GEW appelliert an Günther: Schule nur im Wechselunterricht – vergebens

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KIEL. Grundschulen und Kitas sind auch in weiten Teilen Schleswig-Holsteins wieder offen – in voller Präsenz ohne Abstandsregel. Die GEW hat in einem offenen Brief an Ministerpräsident Daniel Günther gefordert, behutsamer in den Schulbetrieb einzusteigen. Vorerst vergebens.

Macht aus dem Bildungsministerium in Kiel wieder ein klassisches Kultusministerium: der wohl künftige Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Daniel Günther. Foto: CDU / Laurence Chaperon
Hat die Grundschulen und Kitas weit geöffnet: Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). Foto: CDU / Laurence Chaperon
Foto: CDU / Laurence Chaperon

Die Freude über die Rückkehr in die Schule ist einigen Grundschülern im Kieler Stadtteil Russee deutlich anzusehen. Nach Wiederöffnung der Grundschulen geht es am Montagmorgen im Klassenraum der 4B auch um die Erlebnisse im Lockdown. Klassenlehrerin Juliane Schmitt-Hollenberger erklärt ihren rund zwei Dutzend Schülern, woran sie sich an den kommenden Schultagen halten müssen, denn die Schule hat ein Hygienekonzept erarbeitet. Einige Kinder tragen im Unterricht medizinische, andere FFP2-Masken.

Nach zwei Monaten Pause hat am Montag an Grundschulen in weiten Teilen Schleswig-Holsteins erstmals wieder Präsenzunterricht stattgefunden. Für alle Lehrer, Schüler und Mitarbeiter gilt die Pflicht zum Tragen einer medizinischen Maske. Bildungsministerin Karin Prien (CDU) sprach von einem «Tag der Hoffnung». «Der Tag zum Start des Präsenzunterrichts war für viele Schüler im Land ein Tag der Freude. Das konnte man überall im Lande merken.»

«Kinder machen die entscheidenden Entwicklungsschritte im Alter bis zu zehn Jahren im Kontakt mit Gleichaltrigen»

Prien verteidigte die Rückkehr zum Präsenzunterricht gegen Kritik beispielsweise von GEW. Präsenzunterricht sei unbedingt erforderlich für die Entwicklung und die Bildung der Kinder. «Kinder machen die entscheidenden Entwicklungsschritte insbesondere auch in dem Alter bis zu zehn Jahren im Kontakt mit Gleichaltrigen», sagte Prien im Deutschlandfunk. Als Folge des Lockdowns brauche laut Experten rund ein Drittel der Schüler und Schülerinnen psychiatrische oder psychologische Behandlung. Die anderen würden in ihrer Entwicklung stark gehemmt. «Das ist eigentlich noch viel schlimmer als die Bildungslücken, die faktisch natürlich genauso entstehen.»

Prien hält Präsenzunterricht bei niedrigem Infektionsgeschehen für sinnvoller als Wechselunterricht. «Und wir tun das insbesondere auf Empfehlung unserer Experten, weil natürlich der Wechselunterricht in vielerlei Hinsicht eine Krücke ist.» Es sei schulorganisatorisch kaum zu machen, damit die Verlässlichkeit der Grundschule aufrechtzuhalten. «Soviel Personal und so viele Räume gibt es gar nicht. Das heißt, der Wechselunterricht ist immer eine schwierige Angelegenheit, auch für Eltern, die ja ihr Berufsleben überhaupt nicht ausrichten können auf diesen sehr eingeschränkten Unterricht.»

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Die GEW warnt: „Wir haben es zunehmend mit der ansteckenderen Variante des Virus zu tun“

Die GEW hatte eine behutsamere Öffnung von Grundschulen und Kitas gefordert – mit Wechselunterricht. «Weder in Kitas noch in Grundschulen lassen sich schon aus pädagogischen Gründen die erforderlichen Abstände einhalten», schrieb GEW-Landesvize Katja Coordes in einem offenen Brief an Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). Weiter heißt es in dem Schreiben: „Wer weiß besser als wir Pädagoginnen und Pädagogen, dass Kitas und Schulen für Kinder von elementarer Bedeutung sind. Aber niemandem ist damit gedient, wenn wir der Pandemie günstige Ausbreitungschancen bieten, weil viel zu viele Kinder auf engstem Raum ohne ausreichende Abstandsmöglichkeiten zusammengekommen. Dies umso mehr, weil wir es zunehmend mit der ansteckenderen Variante des Virus zu tun haben.“

Für Sicherheit will die Landesregierung dadurch sorgen, dass sich alle Lehrer, Erzieher und Beschäftigte bis zu zweimal pro Woche kostenlos auf das Coronavirus testen lassen können. Das gilt auch für Kindertagespflegerinnen sowie das Personal von Horten und offenen Ganztagsschulen. Insgesamt geht es um etwa 60.000 Menschen. Dafür hat die Landesregierung 17,2 Millionen Euro bereitgestellt.

Ab 1. März sollen die Grundschulen in den Kreisen Pinneberg und Herzogtum Lauenburg sowie in Lübeck wieder öffnen. Zunächst sei dort eine Woche lang Wechselunterricht geplant, sagte Prien. In Flensburg gebe es aufgrund der dort aktuellen besonders angespannten Corona-Lage auch in der kommenden Woche dagegen nur Distanzunterricht. Im angrenzenden Kreis Schleswig-Flensburg soll in der kommenden Woche aber Wechselunterricht starten. «Allerdings werden einige Schulen im direkten Flensburger Einzugsgebiet, in die auch viele Schülerinnen und Schüler aus Flensburg gehen, noch eine weitere Woche Distanzlernen machen», sagte Prien.

Für die Jahrgangsstufen 5 bis 13 an den weiterführenden Schulen bleibt es weiterhin bis zum 7. März beim Lernen in Distanz. Für die Abschlussklassen werden die Präsenzangebote fortgesetzt. News4teachers / mit Material der dpa

Sind die geplanten Kita- und Schulöffnungen zu verantworten? Hochansteckende Corona-Mutation breitet sich aus – auch in Kitas

 

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9 Kommentare
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Enjoy your chicken Ted!
3 Jahre zuvor

Die GEW bekommt doch jeden Monat einen Haufen Mitgliedsbeiträge. Warum klagen sie eigentlich nicht mal und setzen sich tatsächlich für Lehrer und Erzieher dort ein wo es zählt statt nur Briefchen zu schreiben?

Dieter Molitor
3 Jahre zuvor

Ganz einfach, es würde in der Bevölkerung einen Aufschrei geben. Es sind im Moment viele Branchen am Klagen und es werden noch mehr, nur, ALLE wollen Öffnungen. Dann kommt eine Lehrergewerkschaft und klagt für weitere Schliessungen. Wie soll das vermittelt werden? ALLE wollen wieder arbeiten, ausser die Lehrer wollen weiter zuhause bleiben. Das würde das Image vollends am Boden zerstören und den meisten Lehrerbashern auch noch recht geben. Die Story mit dem vorgezogenen Impfen für die Lehrer wird sich so schon zum SuperGAU für das Ansehen der Lehrer entwickeln.

Ich_bin_neu_hier
3 Jahre zuvor
Antwortet  Dieter Molitor

@Dieter Molitor: In der Tat ist es wahrscheinlich einfacher, darauf zu warten, dass die Zahlen wieder stark steigen und den Verantwortlichen keine andere Wahl mehr bleibt, als erneut Wechsel-/Distanzunterricht anzuordnen. Falls die Voraussagen der meisten Modelle annähernd zutreffen, könnte das der Fall sein, bevor ein Gerichtsverfahren mit ohnehin ungewissen Erfolgschancen überhaupt beendet wäre.

Alla
3 Jahre zuvor
Antwortet  Dieter Molitor

@ Dieter Molitor
Lehrer klagen nicht FÜR Schließungen, sondern FÜR Arbeitsschutz.
Keine Ahnung, warum das immer wieder abgeschmettert wird.
Aber wahrscheinlich liegt das an Menschen wie Ihnen, die Arbeitsschutz nur für die Berufe akzeptieren, die Ihnen genehm sind. Auf gar keinen Fall für Lehrer.
Ich bitte Sie nur zu bedenken, dass, wenn ein Lehrer krank ist, es weder Präsenz- noch Distanzunterricht für seine vielen SuS gibt.
Das werden Sie dann akzeptieren müssen. Aber das wissen Sie ja! Und nehmen es in Kauf!
Die Eltern und die „Bildungsgerechtigkeit“ werden Ihnen dafür dankbar sein, denke ich!

dickebank
3 Jahre zuvor
Antwortet  Alla

Weil im öffentlichen Dienst und vor allem an Schulen nicht gearbeitet wird:)
Und wo nicht gearbeitet wird, braucht es eben keinen Arbeitsschutz.

Dieter Molitor
3 Jahre zuvor
Antwortet  Alla

Habe ich in irgendeiner Weise Kritik in meinem Kommentar geübt? Ich habe lediglich meine Einschätzung rübergebracht, was geschehen würde wenn es Klagen von Seiten der Lehrer geben würde. Und seien diese Klagen noch so gerechtfertigt. Immer dasselbe, Lehrer fühlen sich immer sofort angegriffen. Geht schon beim Einkaufen los, trifft man einen Lehrer hört man sofort die Leier: Ich habe mich 3 Minuten von der Arbeit losgerissen zum Einkaufen, damit ich nicht verhungere und die nächsten 34 Stunden muss ich durcharbeiten. (Das ist jetzt sehr überspitzt ausgedrückt) Nochmal, ich habe niemanden angegriffen und sollte es jemand doch so verstehen, dann ist wohl irgendein wunder Punkt getroffen worden.

Gustav
3 Jahre zuvor
Antwortet  Dieter Molitor

Kritik haben Sie nicht geübt. Nur mal wieder deutlich gemacht, dass Sie und vermutlich viele andere meinen, wir würden gerne daheim bleiben.
Das stimmt nicht! Ich möchte nur einfach den Arbeitsschutz haben, dem jeder zusteht. Und da ist schon der Wechselunterricht ein großes Entgegenkommen meinerseits. Wenn Sie die Situation mal objektiv mit anderen Bereichen vergleichen, z.B. Großraumbüros ect, ist das Arbeiten in Klassenräumen doch nicht anders. Warum herrscht dort aber strenger Hygieneschutz, in der Schule aber nicht?
Ich möchte nur drauf hinweisen, dass von offizieller Seite die letzten zwei Wochen vor den Ferien als Therapiestunden ausgezeichnet sind ( erst einmal wieder Kontakte knüpfen). Das hat dann mit Bildung nichts zu tun.

Scheibenwischer
3 Jahre zuvor

Dieser Ministerpräsident hat den Knall auch nicht gehört. Macht nichts. Macht bald wieder alles zu. Die Eltern können schon wieder planen wie es dann weitergeht. Ansonsten denke ich auch dass die GEW mal klagen sollte für Lehrer:innen und Erzieher:innen. Schade dass es keine Gewerkschaften für die Eltern von schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen gibt. Weil wir Eltern haben auch große Angst über das was jetzt auf und zukommen könnte. Denkt da mal ein Politiker dran? Wir sind alle nicht geimpft… Unsere Gesundheit wird mit solchen falschen Entscheidungen aufs Spiel gesetzt. Wir rollen in die 3. Welle und jetzt wird alles weit geöffnet? Das ist doch ein falscher Film in dem wir da mitspielen. Und das in jedem Bundesland. Armes Deutschland. Hier läuft einiges komplett aus dem Ruder.

Lera
3 Jahre zuvor

Die Dummheit hat wieder mal gesiegt.

Es gilt inzwischen: Lautstärke + Wählerstimmen > Vorsicht und Vernunft

Der Pöbel bekommt, was er will – entgegen allen Empfehlungen von Experten.

War es nicht mal die Grundidee der repräsentativen Demokratie, dass ein Filter aus Experten die größten Dummheiten verhindert?

Funktioniert GANZ OFFENSICHTLICH nicht mehr.

Schade auch.