Berlin, Breitscheidplatz: Auto fährt in Menschenmenge – Lehrerin stirbt, viele Schüler verletzt

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BERLIN. Jahre nach dem Terroranschlag am Berliner Breitscheitplatz eilen wieder etliche Einsatzkräfte in die City West. Sirenen heulen. Ein Autofahrer ist in eine Menschengruppe gefahren. Eine Frau stirbt, viele Schüler werden verletzt. Was war mit dem Fahrer los?

Bei der Fahrt eines Mannes in eine Menschengruppe in Berlin ist eine Lehrerin aus dem nordhessischen Bad Arolsen getötet worden. Unter den Verletzten befanden sich zahlreiche Schülerinnen und Schüler einer zehnten Klasse, ein Lehrer wurde nach derzeitigem Stand schwer verletzt. Die Schüler aus Hessen würden psychologisch betreut, sagte Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) am Mittwoch in Berlin. Sie kündigte an, der Tatverdächtige werde in alle Richtungen überprüft. Der Fahrer sei in ein Krankenhaus gekommen.

Bei dem Vorfall am Mittwochvormittag erlitten nach Feuerwehrangaben sechs Menschen lebensgefährliche Verletzungen. Hinzu kämen drei Schwerverletzte und mehrere Leichtverletzte. Eine genaue Gesamtzahl der Opfer des Vorfalls am Ku’damm und der Tauentzienstraße war zunächst nicht bekannt. Für den Abend (19.00 Uhr) wurde eine Gedenk-Andacht in der Gedächtnis-Kirche angekündigt, in deren Nähe sich der Vorfall ereignete.

Der Fahrer des Wagens wurde vorläufig festgenommen. Er sei zunächst von Passanten festgehalten worden, sagte Polizeisprecher Thilo Cablitz. Der Mann ist laut Polizei ein 29 Jahre alter, in Berlin lebender Deutsch-Armenier. Die Polizei prüfte, ob es sich um einen Unfall, einen medizinischen Notfall oder um eine vorsätzliche Tat handele. Der Fahrer war nach dpa-Informationen mit einem Auto unterwegs, das seiner älteren Schwester gehört. Er soll der Polizei bereits wegen mehrerer Delikte bekannt gewesen sein, allerdings nicht in Zusammenhang mit Extremismus.

Der Mann fuhr den Renault-Kleinwagen an der Straßenecke Ku’damm und Rankestraße auf den Bürgersteig des Ku’damms und in eine Menschengruppe. Dann fuhr er auf die Kreuzung und knapp 200 Meter weiter auf der Tauentzienstraße Richtung Osten. Kurz vor der Ecke Marburger Straße lenkte er den Wagen erneut von der Straße auf den Bürgersteig, touchierte ein anderes Auto, überquerte die Marburger Straße und landete im Schaufenster eines Parfümerie-Geschäfts.

Die Bundesregierung, Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zeigten sich bestürzt über das Geschehene. «Meine Gedanken sind bei den schwer und sehr schwer Verletzten, bei dem Todesopfer», erklärte Steinmeier. «Und sie sind bei denen, die Schreckliches erleben mussten. Mein tiefes Mitgefühl gilt ihnen, allen Angehörigen und Hinterbliebenen.»

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) sagte den Betroffenen Unterstützung zu. «Wir werden alles dafür tun, den Betroffenen zu helfen.» Ebenso werde alles dafür getan, den Hergang aufzuklären. «Wir wissen, dass wir eine Tote und zehn Schwerverletzte haben.» Sie machte sich am Nachmittag ein Bild von der Lage vor Ort.

Am Mittwochvormittag war die Polizei nach eigenen Angaben mit circa 130 Kräften im Einsatz, mit einem Hubschrauber verschafften sich die Beamten einen Überblick aus der Luft. Die Feuerwehr war mit 100 Kräften vor Ort. Das Areal war großflächig abgesperrt. Es waren mehrere Krankenwagen und Polizeiautos vor Ort, Seelsorger kümmerten sich um Zeugen. Die Polizei rief die Menschen dazu auf, keine Bilder vom tödlichen Vorfall an der Einkaufsstraße im Internet zu posten.

Hessens Kultusminister Alexander Lorz (CDU) sagte: «Wir haben umgehend Notfallbetreuungsteams nach Bad Arolsen geschickt, um den Angehörigen, Mitschülerinnen und Mitschülern sowie den Lehrkräften beizustehen.» Ein Team aus der Schule sei auf dem Weg nach Berlin, um den Jugendlichen vor Ort sowie ihren Eltern zur Seite zu stehen. «Neben der Aufklärung dieses Vorfalls ist es wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler über die traumatischen Erlebnisse sprechen können.»

Der Unfallort befindet sich unweit der Gedächtniskirche am Breitscheidplatz in Berlin-Charlottenburg. Dort war im Dezember 2016 ein islamistischer Attentäter in einen Weihnachtsmarkt gefahren. Dabei und an den Spätfolgen starben insgesamt 13 Menschen, mehr als 70 wurden verletzt.

In Berlin weckt der Vorfall auch Erinnerungen an den Tod von vier Menschen im Bezirk Mitte im Jahr 2019: Ein Mann war damals mit seinem schweren Wagen von der Invalidenstraße abgekommen. Der SUV überschlug sich und tötete auf dem Gehweg einen Dreijährigen und seine Großmutter sowie zwei Männer. Im Februar 2022 war der Fahrer zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Er war trotz einer Epilepsie-Erkrankung und einer Gehirnoperation einen Monat vor dem Unfall Auto gefahren.

Die Gegend, in der sich der tödliche Vorfall am Mittwoch ereignete, ist wegen der vielen Geschäfte, Cafés und Sehenswürdigkeiten oft sehr belebt. Sie ist ein Anziehungspunkt für Touristen aus dem In- und Ausland. In der Nähe befinden sich zum Beispiel der Zoologische Garten, der Bahnhof Zoo und das Kaufhaus des Westens (KaDeWe). News4teachers / mit Material der dpa

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4 Kommentare
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Carsten60
1 Jahr zuvor

Merkwürdig jedenfalls, wie oft polizeibekannte Leute in solche Vorkommnisse verwickelt sind. Auch Amri war polizeibekannt. Er hatte angeblich 14 Identitäten, hätte also theoretisch irgendwann 14-mal Hartz IV beziehen können. Merkwürdig angesichts des sonstigen Perfektionsstrebens deutscher Verwaltung.

Schattenläufer
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Ist die alte deutsche Krankheit.
Wir sind sehr organisiert und bauen so etwas Gutes auf. Eine effektive Polizei, ein sehr gutes Schulsystem oder eine funktionierende Verwaltung.
Wenn wir fertig sind bedenken und bereden wir jede Kleinigkeit und regeln es dann so weit weiter, bis wir es so verschlimmbessert haben, dass eigentlich nichts mehr geht.
Durch Sparmaßnahmen geben wir dem Ganzen dann den Rest.
Erst dann sind wir zufrieden.
Eine eigentlich gute Polizei und Verwaltung ist so sehr geknebelt und kaputt gespart, dass sie eigentlich nur noch bei der Verfolgung von Falschparkern einsatzfähig ist.
Polizeibekannte Menschen kann man nicht so einfach überwachen. Kein Personal, der Mann hat ja auch Rechte, an Ende ist er sogar psychisch krank….
Bis alles berücksichtigt ist, was das umfangreiche Regelwerk fordert, dann gibt es schon mal ein paar Tote. Dafür war aber alles nach Vorschrift und lief mit dreifachen Durchschlag der Protokolle in korrekten Bahnen ab.
Wenn sie sich den Tag versauen wollen, dann denken sie nicht über 14 mal Harz 4 nach, denken sie lieber mal über organisierte Kriminalität oder Terrorismus und deren Bekämpfung in Deutschland nach. Das macht richtig Laune.

Realist
1 Jahr zuvor
Antwortet  Schattenläufer

„alles nach Vorschrift“

Die Regeln machen aber nicht Beamte oder Verwaltung, sondern die Politik.

dickebank
1 Jahr zuvor

Typischer Clickbait-Journalismus. Wäre der Vorfall nicht in der Nähe des Lippenstiftes und der Puderdose geschehen, hätte es eine kurze Meldung im Berliner Polizeibericht gegeben.

Was da passiert ist ist schrecklich, nur hat es für die Opfer aus Bad Arolsen eine noch tragischere Seite, die die überregionalen Medien aber nicht interessiert. In Volkmarsen – ebenfalls im Waldecker Land und damit in der Nähe von Bad Arolsen – hat es beim Karneval 2020 eine ähnliche Amokfahrt gegeben.