Gegen Lehrermangel: Stellenportal soll Bürokratie bei Bewerbungen abbauen

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ERFURT. Immer wieder ist der Einstellungsprozess für Lehrer in Thüringen als bräsig und kompliziert kritisiert worden. Nun verspricht ein neues Stellenportal mehr Geschwindigkeit. Dabei soll es nicht nur beim Einsatzbereich Schuldienst bleiben.

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Einschalten – und Lehrer werden? Foto: Florian Schneider / pixelio.de

Schneller, einfacher und digital: Ein neues Stellenportal soll Thüringen im Wettbewerb um dringend benötigte Lehrer helfen. «Wir wollen dadurch schneller einstellen und die Prozesse beschleunigen», sagte Thüringens Bildungsminister Helmut Holter (Linke) bei der Vorstellung der Plattform am Donnerstag in Erfurt. Bewerber können sich über das Portal «schuldienst.thueringen.de» direkt für konkrete Schulen bewerben oder eine Initiativbewerbung für einen oder mehrere Schulamtsbereiche senden. Die Dokumente müssen dabei anders als bisher nicht per Post geschickt werden, sondern können direkt online hochgeladen werden.

Der bisherige Bewerbungsprozess war etwa vom Thüringer Lehrerverband immer wieder als zu umständlich und langwierig kritisiert worden.

«Jeder, der Interesse hat, Lehrer zu werden, kann sich hier registrieren»

Ein häufig angeführtes Argument war dabei, dass teils Bewerberinnen und Bewerber in anderen Bundesländern schneller eine Zusage erhielten und dadurch für den Thüringer Schuldienst verloren gingen. Holter betonte, das Portal helfe auch dabei, Verwaltungsprozesse zu optimieren. Die Plattform laufe bereits seit drei Wochen; bislang hätten sich 425 Menschen dort angemeldet und ein Profil angelegt.

Offen steht die Plattform nicht nur fertig ausgebildeten Lehrern, sondern auch Seiteneinsteigern. «Jeder, der Interesse hat, Lehrer zu werden, kann sich hier registrieren», stellte Holter klar.

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Eine der wichtigen Veränderungen ist die Möglichkeit, sich für bestimmte Schulen direkt zu bewerben. «Unsere Erfahrung in der Vergangenheit war immer, dass eine Bewerbung für den Bereich Südthüringen am Ende nicht für ganz Südthüringen gemeint war», sagte der Südthüringer Schulamtsleiter Michael Kaufmann. Holter wies darauf hin, dass sich aber grundsätzlich am Ranglistenverfahren bei den Lehrereinstellungen nichts ändere.

Bewirbt sich ein Interessent für mehrere Schulen oder in mehreren Schulamtsbereichen, werden die bereits hochgeladenen Dokumente gleich übernommen. Wenn dann aber am Ende der Schritt zur Verbeamtung ansteht, müssen doch noch Dokumente in Papierform eingereicht werden, weil für bestimmte Zeugnisse zum Beispiel Beglaubigungen nötig sind.

«Die entscheidenden Stellschrauben zur Bekämpfung des Lehrermangels geht die Landesregierung nicht an»

Die Thüringer CDU-Fraktion erklärte, jede Maßnahme, die helfe, Einstellungen von Lehrern zu beschleunigen, sei unterstützenswert. Der rot-rot-grünen Landesregierung warf sie aber vor, nicht genügend Lehrerinnen und Lehrer auszubilden. «Wenn nach wie vor jährlich 1200 Lehrer in den Ruhestand gehen, aber nur 700 ausgebildet werden, ist offensichtlich: Die entscheidenden Stellschrauben zur Bekämpfung des Lehrermangels in Thüringen geht die Landesregierung nicht an», erklärte der bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Christian Tischner.

Das neue Portal startet zunächst nur für den Bildungsbereich, soll aber perspektivisch für alle Einstellungen im öffentlichen Dienst in Thüringen genutzt werden. Eine umfassendere Nutzung ist erst im kommenden Jahr geplant.

Das Portal wurde seit dem Jahr 2019 entwickelt. Die Kosten für die Entwicklung im Bildungsbereich belaufen sich nach Angaben des Bildungsministeriums bisher auf rund 80.000 Euro. Mit mehreren Marketing-Aktionen soll das Portal noch stark beworben werden, was demnach noch einmal rund 90.000 Euro kosten soll. dpa

Einstellungen in Zeiten des Lehrermangels – undurchsichtig, bürokratisch, langsam?

 

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3 Kommentare
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Dil Uhlenspiegel
2 Jahre zuvor

„Offen steht die Plattform nicht nur fertig ausgebildeten Lehrern, sondern auch Seiteneinsteigern.“

Gibt es für den Intensiv- und Pflegebereich auch so eine Plattform … in Thüringen z.B.?

AusderPraxis
2 Jahre zuvor

Wir in SH haben diese digitale Plattform seit 1 1/2 Jahren. Für jeden, der sich an der Schule mal ausprobieren will ( LuL, Seiteneinsteiger, Aushilfskräfte usw.). LuL werden “ unter der Hand“ angeworben, jeder Kollege, der jemanden kennt, der sich verändern will, sagt sofort beim SL Bescheid! Diese LuL (oft noch Referendare) werden dann umgehend kontaktiert und eingeladen, lange bevor sie ihre Bewerbung eingestellt haben!
Sollten sie allerdings in einem „schwarzen Loch“ -also einem unattraktiven Kreis – arbeiten, wird eine Versetzung meist abgelehnt. Seiteneinsteiger dito!
Wir haben 3 Stellenausschreibungen in der Plattform (74 Stunden). Noch keine professionellen Bewerbungen, nur eine Einzelhandelskauffrau, die gerne mit 8 Wochenstunden an die Schule kommen würde, allerdings nur mittwochs und donnerstags und nur bis 12 Uhr!

Wo nichts ist, kann nichts kommen.

Alla
2 Jahre zuvor
Antwortet  AusderPraxis

Der Irrsinn lässt sich noch toppen!
Ich habe vor 10 Monaten einen Antrag auf Verlängerung der Lebensarbeitszeit gestellt, da mein regulärer Renteneintritt am 31. August 2021 war. Als Lehrerin muss ich dann bis zum Ende des Halbjahres, dass auf den Renteneintritt folgt, weiterarbeiten, also bis zum 31.01.2022.
Da ich eine 2. und eine 4. Klasse in Hauptfächern (Deutsch, Sachunterricht) unterrichte, fanden es die Eltern, die Schulleitung, die Schüler und ich ziemlich blöd, die Klassen im Halbjahr zu verlassen. Eine Ersatzkraft ist weit und breit nicht in Sicht. Im Gegenteil, wir fahren auf 85%!
Das Schulamt war erstmal glücklich und forderte Unterlagen an:
1. 2 Unterrichtsbesuche mit ausführlicher schriftlicher Unterrichtsvorbereitung, um sicherzustellen, ob ich nach 44 Dienstjahren, Fachleitung (SU), Personalrat und 12 Jahren Mentorentätigkeit in der Lage bin, Kinder zu unterrichten.
2. Eine detaillierte Aufstellung der Lehrerversorgung in der Schule, um sicherzustellen, ob ich überhaupt gebraucht werde.(Bei z.Z. 85% Unterrichtsversorgung durch Lehrer/Seiteneinsteiger und 0 Bewerbungen)
3. Eine Freigabe meiner Krankheitszeiten, um sicherzustellen, dass ich nicht mehr als 15 Tage in den letzten 3 Jahren ausgefallen bin. (Es waren 3 Tage in 3 Jahren, mehr ist es auch bis heute nicht)
4. Eine Stellungnahme der Elternvertreter meiner Klasse, ob eine weitere Klassenlehrertätigkeit meinerseits erwünscht sei.(Elternvertreter: „Unbedingt!“)
Also alles gemacht und eingereicht!

Vor einer Woche die Aufforderung, dass ich doch noch eine Freigabe des Gesundheitsamt bräuchte, um ganz sicher zu gehen.
Also beim GA angerufen und um einen Termin gebeten. Nach einem kurzen Gespräch und Einsicht in meine Krankenakte inclusive Impfstatus die Information: „Wir haben Pandemie, sind überlastet und haben für solchen Firlefanz ganz sicher keine Zeit! Da müssen Sie schon nachweisen, dass Sie den Job aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben können, Ihre Krankheitstage sprechen da aber eine andere Sprache! (…) EinenTermin gibt es vielleicht im nächsten Sommer!“

Rückmeldung dieser Information an den AG.
Vorgestern vom AG noch mal die Aufforderung, die Notwendigkeit meiner Weiterbeschäftigung detailliert nachzuweisen!

Heute ein Brief von Land in meinem schulischen Postfach:
„Liebe Kollegin NN, wie Sie wissen, haben wir in SH, auch in Ihrer Region, einen eklatanten Mangel an Grundschullehrkräften. (….) Könnten Sie sich nicht überlegen, auch über Ihren Pensionseintritt hinaus der Schule und Ihren Schülern zur Verfügung zu stehen? Wie Sie vielleicht schon gehört haben, können Lehrkräfte auch über ihr 67. Lebensjahr hinaus im Schuldienst verbleiben ( …..) “

Grrrrr, in die Tischkante beiß!