„Schule muss Vorzeigeraum für innovative Ideen werden“: Was der Philologenverband von einem künftigen Kanzler erwartet

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BERLIN. Eine Ampelkoalition unter einem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kommt in Sichtweite. Zwar ist Bildungspolitik Ländersache – gleichwohl gibt es Einflussmöglichkeiten für eine künftige Bundesregierung. Der Deutsche Philologenverband fordert, die dann auch zu nutzen: „In den nächsten Koalitionsvertrag gehören Bildung und Schule ganz nach oben! Dafür müssen mehr Bundesmittel für Bildung zweckgebunden in die Länder und Kommunen fließen“, so meint die Bundesvorsitzende Prof. Susanne Lin-Klitzing. „Schule muss Vorzeigeraum für innovative Ideen werden.“ Lin-Klitzing hat konkrete Vorstellungen davon, wie das erreicht werden soll.

Bekommt Hausaufgaben vom Philologenverband: SPD-Kanzleraspirant Olaf Scholz. Foto: Bundesfinanzministerium

Der Philologenverband hat die an wohl bald bevorstehenden Koalitionsverhandlungen beteiligten Parteien dazu aufgerufen, Bildung und die dauerhaft bessere Finanzierung von Schulen zu einem Kernanliegen der nächsten Bundesregierung zu machen! „Wir haben in den vergangenen Monaten unter Corona-Bedingungen deutlich gesehen, was den Lehrkräften, den Schülerinnen und Schülern abverlangt wurde und welche Defizite wir nach wie vor an unseren Schulen vorfinden“, so erklärt Philologen-Chefin Lin-Klitzing. Der Bundesverband fordert deshalb Anstrengungen auf zwei Ebenen: bei den Arbeitsbedingungen von Schülern und Lehrkräften – und bei der Begabtenförderung.

„Jede Schule braucht die Unterstützung eines professionellen IT-Beauftragten“

„Unsere Schulen müssen Vorzeigegebäude werden!“, so verlangt der Verband. Das beginnt bei der Digitalisierung: „Der Bund muss endlich die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass Unterricht sowie Schulverwaltung lücken- und problemlos digital unterstützt werden! Dazu gehört eine Fortsetzung des Digitalpakts (DigitalPakt 2.0.). Jede Schule braucht die Unterstützung eines professionellen IT-Beauftragten“, so heißt es.

Mit Blick auf Corona lautet die Forderung: Der Gesundheitsschutz müsse präventiv werden. Konkret: „Unsere Schulgebäude müssen so gebaut, erweitert und ausgestattet werden, dass die Gesundheit von Lehrkräften und ihren Schülerinnen und Schülerin nicht gefährdet wird. Dazu gehören: genügend funktionierende, saubere Toiletten sowie Waschbecken und Seife in jedem Klassenzimmer und ein gutes Raumklima durch eine angemessene Be- und Entlüftungstechnik in jedem Raum, damit nicht ausschließlich periodisch gelüftet werden muss.“

Dazu müsse der Arbeitsschutz endlich auch für Bildungseinrichtungen gelten. „Es müssen endlich Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es unseren Lehrkräften ermöglichen, ihre Arbeit gut und gesund ausführen zu können! Dazu gehören: mehr Lehrerzimmer mit ausreichend Arbeitsplätzen, Maßnahmen zur Geräuschdämmung in den Unterrichtsräumen und für alle Lerngruppen angemessen große Unterrichtsräume.“

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Der Sanierungsstau an Schulgebäuden, der nach Schätzungen mittlerweile 40 Milliarden Euro beträgt, muss aufgelöst werden – auch mit Blick auf den Klimaschutz. Heißt: „Unsere Schulen sollen in energetisch top sanierten Gebäuden untergebracht sein. Das heißt: In unseren Schulen müssen Gebäudedämmung, Beleuchtungsanlagen, Heizungen, Lüftungen und Photovoltaik auf neuestem Stand eine Selbstverständlichkeit werden.“

„Für Deutschland ist es gesellschaftlich und wirtschaftlich unerlässlich, das enorme Potenzial seiner klügsten Köpfe auszuschöpfen“

Pädagogisch sieht der Philologenverband, der Gymnasiallehrer vertritt, eine künftige Bundesregierung vor allem bei der Begabtenförderung in der Pflicht.(„Unsere Besten müssen spitze werden!“). Das liest sich so: „In unserer immer komplexer werdenden Welt stehen wir heute vor besonders großen Herausforderungen. Für Deutschland ist es deshalb gesellschaftlich und wirtschaftlich unerlässlich, das enorme Potenzial seiner klügsten und besten Köpfe auszuschöpfen.“

Der Philologenverband fordert daher die Einrichtung eines Bundes-Exzellenz-Programms für Schülerinnen und Schüler. „Die besonders begabten und leistungsbesten von ihnen sollen in diesem Programm zusätzlich zu ihrem regulären Unterricht kontinuierlich begleitend Angebote der Förderung erhalten. Dazu gehören u.a. Auslandsaufenthalte, Hospitationen in Wirtschaft, Verwaltung und Forschung, exklusive Vorträge sowie Möglichkeiten, eigenen Ideen nachzugehen und kreativ zu werden. Um das volle Potenzial der Schülerinnen und Schüler zu nutzen, soll es sich hierbei nicht um punktuelle Sommercamps oder isolierte Einzelinitiativen handeln, sondern um eine längerfristige Einrichtung.“

Lin-Klitzing betont: „Gerade am Gymnasium sehen wir, mit wie viel Begeisterung und Erfindergeist, mit wie viel Engagement und Einsatzbereitschaft die besten und klügsten unserer Schülerinnen und Schüler sich einbringen wollen, um für uns alle an einer besseren Zukunft mitzuarbeiten. Ein kontinuierliches Exzellenz-Programm wäre genau das richtige, um diese jungen Menschen über den anspruchsvollen Unterricht an unseren Gymnasien hinaus zu fördern.“ News4teachers

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Palim
2 Jahre zuvor

Ich wünsche mir vieles davon,
aber vor allem wünsche ich mir ausreichend Lehrkräfte und zusätzliches Personal, um Schüler entsprechend der Erlasse mit Pflichtstunden beschulen zu können und die möglichen Stunden zur Förderung u d Forderung mit Lehrkräften besetzen zu können,
zudem weiteres qualifiziertes Personal für viele außerunterrichtlichen Aufgaben, ja, darunter auch Digitalisierung.

Teacher Andi
2 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

@Palim, nachdem unsere Regierung es mit größtenteils unfähigen Kultusministern über Jahrzehnte geschafft hat, den Lehrerberuf immer unattraktiver zu machen, wird das, ähnlich wie beim Pflegenotstand, nichts werden, wenn man nicht zunächst dem Lehrer etwas mehr Wertschätzung entgegenbringt (jeder weiß, wie man vom Ministerium behandelt wird), ihm mehr Eigenverantwortung und pädagogisches Geschick zutraut (die permanenten Vorschriften und Ideen „von oben“ sind meist unausgegoren und schwer umsetzbar) und endlich mit dem Bürokratisierungswahn und Sparwahn aufhört. Die Zweiklassengesellschaft Beamte-Angestellte muss auch längst auf den Prüfstand. Aber nachdem „Klima“ das Thema oberster Priorität ist, und Bildung ganz hinten auf der To Do Liste steht, wird alles ein Wunschdenken bleiben, bis der ganze Laden zusammenbricht.

Marc
2 Jahre zuvor
Antwortet  Teacher Andi

Vorallem fairer Lohn muss kommen. In Zeiten von Masterabschlüssen und Referendariat (7 Jahre Ausbildung) ist A12 eine Frechheit.

Georg
2 Jahre zuvor

Vorzeigeraum für innovative Ideen riecht nach vielen neuen Säuen, die durch das Dorf getrieben werden sollen. Nach den bisherigen Erfahrungen als Lehrer ist Fachwissen keine davon. Ich habe Sorgen…

Mrs.Braitwhistle
2 Jahre zuvor
Antwortet  Georg

Ja, das denke ich auch bei diesen Forderungen. Bildungsökonom Wößmann dokumentiert diese Woche in der ZEIT den deutschen Bildungsabstieg seit 2010 und kommentiert: „Mich wühlt das auf, dass die Kultusminister diesen Abstieg hinnehmen und nach jeder Bildungsstudie einen Teilaspekt als gute Nachricht verkaufen. Nach dem Motto: Ist doch alles nicht so schlimm.“
Der Ruf nach Innovationen als Lösung für die Misere erinnert mich so ein bisschen an das DDR-Motto ÜBERHOLEN OHNE EINZUHOLEN. Hat bisher selten geklappt.

Rosa
2 Jahre zuvor

Die Begabtenförderung ist nach diesem Ausnahmezustand nicht gefragt! Wir brauchen für BW dringend für G8 Schüler nach einem G7 Schuljahr eine tragende Aufarbeitungzeit der Rückstände. Es nützt uns nicht nur eine Begabtenförderung und die ganz schlechten sind abgehängt und eine Mitte gibt es nicht im Klassenverband. Die Bildungsschere und Spaltung wird im Klassenverband immer größer und dies ist tut der sozialen Entwicklung im Klassenverband nicht gut. Ein Gesamtbild unterschiedlicher Leistungen ist erstrebenswert und nicht nur eine Spitze von Schülern und ein Schlußlicht von Schülern sollte im Klassenverband herschen. Ein Niveau sollte für alle Leistungsstärken geschaffen werden.

Georg
2 Jahre zuvor
Antwortet  Rosa

Man kann alle Leistungsstärken nur dann auf ein Niveau bringen, wenn man sich auf etwas unterhalb des Durchschnitts festlegt. Nur dadurch werden die leistungsschwachen nicht ganz abgehängt. Als Konsequenz davon werden die guten und sehr guten in ihrer Entfaltung beschnitten. Noch besser wäre es freilich, die G8-Gymnasien nur für die guten und sehr guten Schüler zu ermöglichen, wobei ein Wechsel dorthin durchgehend offen bleibt, entsprechende Leistungsfähigkeit vorausgesetzt. An der mittleren Schulform können sich dann die mittleren Schüler voll entfalten, an der niedrigeren Schulform die Schwachen. Bei hinreichend großen Standorten gerne auch in unterschiedlichen Zügen desselben Jahrgangs.

Carsten60
2 Jahre zuvor
Antwortet  Georg

Man hat zwar das Gymnasium vielfach auf um ein Jahr gekürzt, aber offenbar ist noch niemand auf die Idee gekommen, etwa die Realschule um ein Jahr zu verlängern, um den neuen Ansprüchen „in der digitalisierten und globalisierten Welt“ besser gerecht zu werden. Wie genau der mittlere Schulabschluss dann in die Fachhochschulreife münden könnte, wäre auch zu überlegen. Auch könnte die Hauptschule auf 10 Jahre verlängert werden. Aber stattdessen gehen demnächst alle, die lesen und schreiben können, aufs Gymnasium oder in die Oberstufe einer Gesamtschule mit dem Ziel des Abiturs, alles im Namen des „Wirtschaftsstandorts Deutschland“ und der OECD. Und dann vergießt man Krokodilstränen über die „abgehängten Schüler“ an anderen Schulformen.

Palim
2 Jahre zuvor
Antwortet  Georg

Warum hält es sich eigentlich hartnäckig, dass man alle SuS auf ein Niveau bekommen müsse?

Woher nehmen Sie das?

Uli
2 Jahre zuvor

Merkel hat das Land auf allen Ebenen heruntergemerkelt. Man könnte meinen, es könne jetzt fast nur besser werden, auch in der Bildungspolitik. Ich hoffe, ich liege nicht falsch, befüchte aber Schlimmes.

Andre Hog
2 Jahre zuvor
Antwortet  Uli

Ach Uli, ich glaube, dass du dich hier im Forum verirrt hast.
MERKEL-bashing ist eher was für Telegram…die 16JahreLangzeitkanzlerin hat fürwahr vieles nicht zu meiner und der Zufriedenheit anderer gemacht…(ich trage ihr immer noch ihren FauxPas von der sog. ALTERNATIVLOSIGKEIT ihrer Politik nach…aber für die Situation an der Schulen der 16 föderalen Bundesländer, die sich nicht mal in einer weltumspannenden Pandemiekrise halbwegs einigen können, keine sinnvolle Linie entwickeln und eindeutig gegen die Bedürfnisse und Notwendigkeiten aller an Schulen Beteiligten entschieden haben hat Frau Merkel wenigstens im größten drohenden Chaosfall die Bundesnotbremse gezogen. Die Infektions- und Todeszahlen wären durch die Decke geschossen….während die Kultuskasper weiterhin mit fest zugekniffenen Augen „auf Sicht gefahren wären“ . Wenn hier jemand seit Jahren die Scheiße anquirlt, dann sind das die KuMis, die jede Sau durchs Schildorf treiben, alles abschaffen, was sich bewährt hat, weder Zeit, noch Geld noch Personal für sinnvolle Innovationen und notwendige Maßnahmen zur Verfügung stellen.

Also … ich hätte nie gedacht, dass ich das tatsächlich mal öffentlich schreiben würde – lass die Angela da mal aus dem Spiel.

Teacher Andi
2 Jahre zuvor
Antwortet  Andre Hog

Immerhin hat Frau Merkel bei ihrem Amtsantritt vor 16 Jahren getönt: „Bildung ist unser höchstes Gut“. Man durfte hoffen, aber auch nur hoffen…… Die Prioritäten wurden, auch durch sie, anders verteilt. Ihr Eingreifen bei der Pandemie war eine Notbremse, die ihr sicherlich diktiert wurde.

kanndochnichtwahrsein
2 Jahre zuvor
Antwortet  Andre Hog

Stimme voll zu: Mit einer anderen Kanzlerin wähe die Pandemie-Bilanz weitaus schlechter aus. Man stelle sich mal vor, einer der KM wäre als Kanzler/in unterwegs gewesen in diesen Zeiten. Nicht auszudenken!
Der Föderalismus gehört auf den Prüfstand, im Bildungswesen wie im Gesundheitswesen und wohl auch in anderen wichtigen Bereichen, die die Länder sonst nach je eigenem Gutdünken runterwirtschaften.

Ja, da man anderenorts, da wo es hingehört, nicht gehört wird, bleibt wohl nur, es hier öffentlich zu schreiben!
Allein das ein Unding an sich!

Wenn die Gesellschaft oder die Regierung – oder womöglich beide einvernehmlich – zu dem Schluss kämen, dass es Bereiche gibt, die nicht weiter totgespart und totbürokratisiert werden dürfen, in denen Insider sinnvolle Wege einleiten könnten, dann müsste der Bund mehr Rechte in der Steuerung wichtiger Aspekte haben.
Im Schulbereich zähle ich dazu gleiche Bezahlung aller Lehrerenden in allen Bundesländern, mindestens bei voller Lehramtsausbildung, ein den Bedürfnissen der Schüler angemesseneres Schüler-Lehrer-Verhältnis, die Zentralen Prüfungen gehören m.E. auch auf den Prüfstand, ebenso die Konkurrenz zwischen Schulformen, die vielen, vielen Zusatzaufgaben, die uns zeitlich und moralisch auffressen…
Neue Säue braucht wahrlich keiner.
Umso mehr brauchen wir Ressourcen und die Freiheit, sie für die eigenen Schüler bestmöglich zu nutzen!

Klugscheisser
2 Jahre zuvor
Antwortet  Uli

Bildung ist Ländersache.
Aber irgendwie wird sie sicher auch an der Bildungsmisere Schuld sein.

Dil Uhlenspiegel
2 Jahre zuvor

Guten Morgen zusammen!
So, dann mal alle bitte die innovativen Ideen vorzeigen.
Ja wie jetzt? Wieder keiner was gemacht?
So so, zuhause vergessen, exzellent.
Wie immer. Also machen wir halt weiter, wie immer.

Trulla
2 Jahre zuvor

Kann ja nur besser werden. Der Olaf hat ja mit seiner Gattin eine prima Beraterin, ….
… die in der Pandemie ja gezeigt hat, wie wichtig ihr die Gesundheit von Lehrern und Schülern ist, was sie bereit ist dafür zu investieren.