SPD-Spitzenfrau Giffey verliert Doktortitel – mitten im Wahlkampf

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BERLIN. Nach langen Diskussionen hat die Freie Universität Berlin entschieden: Die SPD-Politikerin Franziska Giffey verliert ihren Doktortitel. Hat das Folgen für die Wahl im September?

War unlängst als Bundesfamilienministerin zurückgetreten: Franziska Giffey. Foto: Bundesregierung/Jesco Denzel

Die SPD-Spitzenpolitikerin und ehemalige Bundesfamilienministerin Franziska Giffey steckt gerade mitten im Wahlkampf für die Berliner Abgeordnetenhauswahl im September – seit langem belastet von Plagiatsvorwürfen um ihre Doktorarbeit. Nun ist es offiziell: Die Freie Universität (FU) Berlin entzieht Giffey den Doktortitel. Im Mai hatte sie das Amt der Bundesfamilienministerin als Folge des Prüfverfahrens an der Hochschule aufgegeben, machte zugleich aber klar, dass sie ihre Ambitionen in der Landespolitik nicht aufgeben wird. Sie will Regierende Bürgermeisterin von Berlin werden und soll der SPD neuen Schwung bringen. Aus der Opposition muss sie wenige Monate vor der Wahl umso mehr Kritik hinnehmen.

Die FU Berlin gab am Donnerstag bekannt, das Präsidium habe nach umfassender Beratung einstimmig beschlossen, Giffey den Doktorgrad zu entziehen. Er sei durch «Täuschung über die Eigenständigkeit ihrer wissenschaftlichen Leistung» erworben worden. Es seien Texte und Literaturnachweise anderer Autorinnen und Autoren übernommen worden, ohne dass dies hinreichend gekennzeichnet worden sei. 2010 war ihr für die Arbeit mit dem Titel «Europas Weg zum Bürger – Die Politik der Europäischen Kommission zur Beteiligung der Zivilgesellschaft» der Doktorgrad verliehen worden.

Giffey bedauerte erneut öffentlich Fehler, die ihr bei der Dissertation unterlaufen seien. «Diese waren weder beabsichtigt noch geplant», teilte sie mit. «Nach wie vor stehe ich zu meiner Aussage, dass ich die im Jahr 2009 eingereichte Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen verfasst habe.» Giffey könnte nun Klage einreichen gegen die Entscheidung, teilte jedoch mit, sie werde den Titelentzug akzeptieren.

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Der Universitäts-Entscheidung gehen jahrelange Diskussionen um den Doktortitel, den sie in Politikwissenschaft erworben hatte, voraus. Im Oktober 2019 hatte die FU Giffey wegen Mängeln in ihrer Dissertation eine Rüge erteilt, ihr aber den Titel nicht entzogen. Nach Kritik an diesem Verfahren kündigte die FU eine erneute Prüfung durch ein neues Gremium an. Die Rüge sei aufgehoben worden, weil kein minderschwerer Fall vorliege, teilte die Hochschule am Donnerstag mit.

Ein zweites Prüfgremium kam vielmehr zu dem Schluss, «dass die Gutachterin und der Gutachter sowie die weiteren Mitglieder der Promotionskommission im Promotionsverfahren getäuscht worden sind». Giffey habe mindestens mit bedingtem Vorsatz gehandelt. Die Arbeit genüge «nicht den Anforderungen an die Gute Wissenschaftliche Praxis».

Im Wahlkampf tourte Giffey, die früher Bürgermeisterin von Neukölln war, schon durch Unternehmen, besuchte Taxistände oder eine Teestube. «Berlin ist und bleibt für mich eine Herzenssache», ist von der SPD-Spitzenkandidatin wiederholt zu hören. Auch ihre Parteifreunde lassen erkennen, dass sie hinter ihr stehen, bescheinigen ihr Konsequenz und Geradlinigkeit. Aus der AfD sind dagegen Rücktrittsforderungen zu hören. «Wer trickst und täuscht, kann nicht Regierende Bürgermeisterin werden! Berlin ist keine Resterampe für gescheiterte Bundespolitiker», teilte der wissenschaftspolitische Sprecher der AfD-Abgeordnetenhausfraktion, Martin Trefzer, mit. Die CDU kritisierte die FU mit Blick auf das erste Prüfverfahren und spricht von «Verdacht der Vetternwirtschaft».

Ob Giffey Schaden nimmt, wird sich bei dem Wähler-Votum im Herbst zeigen. «Nur die Berlinerinnen und Berliner werden entscheiden, wem sie das Rote Rathaus zutrauen», sagte der Co-Landesvorsitzende der SPD, Raed Saleh. Von Monika Wendel, dpa

Rücktritt als Ministerin, um Berlins Regierende zu werden: Giffeys gewagtes Manöver

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Jimmy Kater
2 Jahre zuvor

Das diese Frau noch die Frechheit besitzt, nach diesem Skandal regierende Bürgermeisterin von Berlin werden zu wollen. Fast ohne Worte. Aber nach 16 Jahren Merkel geht das wohl auch. Wie der Herr, so das Gscherr!

Klaus Lehmkuhl
2 Jahre zuvor

Nicht alles , was von AfD – Politikern kommt , ist vom Grundsatz falsch . Die Hauptstadt sollte tatsächlich keine “ Resterampe “ für Politiker wie Frau Giffey sein . Die SPD wäre gut beraten , einen anderen Kandidaten aufzustellen . So wie die Grünen mit der Trickserin Annalena Baerbock .

HerrWirfHirnVomHimmel
2 Jahre zuvor

Wie sich die Herren Klaus und Jimmy über die Fehler der Frauen aufregen. Das freut die Herren der CDU und CSU, die sich euer Steuergeld mit korrupten Deals in die Taschen stopfen.

Klaus Lehmkuhl
2 Jahre zuvor

Ich rege mich nicht auf . Erst recht nicht über die ˋ Fehler der Frauen ´ . Ich würde auch jeden Mann für moralisch unqualifiziert halten , der sich den Doktortitel mit fremdem geistigen Eigentum erschlichen hat . Oder seine Biographie schönt , um potentielle Wähler zu beeindrucken .