Erfolg für Ditib: Streit um islamischen Religionsunterricht geht in nächste Runde

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WIESBADEN. Die Entscheidung über die Fortsetzung der Zusammenarbeit mit dem umstrittenen türkischen Moscheeverband Ditib beim islamischen Religionsunterricht hatte sich das Land Hessen lange nicht leicht gemacht. Nun droht auch ein längeres juristisches Tauziehen.

Regiert der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan über Ditib in deutsche Schulen hinein? Foto: Shutterstock / Sasa Dzambic Photography

Im Streit um den islamischen Religionsunterricht in Hessen hat der türkische Moscheeverbands Ditib einen Erfolg vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden erzielt. Nach der nun veröffentlichten Entscheidung war die Aussetzung des sogenannten bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht in Kooperation mit Ditib durch das Land Hessen nicht rechtskonform (Aktenzeichen: 6K 1234/20.wi).

Das Land hat nach Angaben eines Gerichtssprechers nun einen Monat Zeit, um beim hessischen Verwaltungsgerichtshof Rechtsmittel gegen die Entscheidung einzulegen. Ein Sprecher des Kultusministeriums sagte, das Land habe ein hohes Interesse daran den Konflikt letztinstanzlich zu klären. Es werde nun die Begründung des Verwaltungsgerichts geprüft. Es spreche aber viel dafür, dass dann Rechtsmittel beim Verwaltungsgerichtshof eingelegt werden.

In Hessen gab es seit dem Schuljahr 2013/14 diesen bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht in Kooperation mit Ditib. Im April 2020 hatte das Kultusministerium diesen Unterricht ab dem neuen Schuljahr ausgesetzt und das mit Zweifeln an der Eignung des Verbandes als Kooperationspartner begründet. Es sei fraglich, ob die notwendige Unabhängigkeit vom türkischen Staat vorhanden sei.

Gegen diese Entscheidung ging der türkische Moscheeverband danach juristisch vor. Das Bundesverfassungsgericht entschied dann im Januar nach einer Klage von Ditib, dass das Eilverfahren an den hessischen Verwaltungsgerichten zum islamischen Religionsunterricht wiederholt werden muss. Die Gerichte hätten die Eilanträge aufgrund nicht nachvollziehbarer Annahmen als unzulässig abgewiesen und nicht näher geprüft. Damit sei dem Rechtsschutz «jede Effektivität genommen» (Az. 1 BvR 2671/20), erklärten die Karlsruher Richter zur Begründung.

Es bleibe zu hoffen, dass das hessische Kultusministerium die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wiesbaden nun annimmt und ein weiteres rechtsstaatliches Prüfverfahren nicht notwendig sei, erklärte Ditib am Freitag nach der Entscheidung der Wiesbadener Richter. Der Moscheeverein kündigte gleichzeitig an, die Kooperation mit dem Land wieder aufnehmen zu wollen.

Nach dem Ende der Zusammenarbeit mit Ditib hatte das Land den islamischen Religionsunterricht vom neuen Schuljahr an in die eigene Hand genommen. Das Fach «Islamunterricht» wurde, anders als der konfessionsgebundene Religionsunterricht, ohne explizites Bekenntnis zum Glauben eingeführt. Der Islamunterricht unter alleiniger staatlicher Verantwortung richtet sich nach Angaben des Kultusministeriums an Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 1 bis 8, die unabhängig von ihrer jeweiligen Konfession mehr über den Islam erfahren wollen. News4teachers / mit Material der dpa

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Carsten60
2 Jahre zuvor

Jetzt rächt sich die (damals verständliche) Meinung der Väter des Grundgesetzes, den Religionsunterricht als einziges Schulfach in das Grundgesetz zu schreiben. Jetzt können sich nämlich auch diejenigen, die das Grundgesetz gar nicht respektieren wollen, auf eben das Grundgesetz berufen, und deutsche Richter werden gezwungen sein, dem Anliegen von Erdogan nachzugeben. Gleichzeitig scheint es in der Türkei keinen christlichen Religionsunterricht an staatlichen Schulen zu geben, weil der vermutlich als gegen das Fundament des nationalen türkischen Staates gerichtet abqualifiziert würde. So sind sie, die Funktionäre: verlogen und egoistisch. Das angeblich bestehende „Recht auf eine religiöse Erziehung“ ist doch nichts anderes als das Recht der Religionsfunktionäre, wehrlose Kinder zu indoktrinieren.
Ich wäre dafür, als ein Grundrecht von kleineren Kindern aufzunehmen, dass sie bis zu einem bestimmten Alter von religiöser, weltanschaulicher und politischer Indoktrination verschont bleiben sollen. Auch christlicher Religionsunterricht könnte später beginnen, nicht schon in der Grundschule. Dann wäre auch mehr Zeit für die wichtigen Dinge.

AusderPraxis
2 Jahre zuvor
Antwortet  Carsten60

Religionsunterricht sollte raus aus der Schule! Im Norden sind inzwischen ein Großteil der Kinder nicht getauft, also konfessionslos.
In unserer Stadt gibt es nur noch eine Religionslehrerin für Kath. Religion, die von Schule zu Schule hüpft.
Unsere Grundschulen haben sie jeweils an 2 Wochenstunden, eine für Klasse 1/2 und einmal für 3/4. 4 % der Kinder sind katholisch. Zur gleichen Zeit müssen dann auch die evangelischen Religionsstunden und Philosophie stattfinden.
Das Problem dabei ist, dass nicht ein/e KollegIn Mitglied einer Kirche ist. Da aber Religion gegeben werden muss, werden die Kolleginnen einfach dazu verpflichtet, das Fach zu unterrichten. Also an 1 oder 2 Wochenstunden müssen wir so tun, als seien wir gläubig! Manchmal fühlt man sich vergewaltigt, besonders wenn man überzeugte Atheistin ist, wie die meisten von uns.
Die allermeisten Eltern wären mit einem allgemeinen Philosophie/ Ethikunterricht einverstanden, da es dann keine Aufsplitterung der Kinder geben würde.
Und nun geht uns auch der neue Imam unserer DITIB – Moschee mit seinem Islamunterricht auf den Keks. Er ist zum Glück Türke und spricht kaum Deutsch! Kann also den Islamunterricht für unsere Flüchtlingskinder nicht selbst erteilen! Die Eltern unserer 3 türkischen Kinder wollen ihn auch nicht, da er erklärter Erdogananhänger ist.
Diese ganze Misere hätten wir nicht, wenn die Politik endlich anerkennen würde, dass Religion in der Grundschule nichts zu suchen hat!

AusderPraxis
2 Jahre zuvor
Antwortet  AusderPraxis

Letztens bekamen wir vom Schulamt die Info, dass sich eine Mutter bereiterklärt hat, den ev. Religionsunterricht an den 8 GS zu unterstützen und mit jeweils 2 Stunden an jede GS kommen könnte.
Zum Glück haben wir herausgefunden, dass sie zur LDS-Kirche (Mormonen) gehört, worauf das Schulamt den Vertrag nicht unterschrieben hat.
Die Mormonen sind eine Sekte, die teilweise sehr fragwürdige Ansichten vertritt, die mit dem GG nicht vereinbar sind. Sei es die Einstellung zu LGBTQ, ein sehr fragwürdiges Frauenbild und eine auf Gehorsam basierende Weltsicht…..

Teacher Andi
2 Jahre zuvor
Antwortet  AusderPraxis

An unserer Schule sind mehr Religionslehrer als Haupt- und Prüfungsfachlehrer, in schönen kleinen geteilten Klassen, der Stundenplan muss um die verschiedenen Religionsrichtungen (ev, kath, Ethik, bald auch Islam) herumgebaut werden. Ethik für alle als ganz normales Schulfach wäre die einzige Lösung, nur so kann sich kein Schüler benachteiligt fühlen. Es kann nicht sein, dass die Schule den Schwerpunkt auf Inhalte legt, die eigentlich Privatsache sind. Mit der immer mehr steigenden mulltikulturellen Beschulung ist dies nicht mehr vertretbar, denn dann müsste man ALLEN Religionsrichtungen in der Schule gerecht werden. Undenkbar.