Neuer Fächerkanon, ganztags und mehr Digitalität: Aktuelle Cornelsen-Studie zeigt, wie Schulleitungen die Schule der Zukunft sehen

6

Deutschland braucht eine „neue Kultur des Lernens“, damit Schulen zukunftssicher werden. Zu diesem Schluss kommt die repräsentative Schulleitungsstudie des FiBS Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie aus Berlin im Auftrag von Cornelsen. So ist für 82 Prozent der Befragten die gebundene Ganztagsschule das Modell der Zukunft, das ganz wesentlich zur Chancengleichheit in der Bildung beitragen kann. Und sogar der althergebrachte Fächerkanon steht zur Debatte: 82 Prozent halten diesen nicht mehr für zeitgemäß und fordern eine grundlegende Überarbeitung.

Die Cornelsen Schulleitungsstudie wurde 2021/2022 erstmals durchgeführt. Dafür hat das FiBS mehr als 1.100 Schulleiterinnen und Schulleiter unterschiedlicher Schulformen und in ganz Deutschland online befragt, welche Erwartungen sie an die Schule der Zukunft haben. Mit 50 Schulleiter:innen wurden ergänzend tiefergehende Einzelinterviews geführt. Das FiBS hat die Studie unter Beteiligung des renommierten Bildungsforschers Prof. Dr. Klaus Hurrelmann realisiert. Dieser hat ein ganz eigenes Verhältnis zu Schulleiter:innen: „Als Schüler mit einer komplizierten Schullaufbahn weiß ich: Schulleitung ist in unserer Gesellschaft eine Schlüsselrolle, die von Bedeutung für die gesamte weitere nicht nur bildungspolitische, sondern auch familien-, kultur- und kommunalpolitische Entwicklung ist.“

Aber was muss Schule künftig für junge Menschen leisten – unter Deutschlands Schulleiter:innen herrscht darüber große Einigkeit. Praktisch alle Befragten (97 Prozent) sind der Meinung, dass Schulen die Chancengleichheit in der Bildung ermöglichen müssen. 92 Prozent setzen dafür auf individuelle Förderangebote, um allen Schülerinnen und Schülern gerecht zu werden. Und 93 Prozent wünschen sich, dass im Unterricht mehr Lebenskompetenzen vermittelt werden, um Schüler:innen besser auf das Erwachsensein und die Arbeitswelt vorzubereiten. Weitere wichtige Themen sind „Digitale Bildung und Mündigkeit“ (92 Prozent), „Gesundheit und Ernährung“ (90 Prozent) sowie „Demokratie“ (88 Prozent).

Eine wichtige Rolle im Schulalltag spielt die Digitalität. So haben 97 Prozent angegeben, dass Schüler:innen den verantwortungsbewussten Umgang mit digitalen Medien in der Schule lernen sollten. Darüber hinaus sehen viele die Möglichkeiten, die digitale Technologien für den Schulalltag bieten. 87 Prozent der Schulleitungen glauben, dass Apps und andere digitale Programme in Zukunft individualisiertes Lernen – und damit auch die Chancengleichheit – unterstützen können. Rund acht von zehn Schulleitungen (78 Prozent) sind außerdem überzeugt, dass sich das Schulmanagement durch die Einbindung technischer Hilfsmittel vereinfachen lässt.

Deutschlands Schulleitungen sehen also große Veränderungen auf die Schulen zukommen, die sie auch gerne vorantreiben würden. 80 Prozent der Befragten sprechen sich dafür aus, dass sich Schulleitung auf die Strategie- bzw. die Unterrichtsentwicklung und den Lernerfolg der Schüler:innen konzentrieren sollte. Der Alltag sieht allerdings anders aus. Rund die Hälfte der Befragten gibt an, maximal drei Stunden pro Woche für das Thema Schulentwicklung zur Verfügung zu haben. Einen Großteil der Arbeitszeit beanspruchen administrative Aufgaben. Immerhin 54 Prozent der Schulleitungen verbringen damit wöchentlich mehr als 10 Stunden. Das mag vielleicht ein Grund sein, weshalb fast drei Viertel aller Schulleitungen (72 Prozent) unzufrieden auf das vergangene Jahr zurückschauen. Doch obwohl die meisten Herausforderungen noch auf ihre Lösung warten – die Zukunft sieht die Mehrheit der Befragten positiv. Denn immerhin 52 Prozent gaben an, der Zukunft optimistisch entgegenzusehen.

Bei der Interpretation der Ergebnisse zeigt sich Bildungsforscher Hurrelmann überrascht: „Wer hätte das gedacht? Die Mehrheit der deutschen Schulleiterinnen und Schulleiter sind Reformer. Die Cornelsen Schulleitungsstudie widerlegt das Bild von Schulleitungen als bürokratischen und einfallslosen Behörden. Die befragten Schulleiterinnen und Schulleiter leugnen nicht, dass es in deutschen Schulen immer noch verkrustete Strukturen gibt, die tief im Alltag verankert sind. Aber genau diese wollen sie überwinden.“

Cornelsen will Schulleitungen eine starke Stimme geben. Für das Unternehmen ist es daher nur folgerichtig, schon bald die Nachfolgestudie durchzuführen: „Den großen Gestaltungswillen von Schulleitungen und ihre konkreten Ansatzpunkte, um Schulen besser aufzustellen und individuellen Lernerfolg zu ermöglichen, wollen wir öffentlich machen“ beschreibt Frank Thalhofer, Chief Didactic Officer, die Motivation, die Cornelsen Schulleitungsstudie fortzusetzen. Projektleiterin Dr. Sarah Fichtner (FiBS) freut sich auf die Fortsetzung der Befragungen, um „Schulleitungen nachhaltig als Zukunftsgestalter:innen ernst zu nehmen“. Und Dr. Dieter Dohmen, Direktor des FiBS Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie ergänzt: „Die Studie regt zum Um- und Weiterdenken an. Wir setzen sie gerne fort, denn sie trägt dazu bei, das Bildungssystem innovativer zu gestalten.“ 

Die Cornelsen Schulleitungsstudie im Internet: cornelsen.de/schulleitungsstudie

Über Cornelsen
Der Cornelsen Verlag zählt zu den führenden Anbietern von Bildungsmedien im deutschsprachigen Raum. Seit über 75 Jahren lernen und unterrichten Menschen mit Materialien von Cornelsen. Mit individuellen, modernen und multimedialen Lösungen fördert Cornelsen Bildungspotenziale von der frühen Kindheit bis ins Erwachsenen- und Berufsleben.
cornelsen.de

FiBS Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie
Das FiBS arbeitet seit über 25 Jahren zu bildungs- und sozialökonomischen Themen auf deutscher, europäischer und weltweiter Ebene. Mit unterschiedlichen Fokussierungen betrachtet es alle Bildungsbereiche übergreifend und setzt sie zu sozialen, innovativen, digitalen und arbeitsmarktpolitischen Themen in Beziehung. 
FiBS.eu

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

6 Kommentare
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments
Ulrike
2 Jahre zuvor

Gibt’s dann auch zuverlässig Toilettenpapier und Seife an den Schulen? Das wäre supi!

Nicole
2 Jahre zuvor

Was heißt gebundene Ganztagsschule? Wenn die Kinder dort z.B. jeden Tag bis 16.00 Uhr bleiben müßten, würde ich das nicht gut finden. Das wäre mir zu viel Einmischung ins Privatleben.

Beni
2 Jahre zuvor
Antwortet  Nicole

Privatleben? Das ist Umsetzung des Bildungsauftrags.

Nicole
2 Jahre zuvor
Antwortet  Beni

Von 7.40 Uhr bis 16 Uhr ab der 5. Klasse in der Schule finde ich extrem lang. Es gibt auch Eltern, die für ihr Kind Zeit haben und nicht böse sind, wenn es um 14 Uhr zu Hause ist. Es gibt auch noch andere Dinge wie Vereinssport, Treffen mit Freunden etc. – ist alles bisschen schwierig, wenn man erst sehr spät zu Hause ist. Ich hätte mein Kind niemals auf eine Ganztagsschule geschickt.

Aha
2 Jahre zuvor

Ich bin mir relativ sicher, ergänzen zu können:
– 100% der Schulleitungen wären für mehr Geld im Bereich der Schulen/Bildung.
– 100% der Schulleitungen wären für eine Ergänzung/Mehreinstellung des Schulteams. (Lehrkräfte, Hausmeister, Sekretariat, Soz.-Päds., Schulbegleitungen, Multiprofessionelle Teams…)
-> 100% der Schulleitungen wären somit für bessere Rahmenbedingungen

Und was machen wir jetzt mit der Studie?
Gibt es dort auch Umsetzungen? Bedarf gibt es ja schon lange, da bräuchte ich keine Studie für. Drüber gesprochen wird auch schon länger … Die Umsetzung und ein sinnvoller Fahrplan fehlt halt irgendwie. Das wäre doch mal was cooles … Bisschen mehr Praxis, nicht nur Theorie (und Versprechen).

Anna
2 Jahre zuvor

Die Schulpflicht muss abgeschafft werden und mehr Bildungsangebote online.