Lust auf Nordsee-Luft? Auf den Inseln gilt immer wieder: Lehrkräfte gesucht!

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PELLWORM. Die Schule ist bestens ausgestattet, das Mensaessen wird mit Zutaten aus dem eigenen Garten frisch gekocht, die Klassen sind klein, die Inselgemeinschaft ist umtriebig und die Landschaft ringsum traumhaft. Und dennoch ist es nicht ganz einfach, Lehrkräfte für die nordfriesische Wattenmeerinsel Pellworm, aber auch andere Inseln oder abgelegenere Küstenregionen zu akquirieren. Fehlt ein Lehrer oder eine Lehrerin, dauert die Suche oftmals länger als in größeren Orten.

Wer nach Pellworm zieht, muss Überfüllung nicht fürchten. Foto: Shutterstock

Zwölf Lehrerinnen und Lehrer umfasst das Pellwormer Kollegium. «Die Stellenzuweisung des Landes ist sehr großzügig», sagt Rektor Walter Herrig. «Da haben wir keinen Grund zu meckern.» Allerdings ist die Besetzung der Stellen ein Problem. «Wir haben 10,61 Planstellen und zum ersten Mal überhaupt ist es mir nicht gelungen, im Sommer eine Planstelle zu besetzen.» Jetzt sucht er zum 1. Februar. Derzeit würden überall Lehrkräfte gesucht, alle offenen Stellen zu besetzen sei schwierig momentan «und für Schulstandorte, die besonders sind, ist es noch mal schwieriger». Herrig etwa braucht «dringend einen Mathelehrer oder eine Mathelehrerin», wie er sagt.

Aktuell besuchen 100 Kinder die Schule auf der kleinen nordfriesischen Insel. 40 gehen in die Grundschule, der Rest verteilt sich auf die Klassen fünf bis zehn. Wer das Abitur machen will, geht nach der zehnten Klasse meistens nach Husum aufs Gymnasium. Und das sind ganz schön viele: «Die Zahl der Schüler, die Abitur machen möchten, ist in den vergangenen 20 Jahren kontinuierlich nach oben gegangen. Zwei Drittel bis 70 Prozent der Schülerinnen und Schüler machen weiter», sagt Herrig. In der aktuellen zehnten Klasse wollen von elf Schülern sieben Abitur machen.

«Es ist schwierig, grundständig ausgebildete Lehrkräfte für unbefristete Stellen auf den Inseln zu gewinnen»

«Es ist schwierig, grundständig ausgebildete Lehrkräfte für unbefristete Stellen auf den Inseln zu gewinnen», bestätigte eine Sprecherin des Bildungsministeriums. Befristet springen in der Regel oftmals noch nicht fertig ausgebildete Lehrkräfte oder Personen ein, die über keine Lehramtsausbildung verfügen. Die Einstellung von befristeten Vertretungslehrkräften sei erfolgreich, sodass kaum Vakanzen vorhanden seien. Aktuell sind den Angaben zufolge die Stellen auf den Halligen besetzt. Auf den nordfriesischen Inseln sind vereinzelnde Unterrichtsstunden und insgesamt an Schulen 0,82 Stellen und in der Sonderpädagogik 0,37 Stellen vakant.

Die insgesamt zehn kleinen Schulen auf den bewohnten sieben Ostfriesischen Inseln von Borkum bis Wangerooge sind auch immer wieder auf der Suche nach Lehrkräften. Aber: «Einen akuten Personalmangel gibt derzeit an keiner Inselschule», teilt die niedersächsische Landesschulbehörde mit. Aktuell laufen demnach zum anstehenden Halbjahreswechsel Anfang Februar Einstellungsverfahren für zwei freie Stellen: Für die Oberschule auf Borkum wird eine Englisch-Lehrkraft gesucht, für die Kooperative Gesamtschule (KGS) auf Norderney ist eine Stelle für eine Französisch-Lehrkraft frei. «Wir sind optimistisch, die Stelle an der Oberschule bald besetzen zu können. An der KGS Norderney lässt sich das noch nicht abschätzen», teilt eine Behördensprecherin mit.

Die Inseln hätten auch ihren Reiz, sagt die Sprecherin. Mal seien es ehemalige Schülerinnen und Schüler der Inselschulen, die nach ihrem Studium auf dem Festland als Lehrkräfte auf die Inseln zurückkehren wollten, mal gebe es auch Versetzungswünsche vom Festland dorthin. Dennoch sei es allgemein schwierig, Fachkräfte auf die Inseln zu lotsen – das gelte nicht nur für Lehrerinnen und Lehrer, teilte die niedersächsische Landesschulbehörde mit. Demnach gibt es gleich mehrere Unwägbarkeiten: Neben dem knappen Wohnraum etwa die teils tideabhängige Erreichbarkeit der Inseln. Auch für den Lebenspartner muss in der Regel bei einem Wechsel eine Stelle gefunden werden.

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«Ich hab in die Hände geklatscht und dreimal Purzelbaum geschlagen, als mir die Stelle angeboten wurde.»

Zudem brauchten Lehrkräfte noch mehr als an größeren Schulstandorten die Bereitschaft, auch fachfremd zu unterrichten. Es sei die absolute Ausnahme, dass man nur die Fächer unterrichten könne, die man studiert habe, sagt Rektor Herrig. Und man müsse Lust haben, auf einer Insel zu leben. «Mit den Vor- und Nachteilen, die das Inselleben nun mal mit sich bringt.»

Herrig ist kein gebürtiger Pellwormer. Ihn führte der Mangel an Alternativen vor Jahrzehnten auf die Insel. Als er eine Lehrerstelle suchte, gab es weniger offene Stellen als heute. Damals habe es geheißen, eine Stelle, 1000 Bewerber, sagt er. «Ich hab in die Hände geklatscht und dreimal Purzelbaum geschlagen, als mir die Stelle angeboten wurde.» Heute habe sich das Verhältnis zwischen offenen Stellen und Bewerbern quasi um 180 Grad gedreht.

Nach Angaben des Bildungsministeriums in Kiel unterscheidet sich die Anzahl der Versetzungsanträge von den Inseln und Halligen nicht besonders von denen des Festlandes. Eine höhere Fluktuation sei hier nicht feststellbar. Aber: Je größer die Entfernung zu Universitätsstädten Flensburg und Kiel wird, desto schwieriger ist es, Lehrkräfte zu gewinnen, wie die Ministeriumssprecherin sagt. Die Gründe seien in erster Linie die Entfernung zu kulturellen Angeboten. «Aber auch bezahlbarer Wohnraum in touristisch geprägten Gebieten ist, wenn vorhanden, sehr teuer.»

Um Lehrkräfte die ländlichen Regionen nicht nur auf den Inseln schmackhafter zu machen, will der Kreis Nordfriesland im kommenden Jahr bis zu 40.000 Euro für die Lehrkräftegewinnung und Bindung von Lehrkräften im Kreis bereitstellen. Ein entsprechender Beschluss wurde Mitte Dezember vom Kreistag gefasst. Als Vorbild für die Aktivitäten dient dabei das Lehrkräfteservicebüro im Nachbarkreis Dithmarschen. Dieses organisiert beispielsweise Exkursionen für Lehramtsstudierende nach Dithmarschen und erstellt Broschüren, um etwa auf die kulturellen Möglichkeiten und die hohe Lebensqualität im Kreisgebiet hinzuweisen. Die Rückmeldungen sind nach Angaben des Ministeriums positiv. «Die neuen Lehrkräfte fühlen sich gut betreut. Dadurch haben sich schon erste «Klebeeffekte» ergeben.» Von Birgitta von Gyldenfeldt und Lennart Stock, dpa

Für Lehrer nicht sehr attraktiv – Nordsee-Inselkinder müssen zum Lernen häufig auf Festland pendeln

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Insellehrerin
2 Jahre zuvor

Aber dort wird doch verbeamtet?!? Immer schon! Und Verbeamtung beseitigt doch den Lehrermangel, hieß es hier oft.

Marc
2 Jahre zuvor
Antwortet  Insellehrerin

Hat Niedersachsen nicht noch A12? Das zusammen mit dem Inselleben ist nicht sonderlich attraktiv. Wer will auf die Insel? Und dann noch für A12?
Normalerweise müsste A13 Pflicht sein. Und dann Inselzulage 200 Euro. Ich wette die Stellen wären besetzt

Zarenthin
2 Jahre zuvor
Antwortet  Marc

Das ist reine „Zahlendrescherei“: Niedersachsens A12 ist inetwa so hoch wie A13 in Mecklenburg-Vorpommern. Google mal, bevor du wieder vor Neid erblasst!

Deine Wetter geht ins Leere, wette ich.

AusderPraxis
2 Jahre zuvor
Antwortet  Marc

Naja, Pellworm ist in Schleswig-Holstein, aber die sind auch noch bei A12 plus. In 6 Jahren dann auf A13.

In Sorge
2 Jahre zuvor
Antwortet  Insellehrerin

Wo zu wenige Lehramt studieren und zu viele demnächst in Rente gehen, entsteht Lehrermangel!
Betrifft im GS und Sek1 Bereich übrigens alle Bundesländer. Die, die nicht verbeamten trifft es halt härter!

Marc
2 Jahre zuvor
Antwortet  In Sorge

Es entsteht vor allem an den Schulformen Lehrermangel wo das Gehalt zu niedrig ist und die Aufgaben zu belastend. Nicht umsonst haben wir zu viele Gymnasiallehrer und zu wenige an den Grundschulen

Georg
2 Jahre zuvor
Antwortet  Marc

Marc hat offensichtlich keine Ahnung von der Belastung während der Abiturprüfungen…

Außerdem gibt es ja mittlerweile die Brennpunktzuschläge für einige Schulen. Den Personalmangel kann auch die nicht aufheben.

Mit anderen Worten wird beim gleichen Gehalt für alle Schulformen die Grundschule minimal profitieren, jedoch sollte man Grundschule noch weniger des Geldes wegen machen als weiterführende Schule. Letztere haben nichts von der Angleichung, weil sie klientelbedingt zu sehr abschrecken. Die richtig guten Lehrer – basierend auf den Examensnoten – können sich auch bei gleicher Lehrerausbildung für alle Schulformen die Stelle aussuchen und werden dann wohl überwiegend an die Gymnasien in wohlhabenden Stadtvierteln gehen.

Fazit: A13 löst die Probleme nicht.

Zarenthin
2 Jahre zuvor
Antwortet  In Sorge

@In Sorge, das sehe ich ebenso. Die Zeiten des Lehrerüberhangs, als viele ausgebildete Lehrer keine Anstellung fanden, zeigen, dass du damit Recht hast und Marc mal wieder versucht, alles so zu interpretieren, dass es zu dem passt, was er sich laufend wünscht: mehr Geld, mehr Geld, mehr Geld.

Marc
2 Jahre zuvor
Antwortet  Zarenthin

Wieso haben wir denn zu viele Lehrer am Gymnasium? Auf diese Antwort bin ich ja mal gespannt.
Früher war die Bezahlung der Ausbildung und der Arbeitsbelastung auch angemessen. Da hat A12 schon gepasst. Heutr ist die Belastung zu hoch, die Ausbildung gleichwertig, da passt das geringe Gehalt nicht mehr. Ergo fehlen genau dorr die Lehrer. Das nicht erkennen zu wollen, liegt meistens daran dass man selbst von A13 und höher grüßt. Denn Geld ist nicht wichtig, solange ich selbst genug verdiene, gelle? Und der böse Marc möchte gerechten Lohn? Pah undankbar.

Georg
2 Jahre zuvor
Antwortet  Marc

Zu Ihrer Frage: Am Geld wird es nicht oder zumindest nich hauptsächlich liegen. Als ich mit dem Studium anfing, hatte ich keine Ahnung von den Gehaltsstufen oder den unterschiedlichen Stufen für unterschiedliche Schulformen. Wohl aber habe ich mich bewusst für das gymnasiale Lehramt entschieden u.a., weil ich gerne den immensen Aufwand des Oberstufenunterrichts auf mich nehmen wollte.

Die Frage, ob man eher Kinder oder eher Jugendliche unterrichtet, entscheidet über Grundschule oder weiterführende Schule. Bei Gymnasium oder Sekundarschule ist es das fachlich deutlich anspruchsvollere Studium, die deutlich unterschiedliche Klientel in der Unter- und Mittelstufe sowie die Frage, ob man auch mit jungen Erwachsenen (Oberstufe) wissenschaftspropädeutisch arbeiten möchte.

alter Pauker
2 Jahre zuvor

Schade, dass ich schon so alt bin! Ich hätte auch in die Hände geklatscht-die Purzelbäume hätte ich dann mental geschlagen. Wirklich schade, dass solche Angebote nicht schon viel früher auch in B-W bekannt wurden…. So konnte ich bisher nur mit meinen Klassen immer wieder mal ins Schullandheim auf eine der Inseln.
Es gibt Dinge im Leben, wo man nicht ausschließlich aufs Gehalt schauen sollte.

Wer dreht de Zeit zurück?

Carsten60
2 Jahre zuvor

Wie wär’s denn mit einer Inselzulage für Lehrer und andere Beamte auf den Inseln? Das Land kann’s verkraften, denn deren Zahl ist sehr klein. Und vielleicht könnte man denen sogar Dienstwohnungen zu einer bezahlbaren Miete anbieten?