Infektiöse Schüler werden zum Nachtest in Schulen geholt – SPD: Corona-Roulette

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DÜSSELDORF. Nach der kurzfristigen Änderung beim Corona-Testverfahren für Grundschüler in NRW fordern Lehrer und Städte ein Ende der PCR-Pool-Tests. Nach Ansicht des nordrhein-westfälischen Lehrerverbandes (NRWL) und des Städtetags NRW sollten die Grundschüler jede Woche stattdessen drei Schnelltests machen, wie die «Rheinische Post» berichtet. Auch die oppositionelle SPD kritisiert das von NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer entwickelte Verfahren. Die verteidigt ihren Kurs.

Beim Nachtest ist bekannt: Mindestens ein Kind aus der Klasse ist infiziert – aber welches? Foto: Shutterstock

Nach der aktuell geltenden Regelung müssen Grundschüler nach einem positiven PCR-Pool-Test in ihrer Klasse nur noch mit einem einzelnen Schnelltest nachgetestet werden. Bisher erfolgte auch die Nachtestung durch einen als genauer geltenden PCR-Test. «Konsequenter wäre, das Testverfahren in den Grundschulen so auszugestalten, wie es schon in den weiterführenden Schulen gemacht wird: dreimal wöchentlich Selbsttests in der Klasse», sagte der Geschäftsführer des Städtetags NRW, Helmut Dedy, der «Rheinischen Post».

«Kritiker werden anführen, dass die Schnelltests weniger zuverlässig sind», sagte der Präsident des nordrhein-westfälischen Lehrerverbands, Andreas Bartsch, der Zeitung. «Aber die jetzt gefundene Lösung, bei der die Schüler erst infektiös in der Schule sitzen und für einen Schnelltest am nächsten Tag wieder in die Schule kommen, ist ja augenscheinlich auch alles andere als optimal.» Auch Bartsch forderte demnach drei Schnelltests pro Woche für Grundschüler.

«Am besten wäre es natürlich, die PCR-Einzeltests auszuweiten und zusätzliche Kapazitäten zu schaffen, keine Frage»

Am Dienstagabend hatte das Schulministerium die Änderung der Teststrategie bekanntgegeben. Nötig wurde diese laut Schulministerium wegen der sprunghaft gestiegenen Infektionszahlen, der hohen Labor-Belastungen und der von Bund und Ländern beschlossenen Priorisierung von PCR-Tests.

Nach dem Wegfall von PCR-Nachtestungen an Grundschulen fordert die SPD im nordrhein-westfälischen Landtag, die Corona-Teststrategie anzupassen. «Am besten wäre es natürlich, die PCR-Einzeltests auszuweiten und zusätzliche Kapazitäten zu schaffen, keine Frage», sagte Jochen Ott, schulpolitischer Sprecher der SPD im Landtag. «Wenn das nicht geht, ist aber auch deutlich, dass nun die Einzeltestungen von den Schulen nach Hause verlagert werden müssen.»

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Warum hat das NRW-Schulministerium keine Vorkehrungen für den absehbaren Engpass bei den PCR-Tests getroffen?

Ott weiter: «Wir können den Lehrkräften nicht zumuten, alle Kinder selber in der Schule zu testen, in dem Wissen, dass mindestens ein Kind positiv ist. Das ist ein bisschen wie Roulettespiel.» Eine mögliche Alternative sei es, die Kommunen um Hilfe zu bitten und die Schüler vor Unterrichtsbeginn in Testzentren zu testen. Denkbar sei auch ein komplettes Aussetzen der PCR-Pool-Tests an Grundschulen und die Umstellung auf Schnelltests, wie sie bereits in weiterführenden Schulen genutzt werden, sagte Ott. «Das ist nicht die beste Lösung für die kleineren Kinder, aber es wäre wenigstens eine Lösung.»

Trotz der jüngsten Einschränkungen ist das Corona-Testsystem an den nordrhein-westfälischen Schulen nach Darstellung der Landesregierung nicht zusammengebrochen. Solche Behauptungen seien «grober Unfug», sagte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) am Freitag in einer Aktuellen Stunde des Düsseldorfer Landtags.

Die Ministerin bat aber um Verständnis für die kurzfristigen Änderungen und drückte ihr Bedauern darüber aus. Sie habe gewusst, dass das Unmut bei Eltern und Lehrern auslösen würde, habe das aber in Kauf nehmen müssen. NRW habe sein «Vorzeige-Modell» mit den PCR-Lolli-Tests plus Rückstellprobe angesichts beschränkter Laborkapazitäten nicht aufrechterhalten können, nachdem der Bundesgesundheitsminister eine Konzentration der PCR-Tests auf besonders schutzwürdige Personengruppen angestoßen habe, erklärte Gebauer.

Warum sie keine Vorkehrungen für den absehbaren Engpass bei den PCR-Tests getroffen hat? Wieso wurde die ab Mittwochmorgen geltende Änderung erst am Dienstagabend per Schulmail mitgeteilt? Kein Wort dazu. News4teachers / mit Material der dpa

Gebauer massiv unter Druck: „Die FDP-Ministerin ist überfordert – wie schon 2020 und 2021. Das merken sich die Wähler“

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Kritischer Dad*NRW
2 Jahre zuvor

Nun fällt auch noch der bisher verlässliche BVKJ als Gebauers Rückhalt weg

27.01.2022 Pressemitteilung
Corona-Pandemie und Kinder — Testchaos in NRW? So bitte nicht!
„Wir brauchen nachhaltige Konzepte und Strategien, die — angepasst an die Realität der Kinder und Jugendlichen — der tatsächlichen Gefährdung dieser Altersgruppe gerecht werden. Wir brauchen ebenso Konzepte, die die medizinische Realität in unseren Praxen berücksichtigen und ein sinnvolles Arbeiten für die Gesundheit unserer Kinder zulassen. Wir bieten gerne Mitarbeit an kind- und jugendgerechten Strukturen an, man muss uns aber im Sinne der Kinder endlich zuhören!”

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) in NRW fordert die Landesregierung zur sofortigen Beendigung ihrer konzeptlosen Pandemiepolitik bei Kinder- und Jugendlichen auf. Die erneute Sprunghaftigkeit in der Schul- und Gesundheitspolitik vor dem Hintergrund des aktuellen Chaos bei den PCR-Testungen gefährdet nicht nur die Durchführung des Präsenzunterrichtes, sondern vor allem die psychische Gesundheit und die Teilhabemöglichkeiten unserer Kinder und Jugendlichen.

Nebenbei bringt sie die pädiatrischen Praxen an den Rand ihrer Arbeitsfähigkeit.

https://www.bvkj.de/landesverbaende/nordrhein-westfalen-nordrhein/nachrichten/209-2022-01-27-corona-pandemie-und-kinder-testchaos-in-nrw-so-bitte-nicht

Andre Hog
2 Jahre zuvor

Lieber kritischer Dad…
Yvonne. wird diese Stellungnahmen und die darin vorgebrachte Kritik geschmeidig ignorieren, so wie sie alle anderen Aussagen, Forderumgen, wissenschaftlichen Expertisen, Ideen von der Basis, Wünsche der Eltern bislang auch ignoriert hat…die einzigen, denen sie zuzuhören scheint sind Chrissi Lindner und den Lobbyverbänden, für die sie das Wunschkonzert spielt, weil ihre wirtschaftliche Zukunft (eine politische hat sie hoffentlich nicht mehr) davon abhängt.
Taugt für nix, umfassend inkompetent, dafür aber gerne wirtschaftsorienziert – also ein super Aufsichtsratmitglied für Großkonzerne….die im Aufsichtsrat Leute brauchen, die keine Aufsicht hinbekommen.

SaMo
2 Jahre zuvor

Es ist wie man es dreht und wendet ein Desaster.
Testen die Schüler in der Schule selbst, werden mindestens die Hälfte der Kinder den Test fehlerhaft durchführen.
Testen die Eltern Zuhause und quittieren das negative Testergebnis kommen weitere Risikofaktoren hinzu (nicht durchgeführte Tests, …)
Es ist egal was die sich jetzt ausdenken. Der Hygienefilter ist verstopft, die Bremsscheiben defekt.
Beim Auto hieße daß die TÜV-Plakete wird nicht erteilt.
Um es vielleicht für Miss G verständlicher zu machen. Die DEHOGA hat erhebliche Mängel festgestellt.

Wenn diese Person jemals wieder ein Hostel betreiben sollte, dann würde ich mich ekeln, denn von Hygiene hat sie scheinbar keine Ahnung.

Ich verstehe es nicht.
Kinder brauchen Sicherheit und Struktur.
Beides kann derzeit nicht geboten werden.
Die Konsequenzen liegen auf der Hand

Schafft sicheren Schulebetieb oder macht den Laden dicht.
Wäre im Hotelgewerbe nicht anders.

Mary-Ellen
2 Jahre zuvor
Antwortet  SaMo

Falls Frau Gebauer noch ein bisschen sparen möchte….die Grenzen der Kreativität sind noch nicht erreicht:

PCR-Test-Knappheit: Regierung will ab sofort nur noch ein Wattestäbchen für alle rumgehen lassen https://www.der-postillon.com/2022/01/pcr-knappheit.html

Rosa
2 Jahre zuvor

Wie lange wird Gebauer noch mitgetragen…..jeder andere hätte in seinen Beruf schon den Platz räumen müssen.

Rosa
2 Jahre zuvor

Grundschulen am Limit und weiße Fahne weht! https://mobile.twitter.com/nrwspd/status/1486243990995410947/photo/1

Tina+2
2 Jahre zuvor
Antwortet  Rosa

Ganz NRW sollte die weiße Flagge hissen.
Wir sollten mit weißen Fahnen am Auto durch die Städte fahren, als wenn eine WM wäre und unsere Heimteam-Farbe wäre weiß. Und aus den Fenstern sollten weiße Bettlaken hängen.

Ich weiß – das Groß der dumpfbräsigen Eltern würde nicht mitziehen.

Man schämt sich nur noch fremd für so viel Wurschtegaligkeit der meisten Mit-Eltern gegenüber der Gesundheit der eigenen Kinder!

Emma
2 Jahre zuvor
Antwortet  Tina+2

Volle Zustimmung. Aber die meisten Eltern sind inzwischen resigniert und zermürbt. Nach zwei Jahren Schulpolitik ohne jeden Sinn und Verstand fällt auch mir nichts anderes mehr ein, als meine Kinder einfach in den Arm zu nehmen und zu trösten, so gut es eben geht. Und das bei so vielen unterschiedlichen Anlässen… Da waren z. B. :
Angst um die vorerkrankte Lehrerin, die zum Unterricht gezwungen wurde.
Wechselunterricht ohne Freunde und ohne die gewohnte Bus-Fahrgemeinschaft.
Keine Masken bei steigenden Zahlen.
Aber Masken bei einer Inzidenz von 7, bei über 30Grad und zwar auch auf dem Schulhof.
Geplatzte Schulabschluss-Feiern.
Erster Schultag ohne Eltern.
Völlig undurchsichtige und unsensible Test-Politik.
Durchziehen des vollen Lehrplans.
Vollgas-Sportunterricht mit Maske – aber Schwimmunterricht natürlich ohne.

Mir fällt bestimmt noch mehr ein, aber eigentlich möchte ich gar nicht mehr darüber nachdenken. Da haben wir Eltern irgendwann einfach keine Kraft mehr.

Rosa
2 Jahre zuvor

Mit welcher Deutlichkeit muss noch gesprochen werden um Handlungsfähigkeit aufzuzeigen.https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr2/das-thema/audio-test-chaos-an-grundschulen-100.html

Emil
2 Jahre zuvor

Kein Roulette! Beim Roulette hat man eine Chance, bei Infizierten Schülern, die mit 6 Jahren Selbsttest machen sollen, nicht. Treffer – versenkt!

Tina+2
2 Jahre zuvor

Mittwoch PCR-Test in der Grundschule. (Mindestens) ein Kind ist positiv.

Donnerstag in der Schule, Antigen-Schnelltest.
Kein Kind hat einen positiven Test. Es sind aber einige Kinder nicht da.

Freitag, nächster Antigen-Schnelltest. Einer wird direkt rot und dann wieder blass (von einem der Kinder, die Do zuhause waren und dem es am Mi schon nicht gut ging).

Schulleitung entscheidet nach Ablauf der 15-20 min., dass das als negativer Test bewertet wird. So wurde es mir berichtet, ich war nicht selber dabei.

Ist das normal? Legal?
Ich bin einfach nur noch fassungslos.

ThankYouForWearingYourMask
2 Jahre zuvor
Antwortet  Tina+2

Leider heißt es bei den meisten Tests, dass Ergebnis muss zwischen 15 und 20 Minuten abgelesen werden. Exakt. Sonst kann es zu fehlerhaften Ergebnissen kommen. Im Zweifelsfall, wenn ich mir unsicher wäre, würde ich noch einmal einen zweiten test machen lassen.

potschemutschka
2 Jahre zuvor
Antwortet  Tina+2

Bei uns gilt der Test als positiv, auch wenn der 2. Streifen nur ganz schwach zu sehen ist. (Dank an meine SL)

ThankYourForWearingYourMask
2 Jahre zuvor
Antwortet  potschemutschka

Schwach positiv ist auch positiv. So ist es auch beim Schwangerschaftstest.

Clipperstorch
2 Jahre zuvor

Zumal die neuen Schnelltests in der Anwendung eine Zumutung sind. Sogar Erwachsene haben bei einigen der Tests Schwierigkeiten, die lila Kappe des Röhrchens abzudrehen. Ein riesiger Spaß mit Erst- und Zweitklässlern…

Andre Hog
2 Jahre zuvor

@ Tina+2:
Das scheint normal zu sein…beim Dohn eines Freundes im Gymnasium unserer Nachbarstadt ergaben sich mittlerweile mehrere positive Schnelltests im Sportunterricht der ersten Stunde.
Frage des unterrichtenden Lehrers: “ Und was machen wir jetzt?“ während dem betroffenen Schüler bereits der Arsch auf Grundeis ging.
Der Kollege hat dann jedesmal einen weiteren Schnelltest machen, der dann jeweils negativ ausfiel.
Also alles gut und die „positv-negativen SuS“ verblieben im Unterricht.
Mein Freund – selber L an einer Förderschule – hat den Sportkollegen angerufen und ihn am Telefon wegen dieses skandalösen Verhaltens lang gemacht…Ergebnis war und ist, dass nun der Sohn von dem Kollegen gemobbt wird.
Wir müssen uns keine Gedanken machen….innerhalb des Systems Schule finden wir in breiter Front scheinbar auch keine verlässlichen Mitstreiter gegen diesen Wahnsinn. Da muss ich nur im Geiste meine eigenen Kolleg*innen durchgehen….ein gehöriger Anteil benimmt sich und redet wie die allerfeinsten Leerdenker es tun.

Jedimeisterin
2 Jahre zuvor

<<<Infektiöse Schüler werden zum Nachtest in Schulen geholt <<
Ist das nicht verboten? Infektiöse Kinder gehören in Quarantäne und nicht in die Schule.