Mathe-Abi schlecht ausgefallen: Erstes Bundesland passt die Bewertung (nach oben) an

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SCHWERIN. Weil das Mathematik-Abitur in diesem Jahr viel zu schlecht ausgefallen ist, werden in Mecklenburg-Vorpommern alle Noten in diesem Fach um zwei Notenpunkte angehoben. Dies gelte für die Grund- und die Leistungskurse, wie das Bildungsministerium am Sonntag in Schwerin berichtete. Im Durchschnitt lagen die Notenpunkte in diesem Jahr bei 4,1 im Grundkurs und bei 5,6 im Leistungskurs, im vergangenen Jahr bei 5,7 beziehungsweise 8,4. Auch in Nordrhein-Westfalen und in Bayern gibt es Beschwerden von Abiturienten über ein zu hohes Niveau im Mathe-Abitur.

Es geht aufwärts – um zwei Notenpunkte. Illustration: Shutterstock

Für dieses außergewöhnlich niedrige Niveau hätten mehrere Rahmenbedingungen zusammengewirkt, erklärte das Bildungsministerium von Mecklenburg-Vorpommern. So habe in diesem Jahr der erste Jahrgang der neuen Oberstufe das Abitur nach neuen Vorgaben abgelegt. Die Aufgaben seien erstmals in Grund- und Leistungskurs-Klausuren aufgeteilt worden. Gleichzeitig sei ein qualitativ neuer Aufgabentypus Grundlage für das Abitur gewesen, der stärker auf Kompetenzen als auf Anwendung von erlerntem Formelwissen beruhe.

Mit der Anhebung soll der Punktedurchschnitt rechnerisch an die Ergebnisse der vergangenen Jahre angeglichen werden

Die Schüler sollten durch das Zusammenwirken dieser Umstände keine Nachteile erfahren, hieß es. Mit der Anhebung um zwei Punkte solle der Punktedurchschnitt rechnerisch an die Ergebnisse der vergangenen Jahre angeglichen werden. Das Ministerium gab bekannt, dass eine für 2023 vereinbarte Evaluation auf 2021 vorgezogen werde. Zudem werde ab dem kommenden Schuljahr ein Sonderprogramm für Mathematik-Förderung in der Oberstufe aufgelegt.

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In Nordrhein-Westfalen ist die Problematik ähnlich. Schüler dort haben gleich zwei Petitionen gestartet, in denen Konsequenzen – konkret: bessere Noten oder die Möglichkeit zum Nachschreiben – gefordert werden, wie News4teachers berichtete. Das Schulministerium NRW spricht lediglich von „mehreren Nachfragen zur schriftlichen Abiturprüfung im Fach Mathematik“, die es erreicht hätten. So oder so: Diese „Nachfragen“ haben das Ministerium zu einer Stellungnahme veranlasst. Kernaussage: Die Anforderungen seien im Vergleich zu den Klausuren in den Vorjahren nicht erhöht worden. Gleichwohl gab es tatsächlich „Veränderungen“.

Wörtlich heißt es: „Durch die Veränderung der Klausurzeiten und der damit einhergegangenen Veränderung der Aufgabenformate in Form von Textlängen oder Veränderungen in der Struktur der Aufgaben kann bei Abiturientinnen und Abiturienten das Gefühl entstanden sein, dass die Aufgaben im Vergleich zu den Abituraufgaben der vorangegangenen Jahre einen höheren Schwierigkeitsgrad aufweisen. In Nordrhein-Westfalen sollen jetzt die Lehrkräfte ihren „Spielraum“ nutzen.

In Bayern, wo es ebenfalls Beschwerden von Schülern gab, sieht das bayerische Kultusministerium keinerlei Handlungsbedarf, wie News4teachers berichtete. «Wir bekommen Feedback von Mathematiklehrern, die die Aufgaben korrigieren. Und es gibt von diesen Lehrern bislang keine Hinweise darauf, dass die Kritik gerechtfertigt wäre», hieß es. News4teachers / mit Material der dpa

Abitur-Klausuren: Schülervertretung spricht von einem „Desaster“ – und fordert Abschlüsse auf Wunsch auch ohne Prüfungen

 

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19 Kommentare
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Wunder SAM
2 Jahre zuvor

… UND,

* was weiß man zu einem ggf. ‚geändertem‘ BERWERTUNGSMAßSTAB im Bundesland Niedersachsen für das Mathe-Abitur 2021 ?????????

lehrer002
2 Jahre zuvor
Antwortet  Wunder SAM

Bislang ist dazu nicht bekannt.

Ich muss da mal was loswerden
2 Jahre zuvor

Ok, werden dadurch die Schüler auch automatisch besser und füllen ihre Wissenslücken???

Wunder SAM
2 Jahre zuvor

„Alle Tiere sind gleich, aber manche sind gleicher als die anderen, …“
(George Orwell aus ‚Farm der Tiere‘)

… passt doch zum aktuellen politischen Gesamtkonstrukt – Maskendeals, Testkits etc. pp. -?

BB
2 Jahre zuvor

Durchschnitte von 4 und 5 Punkten sind ja unterirdisch.
Das sog. gemeinsame Aufgabenpool muss grundlegend geändert werden.
Was bedeutet es für NRW, die sich in gleicher Situation befindet? Oder wurden die Noten durch „Bewertungsspielraum“ lediglich kosmetisch leicht angepasst?

lehrer002
2 Jahre zuvor
Antwortet  BB

NRW befindet sich nicht in der gleichen Situation. In MV kamen neue Konzepte für die Oberstufe (Mathe GK und LK) etc. hinzu. Die Aufgaben waren sicherlich auch nicht die gleichen, wobei ich von den MV Aufgaben bislang keine gesehen habe.

Francis Martinek
2 Jahre zuvor

Ohne Worte!
Ich sage nur Artikel 3 (3) Grundgesetz

Georg
2 Jahre zuvor

Mathematik ist aus fachwissenschaftlicher Sicht eher Anwendung von ggf. auswendig gelernten Formelwissen. Kompetenzorientierung ist Interpretation im Sachkontext. Mit Vorbereitung auf ein Studium hat das reichlich wenig zu tun.

Kathi
2 Jahre zuvor

@Georg: Das kann ich nur unterschreiben.
Erstens sollte man unterscheiden zwischen einer allgemeinbildenden Schule und einer Hochschule. Vieles wird an der Uni neu gelernt bzw. wiederholt. Hierzu brauchen die Abiturienten ein stabiles Grundwissen, teilweise auch auswendig gelerntes, dessen wirklichen Bedeutung die Schüler erst an Hochschulen und darüber hinaus verstehen werden. Also, man soll die „Studierfähigkeit“ nicht maßlos übertreiben.

Zweitens gehören auch Anwendungsaufgaben zum Abiturkenntnis. Jedoch sollen die Anwendungsaufgaben die Realität widerspiegeln und nicht schlecht konstruierte Aufgaben sein wie die Erstellung von Sicherheitscodes anhand einer zeichnerischen Pyramide (Abitur NRW), was mehr als absurd und fachlich sowie didaktisch zum Kopf schütteln ist.

Georg
2 Jahre zuvor
Antwortet  Kathi

Korrekt. Aber ist Köpfchendrücken auf einem Taschenrechner alles mögliche, aber kein Test auf potentiellen Studienerfolg in Mathematik.

Ale
2 Jahre zuvor

Hallo,
ich sehe da nicht nur bei den Schülern die Probleme, sondern auch bei den Erstellungskommissionen bzw. Auswahlkommissionen. Oft oder meistens zählt zum Aufstieg in solche Arbeitsgruppen nicht die praktische Unterrichtserfahrung oder ähnliches, sondern der Titel, die Rolle am Seminar/RP, … . Das hat zur Folge, das man sich innerhalb dieser Kommissionen gern „hochlobt“ und damit teils unmögliche Prüfungen entstehen. Bevor jemand nun Contra gibt, ein paar Beispiele aus letzter Zeit:
– neuer Lehrplan GmK an Berufsschulen: 2 jährige Ausbildungsberufe (z.B. Fachlageristen, Verkäufer) sollen die gleiche Prüfung schreiben, wie die regulären. Lageristen und Verkäufer sind aber keine „Verkürzerklassen“, das 3. Jahr kann bei Erfolg drangehängt werden. Diese Prüfung wurde aber erst nachgeliefert, als genug Kollegen (mwd) sich beschwert haben.
– Prüfungen im Bereich Berümanagement: die ersten Prüfungen hatten weit über 10 Seiten Anlage, dazu noch das Fachwissen. Selbst für uns Lehrer hart an der Grenze.

Gruß

Wunder SAM
2 Jahre zuvor
Antwortet  Ale

Aktuell: Matheabitur 2021 / in 20 Minuten 18 Seiten Aufgabentext erfassen, um sich dann für eine der beiden Prüfungsklausuren zu entscheiden!

—> Sind die Damen und Herren, die diese Abiturklausuren konzipiert haben, auch in der Lage, 18 Seiten Aufgabentext samt Unteraufgaben und versteckten Fragestellungen in 20 min zu erfassen?

RESPEKT: 1 Minute und gerundete 7 Sekunden pro Seite !!!!!!
ALLE ACHTUNG!

O-Ton unseres Abiturienten:
“ Wie können die Bundesländer aus einem gemeinsamen Aufgabenpool 40% der Mathematik-Klausur-Aufgaben wählen, wenn:
1. JEDES Bundesland (BL) eigene Unterrichtsmaterialien verwendet
2. in JEDEM BL die Mathematik-Curricula der Oberstufe verschieden sind
3. und somit unterschiedliche Themenschwerpunkte in den BL gesetzt werden?“

… Da kann man verstehen, dass:
„Das hat zur Folge, das man sich innerhalb dieser Kommissionen gern „hochlobt“ und damit teils unmögliche Prüfungen entstehen.“

Dorfschullehrer
2 Jahre zuvor

Dazu muss man wissen, dass in MeckPomm quasi jeder Schüler der seinen Namen schreiben kann das Gymnasium besucht. Also mit beeindruckend schwachen Leistungen wird nach Klasse 6 an das Gymnasium gewechselt. In der Regionalen Schule sammelt sich dann der leistungsmäßige „Rest“ der Schülerschaft. Ehemalige Hauptschüler sind dann in der Mehrheit, dazwischen Förderschüler im Sinne der Inklusion. Den Realschüler, welcher einen mittleren Schulabschluss anstrebt um danach zum Beispiel eine solide Ausbildung im Handwerk oder der Industrie zu machen – der findet sich an unserem Schultyp (Regionale Schule) kaum noch. Dafür machen um so mehr ein schwaches Abitur oder gehen vorher ab.
Aber alles klar, jetzt werden die Bewertungsmaßstäbe gesenkt. Nun ja, die Studierfähigkeit gerade in den MINT-Fächern nimmt dramatisch ab. Deshalb kann es auch kaum noch einer studieren. Ich bin gespannt, wann mal irgend jemandem auffällt, dass hier eigentlich alles schiefläuft.

RO
2 Jahre zuvor

Dass in MeckPomm die Schulen angeblich schlechter sind, heißt nicht, dass bei nur „schlechten SuS“ Noten angehoben werden sollen. Anhebung von Noten gilt auch für NRW, die gleiche Bedingungen der Mathe-Prüfung hatten, wie die Einführung neuer Vorgaben und die Verwendung der Aufgaben aus dem Aufgabenpool der Länder.

Die sog. „erstmalige Prüfung mit Unterteilung nach LK und GK“ in MeckPomm ist nicht plausibel. Woher kommen die Vergleichsnoten der LK und GK? Außerdem dürfte die Unterteilung vor mindestens 2 Jahren erfolgt sein.

Daher liegt das größte Problem in der eindeutig versagten Einführung von neuen Vorgaben, worauf die Schulen (LuL und SuS) in MeckPomm und NRW nciht hinreichend vorbereitet waren.

trotzki
2 Jahre zuvor

Ich find das mathematisch interessant. Schüler mit 15 Pukten bekommen jetzt 17Punkte und wer nur Murks auf dem Papier stehen hatte, bekommt dann 2 Punkte.

Und die Arbeitgeber der Zukunft rechnen das Ganze dann wieder raus.

Dil Uhlenspiegel
2 Jahre zuvor

Ne, 17 Punkte gibt’s ja gar nicht. Aber nach dem Ersten Punkteerhaltungssatz der Thermodynamik können Punkte auch nicht einfach verschwinden. – Darum: Bei bereits erreichten 15 Punkten, werden die hinzukommenden 2 Extrapunkte evtl. auf Wunsch solidarisch den Leuten mit 0 Punkten übertragen, also haben diese:

0 selbst erreichte Punkte + 2 eigene Extrapunkte + 2 übertragene Extrapunkte = 4 Punkte

Bei mehreren 15-Punkte-Leuten in der Abschlussstufe, aber nur einem 0-Punkte-Kandidaten werden entsprechend weitere übertragene Extrapunkte aufaddiert, somit errechnet sich etwa bei drei 15-Punkte-Leuten aber nur einem/einer 0-Punkte-Schüler/in ein Endergebnis von 8 Punkten, also eine rundum befriedigende Leistung.

Bin mir aber nicht ganz sicher …

Knut
2 Jahre zuvor

15 Punkte bleiben so, wenn es sie überhaupt gab. Bei einem solchen Durchschnitt – Hut ab.
Darin liegt auch das Problem der starken Verzerrung der Leistungsgerechtigkeit. Das führt dazu, dass im Unternehmen immer weniger junge Leute bereit sind, Leistungsträger zu werden. Lieber mitschwimmen.

Susi
2 Jahre zuvor

„Die Aufgaben seien erstmals in Grund- und Leistungskurs-Klausuren aufgeteilt worden. Gleichzeitig sei ein qualitativ neuer Aufgabentypus Grundlage für das Abitur gewesen, der stärker auf Kompetenzen als auf Anwendung von erlerntem Formelwissen beruhe.“

Selbst wenn schulinterne Curricula sich nach den Standards für das jeweilige Bundesland richten und alles nach Plan läuft, also ohne Pandemie und deren ‚Nebenwirkungen‘, geht das Niveau der letzten Jahre ausweislich der ‚Erstsemesteraufbereitung’ durch Vorkurse vor Semesterstart stetig nach unten. Es gab sogar schon vor ein paar Jahren einen ‚Brandbrief’ von Mathematikprofessoren, die das stützen, was auch in anderen Disziplinen, wie z. B. Physik, Biologie oder Ökonomie bestätigt wird: miserable Vorkenntnisse, teilweise nicht einmal MSA-Niveau.

Was stimmt da nicht? Ich würde mal sagen, es bringt nichts, wenn immer nur im eigenen Dunst gekocht wird und es fortwährend neue Rezepte gibt. Um die Anschlussfähigkeit zu gewährleisten, sollte durchgehend – von Anfang an und ohne Kompromisse – Mathematik mit gut ausgebildeten Mathematiklehrkräften unterrichtet werden. Spätestens in der Oberstufe, sollte es einen Austausch mit den Hochschulen geben.

Und: Wenn die Gesellschaft andere Abschlüsse – als das Abitur – nicht mehr wertschätzt, darf sich niemand wundern, wenn alle zum Gymnasium oder mit allen Mitteln ein tolles Abitur schreiben wollen. So gesehen, ist die ganze Gemengelage das Resultat der Ansprüche unseren Kindern gegenüber.

PhilologinvomDienst
2 Jahre zuvor

Stimme Susi zu, v. a. dem letzten Absatz. Mich sprechen jedes Schuljahr SuS, die ganz ohne Abschluss in das 11. Schulbesuchsjahr kommen, darauf an, dass sie jetzt aber die Versetzung in Klasse 11 erwerben müssten. „Ohne Abi kann man nix werden, dass sagen alle!“ (sic!); ich rede mir dann den Mund fusselig zum Thema Ausbildung und Handwerk mit goldenem Boden.
Wenigsten sehen es nach einer Weile schon mal die syrischen, afghanischen oder westafrikanischen SuS, die erst seit ca. 2 Jahren in D sind, ein, dass ihr Deutsch zum Abi zz noch nicht ausreicht und die schaffen es dann über die Praktika überdurchschnittlich oft in die Ausbildung und starten dort erfreulicherweise durch.
Die hier Aufgewachsenen sind leider oft für die Ausbildung erstmal verdorben. Wer berät die denn??? Kann ja nicht alles an den Eltern liegen.