Berlin will mit Verbeamtung bis 52 Lehrer aus anderen Bundesländern abwerben

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BERLIN. Der Berliner Senat hat einen Gesetzentwurf zur Lehrerverbeamtung auf den Weg gebracht. Das Gesetz soll angestellten Lehrerinnen und Lehrern bis zur Vollendung des 52. Lebensjahres einen Wechsel in den Beamtenstatus ermöglichen. Damit, daraus macht die Bildungssenatorin keinen Hehl, sollen Lehrkräfte aus anderen Bundesländern, inbesondere Brandenburg, angelockt werden.

Die Verbeamtung ist mit finanziellen Vorteilen verbunden. Foto: Shutterstock

Eigentlich können Beschäftigte im öffentlichen Dienst des Landes nur bis zum 45. Geburtstag Beamte werden, die neue Regel schafft also eine Ausnahme für Lehrer. Sie soll zunächst bis Ende 2026 gelten und nach Angaben von Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) dafür sorgen, dass möglichst vielen Bestandslehrkräften eine Verbeamtung angeboten werden kann. Dadurch werden sie finanziell bessergestellt.

Nach 18 Jahren Auszeit hatte sich Berlin als letztes Bundesland entschlossen, Lehrkräfte seit Beginn dieses Schuljahrs wieder zu verbeamten. Das soll den Fachkräftemangel mildern. Das sogenannte Artikelgesetz dient der rechtlichen Absicherung des Vorhabens. Es regelt noch eine Reihe weiterer Details zum Statuswechsel der Lehrer, die schon länger angestellt sind. Im Abgeordnetenhaus soll das Gesetz im Januar beschlossen werden, also noch vor der Wiederholungswahl am 12. Februar.

Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) sagte zu dem Senatsbeschluss: «Das ist ein guter Tag für die Berliner Schulen.» Jahrelang hätten junge Lehrkräfte Berlin verlassen, um sich woanders verbeamten zu lassen. Nun müssten sie dazu nicht mehr weggehen.

«Anstatt den Tarifvertrag anzuwenden und Zulagen von bis zu 900 Euro monatlich zu zahlen, will die Koalition lediglich über eine rechtlich wackelige Konstruktion 250 Euro zahlen»

Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) äußerte die Hoffnung, dass nunmehr sogar wieder Lehrer aus anderen Bundesländern nach Berlin zurückkehrten, nicht zuletzt aus Brandenburg. Gleichzeitig wies sie darauf hin, dass für Lehrkräfte, die nicht verbeamtet werden wollen oder können, ein gerechter Ausgleich geplant sei. Dieser soll von der rot-grün-roten Koalition im Abgeordnetenhaus erarbeitet und dann gemeinsam mit dem Gesetz beschlossen werden. Im Senat einigten sich dessen Mitglieder dem Vernehmen nach auf Drängen der Linken auf einen Rechtsanspruch für solche Kompensationszahlungen.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) wünschte sich unterdessen mehr Klarheit und kritisierte kursierende Ideen für die Kompensation. «Anstatt den Tarifvertrag anzuwenden und Zulagen von bis zu 900 Euro monatlich zu zahlen, will die Koalition lediglich über eine rechtlich wackelige Konstruktion 250 Euro zahlen», erklärte die Gewerkschaft. «Es ist zudem noch unklar, wer sie überhaupt bekommen soll.»

Neben der Altersgrenze sieht das Gesetz einen Pensionsfonds für die Altersversorgung verbeamteter Lehrkräfte vor. Hohe Pensionslasten zählen zu den Hauptproblemen im Zusammenhang mit beamteten Staatsdienern. Das Gesetz regelt zudem Details wie die Anerkennung von Probezeiten oder die Einstufung von Lehrkräften in Funktionsstellen wie etwa Schulleiterstellen. Für pensionierte Lehrer, die weiter an Schulen arbeiten wollen, entfällt eine Zuverdienstgrenze. Sie können also zusätzlich zu ihrer Pension deutlich mehr verdienen.

An Berlins Schulen arbeiten derzeit rund 34.000 Lehrerinnen und Lehrer. Die Bildungsverwaltung geht davon aus, dass rund 16.000 derzeit angestellte Lehrkräfte verbeamtet werden können. Allein von der Anhebung der Altersgrenze könnten rund 3500 profitieren. Bei rund 5000 Lehrern sei das aus Altersgründen nicht möglich. Etwa ein Drittel der Lehrer ist bereits verbeamtet. Das geschah entweder in früheren Zeiten in Berlin oder in anderen Bundesländern.

Nach den Worten Busses ist die Verbeamtung nur ein Schritt gegen den Mangel an Lehrkräften. Nötig sei unter anderem auch mehr Ausbildung an Berliner Hochschulen. «Es wird noch viele Jahre dauern, bis wir genügend Lehrerinnen und Lehrer haben», so die Senatorin. News4teachers / mit Material der dpa

Warum die Verbeamtung von Lehrkräften zu Giffeys Dauerbaustelle werden könnte

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9 Kommentare
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leutesdorf
1 Jahr zuvor

So geht also die Kombination von Markt und Plan?! Oder soll man sagen von Marktwirtschaft und Planwirtschaft. Oder am Ende doch von Wunsch und Wirklichkeit?

Peter Lugatsch
1 Jahr zuvor

Bei der Überschrift „Berlin will mit Verbeamtung bis 52 Lehrer aus anderen Bundesländern abwerben“ ging ich zuerst davon aus, dass Berlin bis zu 52 Lehrer aus anderen Bundesländern aufgrund der Verbeamtung abwerben möchte – es wird Zeit für die nächsten Ferien 😉

Leo Lausemaus
1 Jahr zuvor
Antwortet  Peter Lugatsch

Für diese Interpretation fehlt aber „zu“ (bis zu).

Checkthefacts
1 Jahr zuvor

«Anstatt den Tarifvertrag anzuwenden und Zulagen von bis zu 900 Euro monatlich zu zahlen, will die Koalition lediglich über eine rechtlich wackelige Konstruktion 250 Euro zahlen»
Ich hoffe, man erfährt noch Genaueres über dieses Vorhaben und wer genau sich da für welchen Betrag stark macht.

Sollte der Nachteilsausgleich so umgesetzt werden, wäre dieser Betrag der Höhe nach eine Ohrfeige für alle Bestandslehrkräfte, die in Berlin als Lehrer Angestellte sind und dies bleiben wollen oder müssen.

Alles andere als „angemessen und gerecht“, um die Bildungssenatorin Busse zu zitieren, dies sich dieses Sachverhaltes hoffentlich auch klar ist.

Die Bildungsverwaltung hat ganz offen zugegeben, dass die Verbeamtung zukünftig Milliardenbeträge kosten wird, dem aber nur Einsparungen von Millionenhöhe bei den Sozialausgaben gegenüberstehen. Einsparungen im Übrigen, die den Sozialkassen dann fehlen werden, also auch auf Kosten der Breite der Bevölkerung gehen.

Und für die angestellten Lehrer soll bei diesem Vorhaben, das immerhin von einer linken Regierung getragen wird (das muss man sich mal geben!!), nicht mehr als ca. 250 Euro an „Nachteilsausgleich“ rauskommen?

Aus Sicht der angestellten Bestandslehrkräfte einfach nur „unanständig“, sollte das so kommen.

Gerechtigkeit sieht jedenfalls anders aus, denn gerecht wäre nur ein Ausgleich, der die immensen langfristigen Vorteile einer Verbeamtung und das Gehalt eines angestellten Lehrers, nach allen Abzügen, aber ohne Pensionsanspruch, Kinderzuschlag, Beihilfe und beruflicher Absicherung, einigermaßen fair und angemessen ausgleicht.

Ansonsten sollte man der Korrektheit halber doch eher von einem Almosen sprechen.

Danke schon mal an Rot-Rot-Grün, sollte der Ausgleich der Höhe nach so durchgewunken werden.

„Am Ast sägen, auf dem man sitzt“, mehr fällt mir dazu nicht mehr ein.

Leo Lausemaus
1 Jahr zuvor

Man sollte nicht vergessen: Es war die SPD, die gelogen hat, als sie auf einem Landesparteitag die Zustimmung der Delegierten zur Verbeamtung erschlich – übrigens nur wenig mehr als die Hälfte und ein paar Monate vorher noch weniger als die Hälfte (!) -, indem sie 4 Anrechnungsstunden versprach für die, die nicht verbeamtet werden!! Eine besonders unrühmliche Rolle spielte dabei die SPD-Bildungspolitikerin Maja Lasic:
Raed Saleh und Maja Lasic: „Wir kämpfen für die Verbeamtung der Berliner Lehrer“ (tagesspiegel.de)

Es sind demnächst wieder Wahlen in Berlin. Ein paar Tausend Lehrerstimmen können tatsächlich entscheidend sein.

Last edited 1 Jahr zuvor by Leo Lausemaus
Hornveilchen
1 Jahr zuvor

Angesichts dessen, was Mal versprochen worden war, sind 250 Euro Brutto!! ein Trauerspiel. Es werden die damit bestraft und benachteiligt, die am längsten angestellt sind, denn sie jetzt zu alt für eine Verbeamtung.

Rot-rot-grün schafft damit neuen Frust in den Lehrerkollegien.

Berliner Pflanze
1 Jahr zuvor

Was wir Angestellte nun bekommen sollen, ist einfach nur enttäuschend!

Iri-Hor
11 Monate zuvor

Ob das wirklich gelingen kann? Ich lese gerade:

„Von den rund 400 Referendaren aus Berlin und anderen Ländern, denen zum aktuellen Schulhalbjahr die Verbeamtung angeboten wurde, haben nur gut 290 das Angebot angenommen. Mehr als ein Viertel hat vorerst dankend abgelehnt……….“
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1172467.verbeamtung-berliner-schulpolitik-nicht-alle-wollen-beamte-sein.html