BERLIN. Kita-Fachkräfte arbeiten seit Jahren am Limit – ohne Aussicht auf Entspannung. Im Gegenteil: Die Coronakrise hat die Lage in den Einrichtungen verschlimmert. Der sich weiter verschärfende Notstand scheint möglicherweise Folgen zu haben: Immer öfter werden den Aufsichtsbehörden Übergriffe von Mitarbeitenden gemeldet. Überraschen kann das nicht wirklich. Eine Umfrage unter Kitaleitungen zeigt auf, dass viele Einrichtungen in Deutschland regelmäßig mit „aufsichtspflichtrelevanter Personalunterdeckung“ arbeiten müssen – heißt: Die Sicherheit der Kinder kann nicht vollständig gewährleistet werden. Steigt durch die Überlastung bei einzelnen Kräften das Aggressionspotenzial?
Den Auftakt machten Meldungen aus Bayern. Der Bayerische Rundfunk recherchierte zum Thema Gewalt in Kitas – und befragte dazu 76 Kita-Aufsichtsbehörden im Freistaat.
Ergebnisse: „59 haben geantwortet. Demnach wurden heuer bis Anfang Dezember 232 Verdachtsfälle gemeldet, im vergangenen Jahr waren es 129. Besonders auffällig sind demnach Verstöße gegen die Aufsichtspflicht, sie haben sich mehr als verdoppelt (2021: 24, 2022: 57 Fälle). Ähnlich verhält es sich bei den Meldungen zu seelischer Gewalt (2021:16, 2022: 32 Fälle). Auch die Meldefälle von körperlicher Gewalt gegenüber Kindern sind angestiegen (2021: 43 Fälle, 2022: 59 Fälle). Vergangenes Jahr haben 21 Kita-Aufsichten nach eigenen Angaben keine Meldung erhalten. Dieses Jahr geben nur elf Behörden an, keinen einzigen Verdachtsfall zu haben.“
Unter seelische Gewalt fällt demnach zum Beispiel, wenn Kinder abgewertet, ausgegrenzt oder beschämt werden. Körperliche Gewalt ist, Kinder etwa gegen den Willen festzuhalten oder zum Essen zu zwingen.
„Übersetzt heißt das: Diese Einrichtungen konnten den Betrieb im Durchschnitt an mehr als jedem zweiten Tag nur unter Gefährdung der Sicherheit der zu betreuenden Kinder aufrechterhalten“
Nun kommen entsprechende Nachrichten aus zwei weiteren Bundesländern hinzu. Aus den etwa 9.600 Kitas in Baden-Württemberg werden mehr Verdachtsfälle von körperlicher, seelischer, sexueller Gewalt oder Verletzungen der Aufsichtspflicht gemeldet. Die Zahl stieg von 2020 auf 2021 um 20 Prozent von 275 auf 330, wie «Stuttgarter Zeitung» und «Stuttgarter Nachrichten» unter Berufung auf den Kommunalverband Jugend und Soziales (KVJS) berichten. Die Auswertung für das vergangene Jahr liege zwar noch nicht vor, allerdings sei von einem weiteren Anstieg der Zahlen auszugehen, hieß es von der Aufsichtsbehörde. Eine Überprüfung der Vorwürfe durch den KVJS habe 2020 und 2021 ergeben, dass in so gut wie allen Fällen sich „zumindest einzelne Meldeinhalte bestätigten“.
Die Zahl der Meldungen über Gewalt in Kindergärten ist in den vergangenen Jahren offenbar auch in Nordrhein-Westfalen sprunghaft gestiegen. Wie die in Bielefeld erscheinende «Neue Westfälische» berichtete, haben sich die Zahlen zu körperlicher Gewalt, pädagogischem Fehlverhalten und sexueller Gewalt verdoppelt oder sogar verdreifacht. Die Statistik der Landesjugendämter zeigt demnach einen besonders eklatanten Anstieg im Rheinland: Erfasste das hier zuständige Landesjugendamt 2018 noch 34 Fälle von pädagogischem Fehlverhalten, waren es 2020 schon 120. Diese Zahl verdoppelte sich nahezu im Folgejahr auf 222 Fälle, wie die Zeitung weiter berichtete.
Auch bei körperlichen Übergriffen und körperlicher Gewalt sei ein starker Anstieg verzeichnet: Von 42 Fällen im Jahr 2018 seien die Meldezahlen in der Pandemie stetig nach oben geklettert auf mehr als doppelt so viele Fälle im Jahr 2021. Bei sexuellen Übergriffen seien die Fallzahlen von 38 Fällen in 2018 auf 76 gestiegen.
Sprecher beider Landesjugendämter führen den Anstieg laut «Neue Westfälische» auf eine erhöhte Sensibilisierung bei Eltern, Erziehern und Trägern zurück. Dies habe auch mit einer Kampagne für Gewaltschutz zu tun, die beide Ämter 2020 durchgeführt hätten. Demütigungen, Erniedrigungen, körperliche und sexuelle Übergriffe müssen schon bei Verdacht von Kitas gemeldet werden.
Liegt es also nur am Meldeverhalten – bei eigentlich gleichem Niveau? Daran sind durchaus Zweifel erlaubt. Eine im April 2022 veröffentlichte Umfrage unter Kitaleitungen macht deutlich, dass der Personalmangel in deutschen Kindertagesstätten weiter angestiegen ist (News4teachers berichtete). Mit Folgen: „Schätzungsweise 9000 Kitas haben in Deutschland im zurückliegenden Jahr in über der Hälfte der Zeit in aufsichtspflichtrelevanter Personalunterdeckung gearbeitet. Das sind mehr als doppelt so viele Kitas wie ein Jahr zuvor“, sagte Udo Beckmann, seinerzeit Bundesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE).
„Übersetzt heißt das: Diese Einrichtungen konnten den Betrieb im Durchschnitt an mehr als jedem zweiten Tag nur unter Gefährdung der Sicherheit der zu betreuenden Kinder aufrechterhalten“, so Beckmann. Eine weitere Herausforderung seien auch die Kinder, die aus der Ukraine nach Deutschland flüchteten. Diesen besonders zuwendungsbedürftigen Kindern müsse alles gegeben werden, was nötig sei, sagte Beckmann. Das System Kita stehe jedoch vor dem Kollaps und brauche nun dringender denn je mehr Ressourcen.
„Am anderen Ende der Skala waren es nicht einmal 7 Prozent der Kitas, die in den zurückliegenden 12 Monaten mit einer durchgehend ausreichenden Personalausstattung arbeiten konnten. Vor einem Jahr konnten dies zumindest noch annähernd doppelt so viele Einrichtungen“, erklärte Beckmann – und nannte die Ergebnisse der Studie „mit Blick auf die enorme Bedeutung des frühkindlichen Bildungsbereichs für die gesamte Bildungsbiografie von Kindern eine Katastrophe“. Unter dem Personalmangel litten neben den Kindern auch die Erwachsenen, denn dieser führe zu einer erheblichen Belastung des pädagogischen Personals.
„Es stellt sich die Frage, ob angesichts des andauernden Fachkräftemangels einige Kitas zögern, bei einer Nichteignung zu kündigen und Verdachtsfälle nicht melden“
Steigt durch die Dauerbelastung bei einzelnen Kräften das Aggressionspotenzial? Der Bayerische Rundfunk hat im Zuge seiner Recherche mit 61 Erzieherinnen, Erziehern und Kita-Leitungen Gespräche geführt. Ihre Berichte klingen laut Bericht erschreckend: „Ein Kind hat Sprachprobleme. Im Morgenkreis äfft die Erzieherin immer wieder das Stocken und Stottern nach. Die anderen Kinder lachen.“ / „Meine Kollegin schiebt einem Kind Kartoffeln in den Mund. Dabei hält sie die Hände fest und die Nase zu, damit das Kind schluckt.“ / „Ein Kind wird immer auf dem Klo eingesperrt, wenn es sich ‘nicht benimmt’.“ Nur zwei Interviewpartnerinnen hätten angegeben, noch nie seelische oder körperliche Gewalt gegen Krippen- oder Kindergartenkinder erlebt zu haben.
Möglicherweise gelangen aufgrund des Fachkräftemangels auch Menschen in die Einrichtungen, die den Anforderungen nicht gewachsen sind. Nach den Ermittlungen gegen eine Erzieherin wegen Mordes an einem dreijährigen Kita-Kind – sie wurde deshalb später zu lebenslänglicher Haft verurteilt, wie News4teachers berichtete – fragte der Kinderschutzbund bereits 2020, warum die 25-Jährige trotz mangelnder Eignung in ihrem Beruf arbeiten konnte. Die Frau sei nach ihrem Anerkennungsjahr als wenig geeignet eingestuft worden. „Es stellt sich die Frage, ob angesichts des andauernden Fachkräftemangels einige Kitas zögern, bei einer Nichteignung zu kündigen und Verdachtsfälle nicht melden“, hieß es.
In Baden-Württemberg, so gab das dortige Kultusministerium nun bekannt, wurden 2021 in 16 Fällen Mitarbeitende gekündigt, 2020 in 14 Fällen. News4teachers / mit Material der dpa
Erzieherin platzt angesichts der Arbeitsbedingungen der Kragen: „Wir verheizen uns selbst!“
Liebe @Red: Schnell mal im Headliner Aussichtsbehörden in Aufsichtsbehörden abändern.
Lieben Gruß!
Schon passiert. Danke. Die Redaktion
@Mary-Ellen
Oooooooch, schade:
Bei “Aussichtsbehörden” hätte ich gerne den Quereinstieg probiert mittels Qualitätsoffensive in Form eines Zertifikatskurs-Limbos (1 Nachmittag als Digi-Viko). 🙂 🙂 🙂
“Sind immer mehr Kräfte überfordert? Aussichtsbehörden bekommen deutlich mehr Meldungen über Gewalt in Kitas”
“Aufsichtsbehörden” wahrscheinlich? Steht dann im Text auch wieder richtig.
Ist korrigiert. Danke für den Hinweis. Herzliche Grüße Die Redaktion
Aus meiner Perspektive ganz klare Antwort auf die Frage in der Überschrift: Ja, es sind immer mehr Fachkräfte überfordert! Und um gleich noch die Vermutung aus dem Text weiter unten aufzugreifen: Nein, es handelt sich bei den Überforderten nicht nur um neue Kita-Mitarbeitende, welche den Anforderungen nicht gewachsen sind. Diese tragen lediglich neben vielen zahlreichen anderen Problemen dazu bei, dass die verbliebenen qualifizierten (ehemals wirklich liebevollen, kompetenten und engagierten) Fachkräfte auf dem Zahnfleisch gehen und ausbrennen!
Über die zahlreichen Ursachen für Überforderung, Stress, Burnout etc. wurde an anderen Stellen schon viel geschrieben. Ich möchte ergänzend darauf hinweisen, dass leider die aller wenigsten gestressten und frustrierten Menschen einfach so- mir nichts dir nichts – ihren Job kündigen. Schließlich hängt da ja die finanzielle Existenz drann. So bringen auch nur die wenigsten Erzieherinnen den Mut auf, Konsequenzen aus ihrer Überforderung zu ziehen und den sicheren Job zu verlassen. Sie wissen schier oft einfach nicht, wass sie stattdessen machen können, weil nun eigentlich ja gerade die Arbeit mit Kindern dass ist, was sie können, was sie gelernt haben und (unter menschenmöglichen Arbeitsbedingungen) auch gerne weiter machen würden. So bleiben sie also zunehmend frustriert und ausgebrannt in den KiTas zurück und entweder beamen sie sich innerlich weg, werden desinteressiert und teilnahmslos, oder sie laufen auf Anschlag, werden zunehmend nervöser, gereizter und irgendwann vielleicht auch explosiv. Es kann sich ja jeder vorstellen, dass von Depressionen und Belastungen gezeichnete “Nervenbündel” nicht mehr die lieben und herzlichen Personen von einst sind. Jeder, der ein bisschen was von Psychologie versteht weiß, was sich da an Frust und Wut in einem Menschen anstauen kann, der unter widrigsten Arbeitsbedingungen über Jahre hinweg seine Emotionen herunterdrückt um bei all dem Stress nur ja lieb zu Kindern, Eltern, Kollegen und Vorgesetzten zu sein.
Wenn die Erzieherin es nicht schafft, sich selber rechtzeitig aus der Gefahrenzone (den miserabelen Arbeitsbedingungen) zu bringen, bringt sie damit die ihr anvertrauten Kinder in Gefahr. Niemand sollte unter diesen Arbeitsbedingungen arbeiten müssen. Erst recht niemand, dem Kinder anvertraut werden. Trotzdem geschiet dies hunderttausendfach in Deutschland und alle gucken zu. Angesichts dessen ist es wirklich ein Wunder, dass nicht noch viel mehr passiert. Auch, weil die allermeißten Fachkräfte sich zusammenreißen und ihre Agressionen im Zweifel eher an sich selber auslassen (Aufopferung bis zur Selbstaufgabe, sich krank zur Arbeit prügeln, immer freundlich lächeln auch wenn man heulen möchte….). Leider schaden sie sich damit aber nicht nur selbst, sondern tragen das schädliche System mit ihrer anhaltenden Arbeitskraft. Ein Negativkreislauf!
Ein guter Anfang wäre schon einmal, wenn Fachkräfte, die sich aus dem Beruf herausorientieren wollen, mehr Unterstützung dabei bekämen in einem neuen Job Fuß zu fassen. Man kann ja mal träumen!
Sie haben die Situation sehr gut dargestellt. Ich arbeite häufig mit Erzieherinnen zusammen und dabei entsteht zwangsläufig ein enger Austausch über die Arbeitsbedingungen. Die meisten sind mindestens sehr gefrustet. Viele berichten auch von zunehmend längeren Krankheitszeiten. Die jüngeren Erzieherinnen kennen eine qualitativ sinnvolle pädagogische Arbeit, wie sie auch in den Fachschulen vermittelt wird, allenfalls aus Berichten erfahrener Erzieherinnen, die den schleichenden Niedergang seit ca 15 bis 20 Jahren erleben. Sie können ihre pädagogische Ideen kaum im Kindergartenalltag umsetzen, sondern sind vorrangig mit der Organisation der Betreuung, geregelter Abläufe (Essenszeiten etc) und situativer Anforderungen (kurzfristiger Bericht für Kinderärzte, Gesundheitsamt etc) beschäftigt. Die tatsächliche pädagogische Arbeit mit den Kindern, um die es ja eigentlich geht, erscheint dann manchmal schon als Nebensache gegenüber den äußeren Anforderungen. Wohlgemerkt, die Erzieherinnen setzen ihre Priorität in das Wohl und die Förderung der Kinder, aber es wird ihnen schwer gemacht. Das vielfach abgesunkende Niveau hinsichtlich Frustrationstoleranz, altersentsprechender Selbstständigkeit und entsprechender Bildungsfähigkeit vieler Kinder, erschweren die Tätigkeit, neben zunehmenden Betreungszeiten bei nicht proportional wachsender Vorbereitungszeit. Wie soll ein konzentriertes pädagogische Arbeiten gelingen, wenn die Aufmerksamkeit überall gleichzeitig sein muss. Multitasking ist diesbezüglich ein Mythos, der zur Überforderung von Erzieherinnen und Kindern gleichermaßen beiträgt. Lösungen? Solange die ganztägige Fremdbetreung auch schon in der Krippe als bildungspolitisches Ideal verkauft wird, bleibt den Erzieherinnen nichts anderes übrig, als maximal auf Selfcare zu setzen, was ohne Abstriche an die eigentlichen pädagogischen Ansprüche nicht funktioniert. Die Bildungspolitik produziert durch das Festhalten an realitätsfernen Idealen das Gegenteil des erwünschten Effekts, es sei denn chancengleiche Bildung wird als gleichermaßen geringere Bildungsmöglichkeiten für alle verstanden.
Wer seine Ideale als Pädagogin angesichts dieser Situation verliert, geht in die innere Immigration und funktioniert irgendwie, wird krank oder schult um oder steigt in anderer Form aus (was ein Großteil junger Erzieherinnen innerhalb der ersten 5 Jahre macht).
Vielen Dank! Ich kann all das, was sie so anschaulich beschreiben, nur bestätigen. Pädagogisch wertvoll arbeiten ist schon lange nicht mehr möglich. Sich diesem Ideal angesichts der vorherschenden Bedingungen wenigstens einigermaßen anzunähern, kostet unheimlich viel Kraft und Nerven. Wer diese aufbringt reibt sich auf. Also heißt es Ansprüche ganz massiv runterschrauben und ständig mit dem schlechten Gewissen leben den Kindern und ihren Bedürfnissen nicht gerecht zu werden, kündigen, oder eben aufopfern bis der Arzt kommt.
Volle Zustimmung meinerseits.
Den letzten Absatz teile ich nur bedingt.
-> Das Ziel sollte sein die Rahmenbedingungen so zu stellen, dass sich keiner fluchtartig “heraus”orientieren MUSS. Wer das bewusst aus anderen Gründen (als fragwürdige Rahmenbedingungen) machen WILL, dort sollte natürlich eine qualitative Unterstützung vorhanden sein.
Zum Personalmangel: Ich habe mich mal informiert, ob ich nach dem 1. Staatsexamen (Lehramt) auch in einem Kindergarten arbeiten dürfte. Ja, aber nur als (pädagogische) Hilfskraft/Ergänzungskraft [bin mir nicht mehr sicher, wie das genau genannt wurde: Können die Erzieher bestimmt ergänzen]. Genommen wäre ich sofort worden, von Seiten der Kindergärten (auch als Erzieher theoretisch) … würde aber nicht anerkannt werden, daher ging das nicht. (Option auf Erzieherausbildung parallel wäre aber wohl gegangen)
Scheint/Schien also nicht soo einfach zu sein mit “Quereinstieg”?
Als Schulbegleitung wäre ich sofort auf Erziehergehalt genommen worden. Fand ich interessant. [Mal in den Raum gestellt, ganz ohne “das kann man doch nicht ohne gezielte Ausbildung” – würde ich verstehen …]
“-> Das Ziel sollte sein die Rahmenbedingungen so zu stellen, dass sich keiner fluchtartig „heraus“orientieren MUSS.”
Schön wärs! Leider beisst sich die Katze da in den Schwanz. Über Jahre hinweg hat sich an den Rahmenbedingungen nichts gebessert. Im Gegenteil, sie wurden schlechter und schlechter. Erst jetzt, wo die Fachkräfte sich langsam ihrer eigenen Würde bewusst werden und mit den Füssen abstimmen, kommt die Botschaft in der Politik an. Sie realisieren so nach und nach, dass es tatsächlich Menschen braucht, die diese Arbeit machen. Von hier an ist es nur noch einen Steinwurf entfernt zu erkennen, dass man diese Menschen auch menschenwürdig behandeln muss. Dann endlich wird sich hoffentlich an den Rahmenbedingungen etwas zum Guten ändern und dann finden sich vielleicht auch wieder genug Menschen, die diese (eigentlich sehr schöne) Arbeit machen möchten. Leider hat man bis dahin viel kaputt gemacht und viele Fachkräfte unterwegs verloren.
Folgendes gilt nicht für einzelne Erzieherinnen, die mich mit ihrer Kompetenz gerade im Umgang mit schwierigen Kindern gelegentlich sehr beeindruckt haben, aber doch leider für viele: mir fiel als Kind (in Schweden) schon auf, dass ältere Erzieherinnen sich mehr füreinander und ihren Kaffee interessierten als für uns Kinder. Jüngere Erzieherinnen haben sich eher mit uns beschäftigt und uns das gegeben, was wir von den Erwachsenen in dem Alter noch dringend brauchten: Aufmerksamkeit und liebevolles Interesse.
Es ist einerseits ein Beruf, andererseits eine zwischenmenschliche Beziehung zu abhängigen und anstrengenden Schutzbefohlenen, die ausgeprägte emotionale Bedürfnisse mitbringen – für jüngere Kinder ein Ersatz für Eltern, Großeltern, ältere Geschwister und andere Verwandte, die in traditionellen Gesellschaften diese Aufgabe übernehmen.
Die Erzieherinnen, die hauptsächlich am Rande des Spielplatzes standen und quatschten, wurden wahrscheinlich auch seltener krank … und einen Burnout hatten sie wohl eher nicht.
“Die Erzieherinnen, die hauptsächlich am Rande des Spielplatzes standen und quatschten…”, standen vielleicht am Rande des Spielplatzes und “bequatschten” den neuesten Tratsch.
Möglicherweise nutzen sie die Gunst der Stunde aber auch, um sich mit der Kollegin mal ungestört über Kind X auszutauschen, dessen auffälliges Verhalten ihnen in letzter Zeit Sorgen macht. Oder sie besprachen, wer wann in welcher Gruppe die Mittagsbetreuung übernimmt und wer wann derweil in die Pause gehen kann, weil die Kolleginnen X und Y leider krankheitsbedingt ausgefallen sind. Vielleicht stehen sie auch am Rande des Spielplatzes und Kollegin X muß einfach mal ihren aufgestauten Frust über das “originelle” Verhalten von Kind Y loswerden, das ihr wieder den kompletten Morgenkreis geschmissen hat, den sie alleine durchführen mußte, weil die Kollegin, die sich sonst währenddessen um Kind Y kümmern würde überraschend ausgefallen ist.
Vielleicht stehen sie am Rande des Spielplatzes und freuen sich einfach darüber, das sie mal durchschnaufen können, weil die Kinder gerade friedlich miteinander spielen und keines irgendetwas braucht.
Ich persönlich brauche auch meine geheiligte Tasse Kaffe, die ich mir, meistens so nach drei Stunden ganz normalen Kita – Wahnsinn, gönne. Das ist gut für meine Nerven und hilft dabei, daß ich meinen Tag im Kindergarten gut bewältigen kann.
Ich habe da ja sowas läuten hören: Es soll in den zahlreichen Büros und Geschäftsräumen dieser Welt, tatsächlich Menschen geben, die bei der Arbeit ab und zu ‘nen Kaffee trinken. Aber sagt es bitte keinem weiter. Das gäbe einen riesigen Skandal.
Ganz lieben Dank für diese Antwort.
Vor kurzem wurde einer meiner Kolleginnen (Grundschule) vorgeworfen, mit nem Kaffeebecher in der Hand die Frühaufsicht zu machen.
Meine Antwort war ganz klar: Frau XY hat sich seit 6 Uhr liebevoll um die müden Mäuse gekümmert, die bereits hier waren. In der 1. Stunde war sie zur Betreuung einer Klasse eingeteilt, weil die Lehrerin sich krank meldete. Ja – sie hatte alles Recht der Welt, dazwischen in den zehn Minuten Aufsicht ihren Becher mit raus zu nehmen.
Ich finde es ist ein Unding, dass man sich überhaupt genötigt fühlt, solch unreflektierten, despektierlichen Vorwürfen mit einer Rechtfertigung begegnen zu müssen.
Vielleicht hätten die, die vor lauter Streß anfangen, Kinder nachzuäffen oder ihnen gewaltsam Essen in den Mund zu stopfen, gut daran getan, mal innezuhalten und lieber ‘ne Tasse Kaffe zu trinken.
Ich glaube nicht, dass Stress ein wesentlicher Auslöser für den Anstieg der Gewalt in Kitas ist. Früher hätten etliche Erzieherinnen Ärger bekommen, wenn sie sich dem Kindern gegenüber grob verhalten hätten. Heute haben sie nicht viel zu fürchten. Ein Verhalten, das bei Kitahelfern zur Entlassung führt, kann bei einer Fachkraft absichtlich übersehen werden, Man will sie behalten, da ansonsten die anderen Fachkräfte mehr Arbeiten übernehmen müssten, obwohl sie ohnehin schon genug zu tun haben.
Ich denke schon, dass er das ist.
Denn der Stress hat rasant zugenommen und Stess mindert die Impulskontrolle.
Die ErzieherInnen, die nicht überreagieren, arbeiten unter dem gleichen Stress, fühlen sich aber den Kindern intensiver verbunden und die Kinder mögen sie. Unterschwellig aggressive Erzieherinnen, die gern Macht über die Kinder haben, fallen schon mal durch Sätze auf wie “Das Leben ist kein Wunschkonzert” oder “Das Leben ist kein Ponyhof.” Stress begünstigt es, dass Fachkräfte aus der Berufsrolle fallen, aber die Ursachen sind vielfältiger. Wie unterschiedlich Erzieherinnen mit ihren Belastungen und Konfliktsituationen umgehen, merkt man auch daran, wie schnell und erschrocken sich die meisten Erzieherinnen entschuldigen, wenn sie etwas gesagt haben, was ihnen sofort leid tut. – Andere aber legen noch nach…
In den meisten größeren Einrichtungen gibt es ein oder zwei Betreuerinnen, die von vielen Kindern gemieden und nicht gemocht werden. Wenn Kindergartenleitungen mal darauf achten würden wie diese auf Kinder reagieren, wenn sie ihnen Wechselkleidung geben… In Abwesenheit einer Berufskollegin findet doch wesentlich weniger Gewalt statt als in unbeobachteten Momenten.
Was sollte es denn sonst sein?
Sadismus, Masochismus, sonstige “Neigungen” … ?
Möglicherweise auch das. Wobei allen klar ist, dass der jetzt wieder manchmal erwähnte “Mordfall Greta” eine Ausnahne ist. Eine nicht bewältigte eigene Kindheit, fehlende Selbstfürsorge, mangelnde Eignung für den Beruf… das gibt es wirklich!
So wie die neuseeländische Ministerin gemerkt hat, dass “ihre Reservern aufgebraucht, ihr Tank leer war”, sollten auch Erzieherinnen erkennen, wenn sie nicht mehr die Nerven für die KInder haben.
Erzieherinnen,die selbst merken, dass sie einen Fehler gemacht haben, übernehmen Verantwortung für ihr Handeln. Und diejenigen, die von Kindern nicht gemocht werden und unbeliebt bleiben, tun das nicht oder reichlich spät. Sie sind ein zu großes Risiko für die Kinder,
Es hatte schon seinen Grund, warum früher die ersten Arbeitsverträge der Erzieher unbefristet waren, Heute geht der Trend dahin, sie unbefristet einzustellen. Den Kindergartenleitungen wird es schwer gemacht, sich von Personal zu trennen, bei dem sie ein ungutes Gefühl haben.
Hm, dann wissen wir ja, was auf die Gesellschaft zukommt.
Ich gehe mal so weit zu behaupten, dass wir alle mit unseren mehr oder weniger gut funktionierenden Bewältigungsstrategien i.d.R. unser Bestes geben (wollen).
Das System vermurkst uns – das ist eine kurze oder lange Zeit hinnehmbar, tolerierbar, aber nicht auf ewig.
Danach sieht es aber in sämtlichen Bereichen aus – kein Ende in Sicht.
Und die Generation, die jetzt nachwächst, hat überwiegend bereits eine deutlich geringere Frustrationstoleranz. Im selben Maß steigen parallel dazu die Ansprüche von Eltern, Kindern, Vorgesetzten und Politikern…, während, wieder parallel, die Anforderungen noch mehr steigen und Wertschätzung sowie Anerkennung Fremdwörter sind.
Lieber einen Kamillentee.
😉
Nein, keine Tasse Kaffee trinken, solches Personal ist schlicht und ergreifend nicht geeignet und sollte sich umgehend einen neuen Job suchen, bzw. gekündigt werden. Empathie, Geduld und gute Nerven sind in diesem Job das A und O. Wer Erzieher wird, und dann nicht mit Kindern umgehen kann, und gehört dort nicht hin!!
Nun, ältere ArbeitnehmerInnen finden mit der Zeit generell einen Weg, die Arbeit weniger anstrengend zu gestalten. Das nennt sich Arbeitsleidvermeidung. Viele Arbeitsplätze nutzen die größere Energie und die Unerfahrenheit der Jüngeren aus. In China gelten passend dazu über 35-Jährige bereits als alt.
Bei ErzieherInnen geht die Rechnung vielleicht in vielen Fällen einfach nicht auf: Ich bin zum Beispiel ein sehr empatischer Mensch und sehr gut darin, Bedürfnisse von anderen zu erkennen. Gerade deshalb würde mich die Tätigkeit als Erzieherin auf DAUER vollkommen überfordern.
Für die Fachkräfte und die Ungelernten in Kitas ist es wichtig, darauf zu achten, nicht heiser zu werden. Über den Tag verteilt ausreichend zu trinken, gehört dazu. Aber so sehr ich dir sonst zustimme, diese sehr parteiische Verteidigung der Erzieherinnen finde ich überzogen. Ich sehe die von dir genannten Eventualitäten als eher unwahrscheinlich an. Ein intensives Gespräch lässt sich nicht während der Beaufsichtigung der Kinder führen. Kinder kommen immer wieder zu uns und einige bleiben in der Nähe und hören gern zu, was die Erwachsenen sagen. Dort, wo sich die Aufsichtspflichtigen nach Absprachen auf dem Außengelände einen Platz einnehmen, ist nicht viel mehr als ein kurzer und belangloser Smalltalk drin. – Unrühmliche Aussagen aber gibt es, wie Minna geschrieben hat, sehr wohl. Was als klischeehaftes, altbackenes und abzulehnendes Kaffeetantenimage empfunden werden mag, ist “vielleicht” ein ernst zu nehmender Ausdruck von Berufsüberdruss.
In der Pflege ist schon länger vom Coolout die Rede. In Krippen und Kitas kann es auch dazu kommen,
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Wir liegen dorfmittig. Quasi auf dem Präsentierteller. Um die Klischeevorstellungen nicht weiter zu füttern, positionieren wir uns draußen gegenüberstehend. Mit Kaffeetassen rumlaufen ist no go. Und nur ich nutze auf dem Kitagelände ein Handy, weil ich auch die Verwaltung mache.
Mir fehlt dieses Zusammenstehen auf dem Kitagelände. Weil man sich da “live” auf Kinderverhalten hinweisen konnte, abgesprochen hat, wohin der Freitagsausflug geht oder welche Spiele zu Fasching gemacht werden.
Dafür gibt es Teambesprechungen, welche wir aber als Verschwendung wertvoller (und knapper) Personalstunden erachten.
Also findet der Austausch in der Freizeit statt.
Und wieder guckt kein Schwein.
Das ist weder parteiisch noch überzogen. Es geht darum klarzustellen, daß sich miteinander unterhaltende Erzieherinnen im Garten nicht automatisch die Kinder vernachlässigen. Es geht da auch nicht um “intensive Gespräche”, aber ich rede im Garten mit meinen Kolleginnen sehr wohl über die oben beschriebenen Sachverhalte. Selbstverständlich nur dann, wenn sichergestellt ist, daß die Kinder davon nichts mitbekommen. Und selbstverständlich unterbreche ich das Gespräch sofort, wenn ein Eingreifen meinerseits erforderlich ist. Wir haben die Kinder nämlich trotzdem immer im Blick.
Daß es unter Erzieherinnen, wie überall, schwarze Schafe gibt, leugne ich ebenso wenig. Kindern gewaltsam Essen zuzuführen oder sich über Sprachfehler lustig zu machen, ist ein absolutes Nogo und auch durch Streß und Überlastung nicht zu entschuldigen.
Was mich am allermeisten aufregt, ist die Tatsache, daß dieses Thema nur auf so mittelmäßiges Interesse in der Gesellschaft stößt. Es wurde ja schon im Dezember vereinzelt über gewalttätige Übergriffe in bayrischen Kitas berichtet. Das Echo darauf war, nun, sagen wir, schwach.
Jetzt tauchen erneut Berichte zu Kitas in BaWü auf. Reaktion? So Lala.
Warum geht da kein Aufschrei durch die Medienwelt?
Wenn Friedrich Merz von “kleinen Paschas” spricht, empört sich ganz Deutschland.
Wenn Kinder in Kitas verstärkt darunter zu leiden haben, daß Erzieherinnen, offenbar aufgrund von Überforderung, immer öfter die Nerven verlieren, dann führt das zu……nichts?
Wo sind die aufgebrachten Eltern?
Warum bleiben alle so verdammt still?
Hat man Angst, daß das in den letzten zwei Jahrzehnten so hübsch gezeichnete Bild von den bunten Kitas, in denen schon die Allerkleinsten von morgens bis abends individuell gebildet und gefördert werden, während Mami und Papi frohgemut zur Arbeit marschieren, Risse bekommt?
Daß es sich die ein oder anderen Eltern doch noch mal überlegen, ob sie wirklich auf zwei Gehälter angewiesen sind und die Wirtschaft so auf moch mehr dringend benötigte Arbeitskräfte verzichten muß?
Oder ist es medial gesehen gerade einfach wichtiger, ob Prinz Harry von seinem Bruder geschubst wurde oder nicht?
Fragen über Fragen auf die ich keine Antwort weiß.
Ich geh jetzt erst mal ‘nen Kaffee trinken. Außerdem muß ich mir meinen Neujahrsvorsatz, 2023 weitgehend aufs Kommentieren verzichten zu wollen, nochmal ganz intensiv vor Augen führen. Sonst klappt das nicht.
Vieles von dem, was du kritisiert hast, habe ich vor Jahren auch schon schriftlicg kritisiert. Anstatt Prinz Harry war damals die Presse vordergründig nur am Schicksal des verunglücktem Michael Schuhmacher interessiert. – Und es wird vermutlich noch lange so weitergehen…
Wie wenig Menschen haben mitbekommen, was unsere Bundesfamilienministerin angesichts der Zunahme von Gewalt Eltern von Kitakindern geraten hat? – Eltern sollen Verdachtsfälle der Polizei melden. – Was soll man dazu sagen? War Lisa Paus ehrlich erschüttert und hat sich nicht so gekünstelt echauffiert wie die umstrittene Frau Stark aus Bayern? (Es zerreißt ihr das Herz… )
Als Aufforderung zum Denunziantentum möchte ich die Äußerung von Lisa Paus nicht ansehen. Dann schon lieber als Misstrauensbekundung gegenüber Evaluationen, dem “Qualitätsmanagement” und den KInderschutzkonzepten. Ausgerechnet am 27. Dezember wurde es verkündet. https://www.focus.de/familie/deutlich-mehr-gewaltvorfaelle-in-kitas-ich-moechte-alle-eltern-ermutigen-solche-vorfaelle-der-polizei-zu-melden_id_181437885.html Ein Tag, an dem bestimmt viele es nicht mitbekommen haben,
Im Alltag haben Eltern hoffentlich jedoch das Vertrauen, dass die Kindergartenleitung einen Verdacht auf Verletzung der Kinderrechte ernst nimmt.
Ich verstehe Sie, lese allerdings Ihre Kommentare immer gerne.
“Erzieherinnen quatschend am Rande des Spielplatz”
In meiner Kita sind wir viel unterwegs. Wir finden das zum einen pädagogisch förderlich, zum anderen haben wir zu wenige und zu kleine Räumlichkeiten in einem recht schäbigen Gebäude.
Wir suchen uns Orte, die klar umrissen sind und positionieren uns so, dass die Kinder zwischen uns spielen. Wir haben in der Regel Sichtkontakt, könnten uns aber selbst brüllend nicht verständigen.
Also: Handy/Messenger. Das, was früher mal die Kaffeetasse war. Ein Beleg, dass Erzieherinnen nichts tun und way too much Spaß haben.
Tatsächlich tauschen wir uns aus und weisen uns beständig auf “eingreifwürdige” Gegebenheiten hin.
Das können die Hände eines Kindes in der sich zuziehenden Schlaufe des Kletterseils sein oder die verdächtig dunklen Flecken rechts und links am Po eines Windelträgerkindes oder ein Kind, das sich absentiert.
“zum anderen haben wir zu wenige und zu kleine Räumlichkeiten in einem recht schäbigen Gebäude” – Das finde ich für Kinder allerdings auch nicht gerade förderlich.
Wäre die Qualität in Kitas von Anfang an ernst genommen worden, dann hätten viele Kitas ohne Garten oder mit einem unzureichenden Außengelände keine Betriebserlaubnis bekommen.
Nachdem sehr spät die Gewalt gegenüber Kindern in Kitas thematisiert wird, warte ich darauf, dass die Serie von Ertrinkungsunfällen, die es auf Ausflügen gab, auch mal von Lisa Paus aufgegriffen wird. Sie darf uns gern sagen, dass wir auf Gärten mit Mutterboden und genug Platz für das Freispiel der Kinder bestehen sollen.
Ich glaube nicht, dass es vor dem forcierten Betreuungsplatzausbau so oft vorkam, dass Kitakinder auf einem Ausflug ihrer Kita ihr Leben oder ihre Gesundheit verloren. https://www.erzieherin.de/bevor-noch-ein-kita-kind-ins-wasser-faellt.html – Es sind leider noch weitere Kinder ertrunken. Und weil ErzieherInnen so viel Mitleid mit denen haben, unter deren Obhut das Schlimmste passiert ist, gab es kaum online einen Gedankenaustausch zu brenzligen Situationen und den Ursachen von tödlichen Unfällen. (Übrigens haben auch die Lehrer zu den Ertrinkungsunfällen bei Schulausflügen bemerkenswert wenig angemerkt.) – Ich kann das sogar gut verstehen. Aber wenn die Aufsichtspflicht nicht ernst genommen wird, kann das Kindern mehr schaden, als wenn Worte wie Pfeile abgeschossen werden, die die Kinder überleben.
Die K i n d e r stören sich nicht an Schäbigkeit und leiden nicht drunter, wenn EuE zum Turnen den Gemeindesaal freiräumen. Das “Stühle-wegstapeln” geht noch, aber die schweren Tische sind anstrengend. Und dann müssen Matten, Hürden etc. ums Gebäude rum getragen werden. 2x in der Woche. Wir hätten wahnsinnig gerne schlicht mehr freien Raum im Innenbereich. Das Außengelände hat jedoch das vierfache des Mindeststandards.
Wir haben keinen Matsch-Modder-Raum (oder überhaupt Multifunktionsräume), dafür einen Wald vor der Tür.
Die Ausflüge finde ich übrigens aus vielen Gründen pädagogisch unverzichtbar: das gemeinsame Unterwegssein, die “haptischen” Lerneffekte, das Bewegungsspiel vor Ort – ein unebener, rutschiger Baumstamm ist etwas ganz anderes als eine Turnbank.
Zur Aufsicht:
Ich denke, dass ganz allgemein der Segen einer guten Gruppendynamik unterschätzt wird, daher fördern wie diese ganz besonders. Ist die gut, ziehen wir los.
Aber ich stimme Ihnen zu, dass zu viele nicht geeignete EuE in den Einrichtungen sind: mangelndes Wissen zur Entwicklung des Kindes, mangelnde Durchsetzungsfähigkeit, mangelnde Empathie, mangelnde Stressresistenz.
Oft fehlt etwas, wofür ich keinen Begriff habe … ?
Eine Mischung aus Ruhe, Übersicht und freundlicher Nachdrücklichkeit. So ein selbstsicheres Sich-nicht-aus-der-Ruhe-bringen-lassen.
Die meisten Kollegen und Kolleginnen, die ich persönlich kenne, haben aber Letzteres, auch das theoretische Wissen und viel, viel Empathie.
Manchen EuE mangelt es an Durchsetzungsfähigkeit und Stressresistenz, aber ich glaube, die waren nicht immer so,
… die sind schlicht erschöpft.
Ein großartiger Beitrag – danke!
An einer Grundschule arbeitend, in der es ja doch ab und zu mal heißt: “Was machen die in den Kitas eigentlich?!” habe ich mir erlaubt, ihn auszudrucken. Bei der nächsten Frage in diese Richtung habe ich die passende Antwort.
Als Springerin ist mir nicht entgangen, dass manchmal Erzieherinnen besonders gereizt und ruppig zu Kindern und seltener auch mal zu Kolleginnen waren, wenn sie unter Schmerzen litten.- Nach erfolgreicher OP an Bandscheiben oder Hüfte waren sie dann wie ausgewechselt und nett wie früher.- Aber das war vor Corona und seitdem hat sich so viel verschlechtert, dass mir Berufskollginnen nur abraten, wieder mit Vertretungseinsätzen anzufangen. “Tu es dir nicht an! Es ist alles so schrecklich geworden,”
“Es ist alles so schrecklich geworden.” Ich beklage die Zustände in unseren Kitas zwar auch oft, aber es ist nicht alles schrecklich. Es gibt, Gott sei Dank, immer noch so viele Momente, die einem Freude machen und das Herz aufgehen lassen, das ich solche Äußerungen nicht teilen kann.
Ich finde auch nicht alles schrecklich, kann aber sehr gut nachempfinden, dass sich Erzieherinnen vor dem Renteneintritt so äußern, wenn aus ehemals besonders gut aufgestellten Kindergärten in kurzer Zeit welche werden, wo nach dem Ausscheiden mehrerer bewährter und beliebter Kolleginnen auf Stellenausschreibeungen keine Bewerbungen eintreffen. Das ist doch die Krux: Dort wo sich niemand gemobbt fühlte, wo die älteren zum Teil sogar länger blieben als sie ursprünglich vorhatten, dort hören dann viele Teammitglieder in kurzer Zeit auf. – Jetzt stehen auf einmal die Teams besser da, in denen es nicht so friedlich zuging. Dort wo jahrelang keine Frauen im gebärfähigen Alter eingestellt wurden, hören jetzt so viele Erzieherinnen kurz hintereinander auf, dass vermutlich mehrere Stellen gar nicht oder zumindest nicht in der gewünschten Stundenzahl besetzt werden können.
Nun, nicht alles, was “neu” ist, glänzt.
Auch nicht alles was alt ist, glänzt. 😉
Aber mancher Vergleich einer neuen pädagogischen Mode mit der Praxis von früher lässt die hochgelobte frühkindliche Bildung ganz schön alt aussehen.
Da schwärmen so viele Erzieherinnen von der “Giraffensprache” und gewaltfreier Kommunkation, führen “Faustlos” durch und dann kommt es dennoch zu so viel gemeldeter Gewalt durch diejenigen, die in Kitas arbeiten.
Ist das ein Aufruf, sich die Bandscheiben oder Hüften operieren zu lassen, um wieder freundlich in der Kita zu sein? Eine OP an Bandscheiben oder Hüften ist schließlich kein Frühlingsspaziergang und kann auch heftig schief gehen.
Natürlich nicht. Für oder gegen eine OP muss sich schon jeder freiwillig entscheiden. Aber ist es schon anstössig, anzudeuten, dass schmerzfreie Kolleginnen wieder so ausgeglichen wie früher waren?
Manchen sieht man doch wirklich an, wenn sie Schmerzen haben, bis hin zu Magenproblemen von den geschluckten Tabletten gegen den Schmerz.
Einige der beschriebenen Fälle grenzen schon an Sadismus und sind für mich mit Frust nicht zu erklären und schon gar nicht zu entschuldigen.
Abgesehen davon:
Aufsichtspflichtverletzung und Frust nehmen real zu. Das Zahlen entstehen bestimmt nicht nur durch vermehrte Meldungen infolge erhöhter Sensibilität.
Wir haben zu wenig Fachkräfte und es wird Jahre so bleiben.
In SH wird in einigen Ämtern diskutiert, die Öffnungszeiten auf ganzer Breite zu kürzen. Das hätte für viele Familien existenziell bedrohliche Folgen.
Was wäre denn möglich?
Zu den Rahmenbedingungen gehören ja auch Konzepte.
Könnte man ermitteln, welche Konzepte angesichts des aktuellen FKmangels besonders belastend für das Personal und natürlich auch für die Kinder sind, denn hätte man ja mal einen Punkt, bei dem sich recht kurzfristig eine Besserung herstellen ließe. Oder?
Wie wäre es z.B. bei chronischer Unterbesetzung in großen Einrichtungen von offener Arbeit in geschlossene Gruppen zu gehen? Und dort konzentriert man sich unter Beiseitelassen von “individuellen Videoberichten zum Kind” u.ä. auf das Wesentliche: Konsequenz, Struktur, Ansage, Basiskompetenzen.
Und dokumentiert wird nicht jeder kleine Fort-/Rückschritt, sondern “die große Linie”, welche relevant für Elterngespräche u.ä. ist.
Ganz allgemein beschränkt man sich bei der Dokumentation auf Anwesenheit, Unfälle und Kinder mit Förderbedarf.
Man geht wieder mehr in die Beziehungsarbeit und “bindet” die Kinder, kennt seine Pappenheimer und hält bei denen den Daumen drauf.
Ist man so nicht besser vorbereitet, wenn es zur Unterbesetzung kommt?
Und wenn man 100% besetzt ist, dann … raus! Weg vom Gelände nur mit der eigenen Gruppe.
Das ist sehr förderlich für die Gruppendynamik. Und eine “funktionierende Gruppe” ist einfacher zu händeln.
Es geht also
zu irgendeiner Kuhle, zu einem Graben im Wald, zu einem Steinkreis im Park. Und dort sollen die Kinder einfach klettern, kullern, kajolen.
Kinder spielen!
Da haben wir uns gar nicht einzumischen.
Wir stehen daneben und genießen “Kindheit in action”.
Bester Frustabbau ever.
Man müsste dafür natürlich die Gruppe im Griff haben.
Nach allem, was ich manchmal beobachte oder zu hören bekomme, ist das oft nicht der Fall.
Ich glaube, diese Hilflosigkeit, die dann entsteht, ist auch ein Teil des Frusts.
btw
“nicht im Griff”
Wir müssen über Inklusion reden.
“Da haben wir uns gar nicht einzumischen. Wir stehen daneben und genießen ‘Kindheit in action.”
Wenn dann noch jemand dran gedacht hat ‘ne Thermoskanne mit Kaffee mitzunehmen, herrlich….. 😉
In vielem was sie schreiben stimme ich ihnen zu. Allerdings ist es tatsächlich so, dass geschlossene Gruppen einen größreren Personalaufwand erfordern, als offene Arbeit. Zum Beispiel wenn es darum geht Pausen und Randzeiten abzudecken, Krankheitsfälle aufzufangen oder anfallende Aufgaben zu verteilen.
Und ja, Hilflosigkeit ist in jedem Fall Teil des Frustes! Ein Kind “im Griff” haben funktioniert alleine deswegen schon nicht, weil pädagogische Fachkräfte Kinder ohne deren Zustimmung nicht anfassen dürfen (alles andere gilt als “Gewalt”-siehe oben). Das heißt, kooperative Kinder gibt es nur über eine gute Beziehungsarbeit. Damit diese geleistet werden kann braucht es vor allem eins: Deutlich kleinere Gruppen und einen deutlich besseren Personalschlüssel. Alles andere ist Aufbewahrung und so ist keine gute Beziehungsarbeit möglich und ergo Hilflosigkeit vorprogrammiert.
Ich glaube, Sie haben mich missverstanden …
Ich wollte keinen quantitativen Vergleich der Personalansätze zwischen “offen” und “geschlossen” vollziehen, sondern stellte die Frage, ob “geschlossen” nicht mit Unterbesetzung insofern besser umgehen kann, als dass Aufsicht bei 1:20 in einem Raum gewährleistet ist. Jedoch eine 50%ige Unterbesetzung bei “offen” ein eklatantes Sicherheitsproblem darstellt.
(Personalansatz 2.0 in SH für Elementar ohne Inklusion)
Und – Ganz wichtig! – :
Im Griff sollte eine Fachkraft die Gruppe haben – im übertragenen Sinne.
Nicht jedoch ein Kind wortwörtlich.
Ich glaube ebenfalls, dass sie mich falsch verstanden haben. Ich erklärte oben, dass “geschlossen” eben nicht in Unterbesetzung besser funktioniert. Angenommen in einer viergruppigen Einrichtung ist in jeder geschlossenen Gruppe nur eine Erzieherin da. Wer übernimmt dann die Frühschicht, wenn die Erzieherin Spätschicht hat und anders herum? Wer deckt die Pause ab? Wer geht wickeln? Und was, wenn die Erzieherin mal auf die Toilette muss?
Angenommen in jeder Gruppe sind sogar zwei Erzieherinnen. Bleibt die Eine dann mit allen 25 Kindern alleine, wenn die andere Pause macht?
Und, dass eine Fachkraft Kinder lediglich im übertragenen Sinne “im Griff” haben sollte habe ich durchaus verstanden und wundere mich, dass sie dies nochmal betonen müssen.
Meine Äußerung bezog sich darauf, dass es einer einzelnen Fachkraft mit kindgerechten Methoden nicht möglich ist, eine große Gruppe von Kindern “im Griff” zu haben. Wir sind vielleicht gelernte Fachkräfte. Aber keine Übermenschen.
“Im Griff” war angemerkt angesichts der Dramatik im oberen Artikel vorsichtshalber und eher für Fachfremde.
Frage (ernstgemeint, kein Hinterfragen):
Ihr Beispiel:
4 Gruppen und da Sie von Pausen sprechen hat die Einrichtung mindestens 8 Stunden geöffnet und Vollzeitkräfte. 4x 7,8 (in SH) für Leitung. Also vermutlich eine Vollzeitleitung. Wenn ein Caterer liefert, wohl keine Hauswirtschaftskraft.
Ich setze mal:
4 Elegruppen (Ansatz 2.0) – 80 Kinder.
Keine Inklusion oder Kinder mit anderweitig diagnostiziertem Förderbedarf.
Öffnungszeiten 7.00 bis 15.00.
Räumlichkeiten:
4 Gruppenräume, Multifunktionsraum, Flur/Halle, Sanitär, Küche, Personal/Büro/Stau.
Für die Kinder direktivfrei zugänglich:
Gruppenräume, Multiraum, Flur/Halle.
50% Unterbesetzung zu jeder Schicht.
Bei “geschlossen” wäre E mit 20 Kindern im Raum. Nicht wünschenswert, aber übersichtlich.
Bei “offen” würden 80 Kinder 6 Räumlichkeiten nutzen.
(bei ganz “offen”, persönlich kenne ich nur “halboffen”)
Geht man (positiv gedacht) davon aus, dass unter 80 Kindern 5 mit problematischem Sozialverhalten sind und 5 sehr stille Kinder, dann erscheint mir “geschlossen” als das kleinere Übel.
Unter 80 5 mit problematischen Sozialverhalten ist tatsächlich positiv gedacht. Real sind es eher 15. Zu diesen 15 kommen ja aber noch die völlig normalen Streitigkeiten, die Kindergartenkinder noch nicht allein und/oder gewaltfrei lösen können. Außerdem noch ca. 10 Wickelkinder. 3 , die noch nicht sprechen, sich anziehen, Hände waschen können, allein auf Toilette können, Kinder die sich gegenseitig die Haare schneiden… einfach 1000 kleine Dinge, die Zuwendung brauchen.
Alleine 10 Kinder (vernünftig, regelmäßig und zugewandt) zu wickeln bedeutet. Jedes Mal 30 Minuten Zeit, die das restliche Team noch unterbesetzter ist.
Ich weiß nicht, ob das bei uns ein besonderes Extrem war, aber von 20 Kindern waren als meine Tochter in die Kita kam 11 nicht trocken. Gefühlt machte die eine Erzieherin nichts anderes als wickeln, während die Kinderpflegerin alle anderen beaufsichtigte. Ich denke, dass man auch als Eltern viele Dinge tun kann, um den Ablauf zu erleichtern. Zb die vorgegebene Ausstattung aktuell zu halten und dem Kind Dinge wie umziehen, Hände waschen, aufräumen, essen beizubringen.
Seit der Ganztag so überhand nimmt, hat man oft das Gefühl, dass Kita und GS auf einmal für alles zuständig sind.
Wie in der Schule.
Das Sparkonzept von der Pike an …. ist eben sehr, sehr schlecht.
Wenn ich schon Inklusion lese, wird mir ganz übel.
Inklusion ist auf dem Papier toll, aber in der Realität ist es nicht das gelbe vom Ei.
Wir haben in unserer Einrichtung 7 Kinder mit erhöhtem Förderbedarf zum größten Teil Einzelbetreuung erforderlich, aber nur 6 Fachkräfte..und was passiert mit den 61 ” normalen ” Kindern.. Die werden sich selbst überlassen
Das nennt sich frühkindliche Bildung, laut unserer Politik
Wie entfremdet sind wir eigentlich? Wieso fahren Dreijährige schon “alleine” zur Kita? Und wenn, wieso meint die Fahrerin nach diesem Unglück, sie sei nicht zuständig? Kita Personal überlastet, Fahrerin nicht zuständig und Eltern die ihren Dreijährigen nicht in der Kita, sondern im Kleinbus abgeben. Dann passiert so ein Unglück (wieso übersieht man ein im Kindersitz angeschnalltes Kind?) und dann wundert man sich, wie soetwas passieren konnte. Zu alldem fragt auch noch ein Kommentator, warum sich der Dreijährige nicht bemerkbar gemacht hat…
Am Ende stellen wir noch verwundert fest, dass Kinder noch nicht selbständig auf die Welt kommen ^^
https://www.noz.de/lokales/meppen/artikel/kleinkind-aus-meppen-fuer-stunden-im-kleinbus-eingesperrt-43959139
Hallo,
das Einstiegsgehalt für Erzieher sind laut Tvöd 2931€. Leider lese ich oft in Artikeln solche falsche Angaben über Erziehergehälter, vor allem vor Tarifverhandlungen. Das hinterlässt einen falschen Eindruck, wie “verdienen doch nicht schlecht”, was ich in dieser angespannten Situation nicht förderlich finde. Ich selbst habe die Kita wegen Überbelastung meinerseits verlassen.
Es muss was passieren, es ist fünf Sekunden vor 12……….
Gruß
Petra
Diese Berichte sind lächerlich. Meine Frau arbeitet an einer Kita in Neukölln. Dort gibt es drei oder vier Kinder die sich regelmäßig prügeln, die die Erzieherin als Bitch und Schlampe mehrsprachig beleidigen und Ihnen ins Gesicht schlagen. Aus Angst, dass die Eltern ausrasten, wenn man Ihnen sagt, dass ihr Kind ein Aggressionsproblem hat. Mit Messer im Rücken und so auf dem Nachhauseweg. Die Rltern finden es übrigens auch noemal, wenn sich Kinder schlagen. Übrigens hören die Kinder auch nicht auf, wenn man “Stopp” sagt oder singt, da sie in ihrer emotionalen gestörten psychotischen Wahrnehmung nur einen Tunnelblick auf ihren momentanen Feind haben. bleibt es nur übrig sich dazwischen zu stellen und die Kinder voneinander zu isolieren, damit sie runterkommen von ihrem Psychotrip. Da muss das Kind genommen werden und in eine andere Gruppe gebracht. Gegen den freien Willen des oder der sich schlagenden Kinder die in einem Monat 2 Stühle zerstört haben und mit Messern werfen.
Den Erziehern zu sagen, dass sie die Kinder ohne Maßnahmen und ohne Handlungsspielraum erziehen sollen ist eine Utopie von zugekifften, weltfremden Einfamilienhausbesitzern in einem idyllischen Dorf. Von Politikern, die nie mit Psychopathen und emotional verkrüppelten Menschen arbeiten mussten.
Kann man die Kinder dafür haftbar machen, müssen die Eltern Schmerzensgeld zahlen! wenn ich als Erzieher oder Lehrer von 10jährigen so beleidigt werde oder tätlich angegriffen. Gibt es für die dort arbeitenden Personen Schutzmechanismen oder ist das allgemein geduldetes Berufsrisiko?
Oder erziehen wir uns eine neue Generation bildungsferner Tyrannen, weil man es politisch so will?
Das Problem wäre einfach zu lösen. Statt die Ausbildung von Erzieherinnen immer mehr aufzuweichen die Erzieherinnen ordentlich bezahlen und mit Pensionsansprüchen versorgen wie verbeamtete Lehrer sie bekommen. Problem mit Nachwuchs gelöst.