Trotz Lockdown: Corona an Hunderten Schulen – Minister beschwichtigt

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HANNOVER. Obwohl ein Großteil der Schüler derzeit zu Hause unterrichtet wird, gibt es an zahlreichen Schulen in Niedersachsen neue Corona-Fälle. Der Kultusminister beschwichtigt – bereitet sich aber auf neue Testangebote vor. Die Gesundheitsministerin behauptet, dass Ansteckungen praktisch nicht in Schulen stattfinden – und räumt dann ein, es gar nicht genau zu wissen.

„Keine Anhaltspunkte“: Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne. Foto: Foto-AG Melle, derivative work Lämpel – Own work / WIkimedia Commons / CC BY 3.0

Etwa jede fünfte niedersächsische Schule ist trotz der Schutzvorkehrungen und Homeschooling für viele Klassen von aktuellen Corona-Fällen betroffen. Wie Gesundheitsministerin Carola Reimann (SPD) am Donnerstag im Landtag sagte, meldeten am Dienstag 655 der rund 3000 Schulen einen oder mehrere Infektionsfälle, das sind rund 22 Prozent. Zwei Drittel dieser Schulen hätten allerdings jeweils nur eine einzige Infektion unter den Schülern gemeldet. Auch an den meisten übrigen Schulen seien nur wenige Schüler infiziert. Insgesamt gebe es keinen Hinweis auf größere Infektionsherde an den Schulen, antwortete Reimann auf eine Anfrage der FDP.

Auch Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) sagte, es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass das Virus an den Schulen maßgeblich weiterverbreitet worden sei. Das gelte nach bisherigen Erkenntnissen auch für die neuen Virusvarianten, die sogenannten Mutanten.

Tonne stellte gleichzeitig mehr Testmöglichkeiten im Bildungsbereich in Aussicht, auch für die Schüler. Entscheidend dafür sei aber, dass die Tests nachweislich verlässliche Ergebnisse lieferten. Sobald das gesichert sei, könnten Schnelltests ein «wichtiges Signal» für mehr Sicherheit an den Schulen sein.

Eine umfassende Teststrategie für die Schulen werde derzeit abgestimmt und sei «auf der Zielgeraden»

Der Kultusminister verwies auf die Ankündigung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), dass es von März an kostenlose Corona-Schnelltests geben solle. Das stimme ihn optimistisch, dass bald zuverlässige Tests vorlägen, sagte Tonne. Eine umfassende Teststrategie in Niedersachsen werde derzeit zwischen den Ministerien abgestimmt und sei «auf der Zielgeraden».

Der FDP-Bildungspolitiker Björn Försterling nahm Tonne dabei in die Pflicht. Lange habe der Minister die Schnelltests verweigert. In den nächsten Tagen werde er sie nun aber an den Schulen organisieren müssen. «Am Erfolg oder Misserfolg dieser Schutzmaßnahme wird er sich messen lassen müssen», sagte Försterling.

Die Grünen begrüßten die Aussicht auf mehr Tests ebenfalls, warfen Tonne aber eine Kehrtwende vor. Noch bis vor kurzem habe die Landesregierung Schnelltests «wortreich ins Land der Fabeln» verwiesen, sagte Grünen-Fraktionschefin Julia Willie Hamburg. Andere Bundesländer hätten sich dagegen längst mit ihnen eingedeckt.

Gesundheitsministerin Reimann hatte zur Ansteckungsgefahr an Schulen eine Untersuchung des Landesgesundheitsamts unter positiv getesteten Corona-Kontaktpersonen vom Herbst angeführt. Demnach hatten nur zwischen 0,7 und 1,5 Prozent dieser Ansteckungen in Schulen stattgefunden – zu einem Zeitpunkt, als der Präsenzunterricht ohne Masken noch verbreitet war. Reimann räumte allerdings ein, dass die Ansteckungsorte in der Regel nicht sicher nachgewiesen werden können.

Vergangene Woche hatte die Landesregierung einen Zehn-Punkte-Plan für den Schulbetrieb vorgelegt. Demnach bleiben Grundschüler und Abschlussklassen bis Ende Februar im Wechselunterricht mit geteilten Klassen. Allerdings ist die Präsenzpflicht aufgehoben, sodass die Eltern entscheiden können, ob sie ihre Kinder in die Schule schicken oder nicht. Für die anderen Klassen greift das Distanzlernen. Der Plan sieht außerdem das Angebot kostenloser Corona-Schnelltests für die Lehrer vor – einmal wöchentlich bis zu den Osterferien. Dafür hat das Land den nach Worten von Tonne 40 Millionen Euro reserviert. News4teachers / mit Material der dpa

Sind die geplanten Kita- und Schulöffnungen zu verantworten? Hochansteckende Corona-Mutation breitet sich aus – auch in Kitas

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13 Kommentare
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Jan aus H
3 Jahre zuvor

„Insgesamt gebe es keinen Hinweis auf größere Infektionsherde an den Schulen“

Hat man denn die Mitschüler der Infizierten übnerhaupt durchgetestet oder wieder mal das alte Märchen ausgegraben, dass das gar nicht nötig sei, weil auf dem Papier ja die Hygienevorschriften eingehalten wurden?

Lametta
3 Jahre zuvor
Antwortet  Jan aus H

De’javu. Was Herr Tonne sagt, hat Herr Rabe im Herbst auch schon gesagt und dann die wissenschaftliche Studie (nicht zu verwechseln mit seiner eigenen intransparenten Umfrage) vergraben, die dem magischen Denken der Kultusminister widerspricht. Toll, wie dicht die Filterblase der Kultusminister doch hält.

Enjoy your chicken Ted!
3 Jahre zuvor
Antwortet  Jan aus H

Das ist leicht zu beantworten warum Schulen keine Infektionsherde seien. Man steckt Lehrer und Schüler einfach nur in Quarantäne und spart sich den Test. So wird es meines Wissens in den meisten, wenn nicht allen, BL gemacht. Ich will gar nicht wissen wie hoch die Dunkelziffer unter Schülern und Kita-Kindern ist, weil die Jüngeren ja meist keine Symptome zeigen und gerne auch von Kinderärzten behauptet wird, dass es sich nur um einen Infekt handelt..

Wunder SAM
3 Jahre zuvor

In Niedersachsen sind seit den Herbstferien Klassen, in denen postive Fälle auftraten, NIE komplett in Quarantäne gegangen.
Meist nur der infizierte Schüler musste sich in Quarantäne begeben!
GETESTET wurde der Rest der Klasse auch nicht, wurde NICHT als K1-Kontakt deklariert.

Palim
3 Jahre zuvor

Die Schnelltests können die Lehrkräfte machen, die online-Liste der teilnehmenden Hausärzte konnte man aber zunächst nich abrufen. Dann braucht es wöchentliche Termine bei den Ärzte , eine gute Sache, aber ein Zeitfresser. Warum werden keine mobilen Lösungen IN Schulen eingerichtet? Warum können Apotheker oder andere geschulte Personen dieses nicht übernehmen?

Schnelltests sollen kommen, sind aber noch gar nicht zertifiziert und vermutlich nicht gekauft. Aus „im März“ wird dann vielleicht auch „im Mai“.

Das Ministerium beobachtet die Lage. Es wurden nur einzelne Infektionen nachgewiesen, zumal Kinder asymptomatische Verläufe haben. Wo wurde denn umfassend in den betroffenen Schulen getestet, auch bei Kindern ohne Symptomen, und wo wurden alle diese Proben sequenziert? Wo wurde die Schulöffnung der Grundschulen seit Januar durch genaue Kontrollen oder wenigstens Stichproben in Grundschulen, Kitas und Abschlussjahrgängen begleitet, um die Erkenntnisse auf eine breite Datenbasis zu stellen?

Ein Meldesystem soll bei der Beobachtung helfen. Das gibt es aber noch gar nicht. Folglich muss das Ministerium die Beobachtung an den Schulen auf andere Weise durchführen. Wie denn?

Die Zahlen stagnieren, in einigen Landkreisen steigen sie bereits oder schießen nach oben. Welche Teststrategie und welche zusätzlichen Schutzmaßnahmen wurden in den Kreisen eingesetzt? Entspricht die Schulöffnung dem vorgelegten Stufenplan, der nach Ostern gelten soll?

Hoffen wir, dass die frühen Schulöffnungen nicht der Versuchsballon war, an dessen Zahlen man die Folgen von Mutationsverbreitung bei Schulöffnung ergründen wollte.

Andre Hog
3 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

Hui, viele Fragen, auf die wir absehbar – wie gewohnt – keine Antworten bekommen, sondern selber die Erfahrungen dazu liefern werden.

Ale
3 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

Hallo,
doch es gibt zertifizierte Nasale Schnelltests. Die dürfen Lehrer sogar kaufen und könnte man in den ersten 30min im Unterricht durchführen.
Hier mal ein Link (aus Österreich aber egal)
https://youtu.be/Bthiy1Ox2pA
Jeweils die Hälfte der Klasse Maske ab, dann kollektives Abstreichen der Nase, dann die andere Hälfte. Lehrer macht die Pufferlösung mehr nicht. Nach max 30min hat man die Ergebnisse. Pro Klasse etwas 120€, wahrscheinlich bei größeren Mengen noch günstiger.

Gruß

Die Elfe
3 Jahre zuvor

Ja da hat der Herr Tonne tolle Pläne- hat es damit sogar gestern bis in die Tagesschau gebracht- im Moment irritierten mich aber Zeitpunkt von Stufenplan- 10-Punkte-Dings und „offizielles“ Lockdown-Ende am 07.03.21. Die Aussage ist- alle jetzt geltenden Maßnahmen sind bis Lockdown-Ende. Aber in den Papieren bis Ende Februar. Man kann gegenüber seinen SuS eh keine verbindlichen Aussagen machen. Dann kommt noch dazu, dass der Stufenplan bis zu den Osterferien und/oder nach den Osterferien greift. Bin verwirrt.

Echt
3 Jahre zuvor

Es geht weiter wie gehabt. Nur durch die Hintertür von Infektionen erfahren. Warten auf Reaktionen des Gesundheitsamtes (wo je nach Amt was kommt oder eben nicht). Sich sorgen, sich hoffentlich nicht angesteckt, oder es gar weitergegeben zu haben. Vorsorgliche Isolierung von eigener Familien. Nach zwei Wochen (vielleicht) vom positiven Testergebnis eines Schülers erfahren. Quarantäne der betreffenden Person wird dann auch schon wieder aufgehoben, während alle Kontaktpersonen in den vergangenen Wochen weiter munter die Schule besucht haben. Konsequenzen = Keine. Weitere Testungen= Keine. Ergebnis: Schulen sind sicher, kaum Infektionsgeschehen, wenn dann von außen eingetragen. Vertrauen= 0,000000!!!!

Tatsache ist, dass mit unseren Kindern, Erzieherinnen und Lehrern experimentiert wird, ohne um Einwilligung gebeten zu haben. Alles nur, um die eigene Inkompetenz und Hilflosigkeit zu vertuschen. Mit unserer Gesundheit wird gespielt. Verantwortung wird nicht übernommen. Mit den möglichen Konsequenzen dieser Politik werden die Betroffenen alleingelassen. Der verlorene Respekt für diese Poliker, wandelnd sich immer mehr in Verachtung. Die Verachtung, die sie uns allen durch ihre Untätigkeit und ihr Framing seit Monaten zeigen.

Die Elfe
3 Jahre zuvor

Business as usual- UND für die tollen Tests muss wieder ein Berechtigungsschein von der Schule erstellt werden und wieder gibt es gelistete Ärzte. Dienstort ist bei mir ein anderer Landkreis…. Als mein 65km entfernter Wohnort. Läuft. Ab in die Tonne mit den tollen Plänen aus… äh von dem Tonne

Achmensch
3 Jahre zuvor

„Das Angebot richtet sich ………auch an den Personenkreis der vulnerablen Beschäftigten, um eine mögliche Rückkehr aus dem Homeoffice in eine Präsenztätigkeit (……) weitestgehend zu unterstützen.“ Dieses Zitat stammt aus dem amtlichen Schreiben des MK Nds. Es beschreibt NICHT etwa ein Impfangebot, sondern die wöchentlichen Testmöglichkeiten! Mir bleibt schleierhaft, wie mir das Testen meiner Person mehr Sicherheit vor einer Ansteckung in der Schule bescheren soll. Ich will nicht getestet, sondern vor Ansteckung geschützt werden. Für wie dumm werden wir gehalten?

Elfe80686
3 Jahre zuvor

Ich halte Diskussion über Öffnung für verantwortungslos und politisch motiviert. Sussucht Selbsttest: Diese Woche habe ich Schnelltest und pcr-Test bekommen. Sehr unangenehm. Selber kann man das nicht.

Winfried
3 Jahre zuvor

Baden-Württemberg öffnet am Montag Kitas und Schulen
Susanne Eisenmann Kultusministerin des Landes Baden-Württemberg.
ihr Wahl-Slogan.
Wollen wir nicht alle beschützt werden.