GEW-Chefin: „Arbeitgeber provozieren Streiks!“ – Länder legen kein Angebot vor

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POTSDAM. „Die Arbeitgeber haben mit ihrer Blockadehaltung Streiks provoziert“, sagte Maike Finnern, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), nach dem Ende der zweiten Verhandlungsrunde der Tarifrunde öffentlicher Dienst Länder am Dienstag in Potsdam. Die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) habe sich in den Verhandlungen nicht bewegt, kein Angebot vorgelegt und die strukturellen Forderungen der Gewerkschaften von deren Zustimmung zu den Arbeitgeberforderungen zum Thema „Arbeitsvorgang“ abhängig gemacht.

Zeigt sich kämpferisch: Maike Finnern, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW, Foto: GEW)

„Die Arbeitgeber weigern sich, die Realität in Deutschland zur Kenntnis zu nehmen. In der Coronapandemie halten die Beschäftigten das Land am Laufen. Die Inflation ist über die Vier-Prozent-Marke gesprungen. Die Beschäftigten erwarten Lösungen, sie erwarten zu Recht eine ordentliche Gehaltssteigerung – für Machtspiele haben sie kein Verständnis“, betonte Finnern. Mit Blick auf die Mitglieder der Bildungsgewerkschaft gelte dies insbesondere für Lehrkräfte, Lehrende an Hochschulen, Erzieherinnen und Erzieher sowie sozialpädagogische Fachkräfte.

Die GEW-Vorsitzende unterstrich noch einmal, dass die Gewerkschaften 5 Prozent, mindestens jedoch 150 Euro mehr Gehalt fordern. Sie machte sich für die vollständige Paralleltabelle stark, die eine bessere Eingruppierung für viele angestellte Lehrerinnen und Lehrer unterhalb der Entgeltgruppe 13 und damit mehr Gehalt bringen würde. Dies sei auch wichtig, um den Beruf für junge Menschen wieder attraktiver zu machen, und leiste damit einen Beitrag zur Bekämpfung des Lehrkräftemangels. Zudem betonte Finnern die Erwartung, dass Verhandlungen für einen Tarifvertrag für studentische Beschäftigte (TV-Stud) aufgenommen werden. Die Studierenden brauchten dringend bundesweit tarifvertraglich abgesicherte Vereinbarungen für ihre Arbeitsbedingungen und die Bezahlung.

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In der Tarifrunde 2021 für den öffentlichen Dienst der Länder geht es um Gehaltserhöhungen für rund 1,2 Millionen Tarifbeschäftigte

Hintergrund: Hinter dem Thema „Arbeitsvorgang“ verbergen sich laut GEW die Mechanismen, nach denen Beschäftigte in das Tabellensystem des Gehaltstarifvertrages einsortiert werden. Die Arbeitgeber wollen durch die Zerstückelung von Arbeitsabläufen eine schlechtere Eingruppierung von Beschäftigten durchsetzen und damit Geld sparen.

Die dritte Verhandlungsrunde zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften findet am 27./28. November in Potsdam statt. Die Forderungen der Gewerkschaften beziehen sich auf eine Laufzeit des Tarifvertrags von einem Jahr.

In der Tarifrunde 2021 für den öffentlichen Dienst der Länder geht es um Gehaltserhöhungen für rund 1,2 Millionen Tarifbeschäftigte – darunter rund 200.000 angestellte Lehrkräfte. Die Gewerkschaften fordern darüber hinaus die Übertragung des Tarifergebnisses auf die Bezüge der rund 1,3 Millionen Beamtinnen und Beamten sowie der rund eine Million Versorgungsempfängerinnen und -empfänger. Ver.di hat gegenüber der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) die Verhandlungsführerschaft für die DGB-Gewerkschaften GEW, GdP und IG BAU sowie die dbb tarifunion. News4teachers

Tarifrunde der Länder: GEW appelliert an Finanzminister, sich zu bewegen

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Isabelle Prangenberg
2 Jahre zuvor

Worüber beschweren sich die deutschen Lehrer
Sie verdienen gut 1000€ mehr als andere in Europa.
Sie gehören zu den bestverdienenden in Europa

Die Lehrer in Frankreich/ Niederlande etc haben nicht weniger geleistet

Indra Rupp
2 Jahre zuvor

Die Angestellten verdienen deutlich weniger, als die Verbeamteten bei gleicher Arbeit und das ist halt Unrecht (und auch mit Streikrecht nicht aufzuholen).
Was viel und was nicht viel ist, ist immer relativ. Als frühere ganzjährige Straßenmusikerin, dachte ich, ich bin im Paradies als ich einmal H4 beantragt hatte. Mit nem normal deutschen Gehalt würde mir wohl schwindelig…

dickebank
2 Jahre zuvor
Antwortet  Indra Rupp

Nee, sogar bei 2,5 Wochenstunden unentgeltlicher Mehrarbeit.
Die sonstigen Angestellten im ÖD haben eine 38,5 Stunden-Woche im Gegensatz zu den verbeamteten Kräften, die 41 Wochenstunden arbeiten müssen.
Weniger Geld für mehr Arbeit – das schaffen auch nur die TdL und das Land HE:(

dickebank
2 Jahre zuvor

Doch, deren Wochenstundenverpflichtungen sind geringer und wegen zusätzlichem nicht-lehrendem Personal fallen in den genannten Ländern weniger Zusatzaufgaben bei den Lehrkräften an, die in der Regel auch keine zwei Fakulten nachweisen müssen.

Btw in anderen europäischen Ländern sind auch die Entgelte z.B. von Ärzten und Ingenieuren oder Geisteswissenschaftlern geringer als die ihrer deutschen Pendants.

Anne
2 Jahre zuvor

Die Lehrer unserer Partnerschule in Frankreich fielen aus allen Wolken, als sie hörten, dass wir bis 67 arbeiten müssen.

Jule Stein
2 Jahre zuvor

Wenn jetzt 12 Euro Mindestlohn kommt, erwarte ich für mein erstes und zweites Staatsexamen entsprechend besser entlohnt zu werden!

Zudem wären 5% mehr Lohn und Gehalt bei offiziell 4,5% Inflation fast nichts.
Daher fordere ich mindestens 10% mehr Lohn und Gehalt.

Besorgter Bürger
2 Jahre zuvor

Die Besoldung ist in allen Bundesländern verfassungswidrig zu niedrig. Für alle Beamten!

Das 115%-Abstandsgebot zum ALGII wird überall nicht eingehalten. Die untersten Besoldungsgruppen müssten daher deutlich mehr kriegen. Da die Gehaltsgruppen darüber einen deutlichen Abstand halten müssen, müssen alle entsprechend höher besoldet werden.

Da geht es aber um solche Summen, die kann kein Tarifvertrag und die anschließende Übertragung auf die Beamten lösen. Experten haben für die verschiedenen Länder Werte um 25-30% Erhöhung berechnet.

Wer mehr erfahren will, findet hier ein spannendes Forum zu dem Thema:

https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114363.0.html

Max Kleine
2 Jahre zuvor

Und jetzt rechnen Sie noch hinzu die kostenlose Erstattung für die Möblierung einer Wohnung, Nebenkosten und Miete, kostenlose Bildungsunterstützung (auch für Nachhilfe), Kindergarten usw…
Da geht es nicht nur um den Abstand zwischen H4 und Gehalt, sondern H4+Sonderzahlungen aus Steuergeldern und Gehalt-Kosten, die sie selbst übernehmen müssen.

Indra Rupp
2 Jahre zuvor
Antwortet  Max Kleine

Da ist allerdings viel Schein und Trug dabei. Die Politik dreht es so, dass sie selber gut und sozial dasteht aber garnicht das ausgeben muss, was sie angeblich tut und die Verachtung sich schön gegen die Empfänger richtet-weil drumherum lauter Mythen entstehen. Nicht falsch verstehen :Ich finde nicht, dass es zu wenig ist und mehr werden müsste – ich will aber nicht lauter Verachtung für Zuwendungen bekommen, die ich garnicht bekomme (bzw bekommen hatte) .
ZB sind Möbel und dergleichen in dem H4 Betrag mit drin. Strom muss extra selbst davon bezahlt werden und die Miete wird komplett übernommen-wenn man eine extrem billige Wohnung finden konnte. Solche Wohnungen verursachen aber wieder an anderer Stelle Kosten und Probleme und das ist dann halt nicht mit drin. Reitunterricht für 2Kinder kostet 100 Euro im Monat, Bildung und Teilhabe übernimmt davon 20 Euro. Wenn ich die 100 nicht habe, habe ich wohl auch nicht die 80. Wenn ich aber die 80 Euro habe, dann kriege ich wohl auch die 100 Euro zusammen und dann überlege ich es mir dreimal, ob ich es riskieren möchte, wegen der schlappen 20 Euro meine Kinder beim Reiten als H4-Empfänger zu outen…
In einem Fall heißt es dann, die H4 Eltern kriegen alles umsonst, im anderen Fall heißt es dann die Assieltern sind zu faul BuT in Anspruch zu nehmen. Auch hat die Regierung den Schulen ja Laptops gespendet für arme Familien-allerdings nicht den notwendigen Anschluß. Vielleicht ist das sogar Absicht : Guten Eindruck machen, trotzdem Geld sparen und den Ärger gegen die Empfänger richten. Ganz lustig wird es aber, wenn du dir – wie ich-eine selbständige Tätigkeit aufbaust, es läuft sogar schon richtig toll, verdienst 1.000 Euro monatlich, hast dafür aber 600 Euro Ausgaben und es heißt dann :“Ihre Ausgaben sind uns zu hoch und werden nur halb anerkannt“, dann musst du, deine 1000 Euro werden im H4 Bezug verrechnet, mit quasi 300 Euro unter H4 leben-nur weil du versuchst auf eigene Beine zu kommen. In der Pandemie ist es dann letztendlich völlig egal, dass du gerade nichts mit deiner Selbständigkeit verdienst, aber die 600 Euro kosten (in meinem Fall Pferde Wirtschaft) weiterhin hast. Dann gibst du auf oder lebst 600 Euro unter H4, denn wer nichts verdient kann natürlich auch keine laufenden Kosten geltend machen. Man möchte aber nicht, was man drei Jahre aufgebaut hat – ohne Hilfe vom Amt, denn die waren skeptisch-einfach aufgeben, da leidet man lieber.
So ähnlich sieht es meist in der Wirklichkeit aus. Die meisten sind Aufstocker und haben ein Ziel und viele auch noch andere Probleme oder kranke Angehörige-ich zB habe eine geistig behinderte Tochter und bin alleinerziehend.
Ich erkenne da zB Parallelen, wenn die Politik mit Inklusion-Werbung gut dasteht, es dann aber an die Lehrer*innen hängt, bis die Eltern freiwillig gehen und die Politik dann sagen kann, daß Angebot ist da, die wollen nur nicht. Ist immer dieselbe Masche…