Karliczek gegen Kultusminister: Keine Garantie für offene Schulen im nächsten Schuljahr

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BERLIN. Angesichts der Virus-Mutationen können offene Schulen im kommenden Jahr nicht garantiert werden, sagt die Bundesbildungsministerin. Dabei hat die Kultusministerkonferenz noch vor zwei Wochen etwas ganz anders beschlossen – nämlich dauerhaften Regelbetrieb. Bayerns Ministerpräsident fordert, den Schutz in Schulen zu verbessern. 

Zeigt sich optimistisch: Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU). Foto: BMBF / Laurence Chaperon
Mag keine Garantien aussprechen: Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU). Foto: BMBF / Laurence Chaperon

Angesichts sich verbreitender Corona-Mutationen schließt Bundesbildungsministerin Anja Karliczek Schulschließungen auch im kommenden Schuljahr nicht aus. Auf eine entsprechende Frage in der Sendung «Frühstart» von RTL/ntv, sagte die CDU-Politikerin: «Ich bin sehr optimistisch, dass wir gut starten können und dass wir es dann (…) schaffen können, Schulen möglichst lange offen zu halten». Eine Garantie könne niemand geben, fügte sie hinzu. «Weil wir nicht wissen, was diese Mutationen, die auf der Welt unterwegs sind, uns da noch zumuten.» Im Vergleich zum vergangenen Sommer gebe es jetzt aber die Vorteile des Impfens, der Tests und guter Hygienekonzepte.

Wenn wir konsequent die Reiserückkehrer doppelt testen ersparen wir unseren Kindern viele Delta Schulausbrüche. https://t.co/OAHiH9hk2D

— Karl Lauterbach (@Karl_Lauterbach) June 26, 2021

Die Kultusministerkonferenz hatte vorvergangene Woche beschlossen, dass alle Schulen nach den Sommerferien «dauerhaft im Regelbetrieb (…) mit allen Schulfächern und Unterrichtsstunden» besucht werden sollen. Regelbetrieb bedeute, dass Unterricht in der Schule ohne weitere Einschränkungen erteilt und das schulische Leben wieder ermöglicht werde, heißt es in einem Beschluss. Auch außerschulische Angebote wie Schulfahrten würden wieder in «vollem Umfang» ermöglicht. Von Schutzmaßnahmen an Schulen war hingegen keine Rede.

«Das Hauptziel der Politik in Deutschland sollte sein, eine neuerliche Phase des Distanz- und Wechselunterrichts zu vermeiden»

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, sagte der «Rheinischen Post»: «Das Hauptziel der Politik in Deutschland sollte sein, eine neuerliche Phase des Distanz- und Wechselunterrichts zu vermeiden. Wenn zusätzliche Gesundheitsschutzmaßnahmen wie zum Beispiel die Maskenpflicht und regelmäßige Testungen dabei helfen, dieses Ziel zu erreichen, dann sollte man das auch machen.» Ähnlich äußerte sich die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Britta Ernst (SPD), gegenüber der Zeitung.

Politiker und Experten warnen seit einiger Zeit vor der Delta-Variante des Coronavirus, die sich in vielen Ländern stark ausbreitet. Um die Verbreitung in Deutschland zumindest zu verlangsamen, schränkt die Bundesregierung die Einreise aus Portugal und Russland massiv ein. Das Robert Koch-Institut teilte am Freitagabend mit, dass die beiden Länder am Dienstag als Virusvariantengebiete eingestuft werden.

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Die Einstufung als Virusvariantengebiet zieht ein weitgehendes Beförderungsverbot für Fluggesellschaften, Bus- und Bahnunternehmen nach sich. Sie dürfen nur noch deutsche Staatsbürger und Ausländer mit Wohnsitz in Deutschland über die Grenze bringen. Für diejenigen, die einreisen dürfen, gilt eine strikte 14-tägige Quarantänepflicht, die nicht durch einen Test verkürzt werden kann und auch für vollständig Geimpfte und Genesene gilt.

Deutschland hat bisher 14 Länder als Virusvariantengebiete eingestuft, darunter mit Großbritannien auch ein Land in Europa. Portugal und Russland sind nun Nummer 15 und 16. Die zuständigen Ministerien hatten am Freitag lange um die Entscheidung gerungen. Sie falle nicht leicht, da gerade in Portugal viele Urlauber betroffen seien, hieß es anschließend aus der Bundesregierung. «Aber wir müssen die immer stärkere Verbreitung der Delta-Variante so lange als möglich verlangsamen. Das geht vor.» Die Regelung dürfte zahlreiche deutsche Touristen treffen, die entweder jetzt schon in Portugal im Urlaub sind, oder eine Reise dorthin geplant haben.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) drängt den Bund derweil zu verschärften Vorkehrungen für Reiserückkehrer. «Internationale Reisen dürfen nicht dazu führen, dass sich wieder mehr Menschen infizieren und das Virus nach Hause tragen. Deshalb ist es wichtig, dass für alle Rückkehrer aus Risikogebieten gilt, dass sie zwei Tests machen: Zu Beginn der Rückkehr und nach fünf Tagen Quarantäne», betonte Schwesig in Schwerin.

„In einer denkbaren vierten Welle mit der Delta-Mutation muss es neue Instrumente geben“

Die bislang geltende Regelung, nach der ein einmaliger negativer Corona-Test gleich nach der Rückkehr ausreicht, werde der Realität nicht gerecht. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach unterstützte diese Forderung in der «Rheinischen Post»: So könne man die zu erwartende vierte Welle im Herbst stark abschwächen.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder ist gegen einen erneuten Lockdown, sollten die Infektionszahlen wieder steigen. „In einer denkbaren vierten Welle mit der Delta-Mutation muss es neue Instrumente geben“, sagte der CSU-Politiker dem „Münchner Merkur“. „Wir müssen bei einem Anstieg nicht sofort wieder zur klassischen Notbremse greifen, also automatisch Geschäfte und Gastronomie schließen.“ Die Gefahr sei nun wegen der fortschreitenden Impfungen eine andere, denn die Delta-Variante greife weniger die Älteren an, sondern eher Schüler und Studenten. „Wir müssen deshalb die Schulen besser vorbereiten.“ Außerdem forderte er mehr Tempo beim Impfen. News4teachers / mit Material der dpa

RKI stellt größere Delta-Ausbrüche an Schulen fest – Wieler: Maskenpflicht und Tests für Schüler bis Frühjahr 2022 nötig

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11 Kommentare
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Klaus Lehmkuhl
2 Jahre zuvor

Die Kultusminister der Länder sind einfach unfassbar … Das realste Szenario , eine vierte Welle nach dem Ende der Sommerferien , die vor allem die Schulen betrifft , wird einfach nicht vorbereitet . Da ist Frau Karliczek ein bisschen mehr in der Wirklichkeit zuhause . Selbstverständlich wird es Schließungen und Distanzunterricht geben . Aber nicht , weil alle das wollen , sondern weil wieder keine ausreichende Vorsorge getroffen wird . Keine Impfungen , keine Luftfilter , keine Trennwände . Nur das effektfreie Fenster auf . Frische Luft ist gesund …

Thusnelda
2 Jahre zuvor
Antwortet  Klaus Lehmkuhl

genau, offene Fenster im Harzer Winter ei minus 10°C, da kommt (Lern)Freude auf..

Jan aus H
2 Jahre zuvor

Mal schauen, wie viel Zeit jetzt wieder mit Reden vergeudet wird. Ich würde wetten, dass bis zum Schuljahresbeginn und auch bis zum Herbst wieder genau nichts passiert… außer jeder Menge Durchhalteparolen.

Wenn es dann losgeht, sind alle wieder überrascht, denn das hatte ja niemand erwartet…

Da fragt man sich echt, wie die Menschheit früher überlebt hat. „Es ist warm und wir haben zu essen… warum sollen wir da was für den Winter zurücklegen? Es ist Sommer und niemand hungert!“

Dil Uhlenspiegel
2 Jahre zuvor

„Wir müssen bei einem Anstieg nicht sofort wieder zur klassischen Notbremse greifen, also automatisch Geschäfte und Gastronomie schließen.“ Die Gefahr sei nun wegen der fortschreitenden Impfungen eine andere, denn die Delta-Variante greife weniger die Älteren an, sondern eher Schüler und Studenten. „Wir müssen deshalb die Schulen besser vorbereiten.“

Höre ich da heraus: Wir lassen Einzelhandel, Gastro etc. auf, aber die Schulen – Horte der Nichtimmunisierten – werden (teil-) schließen?

WiMoKa
2 Jahre zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

Ganz falsch…. Vorbereitung bedeutet: neben einer überarbeiteten Lüftungsanweisung gibt es noch einen Flyer ‚Das Zwiebelprinzip: richtig anziehen für den Klassenraum‘.

kanndochnichtwahrsein
2 Jahre zuvor

Fordern kann jeder!
Machen muss man!
Wer setzt sich endlich wirklich mal ehrlich für die Schulen ein???
Sonntagsreden nutzen nichts.
Alles, was man wissen muss, weiß man seit über einem Jahr.
Alles, was man machen könnte, wurde von den direkt Betroffenen in den Schulen schon vor einem Jahr angeregt.
Fordern dürfen wir ja nicht.
Beraten dürfen wir. So gerade noch. In vielen Dingen nicht mal remonstrieren.

Aber beraten lassen muss sich in den Kultusministerien offenbar niemand,
offenbar sehen die keinerlei Verpflichtung das Wissen anderer einzubeziehen in ihre Überlegungen – weder die praktische Erfahrung und pragmatische Lösungsvorschläge von den Betroffenen in den Schulen noch die Erkenntnisse der Wissenschaftler auf der ganzen Welt

Was zählt ist die Wirtschaft?
Kann ich lange nicht mehr glauben.
Wenn das wirklich zählen würde, müssten die doch inzwischen begriffen haben, dass es viel mehr kostet immer wieder alles zurückzufahren als alle Bereiche bestmöglich sicher zu machen.
Die Schulen sind nunmal ein Mittelpunkt der Gesellschaft.
Dort wird sich vermutlich entscheiden, wie die Pandemie für alle ausgeht…
Nur das die Menschen in den Schulen nichts zu sagen haben!

Georg
2 Jahre zuvor

Karliczek kann viel reden wenn der Tag lang ist. Erstens hat sie wegen des Föderalismus kaum Autorität über die Kultusminister der Länder. Zweitens hat das, was sie sagt, bei Umsetzung überwiegend Konsequenzen für die kommunalen Finanzen, wofür sie auch nicht zuständig ist.

In der Sache hat sie aber recht. Ab jetzt wird es jedes Jahr eine Welle mit neuen Mutanten geben, die durch Auffrischungen wie die Grippe unter Kontrolle gehalten oder einfach so toleriert wird.

Julia
2 Jahre zuvor

Das Posten hier nützt doch gar nichts. Man hat es mal (wieder) ausgesprochen bzw. geschrieben. Man könnte die Posts des letzten Jahres einfach reinkopieren. Viel Mimimi, aber null Effekt.
Schade um die viele Zeit.

Julia
2 Jahre zuvor
Antwortet  Redaktion

Sehr geehrte Damen und Herren der Redaktion,
vielen Dank für die freundliche Entgegnung, die ich in der Sache nur bedingt teilen möchte.
Meinungspluralität ist wichtig, sich nicht einseitig zu BILDen auch- d’accord.
Aber wenn man wirklich durch das Posten hier etwas erreicht hätte, warum muss man dann Identisches lesen wie vor einem Jahr? Wenn es einen wirklich deutlichen Effekt und positiven Einfluss auf den Pandemieverlauf oder den Bildungserfolg oder die psychische oder soziale Gesundheit junger Menschen gehabt hätte, warum dann nach wie vor die vielen kritischen, durchaus resignierten und zum Teil fatalistischen Einlassungen hier?
Dann müsste doch alles easy-peacy sein?!
Regierungen, Politik reagieren auf Druck-ja- aber nicht auf den von uns Lehrern.

xy
2 Jahre zuvor

Nach 18 Monaten Pandemie und der Erkenntnis, dass die Delta Variante auch junge Menschen betrifft, hat man doch wohl inzwischen alle Schulen mit Luftfiltern ausgestattet?
Wenn nicht, kann man als Elternteil nur noch hoffen, dass die Kultusminister, die dieses Fiasko zu verantworten haben auch tatsächlich von den Eltern zur Verantwortung gezogen werden. Es wäre in höchstem Maß unverantwortlich, ungeimpfte Kinder in die Großveranstaltung Schule zu schicken.