rede hätte er besser in Düsseldorf gehalten.

Katinka
3 Jahre zuvor

Wie soll das funktionieren, Distanz- oder Wechselunterricht, wenn Mebis jetzt schon täglich in die Knie geht!??? Da muss endlich was passieren!

Unfassbar
3 Jahre zuvor

Im großen Ganzen hat das Kultusministerium einfach schlichtweg versagt auf ganzer Linie. Sie fahren nur ihre ganz eigene Spur ohne nach links und rechts zu schauen. Für sie existiert nur der schmale Pfad, Schulen im Regel-und Präsenzunterricht offen zu lassen und blenden die allgemein gegenwärtigen Gefahren einer Corona-Pandemie einfach aus. Dies aus dem einzigen Grund, weil es keinen echten Notfall-Plan gibt, im Sommer und im Herbst einfach nichts Brauchbares in die Wege geleitet wurde, und sich keiner von denen wirklich Gedanken um unsere Kinder macht. Denn würden ihnen die Kinder und die Bildung wirklich am Herzen liegen, wäre alles mit Hochdruck in die Wege geleitet worden und es gäbe auch für Lehrer einen ordentlichen Gesundheitsschutz. Aber nein, die Kultusminister haben sich im Sommer auf niedrigen Zahlen ausgeruht und gehofft, dass schon nix passiert. Sie machen nur halbherzig ihren Job und es werden alle môglichen Ausreden aufgefahren, es seien nicht genug Lehrer da usw. Es gibt so viele Möglichkeiten, Unterrichtsstoffe zu vermitteln. Es muss sich halt mal jemand die Mühe machen und den Lehrstoff auf das Wichtigste zusammenstellen und für eine kurze Zeit können auch mal Unterrichtsstunden, die nicht so richtig sind ausfallen. Man redet hier nicht von Jahren, nur ein paar Wochen. Wo verdammt, ist das Problem! Und Kinder leiden auch nicht, wenn sie mal ein paar Wochen länger zuhause sein sollen! Sommerferien dauern auch 6 Wochen !

Unfassbar
3 Jahre zuvor

Ich meinte Unterrichtsstunden, die nicht so wichtig sind wie Kunst und Sport beispielsweise.

Insofern ist es ein großes Risiko, nach den Ferien wieder alles so laufen zu lassen wir davor. Das wird wahrscheinlich nach hinten losgehen, denn unser Gesundheitssystem ist ja bereits jetzt am Ende angelangt. Bis wir da wieder herauskommen – das wird dauern.

Schuidirndl
3 Jahre zuvor

In Bayern sind wir ja noch ganz gut dran. Söder hätte schon vor Wochen mit Merkel härtere Maßnahmen (auch in Schulen) mitgetragen und sein Kultuskasperle hat er im Gegensatz zu anderen Länderchefs normalerweise gut im Griff. Da kann man schon mal großzügig sein bei einem kleinen Patzer.

xy
3 Jahre zuvor

Piazolo hat eine Schonfrist bis 10.01. Heute hat auch noch Mebis versagt und mehr Fehler sollten nicht mehr passieren. Der Auftritt Piazolos auf der PK Montag war sehr merkwürdig und ich hatte den Eindruck, dass Piazolo in einem anderen Ministerium besser aufgehoben wäre.
Wenn es nach den Ferien ohne Änderungen weitergeht, ist Piazolo wahrscheinlich angezählt.
Die Änderungen müssen verbesserten Arbeitsschutz für alle und Fernunterricht für alle über 12 beinhalten. Sonst schaffen wir in Deutschland noch Triage…Im Grunde wäre ein echter Lockdown (mit HO Pflicht) bis Februar notwendig, um die Infektionen zu reduzieren. Ich war heute in einer bayerischen Kleinstadt beim Arzt. Volle Supermärkte, Trauben auf den Straßen, Weihnachtsshopping in einem großen Drogeriemarkt, Masken auf Halbmast. Ob dieser Lockdown wirkt, bleibt abzuwarten.

ysnp
3 Jahre zuvor
Antwortet  xy

Mebis lief noch nie zufriedenstellend, auch unter Spänle nicht. Das kann man nicht Piazolo anlasten. Vielleicht wurde es von vorneherein zu kompliziert aufgebaut. Unübersichtlich, zu viel ploppt auf und nicht selbst erklärend. Keiner von uns geht da gerne rein.
Man muss da viel Zeit investieren, bis man da mal durchblickt. Das versteht man z.B. TEAMS und irgendwelche Programme, die einem in anderen Dingen zuarbeiten, wesentlich schneller, auch wenn TEAMS nicht ganz so auf Schulen zugeschnitten ist und auch seine Stolperfallen hat.
So wie ich weiß, wurden damals (so kann man es fast schreiben) einige Lehrer für die Entwicklung abgeordnet. Vielleicht hat man zu wenig IT – Experten einbezogen?

Markus
3 Jahre zuvor

Wieviel „Manpower“ entwickelt MEBIS eigendlich kontinuierlich weiter? Oder ist das irgendwann mal angeschafft worden und rottet nun langsam vor sich hin?