Kinderschutzbund: Leistungsdruck ist das Problem. Schüler haben Angst, nicht mehr mitzukommen

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KASSEL/FRIEDBERG/BAD HOMBURG. In Kinder- und Jugendpsychiatrien finde eine Triage statt, hatte der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) provokant formuliert – und mit dieser Behauptung weite Schulöffnungen gefordert. Zweifellos trifft die Corona-Pandemie Kinder und Jugendliche hart.  Allerdings gibt es jetzt Widerspruch von denen, die es wissen müssen: Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP) erklärt, es handele sich um eine „unwahre Behauptung“. Und der Kinderschutzbund beschreibt ein ganz anderes Problem, unter dem Kinder litten – nämlich den hohen Leistungsdruck durch die Schule.

Kinder leiden an der Corona-Krise. Foto: Shutterstock

Ängste, Depressionen, Essstörungen – das sind nur einige der Folgen, unter denen Kinder und Jugendliche nach mehr als einem Jahr Corona-Pandemie immer häufiger leiden. In den Kinder- und Jugendpsychiatrien sowie den Beratungsstellen nimmt die Zahl der Anfragen zu. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) schlug jüngst Alarm: Die Kinder- und Jugendpsychiatrien seien voll, dort finde eine Triage statt. Hintergrund der Behautptung ist eine Kampagne des BVKJ seit Beginn der Pandemie für weit offene Kitas und Schulen, wie News4teachers mehrfach berichtete.

„Es reicht aus, wenn ein Verbandsvertreter der Kinder- und Jugendärzt*innen mit dem Ziel einer schnelleren Schulöffnung den Begriff der ‚Triage‘ in der Kinder- und Jugendpsychiatrie erwähnt – und die Presse spricht bundesweit davon“, so heißt es nun aber in einer aktuellen Pressemitteilung der DGKJP, über die News4teachers ausführlich berichtet. „Die Kliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Deutschland seien so überlaufen, dass sie behandlungsbedürftige Kinder und Jugendliche nicht aufnehmen könnten: dem ist nicht so! Der Vergleich mit Corona-Intensivstationen – auch dort stand Triage kurzfristig im Raum – scheint gewollt: ‚Triage‘ findet in der Kinder- und Jugendpsychiatrie nicht statt!“

«Der Begriff Triage ist etwas unglücklich gewählt, aber wir sprechen schon von einer Notlage»

Triage bedeutet, dass Mediziner aufgrund von knappen Ressourcen entscheiden müssen, wem sie zuerst helfen. Das Wort stammt vom französischen Verb «trier», was «sortieren» oder «aussuchen» bedeutet. «Der Begriff Triage ist etwas unglücklich gewählt, aber wir sprechen schon von einer Notlage. Es gibt erhebliche Engpässe», sagt die Sprecherin des BVKJ-Landesverbandes Hessen, Barbara Mühlfeld. Erkrankungen, die unter normalen Umständen nicht ausgebrochen wären, hätten sich aufgrund der Pandemie manifestiert.

Mühlfeld, selbst Kinder- und Jugendärztin aus Bad Homburg, berichtet von einer Zunahme bei Depressionen, Angst- und Essstörungen. Auch körperliche Folgen wie Gewichtszunahme durch Bewegungsmangel seien häufig zu beobachten. «Allein für unsere Praxis haben wir ein Plus von mehr als 1000 Kilo berechnet.» Augenärzte berichteten von zunehmender Kurzsichtigkeit, weil die Kinder zu wenig im Freien und zu häufig vor dem Bildschirm seien. «Die Auswirkungen sind sehr vielfältig und einschneidend.»

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Das hessische Sozialministerium hält den Begriff der Triage gleichwohl für unzutreffend. Die stationäre und ambulante Versorgung für Kinder und Jugendliche in Hessen sei insgesamt gut. Hessen habe im vergangenen Jahr die stationären Kapazitäten ausgebaut und eine neue Klinik in Betrieb genommen. «Gleichwohl haben die Pandemie und die damit einhergehenden Hygienevorschriften dazu geführt, dass die Bettenkapazität reduziert werden und eine Priorisierung vorgenommen werden musste.»

Das bestätigen auch die Vitos Kinder- und Jugendkliniken für psychische Gesundheit – weist aber ebenfalls den Begriff Triage zurück. «Notfälle werden in unseren Kliniken immer unmittelbar behandelt», sagt Dietmar Eglinsky, Klinikdirektor in Kassel. Die Kliniken verzeichnen nach eigenen Angaben derzeit zwar eine deutliche Zunahme an Patienten mit schweren psychischen Erkranken und pandemiebedingt könne das Behandlungssetting, das je nach Erkrankungsschwere gewählt werde, variieren. «Das ist eine Form der Priorisierung, aber keine Triage. So wurde schon immer gearbeitet, auch außerhalb der Pandemie.»

«Viele Kinder und Jugendliche leiden massiv unter dem Druck in Zusammenhang mit der schulischen Situation»

Seit Beginn der Coronakrise gehen bei den Beratungsstellen des Kinderschutzbundes in Hessen allerdings mehr Anfragen ein. «Wir haben unsere Beratungszeiten massiv ausgeweitet, um die steigende Zahl der Anfragen zu bewältigen. Wir tun dies, soweit es unsere Kapazitäten erlauben. Die Grenze ist allerdings bei allen erreicht», sagt Geschäftsführerin Olivia Rebensburg. Besonders häufige Beratungsthemen seien Depressionen und soziale Ängste. «Viele Kinder und Jugendliche leiden massiv unter dem Druck in Zusammenhang mit der schulischen Situation.» Sie hätten Angst, im Schulstoff nicht mehr mitzukommen.

Auch die Fälle von Familien, die eigentlich stabil waren, aber jetzt einfach am Ende seien, häuften sich. «Trennungen und Scheidungen bereiten in vielen Familien große Sorgen, weil sie unter den derzeit beengten Verhältnissen noch belastender sind als ohnehin.» Den Familien mangele es an Sicherheit, Stabilität und Perspektiven, den Kindern an sozialen Kontakten, Spaß und Bewegung. Rebensburg fordert, die individuellen Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen stärker in den Blick zu nehmen. «Studien belegen, dass sie sich übergangen fühlen. Sie wollen und müssen gehört werden.» Und es brauche langfristige Angebote. «Probleme, die sich in 17 Monaten aufgebaut habe, sind nicht durch eine zweiwöchige Ferienmaßnahme zu kompensieren.»

Auch Barbara Mühlfeld vom BVKJ sagt: »Es braucht schnell tiefgreifende Konzepte, wie die Defizite aufgefangen werden können. Ansonsten schieben wir eine Bugwelle vor uns her.» Besonders Kinder aus ressourcenarmen Familien bräuchten dringend Unterstützung. Das bezweifelt niemand ernsthaft. Ob ihnen allerdings durch Skandalisierungen eines Kinderarzt-Verbandes, der auch die wirtschaftlichen Interessen seiner Mitglieder vertritt, geholfen wird, ist doch eher fragwürdig. News4teachers / mit Material der dpa

Kinderpsychiater widersprechen Kinderärzten: Es gibt keine „Triage“ bei Therapien. Und: Schulöffnungen lösen nicht alle Probleme

 

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Dil Uhlenspiegel
2 Jahre zuvor

Schnell tiefgreifende Konzepte entwickeln, Defizite auffangen, Unterstützung bieten … hm schwierig und aufwändig … und kosten würde das auch … ah ja:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
habt ihr eigentlich schon etwas vor in nächster Zeit, so ungefähr bis Ende 2023?

Gustav
2 Jahre zuvor

Es werden wieder zahlreiche Konzepte von der obersten Etage gefordert,, um dann das mit Mühe entwickelte Konzept in Ablage P zu legen.
Mit der ersten Impfung der SuS heißt es dann : Präsenz mit AB und OHP, WLAN braucht dann keiner mehr. Und die digitalen Endgeräte vergammeln in den Schubläden., da keine Wartung erfolgt.

kanndochnichtwahrsein
2 Jahre zuvor

Hat mal jemand darüber nachgedacht, wie wenig die Kinder im normalen Alltag nach draußen gehen?
Es ist ja nicht so, dass sie ohne Corona im Wald spielen oder auf dem Bolzplatz wären… auch ohne Corona sitzen sie von 8 bis 16 Uhr innen – in der Schule, gucken in eine Richtung – an die Tafel, demnächst vermehrt digital, weil es so schön ist, chillen nach der Rückkehr auf der Couch weil es im Winter zu dieser Uhrzeit dunkel ist… vor allem bitte mal an die Fahrschüler auf dem Land denken, die oft von vor 7 Uhr bis nach 17 Uhr in Sachen Schule unterwegs sind.
Für die Probleme der Kinder in der Pandemie würde ich auch eher diese drei Faktoren verantwortlich machen:
Schulminister, die sie in die Situation bringen, sich wider besseren Wissens einer Ansteckung aussetzen zu müssen
Erwachsene, die ihnen signalisieren, dass alles ganz schlimm ist und es jedem schlecht gehen muss – weil sie nicht in die Schule dürfen, ihre Freunde nicht sehen dürfen, womöglich das Abi gefährdet ist…
Leistungsdruck mit Prüfungen statt Freiräume für Persönlichkeit und Kreativität, was zu Stress oder auch Resignation führt, je nachdem wie das Kind veranlagt ist.

Wir Erwachsenen müssen die Kinder entlasten!
Die Pandemie ist nur das Brennglas!
Entlastung braucht es grundsätzlich, vor allem die Entlastung von der Erwartung, so sein zu müssen und so lernen zu müssen wie alle anderen, von dem Eindruck, nicht „richtig“ zu sein, wenn mit Schule oder Lernen irgend etwas „nicht stimmt“.
Es sind unsere Erwartungen an die Kinder und Jugendlichen, die ihnen den Stress machen, die sie in ein Leben zwingen, das sich kein Erwachsener für sich selbst wünscht.
Hätten sie normalerweise eine gesunde Basis in ihrem Leben, würden sie auch jetzt besser mit der Situation fertig.
Eigentlich finde ich, dass die meisten Kinder/Schüler das alles ganz gut hinbekommen.
Ich sehe kaum Kinder, die wirklich leiden.
Eher im Gegenteil: viele sind erleichtert, nicht in die Schule zu müssen, viele machen wichtige Erfahrungen, haben endlich Zeit für eigene Dinge, auch für Lernen in eigenem Rhythmus.
Ja, es gibt auch Kinder, die nichts tun, die aus Lehrersicht wenig gelernt haben.
Aber können wir sonst immer nachvollziehen, was Kinder wirklich lernen?
Wissen wir nicht alle, dass viele Inhalte schneller vergessen sind als die Klassenarbeiten nachgeschaut?
Und wenn das so ist, dann gehört Schule verändert – nicht die Kinder zum Psychiater!

Rike
2 Jahre zuvor

100%ige Zustimmung!

Vib
2 Jahre zuvor
Geht's noch?
2 Jahre zuvor

Danke für Ihre trefflichen Worte. Statt jetzt volle Präsenz und Lernstandserhebungen durchzuführen, sollten die Politiker den Kindern ihre Freizeit zurück geben. Das Schuljahr ist doch gelaufen. Die letzten Monate waren so anstrengend für alle Beteiligten. Es reicht.

Schattenläufer
2 Jahre zuvor

FALSCH!!!!!
Die KMK hat beschlossen, dass es der größte Wunsch aller Kinder ist von 8-16 Uhr an die Tafel zu schauen!
Alle Konzepte ohne extremen Leistungsdruck und Schulzeiten von 8 Stunden + X erzeugen bei Kindern und Jugendlichen akute psychisch Probleme und Selbstmordgedanken.
Akzeptieren sie das endlich! Die KMK als Sprachrohr der Kinder und Jugendlichen hat das eindeutig festgestellt.

Clipperstorch
2 Jahre zuvor

Dem stimme ich uneingeschränkt zu – gut auf den Punkt gebracht!

Eigentlich
2 Jahre zuvor

Danke !
Endlich sagt das mal jemand.
In unserer 3. Klasse Grundschule wurden in ca. 6 Tagen Präsenzunterricht vor Ostern 3 Leistungsnachweise und in ca. 9 Tagen Präsenzunterricht vor Pfingsten 4 Leistungsnachweise geschrieben, mit einem Umfang zwischen 2 bis 4 Seiten.
Das heisst bei uns dann „behutsam und ohne Druck in der Schule ankommen“….
Wenn das bis Schuljahresende so weitergeht (wovon ich leider ausgehen muss), dann noch in den Sommerferien Aufholprogramme besucht werden müssen, dann sollte sich keiner wundern, wenn Kinder psychiatrische Hilfe benötigen.
Nicht wegen Corona, sondern wegen des Schulsystems.

alter Pauker
2 Jahre zuvor

Bravo. Eines fehlt mir allerdings in der Liste: Die Eltern. Auch hier gehört einiges verändert. Helikopter und Rasenmäher Eltern belasten ihre Kinder extrem durch massiv überhöhte Leistungserwartungen (und scheint das Kind den Anforderungen nicht zu genügen, muss es am Lehrer, der Lehrerin liegen…). Das Denken nach dem Schema: Je höher der Bildungsabschluss, umso „besser“ wird es mein Kind einmal haben, ist sehr weit verbreitet und es wird schon als Schande empfunden, wenn ein Kind „NUR“ in die Hauptschule geht. (Ich wurde selbst von KuK meiner Hauptschule vor Jahren mit komischen Kommentaren bedacht, als ich eines unserer Kinder mit Teilschwächen und LRS in unserer Hauptschule ließ. „Wie kannst du nur…“ – und das kam ausgerechnet von Hauptschulkollegen!)
Das Lern- und Arbeitsverhalten, das Leistungsvermögen und Stärken und Schwächen oder Begabungen und Neigungen eines Kindes interessiert meist nicht – Hauptsache „mein Kind soll es besser haben“ – und ich blamiere mich nicht vor den Nachbarn! Was das mit unseren Kindern anstellt? Wen interessiert’s? Lieber einen unglücklichen Gymnasiasten und späteren Medizinstudenten, als einen glücklichen und zufriedenen Schreiner, scheint in den Köpfen der Eltern zu sitzen. Fragen Sie einmal in den 4. Klassen nach, welche dramatischen Elterngespräche dort immer häufiger stattfinden!
Forciert wird das Ganze durch die Einstellungspraktiken in Wirtschaft und Industrie, die „unter“ Mittlerer Reife“ kaum noch Azubis oder Lehrlinge annehmen.

Sile
2 Jahre zuvor

#kanndochnichtwahrsein…Sie schreiben mir voll und ganz aus meinem Herzen/ aus meiner Seele!!!! Solche Menschen wie Sie wünsche ich mir als Bildungsminister/in mit Reichweite über das gesamte Land! Alle anderen haben es leider nicht verstanden. Nicht die Kinder müssen sich an das System anpassen, sondern das System an die Kinder.

Vib
2 Jahre zuvor

@kanndochnichtwahrsein
meine Zustimmung

Ursula
2 Jahre zuvor

@kanndochnichtwahrsein: Sie sprechen mir aus der Seele! So viele Inhalte, die die SuS permanent durch Tests und Leistungsabfragen unter Druck setzen, sind im nächsten Moment wieder vergessen und für das spätere Leben auch nicht von Bedeutung. Das war schon immer so, aber gerade in der derzeitigen Situation finde ich das völlig unangemessen. Alle sprechen von Aufholen der Lücken, aber sind wir doch mal ehrlich… Die Lücken, die wirklich aufzuholen sind, gibt es in Mathematik, in den ersten Unterrichtsjahren einer Fremdsprache und in teilweise in Deutsch, aber hier auch nur, wenn es um die Grundkompetenzen geht. Alles andere kann man auch getrost einmal für ein Schuljahr weglassen, ohne dass es irgendwelche Auswirkungen für die Bildung der SuS hat. Ich habe im ersten Lockdown die Erfahrung gemacht, dass wir uns neben Mathe und Englisch noch ausführlich mit allen anderen Fächern beschäftigen und vor allem hier mehr schriftliche Ergebnisse abliefern mussten als je zuvor. Auch im Moment bekomme ich das von vielen Eltern in meinem Umfeld mit und das für Inhalte, die „schneller vergessen sind, als die Klassenarbeit nachgeschaut wird“. Es muss von oberster Stelle eine klare Ansage geben, an dieser Stelle den Druck herauszunehmen und sich für eine gewisse Zeit auf das Wesentliche zu beschränken. Damit verbunden ist natürlich auch, den LuL den Druck einer Bewertung zu nehmen, der ja der eigentliche Grund für dieses Verhalten ist. Zumindest in diesem und im nächsten Halbjahr nur Noten für Mathe, Fremdsprachen und Deutsch, alles andere sollte in den “ Wir nehmen den Druck raus und konzentrieren uns auf das Wesentliche-Modus“ gehen.

Heinz
2 Jahre zuvor

Die Kinder- und Jugendpsychiater waren doch bereits vor Corona total überlaufen. Ich kenne Schüler, die wirklich massive Probleme hatten und nen 3/4 Jahr auf nen Platz warten mussten. Das ist auch nicht die Ausnahme, sondern eher die Regel!

Einer meiner Vorredner hat geschrieben, dass die Kinder viel zu selten draußen seien und viel zu wenig Freizeit hätten. Das sehe ich tatsächlich auch als eines der großen Probleme an. Ganztagsschulen, können dies halt einfach nicht ersetzen, weil man sie ausnutzt, um zu versuchen, den Kindern immer immer mehr an Wissen einzuprügeln.
Wer meine Beiträge häufiger liest, weiß, dass ich absoluter Gegner der Ganztagsschulen sind, wie sie bei uns in Deutschland vielfach stattfinden. Am Nachmittag sollten, wenn möglich, nur Freizeit Angebote und Hausaufgabenbetreuungen u.ä. liegen.
Schule ist halt kein Ort, an denen sich Kinder frei entfalten können, und wird es auch niemals sein, egal wie viele Reformen man anstrebt. Es bringt doch nichts, immer nur auf die Lehrer einzudreschen und so zu tun, als müssten der Unterrichtsstoff nur anders vermittelt werden, damit alle Kinder intrinsisch motiviert sind, das stimmt einfach nicht. Kinder wollen von ihrer Natur aus vollkommen andere Dinge lernen und Erfahrungen machen, als sie in der Schule machen, das ist auch ok und das sollte man auch akzeptieren, genauso wie Kinder es in einem gewissen Rahmen auch akzeptieren, dass sie Dinge lernen müssen, die sie nicht möchten. Solange man das Verhältnis etwas in der Waage hält, dürfte es weniger Probleme geben, aber nicht so!
Das Schlimmste ist ja, dass man jetzt auch noch fordert, dass die Kinder in den Sommerferien den Schulstoff nachholen, der nicht behandelt werden konnte, dabei werden etliche bereits wegen Nachprüfungen den Schulstoff nachholen müssen, der behandelt wurde, um den sie sich aber im Distanzlernen nicht gekümmert haben.
Stattdessen sollte man für die Schüler in den nächsten 5-6 Jahren die Lehrplananforderungen herunterschrauben. Ich befürchte, dass in 1-2 Jahren niemand mehr daran denkt, wieviel eigentlich verpasst oder nicht behandelt wurde, ich als Lehrer kann die nicht behandelten Themen einfach nicht irgendwo zwischenbauen, der Lehrplan war vorher schon so voll, dass man in der Regel ein Thema pro Schuljahr nicht schaffen konnte!

Als weiteres Problem, warum so viele Kinder und Jugendliche in psychiatrischer Behandlung sind, ist der Umgang mit Misserfolgen in vielen Elternhäusern und auch die familiäre Situationen zu Hause. Viele Kinder lernen immer weniger, konstruktiv mit Misserfolgen umzugehen, entsprechend können sie es auch in der Schule nicht mehr. Sie sehen einen schulischen Misserfolg sofort als persönliches Versagen und als Gefühl, nicht gut genug oder dumm zu sein. Ebenso sind so viele Familien mittlerweile zu Hause zerüttet, dass es mich manchmal bei dem ein oder anderen Schüler nicht wundert, dass es so gekommen ist. Man bekommt von diesen Schülern oft wenig von zu Hause anvertraut als Lehrer, wenn es aber doch mal passiert, ist man oft unglaublich überrascht, wie es in Elternhäusern abgeht, von denen man bisher dachte, dass es sich um gesittete Verhältnisse handeln würde.

Mthdnmnn
2 Jahre zuvor

Zutreffend(er) wäre wohl (…):

Medialer Leistungsdruck ist das Problem. Eltern von Schülern haben Angst, dass diese nicht mehr mitzukommen.

Julia
2 Jahre zuvor

Danke für diesen Artikel, der die wirklichen Probleme benennt. Kinder brauchen nicht noch mehr Pläne, Maßnahmen oder Konzepte, sie brauchen Zeit, Respekt, Wertschätzung, stabile Beziehungen und gesunde und stabile Erwachsene als Vorbilder.