Neuer VBE-Chef Brand: Schulen für Seiteneinsteiger öffnen! Ohne wird’s nicht gehen

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STUTTGART. Lehrer fehlen an allen Ecken und Enden. Die Folge: Unterricht fällt aus, der Job wird stressiger für die, die die Lücken füllen müssen. Das macht die Arbeit unattraktiver, der Nachwuchs fehlt. Der VBE will sich bewegen – und entfernt sich von früheren Zielen.

Hat Udo Beckmann an der VBE-Spitze abgelöst: Gerhard Brand. Foto: VBE Baden-Württemberg

Weil Zehntausende von Lehrkräften fehlen und Baden-Württemberg in den Bildungsstudien ordentlich Federn gelassen hat, fordert der Lehrerverband VBE Kompromisse in der Ausbildung der Pädagogen. Vor allem Lehrern ohne klassische Ausbildung, sogenannten Quereinsteigern, müsse der Weg ins Lehrerzimmer ermöglicht werden, wenn dies auf qualitativ hochwertige Weise gelänge, sagte der Landes- und (seit Dezember) Bundesvorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), Gerhard Brand. «Es ist wichtig, sich von der Idee zu verabschieden, dass wir den Unterricht nur noch mit vollausgebildeten Lehrkräften absichern können, leider», sagte er im Gespräch. Studierende müssten zudem stärker unterstützt werden, damit sie ihr Lehramtsstudium durchziehen.

«Wir können über die Variante Quereinsteiger oder Seiteneinsteiger relativ schnell Leute an die Schule bringen und den Lehrkräftebedarf ein wenig kompensieren», sagte der Verbandschef. Das werde zwar der Profession nicht gerecht. «Aber über den Schatten müssen wir angesichts der prekären Lage springen. Es wird nicht anders gehen, wenn wir den Karren nicht in die Grütze fahren wollen.»

«Angesichts der Lage müssen wir Schulen öffnen für Seiteneinsteiger, um die vorhandenen Lehrkräfte zu entlasten»

Zahlreiche Bundesländer bemühen sich zwar seit einigen Jahren, auch nicht traditionell ausgebildete Lehrkräfte für das Lehramt zu gewinnen. Ein Seiteneinstieg in den Beruf ist auch in Baden-Württemberg bereits möglich, es gibt aber noch hohe Hürden und Einschränkungen. Unter anderem werden sie nur in einzelnen Fächern und nicht in allen Schularten akzeptiert. «Angesichts der Lage müssen wir Schulen öffnen für Seiteneinsteiger, um die vorhandenen Lehrkräfte zu entlasten», forderte Brand. Bislang werde dies in Baden-Württemberg nur an Berufsschulen sowie an Gymnasien in den Fächern Physik und Informatik und unter bestimmten Voraussetzungen angeboten.

«Das ist zu wenig konzeptioniert», sagte Brand. «Wir werden es in den nächsten zehn Jahren nicht schaffen, die Schulen mit ausreichend originär ausgebildeten Lehrkräften zu versorgen. Und wir werden diesen Mangel noch über Jahre hinweg tragen müssen, wenn wir nicht versuchen, andere Wege zu gehen.»

Quereinsteiger sind aus Sicht des VBE aber nur eine Stellschraube, an denen das Land drehen muss. «Wir haben Abbrecherquoten von 35 bis 50 Prozent im Studium, das können wir uns nicht leisten», sagte Brand. «Wir müssen versuchen, die Leute zu unterstützen, wenn sie sich für ein Lehramtsstudium entscheiden.» Möglich seien zum Beispiel mehr Tutoren, zinsfreie Kredite oder weitere Studentenwohnheime. «Wenn wir nur die Hälfte der Aussteiger halten können, haben wir relativ schnell deutlich mehr Personal zur Verfügung», rechnete Brand vor.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte die Verbände zuletzt aufgerufen, nicht fortwährend neue Stellen zu fordern, sondern über Inhalte zu diskutieren. Brand weist das zurück. «Die Zahl der Lehrkräfte ist der Dreh- und Angelpunkt», sagte er. Über Inhalte lasse sich nur diskutieren, wenn es eine ausreichende Zahl an Lehrern gebe, die diese Inhalte vermitteln könnten. «Wenn ich mein Auto in die Werkstatt stelle und es gibt nur zwei Mechaniker, dann krieg ich den Wagen schnell hingepfuscht oder ich kriege ihn nicht rechtzeitig zurück», sagte der VBE-Chef.

Einen klassischen «Quereinstieg» ohne pädagogische Vorqualifikationen mit einer minimalen Einweisung und in unbefristeter Anstellung gibt es in Baden-Württemberg – anders als in anderen Bundesländern – nicht. Etabliert haben sich der Seiten- und der Direkteinstieg an den Schulen. Beide Varianten bauen auf unterschiedlichen Ausbildungen auf.

«Wir arbeiten am Ausbau des Seiten- und Direkteinstiegs, und wir wollen noch mehr andere Berufsgruppen ansprechen»

Das Kultusministerium verweist auf die Stellschrauben, die angesichts des Lehrermangels bereits gedreht würden, und auf angedachte weitere Öffnungen. «So bauen wir die Studienkapazitäten aus, greifen auf Pensionärinnen und Pensionäre zurück, bitten unsere Teilzeitlehrkräfte um Aufstockung, entfristen bewährte sogenannte Nichterfüller und weiten die bereits bestehenden Möglichkeiten für einen Direkt- oder Seiteneinstieg aus», sagte ein Sprecher. «Wir arbeiten also auch am Ausbau des Seiten- und Direkteinstiegs, und wir wollen noch mehr andere Berufsgruppen ansprechen.»

Der Bildungssprecher der Grüne-Fraktion, Thomas Poreski, sagte, es gebe bereits Programme für einen Einstieg, das Land müsse aber das Potenzial von Qualifizierten ohne pädagogische Vorerfahrung besser nutzen. Denen, die eine zweite Laufbahn als Lehrkraft starten wollten, müsse eine Brücke gebaut werden zum Beispiel über duale Studiengänge. Auch Qualifizierten ohne pädagogische Vorbildung wie etwa studierten Naturwissenschaftlern, Musiker oder Künstlerinnen müsse das Unterrichten ermöglicht werden. «Klar ist aber auch: Das Klassenzimmer ist kein Experimentierkasten», sagte Poreski. Sinnvolle Qualitätsstandards müssen erfüllt werden.

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sprach dagegen am Mittwoch von einer «galoppierenden Verelendung der Leistungsfähigkeit» der baden-württembergischen Schulen. Grundschulen werde für die nächsten Jahre nichts anderes übrig bleiben, als auf Quereinsteiger zu setzen. Im sekundären Bereich zeigte sich Rülke skeptisch: Quereinsteiger müssten dort eine hohe wissenschaftliche und pädagogische Qualifikation mitbringen. News4teachers / mit Material der dpa

Immer mehr Seiteneinsteiger kommen in den Lehrerberuf – der VBE spricht schon von einem „Albtraum für alle Beteiligten“

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Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor

So lasset die Spiele beginnen.
„Auweh Caesar, mordsdertrubel, de’sch allerhand!“

Last edited 1 Jahr zuvor by Dil Uhlenspiegel
Against Fremdbetreuung
1 Jahr zuvor

„…relativ schnell Leute an die Schule bringen und den Lehrkräftebedarf ein wenig kompensieren», sagte der Verbandschef. Das werde zwar der Profession nicht gerecht. (…) „Es wird nicht anders gehen, wenn wir den Karren nicht in die Grütze fahren wollen.““
Nein, diese Haltung sorgt dafür, dass bei den immer steigenden Anforderungen an den Beruf und seine Protagonist:innen der ‚Karren immer weiter in die Grütze‘ fährt!
Gerade jetzt braucht es Profis- darüber können auch die durchaus bemühten Quereinsteiger, unter denen es sicher Begabungen gibt, die eine Schule und die Kinder bereichern können, hinwegtäuschen.
Professionalisierung im Lehrberuf ist keine akademische Liebhaberei!
Einen solchen Verbandsvorsitzenden kann man in der Pfeife rauchen.

Iam
1 Jahr zuvor

Es gibt auch noch andere Profis als staatlich ausgebildete Lehrer*innen.
Ergotherapeut*innen, Sozialpädagog*innen, Psycholog*innen, Heilpädagog*nnen, Erzieher*innen, Erziehungswissenschaftler*innen, Techniker*innen,Physiker*innen, Informatiker*innen etc.

Warum sollten diese Fachkräfte Schulen nicht unterstützen und bereichern können?
Warum wollen sie bei der ganzen Überforderung allein gelassen werden und warum sollten Schulen und auch Lehrpläne nicht dafür öffnen ?

Wir haben auch “ Recht auf Teilhabe “ Gesetz, was nun zur Folge hat dass Kinder mit besonderem Förderbedarf allgemeine Schulen besuchen dürfen, wieso sollten dies nicht andere Fachkräfte mit unterstützen?

Dies passt nicht mehr ganz auf eine Welt wie die heutige die immer komplexer wird.

„Bemühte Quereinsteiger“ ließt sich wirklich abwertend..

Außerdem läßt diese Sicht keine Veränderung zu.

Natürlich sollte Schule nicht wie auf dem Jahrmarkt feilgeboten und mit Billigware verramscht werden, aber sie muss sich in Konzeption und auch Fachkräfte Auswahl unbedingt weiterentwickeln und anders aufstellen.

Leo Lausemaus
1 Jahr zuvor

Das ist vorübergehend richtig und notwendig, denn ohne Seiteneinsteiger wird sich kein Wunsch nach kleineren Klassen und geringerem Stundensoll usw. verwirklichen lassen!

Wir haben bei uns sowohl sehr talentierte Seiteneinsteiger (inzwischen mit Nachqualifizierung) als auch Totalausfälle. Aber ehrlich gesagt, beides gibt es unter den „normal ausgebildeten Lehrern“ ja auch!

Last edited 1 Jahr zuvor by Leo Lausemaus
Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Leo Lausemaus

Und mal ehrlich – kleinere Klassen wegen der vielen Quereinsteiger?!

Da glaub ich noch nicht dran.

Leo Lausemaus
1 Jahr zuvor
Antwortet  Riesenzwerg

Nicht ohne Druck. Aber hier wurde immer gefragt, wie das gehen soll bei Lehrermangel. Nun nenne ich was, nun wird umgekehrt argumentiert.

Gelbe Tulpe
1 Jahr zuvor

Eigentlich kann man niemanden empfehlen, als Quer- oder Seiteneinsteiger in den Lehrerberuf zu gehen. Das Referendariat mit seinen 80-Stunden-Wochen und oft intransparenten Leistungserwartungen für die Absolventen von Lehramtsabsolventen war ja schon äußerst menschenverachtend, der Quer- bzw. Seitenanstieg ist ja noch sehr viel anstrengender, da die Quer- und Seiteneinsteiger mehr Pflichtunterricht haben als die Lehramtsabsolventen.

Yiya
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Mehr Stunden, schlechter bezahlt und auch noch von den Kollegen als „kein richtiger Lehrer“ abgestempelt 🙂
Die wenigen Quereinsteiger die ich kenne, wechseln nach Gelegenheit wieder in die Wirtschaft zu den „Profis“.

Samuel
1 Jahr zuvor
Antwortet  Yiya

Wie gut sind die?
Gehen sie zurück, weil sie dem Lehrbetrieb nicht gewachsen sind, oder weil sie doof behandelt werden?

Bambus
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Wenn das System Ihre „Ingroup“ mit intranspatenten Leistungserwartungen und Menschenverachtung konfrontiert, wie kann ich dann meine Kinder guten Gewissens in die Hände des Systems geben? Bzw. hier ist nicht das „System“ am Werk, sondern Lehrkräfte, die „gut“, „erfahren“ und „geeignet sind, andere auf den Beruf vorzubereiten.
Ich erlebe die Rederendare und Rederendarinnen an der Schule meiner Kinder als hochmotiviert, den Kindern zugewandt und engagiert. Diejenigen, die das Referendariat frisch beendet haben, machen Unterricht, der die Kinder begeistert, Spaß macht und stellen anspruchsvolle Arbeiten.
Sobald einige Jahre verstrichen sind, sinkt die Qualität des Unterrichts und vor allem der Anspruch der Arbeiten. In der Folge sinkt bei den Schülern der Fleiß, das Interesse und der Lerneifer. Als weitere Folge ist es an den Eltern, die Kinder „anzutreiben“ und ihnen das beizubringen, was die Schule unterlässt: Konstanz im Lernen, Vor- und Nachbereitung, Transfer.
Mag sein, dass sich nach 2-3 Jahren Berufsverdrossenheit einstellt, mag sein, dass der nachlassende Eifer mit der Verbeamtubg einhergeht, in jedem Fall stärkt es weder das Zutrauen in Schule, noch das Vertrauen.
Sicherlich: Unterrichten ist anstrengend und vielleicht ist das kein Beruf, den man 40 Jahre mit Vollgas durchhalten kann. Aber solange die Lehramtsausbildung außerhalb der Schule nicht zu gebrauchen ist, sind Schüler satten, gefrusteten und unzufriedenen Lehrern ausgeliefert, die offensichtlich von Sadisten ausgebildet wurden.
Wer ist verwundert, dass auch Eltern mit den Bedingungen unzufrieden sind? Nur haben Eltern keinerlei Einfluss oder Mitspracherecht. Sie sind ja keine systemkundigen Sadisten.

Bla
1 Jahr zuvor
Antwortet  Bambus

Den Einfluss haben aber auch die LuL nicht. Das merken viele dann in den ersten Jahren recht fix …oder eben später. Vielleicht ist das einer von vielen Punkten, weshalb Ihre Schilderung eintreten kann – nicht muss.

Im Referendariat hat man einen Druck, dass die Stunden wirklich on Top geplant sind. In einigen Seminaren zumindest. Das kostet eben viel zu viel Zeit. Zeit, die man später nicht hat – daher auch an der Realität vorbei geht. Für aufbereitete Musterstunden bleibt schlichtweg keine Zeit später. Wenn man das als „normal“ ansieht, wird man dann eben bei vollem Deputat mal schnell auf die Realität gebracht. Ich denke, dass ist vielen auch recht schnell klar.
Von Seiten der Eltern sieht man natürlich dann die engagierten Ref.-Erfahrungen mit der harten Realität später. Was jetzt nicht heißt, dass die Stunden nicht engagiert sind, sondern, dass pro Stunde viel weniger Zeit zur Verfügung steht. Obwohl man die eigentlich gerne hätte.

Naja ein Quit-Nach-Jahren ist doch auch nicht sinnvoll. Dazu sollte ein Studium eigentlich nicht vorbereiten. Auch wenn das Lehramtsstudium mit anschließender Verbeamtung natürlich doch eine gewisse Fessel anlegt. Die Rahmenbedingungen müssten so sein, dass man genug Zeit hat und nicht zermürbt wird. Das geht mit einer ständigen Erweiterung der Aufgabengebiete mit gleichzeitig gleicher oder weniger Zeit einfach nicht. Ohne vermehrt Personal „ranzukarren“
Hier muss die Politik dann rein und für Personal und Sachgüter/Räumlichkeiten usw. sich kümmern. Öhm, ja … Müsste … Sollte … Wäre sinnvoll … … Wahrscheinlich wird nichts draus … Schauen wir mal … Qualitativ bitte? Und quantitativ? Hm, ja …

Palim
1 Jahr zuvor
Antwortet  Bambus

Offenbar stoßen die ehemaligen Referendar:innen auf einen Alltag, der sie so stark an ihre Grenzen führt, dass das, was im Referendariat gefordert war, nicht durchzuhalten ist.
Das ist auch kein neues Phänomen.
Man muss also bei vollem Deputat und allerhand zusätzlicher außerunterrichtlicher Aufgaben, die dann auch noch hinzu kommen, ausloten, wie man die Arbeit schaffen kann – über Jahre.

Während viele im Ref die Ohren anlegen, es als Ausbildung sehen, sehr viel mehr Zeit als sonst in Ausbildungen üblich in die Aufgaben stecken, ist es für Junglehrkräfte nicht möglich, dies über Jahre aufrecht zu halten.

Da können sich Eltern gerne stark machen für ihre Kinder. Das darf dann aber nicht bedeuten, dass man für das eigene Kind von der Lehrkraft die Selbstaufgabe fordert, sondern dass man Politiker:innen vermittelt, dass das System schon längst in der Grütze hängt und nicht auffangen kann, was über Jahre vermurkst und eingespart wurde.

Jan
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Unter diesen Umständen besteht die Befürchtung, dass unter dem Quereinsteigern viele sind, die in der freien Wirtschaft gescheitert sind, denn wer tut sich das freiwillig an? Doch nur der, der wirklich und unbedingt als Lehrkraft arbeiten will.

gehtsnoch
1 Jahr zuvor
Antwortet  Jan

Könnte es auch umgekehrt für Aussteigende gelten?

vhh
1 Jahr zuvor

Endlich mal ein völlig neuer Aspekt: „…wenn dies auf qualitativ hochwertige Weise gelänge…“. Wenn die Lehramtsstudenten „mehr Tutoren, zinsfreie Kredite oder weitere Studentenwohnheime“ als Leckerli bekommen sollen, bedeutet das für Seiten-, Quer- und Sonstwie-Einsteiger dann mehr Betreuung durch Mentoren (solange es noch endlos belastbare Lehrer mit Lehramtsstudium dafür gibt), einen kostenlosen Kreditrahmen beim Arbeitgeber, zinsfreie Baukredite ( irgendwo muss die Familie ja hin) ? Ob man so die Qualität sichern will? Nicht falsch verstehen ich kenne einige Quereinsteiger, die in der Schule genau am richtigen Ort gelandet sind (NRW). Nur, welche Märchen will man den bisher fehlenden Interessenten über den Arbeitsplatz Schule erzählen?
Wer beurteilt am Ende eigentlich die erwiesene Eignung? In erster Linie die Schulleitungen, die irgendwie ihre Stunden abdecken müssen? Hm,….
35-50% Abbrecherquote Lehramt, was tun? Erste Idee s. o., Studienbedingungen verbessern(nicht etwa Arbeitsbedingungen, ist die Fliege erst in der Falle…). Wann merkt der/die Erste, dass das Geld kostet und es viel billiger ist, das Anforderungsniveau immer weiter abzusenken? Halt, es gab doch gerade etwas zu einer dualen Lehrerausbildung, da waren die Zuständigen mal wieder schneller…

Realist
1 Jahr zuvor

Statt die Lösung in der Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu suchen (das Übliche: Mehr (Unterstützungs-)Personal, mehr pädagogische und fachliche Freiräume, bessere sächliche Ausstattung der Schulen, z.B. IT-Fachleute an jeder Schule, weniger Unterrichtsverpflichtung usw.), um den Beruf (auch finanziell) wieder attraktiver zu machen im Vergleich zu Berufen mit ähnlichem Qualifikationsniveau, schlagen sich die Verbände offensichtlich auf die Seite der Politik mit ihren Forderungen nach einer Dequalifizierung des Lehrerberufs: Mal sehen, wann der VBE dann auch Lehrkräfte ohne Universitätsabschluss befürwortet (Duale Ausbildung resp. Duales „Studium“, wie man das heutzutage nennt, siehe Holter)

Ute, gerne Lehrerin
1 Jahr zuvor

Soweit ich weiß, gibt es in fast allen Bereichen Fachkräftemangel.
Ist irgendjemand auf die Idee gekommen, am Zahnarztstuhl den Quereinsteiger die Kunststofffüllungen machen zu lassen?
Oder bei mir gegenüber wird ein Haus saniert.
Möchte ich erleben, dass jemand dem Tischlermeister erklärt, ab jetzt müsse er mit Quereinsteigern das Fachwerk sanieren.
Und der Dachdecker würde sich bestimmt genauso freuen.
Aber sind ja nur Kinder und Jugendliche. Da darf jeder ran.
Gegenvorschlag: Flexibles Arbeitszeitkonto(Lehrkräfte können hier freiwillig!! Stunden sparen und z.B. in 5 Jahren ein Sabbatjahr machen) für alle, mehr Studienplätze, mehr Referendariatsplätze, mehr Wertschätzung.
Und vielleicht, ganz verrückte Idee, mal Geld für die Kommunen, damit es verdammt noch mal nicht mehr reinregnet und uns die Deckenplatten auf den Kopf fallen.
Da fängt die Wertschätzung nämlich an- für Lehrkräfte und Schüler/innen.

Palim
1 Jahr zuvor

Danke, das trifft es.

Palim
1 Jahr zuvor

Grundschulen werde für die nächsten Jahre nichts anderes übrig bleiben, als auf Quereinsteiger zu setzen. Im sekundären Bereich zeigte sich Rülke skeptisch: Quereinsteiger müssten dort eine hohe wissenschaftliche und pädagogische Qualifikation mitbringen.“

Wieder einmal schön verbreitet, dass es an den Grundschulen keine qualifizierten Lehrkräfte benötigt, weil die Anforderungen dort so gering seien. Deprofessionalisierung vom Feinsten.

Wissenschaftliche und pädagogische Qualifikation braucht man in den Grundschulen durchaus.
Ich lade den FDP-Fraktionsvorsitzenden und Philologen zum Probearbeiten in der Grundschule ein. Da er vom Fach ist, wird ihm die Aufgabe sicher problemlos gelingen.

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Palim

Ja, das ist bitter!

Gerade für die Grundschule sind die wirklich gut ausgebildeten Pädgogegn nötig!

(Die werden auch in der Sek I gebraucht, bestimmt auch in der Sek II, doch WO werden die GRUNDlagen gelegt? – ja, in der GRUNDschule!).

Palim
1 Jahr zuvor

Wenn sich der VBE schon in die Richtung bewegt und gleich einem Offenbarungseid bekundet, dass es ohne zusätzliches Personal, das die qualifizierte Ausbildung zur Lehrkraft (noch) nicht abgeschlossen hat, nicht gehen wird, sollte man auch gleich die Bedingungen formulieren, unter denen so etwas umgesetzt wird:

Es kann und darf nicht sein, dass die Schulen, die ohnehin benachteiligt sind und seit Jahren auch den Mangel an Lehrkräften verwalten oder auffangen, auch noch die Ausbildung des neuen Personals stemmen müssen.
Wie wäre es,

  • wenn es eine Quote gäbe, dass an jeder Schule ein Mindestmaß an originär ausgebildeten Lehrkräften unterrichten muss? Dann werden Quereinsteigende verteilt und, ja, Lehrkräfte auch, gleichmäßig auf alle Schulen aller Schulformen … gerade weil (siehe FDP-Äußerung) die Philologen schon wieder mit den Hufen scharren und für ihre Schulform Sonderkonditionen beanspruchen wollen.
  • wenn die notwendige Begleitung und Ausbildung entlastet würde und betreuenden Lehrkräften diese Aufgabe als Arbeit anerkannt würde, also Entlastungsstunden für Lehrkräfte, die ausbilden, und zwar für Referendar:innen, Quer- uns Seiteneinsteigende (mit zusätzlichen Stunden, da weniger Vorkenntnisse vorausgesetzt werden können) und auch Uni-Praktikant:innen (in einigen BL ein halbes Jahr im Master).
  • wenn das neue Personal (bei Referendar:innen denke ich das auch) zusätzlich eingestellt würde und nicht als Ersatz für Lehrkräfte (in NDS bekommen Schulen mit Lehrermangel gerne ein oder zwei Referendar:innen geschickt, dann sieht die Statistik zur Unterrichtsversorgung gleich besser aus). Warum können diese Einsteiger:innen nicht 2-3 Jahre als zusätzliche Kraft und ohne weitere Anrechnung auf die Versorgung laufen, sodass die Schule entlastet wird?
  • wenn Schulen, die besonders schlecht versorgt sind und durch (gerne ungezählte) Mehrarbeit die Aufgaben im Unterricht und darüber hinaus auffangen müssen, ein Anrecht erhalten, im kommenden Jahr überversorgt zu sein? Manche Aufgaben könnte man ruhen lassen und in das kommende Jahr aufschieben.
  • wenn die Schulen, die den größten Mangel haben, innerhalb von 3 Jahren als Unterstützung besonders gut ausgestattet werden mit Etat, mit zusätzlichem Personal (unbefristet) für außerunterrichtliche Aufgaben?

Wenn man es sich nicht leisten will, so viele Schüler:innen schon während der Schulzeit zu verlieren, dann wird man sich um diese sehr viel stärker bemühen müssen und die Lehrkräfte (und Quereinsteigende), die sich dieser Aufgabe stellen, sollte man hofieren und entlasten.

Davon unbenommen bleibt, dass alle Schulen eine gute Versorgung und Ausstattung verdienen, wofür man offenbar auch neue Absprachen benötigt, um endlich eine Abkehr vom Kaputtsparen zu finden,

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor

Suchen irgendwen für irgendwas, alles fair und immer Spaß.

Jan
1 Jahr zuvor

„Grundschulen werde für die nächsten Jahre nichts anderes übrig bleiben, als auf Quereinsteiger zu setzen. Im sekundären Bereich zeigte sich Rülke skeptisch: Quereinsteiger müssten dort eine hohe wissenschaftliche und pädagogische Qualifikation mitbringen.“

Eine unverschämte Herabsetzung der Grundschulen!

Schattenläufer
1 Jahr zuvor

Neuer VBE-Chef Brand: Schulen für Seiteneinsteiger öffnen! Ohne wird’s nicht gehen
Wenn man bei der Auswahl der Quereinsteiger durch Verzweiflung geleitet wird, wird es auch mit Quereinsteigern nicht gehen.

Qualifizierte Quereinsteiger verdienen beim momentanen Arbeitsmarkt außerhalb der Schule eben bedeutend mehr Geld.

Daher kann man jetzt schon Vermutungen anstellen, warum sich die Mehrheit der Quereinsteiger für den Schuldienst und nicht für die private Wirtschaft entscheiden wird.

Außerdem könnte man sich mit dem Quereinsteiger-Argument eigentlich das Lehramtsstudium ersparen.

Salomon
1 Jahr zuvor
Antwortet  Schattenläufer

Logisch verdienen sie außerhalb der Schule mehr, weil sie in der Schule deutlich weniger (als die anderen Lehrenden) verdienen.
Wäre interessant, wie sich Aussteiger aus dem Schuldienst verhalten würden, wenn sie in der freien Wirtschaft per se deutlich weniger verdienen würden wie die Kollegen. Einfach nur, weil sie einen anderen Abschluss haben…

gehtsnoch
1 Jahr zuvor
Antwortet  Salomon

In der freien Wirtschaft zählt bei Fachkräften branchenspezifische zur Stellenausschreibung passende Berufserfahrung und Weiterbildung. Weniger ein einmal (vor Jahren) erreichter (Bildungs)-Abschluß

Vicki
1 Jahr zuvor

Das gabs doch alles schon mal. Quereinsteiger sind nicht so neu, wie hier alle tun.
In den 70ern gab es Quereinsteiger an fast jeder Grundschule in NRW.
In der Schweiz gab es sie immer schon und wurden auch dort sehr wertgeschätzt.
Dort hat man ihre Einsätze nämlich schon lange untersucht und dazu geforscht.

Zum Teil beruflich Qualifizierte ohne Studium. Damals waren Eltern und Schüler froh, dass es sie gab. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass solch ein TamTam darum gemacht wurde. Viele Kinder gingen nur ein oder zwei Jahre, viele gar nicht in den Kindergarten. Trotzdem haben wir alle lesen, rechnen und schreiben gelernt, unsere Quereinsteiger-Klassenlehrerin ist mit uns wandern gegangen, zu ihren Bienenvölkern und zu Vogelbeobachtungen. Sie konnte uns erklären, wie man ein Herbar anlegt und hat uns die 25 häufigsten Wildblumen gezeigt. Viele Eltern haben Sie sehr geschätzt und wir Kinder mochten sie gern. Niemals wäre jemand auf die Idee gekommen, ihre Arbeit in Frage zu stellen. Sie war eine Lehrerin, wie auch alle anderen Lehrer an der Schule.
Vielleicht ist das eine Diskussion der 2020er Jahre, je mehr pädagogisches Fachpersonal, je früher, am besten schon für Kids unter zwei Jahren und am besten ganztags: andere Modelle können sich die Menschen heute nicht mehr vorstellen.
Und für die Lehrer heute braucht es bei all dem Frust endlich mal eine Gruppe Menschen, die dann doch trotz aller Toleranz in Bezug auf queer und ausländisch, noch gezeigt werden darf, wo der Hammer hängt: die Quereinsteiger sinds, hier darf gemobbt, expertelt, gedeutet und gekalauert werden, was das Zeug hält.
Wer so ist als Pädagoge ist eigentlich ein evolutionärer Rückschritt, oder meint ihr nicht ?

Lakon
1 Jahr zuvor

Ich möchte gerne als Quereinsteiger als Pilot arbeiten.

Iam
1 Jahr zuvor

Für mich ist ganz klar das Schule sich öffnen muss für weitere Lehrpersonen, Quereinsteiger*innen.
Die Ausbildung zum Lehrer*in mit Staatsexamen ist z.Teil starr, unflexibel & maßlos aufgepumpt.
Kinder brauchen keine pädagogischen Chirurgen, die sich in pädagogischen Konzepten manches Mal selbst verlieren und auch z.Teil dabei ausbrennen.
Interdisziplinäre Teams sollten in Schulen zusammen arbeiten, dies lässt eine sehr Ressourcen schonende ( beugt Burnout bei Lehrer*innen vor) Synergie zu, die Allen hilft.
Schule anders denken, ohne die einzelnen Ausbildungen gegeneinander aufzuwiegen oder abzuwerten.
Was heißt denn eigentlich Professionalisierung?
Dies heißt auch überholte Strukturen zu überdenken und an reale Gegebenheiten anzupassen.( Z.B Inklusion oder Diversität, Digitalisierung etc.).
Sich auch einzugestehen gar nicht Alles abdecken zu können.
Sondern Veränderung zuzulassen.
Staatliche Lehrkräfte können zu wenig Einzelförderung abdecken dies zeigt sich immer wieder in der Praxis. ( Was sollen die eigentlich noch Alles unter einen Hut bringen ? ).
Schulstrukturen und didaktische Konzepte sind manches Mal zu vollgepackt und somit schwerfällig.
Biopsychsoziale Wesen, die Kinder nun einmal sind, sollten ganzheitlich gefördert werden.
Für Coaching und Einzelförderung müssen Räume geschaffen werden.
Dies kann Fachpersonal aus anderen Bereichen ( Sozialpädagogik, Erziehung, Arbeitstherapie, Psychologie, Heilpädagogik …etc.) viel besser leisten als staatlich examinierte Lehrer* innen dies können.

Weitere Fachkräfte und Quereinsteiger* innen sollten unbedingt in Schulen arbeiten können.
Staatlich ausgebildete Lehrer*innen befinden sich in einer Art beruflichen Sackgasse, was ich nicht gut finde.
Es sind Ihnen oftmals die Hände gebunden da sie an den Staatsdienst und die Lehrpläne gebunden sind, dies sollte ebenfalls gelockert werden.
Raus aus der Zwangsjacke.
Rein in mehr Gestaltungsfreiheit und Mitbestimmung und Teilhabe 🙂

Auch für Sie wäre es gut und entlastend sowie bereichernd wenn weitere Fachkräfte in Schulen einkehren würden.

Last edited 1 Jahr zuvor by Iam
Petra
1 Jahr zuvor

Bei uns in NRW kann man sich egal ob Erzieher, Sozialpädagoge usw. mit einer 2 jährigen Ausbildung zum Fachlehrer an Förderschulen qualifizieren.

Leo Tempore
1 Jahr zuvor

Vielleicht könnte der Lehrberuf als Lehre a la duales System gelehrt werden? Theorie und Praxis, ausgewogen.

Weitere Alternative. Im Bereich Kunst, Handwerk und Technik sind seit Jahren ehrenamtliche Fachkräfte in Schulen tätig und es klappt prima.

William Burdumy
1 Jahr zuvor

Burokratie gehört zum Deutschland wie die Luft zu atmen.

Mein Sohn war Professor in England an einer renommierten Uni und kam nach Deutschland zurück wegen Brexit. Obwohl er eine gute Stelle hier in einer Fachhochschule hat, bereut er seiner Entscheidung und möchte zurückkehren nach England. Es ist einfach unmöglich hier. Entweder arbeiten in einer Privatschule oder auswandern.

Jede andere Schule ausserhalb Deutschland in der ganzen Welt würde sich freuen jemand mit Ihrer Fähigkeiten in ihre Fakultät zu haben!

Kathrin
1 Jahr zuvor

Genau das ist das Problem!!! Danke für den Beitrag, der es auf den Punkt bringt!.

Tabea Tüshaus
1 Jahr zuvor

Ich habe in NRW als Erzieherin und Heilpädagogin genau das gleiche Problem gehabt. Ich habe mir das Studieren allerdings geschenkt, weil es eh nichts gebracht hätte. Ich musste mir allerdings auch von Kolleginnen anhören, dass ich ja keinerlei Kompetenz habe. Ihre Gutachten durfte ich aber 3 Stunden lang ausformulieren und sie haben dann als Sonderpädagoge ihren „Willi“ drunter gemacht.

M.D.
1 Jahr zuvor

Entwicklungsland Deutschland! Den Politikern ist es total schnuppe, was aus den Kindern -unserer Zukunft- wird. Sei es die Corona-Pandemie mit den katastrophalen Entscheidungen zu Lasten unserer Kinder, den nicht durchgeführten technischen Verbesserungen an Schulen und Kitas (Stichwort Raumlufttechnische Anlagen) oder den katastrophalen Zuständen in unserem Bildungswesen….interessiert keinen wirklich, da nicht relevant, um an Wählerstimmen zu gelangen. Da ködert man die Wähler besser mit unsinnigen Geldern für gestiegene Energiekosten, die am Ende nur die Energieunternehmen jubeln lassen. Schulnote 6 oder einfach 0 Punkte!!!

Last edited 1 Jahr zuvor by M.D.
F.
1 Jahr zuvor

Ich kann dich sehr gut verstehen. Ich wäre auch gern an die Berufsschule gegangen und habe sogar noch 5 Semester nebenberuflich in Vollzeit Berufsschullehramt studiert (wie habe ich das bloß hinbekommen, wow!). Aber die Hürden waren zu groß und finanziell hätte es mich ruiniert, in den Master zu gehen, meinen Job als Dipl. Sozpäd. aufzugeben, da ich über 30 J. war. Das ist alles Reviermarkiererei, Wunsch nach Abgrenzung, Bedeutung und Sonderstellung, Geltungsbedürfnis des Kultusministeriums, des Lehrerberufs und derjenigen, die die Curricula schreiben. Deswegen kann eine Sozpäd nicht an einer BS unterrichten ohne Studium. Ich habe nach 17 Jahren Berufserfahrung in der Kinder- u. Jugendhilfe + 4Jahren Jugendamt +Ausbildung Kinderkrankenschwester ausreichend Kompetenz, Expertise und Lehrer-Qualitäten! Ich gebe nicht auf!

Last edited 1 Jahr zuvor by F.
Volker Keß
1 Jahr zuvor

Lehramt ist eine Parallelwelt. Ich habe 31 Jahre in Bayern an einer Förderschule als als Heilpädagogischer Förderlehrer gearbeitet. Längere Arbeitszeiten und weniger Geld als meine Kollegen, die Lehramt studiert hatten. Niemals werden Sie als Quereinsteiger so arbeiten wie jemand der Lehramt an der Uni studiert hat. Egal wie sie sich engagieren. So ist das in Deutschland.