Gericht entscheidet: Privatschule für «Homeschooling» zu Recht nicht genehmigt

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inmal pro Woche in die Schule, die restliche Zeit zu Hause lernen: Für dieses Konzept erhält ein Verein zu Recht keine Genehmigung für eine private Ersatzschule, wie der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim nun entschieden hat (Az.: 9 S 567/19, 9 S 568/19).

Homeschooling als Unterrichtskonzept für den Alltag? Ist offenbar nicht genehmigungsfähig. Foto: Shutterstock

Der VGH wies damit die Berufung des Vereins gegen zwei Urteile des Sigmaringer Verwaltungsgerichts aus 2019 zurück, wie ein Sprecher des Gerichts am Mittwoch mitteilte. Der klagende Verein hat es sich zum Ziel gesetzt, das dezentrale Lernen zu fördern und wollte eine Genehmigung für eine private Grundschule und eine private Haupt- und Werkrealschule in Laichingen (Alb-Donau-Kreis) erhalten. Das Konzept des sogenannten «Uracher Plans» sah es dabei vor, dass der Unterricht überwiegend zuhause stattfindet. Ergänzt werden sollte der Präsenzunterricht unter anderem durch Hausbesuche und ein virtuelles Klassenzimmer im Internet.

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Das Regierungspräsidium Tübingen hatte dem Verein dafür keine Genehmigung als Ersatzschule erteilt und so landete der Fall vor Gericht. Gegen eine ablehnende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Sigmaringen legte der Verein Berufung ein. Mitte Juli trafen sich beide Parteien deshalb vor dem VGH. Die Verwaltungsrichter ließen bei ihrer nun verkündeten Entscheidung keine Revision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu. dpa

Überraschend viele Schüler kommen mit Homeschooling gut klar – Hälfte will Distanzunterricht sogar auf Dauer behalten

 

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18 Kommentare
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Mary-Ellen
2 Jahre zuvor

@Liebe Redaktion:
In dem Headliner zu obigem Artikel muss es „zu Recht“ heißen.
Herzliche Grüße!

Mary-Ellen
2 Jahre zuvor
Antwortet  Redaktion

@redaktion: recht… 😉

Jan aus H
2 Jahre zuvor

So ein Urteil ist ein Anachronismus, der an der Vorstellung klebt, dass Schule zwingend in Präsenz erfolgen muss. Das 19. Jahrhundert ist schon lange her… wir leben im 21. Jahrhundert und alle schreien nach „Digitalisierung“, nur umsetzen wollen sie sie nicht.

Corona hat deutlich gezeigt, dass es Schüler*innen gibt, die mit dem Distanzunterricht wesentlich besser zurechtkommen als mit dem Präsenzunterricht. Warum will man diesen diese Chance nicht geben? Warum müssen sie sich in eine Präsenz quälen, in der sie mit Mobbing konfrontiert sind, während sie zugleich im Distanzunterricht viel besser lernen könnten?

Wer Modernisierung will, muss sie auch leben. Sonst würden wir heute noch mit Faustkeilen arbeiten und uns unser Essen mit der Steinschleuder schießen oder selbst von den Büschen pflücken, statt es im Supermarkt zu kaufen.

Georg
2 Jahre zuvor
Antwortet  Jan aus H

Wenn ich das richtig sehe, wurde der Verein selbst nicht verboten, sondern nur der Zugang zur Refinanzierung. Als Ergänzungsschule mit externen Prüfungen darf er weiterhin existieren.

Ja, es gab Schüler, die mit Distanzunterricht besser klarkamen als mit Präsenzunterricht. Aber auch ja, das korrelierte mit der Kontrolle durch das Elternhaus. Wenn die Schülerschaft an der Schule aus dem Artikel ansatzweise so ist wie an öffentlichen Haupt- und Werkrealschulen, z. B. weil sie Jugendamtskinder aufnimmt, die an öffentlichen Schulen nicht betreut werden können, dann dürfte der Anteil Kinder, der abtaucht, größer sein als der Anteil, der davon profitiert. Andererseits weckt das hohe Schulgeld gewisse Ansprüche seitens der Eltern, die sich positiv auf die Kontrolle auswirken kann.

Mareike Lange
2 Jahre zuvor
Antwortet  Georg

Als Ergänzungsschule geht es leider für Schulpflichtige Kinder nicht. Dazu müsste dann die Schulpflicht Befreiung wegen Nichtbeschulbarkeit oder Reisetätigkeit/Schauspieler usw behördlich festgestellt werden

kanndochnichtwahrsein
2 Jahre zuvor

Ja, es gibt Kinder, die besser alleine lernen.
Es gibt auch Kinder, die Angst vor Mobbing etc. haben – oder einfach vor sozialer Enge.
Nicht alle Menschen mögen es, den ganzen Tag (im Ganztag wortwörtlich) dicht an dicht mit anderen Personen zu sitzen, ohne Freiraum, ohne Individualdistanz.
Wäre es wirklich unangemessen, bei den gegenwärtigen Verhältnissen in vielen Schulen an überfüllte Tierheime oder Schlimmeres zu denken? (Da wäre aber zwischen den Individuen immerhin noch ein Gitter…)

Wenn diese Schule nicht genehmigt wird – was ich in Teilen nachvollziehen kann – dann wäre aber umso mehr zu überdenken, wie das Schulsystem gerade für die Kinder besser werden kann/muss, die eben mit Präsenzunterricht in der derzeitig üblichen Form ihre Probleme haben.

Womit wir wieder bei den Themen „kleinere Klassen“, „individuelles Lernen“ und vor allem „mehr LEHRER“ (will heißen mehr Lehr- und andere betreuende Personen), aber auch „MEHR Lehrer“ (mehr Zeit der Lehrer für ihre Schüler) wären.
Hier sind Änderungen m.E. mehr als überfällig – mindestens aber viel mehr Freiheiten für neue Konzepte, wo der Bedarf es erfordert.
Dann können nicht nur Kinder mit Beeinträchtigungen wirklich integriert werden, sondern auch all diejenigen, die ihr Potential im „normalen“ System nicht oder kaum nutzen können.

Aber da höre ich schon wieder Mahnungen: Woher soll das Geld kommen? Woher die Räume? Woher die Personen?
Ja, Probleme, die man nicht von heute auf morgen lösen kann, die sich aber m.E. lange angekündigt haben, auf die man schon vor Jahrzehnten hätte reagieren können/müssen.

Wollen wir es besser für die Kinder haben, sollten wir Denkverbote aufheben, die da heißen „Qualität vor Quantität“, „kurz und bündig“, „lieber konzentriert und effektiv als Ringeltanz mit Firlefanz“. Damit kämen wir dann mindestens für einen Teil der Schüler zurück zur Halbtagsschule und müssten das Denkverbot aufheben, dass alle an die Ganztagsschule als gesellschaftliches Heilmittel glauben müssen.
Das ist sie m.E. nicht. Ganz im Gegenteil: Wenn Schule die Kinder den ganzen Tag übernimmt, besteht für keinen Teil der Gesellschaft mehr die Verpflichtung oder Notwendigkeit, sich mit der folgenden Generation und ihren Bedürfnissen persönlich auseinanderzusetzen, Akzente zu setzen, Initiative zu zeigen, Richtungen zu weisen oder zu tolerieren.

Wen wundert da noch, dass Kinder und junge Erwachsene nur noch in schulischen Leistungsbahnen denken können – und alle nichtakademischen Berufe Nachwuchs vermissen.
Wir müssen den Horizont wieder erweitern.
Was sind die Ziele von Schule?
Wer ist für welche Teile der Erziehung zuständig?
Wo bekommt man Hilfe, wenn man sie braucht?
Wie viel Individualität – und damit kreatives, unnormiertes, nicht glattgebügeltes, nicht nur angelerntes Potential – will und braucht die Gesellschaft?

Welche Art(en) von Schule wollen und brauchen wir dann?
Das ist eine Entscheidung, die Gesellschaft (unter maßgeblicher Beteiligung der Eltern und Lehrkräfte) treffen müsste, nicht jemand mit einer weiteren pädagogischen Geschäftsidee, die im Zweifelsfall nur Kinder aus dem oberen Teil der Gesellschaft nutzen können.

Pädagogisch und Geschäft schließt sich m.E. ohnehin gegenseitig aus.
Erziehung und Bildung kann man nicht kalkulieren wie ein Handelsunternehmen.
Das müsste genau andersherum laufen – wir müssten alles Verfügbare investieren, um Ergebnisse zu sehen, die wir heute noch nicht kennen! (Wer ein Beispiel braucht: Ein typischer Bulimie-Lernen-Abiturient/Student/Wissenschaftler wäre wohl kaum in der Lage gewesen, in kurzer Zeitimpfstoffe zu entwickeln!)

Dennoch tut auch die große Politik in meinen Augen genau das – sie verbindet Geschäft mit Pädagogik.
Ich denke, da stellt man sich nur zwei wesentliche Fragen:
Was müssen wir zwingend reinstecken, damit wir keinen Ärger damit haben und maximal sparen? Oder gar: „Was kann man uns zwingen reinzustecken, falls jemand klagt?“

Schade, so viele vertane Chancen – besonders im Hinblick auf die Veränderungsbereitschaft, die die gegenwärtig sich häufenden Krisen in weite Teile der Bevölkerung tragen.

Wann, wenn nicht jetzt, wäre die fast ideale Möglichkeit gegeben, für alle Kinder ein besseres Bildungssystem zu schaffen?

Pit 2020
2 Jahre zuvor

@kanndochnichtwahrsein

Ein toller Beitrag!
Bedankt!
🙂

Georg
2 Jahre zuvor

Beachten Sie bitte meinen Kommentar auf Jan aus H. Die Schule selbst wurde nicht verboten, ihr Antrag auf Anerkennung als Ersatzschule und damit die Refinanzierung der Lehrergehälter wurde nur abgelehnt. Um letzteres ging es den Betreibern in erster Linie, weil sie so nicht mehr auf so extrem hohe Schulgelder angewiesen wären und die Finanzierung dauerhaft gesichert wäre.

Karla Leonartz Aksu
2 Jahre zuvor

100prozentige Zustimmung! Nur eine kleine Ergänzung: Die Frage nach mehr Räumlichkeiten für ein zukunftsweisendes (staatliches) Schulsystem ist leicht zu beantworten: Überall werden seit geraumer Zeit ganze Schulgebäude geschlossen wegen Zusammenlegung, die Grundstücke an Meistbietende verkauft usw. – die bisherigen, hohen Klassenstärken sollen aus Kostengründen beibehalten werden. Hier sind die erforderlichen Räume…

Xyz
2 Jahre zuvor

@Georg
Der Besuch einer Ergänzungsschule wird nur als schulpflicherfüllend geduldet. Da haben die Schulämter einen großen Spielraum für Machtmissbrauch – und zwar in Bezug auf Kinder/Familien, die genau eine solche Schule brauchen – außerhalb von Massenkindhaltung.

Das staatliche Schulsystem bietet für besondere Kinder diese Alternative nicht. Da müssen alle Kinder tupfengleich sein. Wenn schon nicht vor der Schule, dann spätestens hinterher.
Kinder können auch nicht kündigen, wenn sie es nicht mehr aushalten. Sie können nur auf die Bretter gehen.
Eine solche Privatschule wäre eine Ausweichoption. Das will das baden-württembergische Kultusministerium offenbar unter gar keinen Umständen. Es bleibt nur Pest und Cholera. Und weil man es immer schon so gemacht hat.

Unsere Kinder müssen in der Schule offensichtlich mit den Mitteln und Methoden von vorgestern auf die Welt von morgen vorbereitet werden. Leider wird ihnen die perfekte Nutzung des Rechenschiebers bei der Steuerung von elektronischen Geräten wenig Hilfe sein.

Georg
2 Jahre zuvor
Antwortet  Xyz

Mag alles sein, hat aber nichts mit dem Urteil zu tun. Meiner Erfahrung nach sind Ergänzungsschulen auf dem Papier auch kaum besser als öffentliche. Die Klassengröße ist das einzige Argument, das tatsächlich stimmt, von den glücklich dreinschauenden Mädchen in der Mehrzahl ist weit und breit keine Spur, von ausgebildeten Lehrern nicht zwingend, von anständig bezahltem Personal erst recht nicht.

Manmanman
2 Jahre zuvor

Mal was anders machen im Bildungssystem?
Doch nicht in Deutschland!
Erbärmlich. Einfach nur erbärmlich.

Susanne Rauch
2 Jahre zuvor

Jan aus H, stimme dem zu, das Lernen in der Schule sollte wichtig sein, nicht Schlägerei…. Und Hygiene/Krankheitswahn

Heidi Porombka
2 Jahre zuvor

In anderen Ländern wird Schule so schön längst gelebt.
Nur wir hinken wieder allen hinterher. Lehrer und Schüler müssen nach alten Regeln funktionieren und sich in Schablonen passen lassen.
Nur nichts neues probieren…

Vid
2 Jahre zuvor

Das Konzept nur teilweise präsenz fände ich super. Für meine Tochter wäre es optimal. Und ich kenne wo einige die daran interessiert wären.
Das bräuchten wir jetzt noch in Sachsen und natürlich genehmigt!!

Susi
2 Jahre zuvor

„Die Verwaltungsrichter ließen bei ihrer nun verkündeten Entscheidung keine Revision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu.“

An die Redaktion: Gibt es hierzu eine Begründung? Den Rechtsweg hier abzuschneiden, sollte doch hinreichend begründet sein.

Abgesehen davon, halte ich das Modell für zukunftsfähig. Die räumliche Präsenz wird immer weniger alltagsrelevant. Selbst die grundlegende Bildung schafft durch starke KI Anknüpfungsareale. Bildungs- sowie Erziehungsauftrag sollten von ihrer Definition her aufgerollt werden; die (räumlichen) Institutionen spielen da keine tragenden Rollen. Mündigkeit und nachhaltige Bildung können auch mit Teilpräsenz gelingen. Pflicht zur Bildung und Erziehung mit Präsenzpflicht gleichzusetzen, ist eine Denkweise von preußischen Säbelrasslern aus dem vorvorletzten Jahrhundert. Humboldt jedenfalls würde sich im Grab herumdrehen …

Die Umsetzung braucht natürlich eine differenzierte Betrachtung. Aber das Kind mit dem Bade auszuschütten, halte ich persönlich für falsch und zeigt wieder einmal, wie unbeweglich das deutsche Bildungssystem, gestützt durch die Rechtsprechung, ist.