Luftfilter, PCR-Tests, Schüler-Impfungen: Söder macht Druck, um die Schulen zu sichern

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MÜNCHEN. In Bayern laufen die Vorbereitungen für das neue Schuljahr auf Hochtouren – auch gegen Widerstände: Die Stiko empfiehlt generelle Impfungen von Schülern nicht? Der Freistaat macht allein in dieser Woche 275.000 Kindern ein Impfangebot. Kommunen wollen keine Luftfilter für Kitas und Schulen anschaffen? Die Landesregierung legt ein 190-Millionen-Euro-Programm auf, das den Schulträgern immerhin die Hälfte der Kosten erstatten soll. Schnelltests sind unzuverlässig? Also werden PCR-Pool-Tests an Grund- und Förderschulen eingeführt. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) scheint ernsthaft besorgt zu sein.

Sieht erst einmal keine Chance auf Regelbetrieb in den Schulen: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Foto: Shutterstock

„An diesem Freitag oder Samstag können Schüler eine Schutzimpfung mit dem Impfstoff von Biontech erhalten.“ Das hat das Hofer Impfzentrum am Wochenende in einer E-Mail allen Schulleitungen in der Region mitgeteilt, die kurz darauf die Nachricht an alle Eltern weiterleiteten, wie die „Frankenpost“ berichtet. Die Zweitimpfung würde dann drei Wochen später stattfinden. „Vonseiten des Freistaates Bayern wurde Ende letzter Woche die Impf-Priorisierung für Impfzentren aufgehoben, gleichzeitig wurde für Juli mehr Impfstoff angekündigt“, so heißt es in einer Pressemitteilung von Stadt und Landkreis.

Die Stiko sollte dringend überlegen, wann sie das Impfen von Jugendlichen empfiehlt. Wir erhöhen damit den Schutz für alle und geben einer Generation, die auf viel verzichten musste, wieder Freiheiten zurück. Das wirksamste Mittel gegen die Delta-Variante ist die Schülerimpfung.

— Markus Söder (@Markus_Soeder) July 4, 2021

„Diese Tatsache möchten wir nutzen, um noch mehr Menschen in der Region die Möglichkeit zu geben, sich impfen zu lassen“, sagt der organisatorische Leiter des Impfzentrums gegenüber dem Blatt. Im Hinterkopf hätten die Verantwortlichen dabei die besonders ansteckende Delta-Variante des Corona-Virus, die sich mittlerweile auch in Bayern ausbreitet. Landesweit könnten sich von dieser Woche an 275.000 Kinder über zwölf Jahre impfen lassen, erklärte Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler).

Der Freistaat macht Druck mit Blick auf das kommende Schuljahr – notfalls auch gegen Widerstände. Mit dem Impfangebot an Kinder und Jugendliche weicht die Landesregierung von der Empfehlung – genauer: der Nicht-Empfehlung – der Ständigen Impfkommission (Stiko) ab: Diese hält bislang daran fest, dass sich Kinder und Jugendliche nur dann impfen lassen sollten, wenn sie aufgrund von Vorerkrankungen ein erhöhtes Risiko für einen schwereren Corona-Verlauf haben. Oder wenn ein Arzt die Impfung ausdrücklich empfehle (was die meisten aber ohne die Empfehlung der Stiko eben nicht tun).

„Die Stiko ist im Gesetz bewusst als unabhängige Kommission angelegt. Die laute Einmischung der Politik ist kontraproduktiv“

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat sich deshalb mit dem Gremium angelegt. „Die Stiko sollte dringend überlegen, wann sie das Impfen von Jugendlichen empfiehlt“, schrieb er den Medizinern via Twitter. „Wir erhöhen damit den Schutz für alle und geben einer Generation, die auf viel verzichten musste, wieder Freiheiten zurück. Das wirksamste Mittel gegen die Delta-Variante ist die Schülerimpfung.“

Das Kontra von Stiko-Präsident Prof. Dr. med. Thomas Mertens kam prompt: „Es gehört zur ständigen Aufgabe der Stiko, Empfehlungen zu überprüfen (nicht nur bei Corona), es bedarf dazu keiner Aufforderung von Politikern“, so schrieb er. Und belehrte Söder: „Die Stiko ist im Gesetz bewusst als unabhängige Kommission angelegt. Die laute Einmischung der Politik ist kontraproduktiv und nützt niemandem.“

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Die Politik hat allerdings mit den Folgen umzugehen. Und die sehen für Bayern so aus: An den Schulen wird es auch nach den Sommerferien noch für längere Zeit verpflichtende Corona-Tests geben, wie Piazolo nach einer Kabinettssitzung ankündigte. An weiterführenden Schulen soll es wie bisher bei Selbsttests bleiben. An Grund- und Förderschulen wird dagegen umgestellt: Dort sollen vom neuen Schuljahr an so genannte PCR-Pool-Tests die Regel sein.

Dabei handelt es sich beispielsweise um Lolly- oder Lutsch-Tests, die für Kinder leichter sein sollen. Alle Proben einer Klasse werden gesammelt per PCR-Test untersucht – also mit dem genaueren und empfindlicheren Testverfahren. Sollte die Probe positiv sein, müssen die Kinder einzeln getestet werden. Besonders bei geringem Infektionsgeschehen sei dies eine effiziente und kostenschonende Möglichkeit für Reihentestungen, so die Staatskanzlei. Man werde nun «zeitnah» Labor- und Logistikkapazitäten schaffen, Schulen informieren und bei Bedarf auch Schulungen anbieten. Die PCR-Pool-Tests sollen zweimal pro Woche gemacht werden. Sollten die Sieben-Tage-Inzidenzen wieder über 100 steigen, könne es einen zusätzlichen Schnelltest zu Beginn der Woche geben, hieß es. Die PCR-Pool-Tests gelten als zuverlässiger als die Schnelltests.

Der Freistaat will 60.000 Klassenzimmer und 50.000 Räume in Kindertagesstätten mit mobilen Luftreinigern ausstatten

Der Freistaat müht sich zudem, mehr Tempo in die Ausstattung von Klassenzimmern mit Luftreinigungsfiltern zu bekommen. Das Land stelle dafür 190 Millionen Euro zur Verfügung, so Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU). Mit dem Geld sollen rund 60.000 Klassenzimmer und 50.000 Räume in Kindertagesstätten mit mobilen Luftreinigern versorgt werden können.

Die Luftfilter sollen die Virenlast in der Raumluft verringern und so die Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus senken. Herrmann rief die Kommunen – die eigentlich für die Schulen zuständig sind – auf, das Geld abzuschöpfen. Die Geräte seien vom Land bis zu 50 Prozent förderfähig. Den Rest müssen die Kommunen selbst aufbringen. Ob die Geräte Mitte September nach den Sommerferien aber wirklich überall vorhanden sein werden, kann niemand garantieren. Piazolo gab sich optimistisch, dass das Verfahren nun Fahrt aufnehme. Aber es gebe auch Abläufe, die eingehalten werden müssten. Es dürften von der Landesregierung keine Fabrikate zur Anschaffung empfohlen werden. Es gebe nun aber eine Liste von geeigneten Modellen, die das Verfahren erleichtern soll.

Söder will offenbar keinen Zweifel aufkommen lassen, dass es ihm ernst ist. News4teachers / mit Material der dpa

Haben Kultusminister die Öffentlichkeit getäuscht? Weil räumt ein: Luftfilter wirken! Schulen sollen jetzt welche bekommen

 

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Jan aus H
2 Jahre zuvor

„An diesem Freitag oder Samstag können Schüler eine Schutzimpfung mit dem Impfstoff von Biontech erhalten.“

…aber nur, wenn sie 12 oder älter sind! Wobei… nach Auffassung eines gewissen Herrn Maas sind Kinder unter 12 ja keine Menschen… (das war der, der behauptet hat, dass alle Menschen in DE demnächst ein Impfangebot haben)

Rennachim
2 Jahre zuvor

Ich finde es ebenfalls unfassbar, dass Kinder unter 12 überhaupt keine Rolle zu spielen scheinen! Meine Kinder sind 5 und 10 und ich kann es nicht mehr hören, dass diese Kinder im Infektionsgeschehen keine Rolle spielen.
Das ist so dumm, ich falle vom Glauben ab!
Es ist pervers und rücksichtslos, die armen Kinder in die vierte Welle und eine natürliche Durchseuchung zu treiben.
Die Pandemie ist erst vorbei, wenn eine genügend große Zahl von Menschen als Wirt für das Virus ausfällt! Und nicht wenn Politiker, leichtsinnige Mütter und Väter, Coronaleugner oder wer auch immer dies befiehlt.
Warum können wir nicht einfach vorsichtig bleiben….?

Eigentlich
2 Jahre zuvor

Man kann von Söder halten, was man will.
Aber hier macht er an den richtigen Stellen Druck !
Ich hatte die Befürchtung, dass er vor den mitregierenden Freien Wählern (von denen einige bedenkliche Ansichten gegenüber Schutzmassnahmen und Impfung haben, siehe Aiwanger und KM Piazolo ) einknickt.
Anscheinend wird aber auch anderen Ministerpräsident angesichts der komplett unvorbereiteten Schulen langsam mulmig. Wenigstens ein bisschen…….aber das ist schon mehr, als ich zu hoffen gewagt hatte.

Maja
2 Jahre zuvor

Fairerweise muss man sagen, dass Biontec ja im Moment noch dabei ist, den Impfstoff für die 5-11 jährigen zu testen bzw. die Zulassung zu beantragen.
Und fairerweise muss man auch sagen, dass es ja gut ist, wenn gescheit geprüft wird. Kinder sind nunmal keine Erwachsenen und reagieren zum Teil anders als Erwachsene auf Medikamente oder Impfungen. Sollte schon gescheit geprüft sein.
Allerdings ist Biontec zumindest ab 12 Jahren zugelassen. Hier könnten die Länder den Kids und Eltern zumindest ein leicht in Anspruch zunehmendes Angebot anbieten.
In Hessen geht es erst ab 16 im Impfzentrum und die Hausärzte impfen nur Erwachsene. Die Kinderärzte weigern sich schlicht und musste wirklich sehr vehement und mit Nachdruck unseren Wunsch nachveiner Impfung für den 14 jährigen durchsetzen. Lag übrigens nicht am mangelnden Stoff, der ist zur Genüge vorhanden. Einzig der Wille der Kinderärzte fehlt. Naja, wenn die Stiko halt auch lieber durchseuchen möchte und nicht mal Daten erhebt (sind in D immerhin schon über 160000 12-15 jährige durchgeimpft und deutlich mehr erstgeimpft).
Aber hier könnten die Länder eingreifen. Brief an die Eltern, Sonderimpftermine in den Impfzentren (oder zumindest die Möglichkeit die Kids dort anzumelden). Kann jeder selbst entscheiden, ob er will oder nicht, aber ein einfacher Zugang wäre schon mal ein Anfang.
Und das haben die Länder in der Hand.

MeinSenf
2 Jahre zuvor
Antwortet  Maja

Da habe ich hier in Niedersachsen richtig Glück gehabt! Ich habe meinen Kind einfach beim Impfzentrum angemeldet und sogar sehr schnell einen Termin bekommen! Wir haben ein gutes Beratungsgespräch bekommen, auch im Hinblick auf die relativ neu entdeckte mögliche Herzmuskelentzündung und, worauf worauf wir achten und was wir dann tun sollen und das 14-jährige Kind wurde einfach noch einmal extra gefragt, ob es die Impfung auch selbst wünscht.

Danach war, zack, die Spritze drin!

Nebenwirkungen bisher (der Termin war erst gestern):
Leichte Schmerzen an der Einstichstelle und Kopfschmerzen, also alles im Rahmen.

Es war viel, viel schwieriger für mich einen Termin zu bekommen!

trotzki
2 Jahre zuvor

und täglich grüßt das Murmeltier.
Wenn die Stiko das so sieht, dann wird sie ihre Gründe dafür haben. Es ist immer eine Abwägung und eine Gewissensfrage. Das der Impstoff so schnell zugelassen worden ist, ist sicherlich auch dem Druck der Öffentlichkeit zu verdanken. Dann hoffen wir doch mal, dass langfristig nichts doch noch irgendwelche Komplikationen auftreten.
Ich bin auch der Meinung, das kein Arzt gegen seine Überzeugung dazu gezwungen werden kann, den Impfstoff zu verabreichen.
Und wie soll dass verstanden werden, dass die Zweit-Impfung so schnell erfolgen soll. Die Wirksamkeit ist dann noch nicht entfaltet. Ach so ist ja klar, in drei Wochen gehen die Ferien los, da muß ja dann wegen Urlaub alles durch sein. ????

Und irgendwie ist das schon komisch, dass ausgerechnet jetzt in Bayern überall die Maskenpflicht am Platz aufgehoben wurde, obwohl die Delta-Variante schon da ist.
Aber wir werden im September vor der Wahl dann vom großen Meister hören, dass er alles Mögliche versucht hat, aber letztendlich an den bösen freien Wählern gescheitert ist. Bitte gut überlegen, wem man die Stimme gibt.
Anscheinend hat der ehemalige Finanzminister ganz vergessen, wie die die Kommunen in Bayern arbeiten. Na ja, die Lehrer Laptops hat er ja auch schon letztes Jahr angekündigt.