Caritas: „Der Kita-Platz wird zu einer Frage der Bildungschancen-Gerechtigkeit!“

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ESSEN. „Wenn wir könnten, wie wir wollten…“ – unter diesem Motto hat die Diözesan-Arbeitsgemeinschaft der Katholischen Tageseinrichtungen für Kinder im Bistum Essen ihr erstes Fachpolitisches Forum veranstaltet. Die Botschaft: Der Personalnotstand gefährde das gesetzlich verankerte Recht der Kinder auf Bildung und Teilhabe.

Die Personalnot in den Kitas ist groß. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

„Die von der Landesregierung auf den Weg gebrachten Ad-hoc-Maßnahmen zum Umgang mit dem akuten Fachkräftemangel in der Kindertagesbetreuung können lediglich als eine kurzfristige Lösung betrachtet werden“, erklärte Anke Lang, Referentin für frühkindliche Bildung beim Diözesancaritasverband Essen.

Der Einsatz von nicht-pädagogischem Personal, Quereinsteigern oder jungen Menschen, die ein freiwilliges soziales Jahr (FSJ) absolvieren, dürfe nicht langfristig zu Lasten der pädagogischen Qualität gehen, so Lang. „Sonst kann das gesetzlich verankerte Recht auf Bildung und Teilhabe nicht für alle Kinder gewinnbringend umgesetzt werden.“ Es komme auch darauf an, dass das Arbeitsfeld „Kindertageseinrichtung“ attraktiv bleibe: „Das drückt sich nicht allein im Gehalt aus“, so die Überzeugung der Caritas-Referentin, „sondern insbesondere auch in einem besseren Personalschlüssel im Verhältnis von Kindern zu Fachkräften.“

Das Anfang Februar vorgestellte „Sofortprogramm Kita des Landes NRW“ lege den Fokus darauf, „unter allen Umständen die Betreuungszeiten der Kinder aufrechtzuerhalten“, kritisiert auch der Kita-Zweckverband im Bistum Essen. Die Bildungsarbeit rücke dadurch zwangsläufig in den Hintergrund. Gerade für Kinder, die in Folge der Corona-Pandemie entwicklungsverzögert sind und erhöhten Sprachförderbedarf hätten, sei das der falsche Weg.

Berechnungen des Ländermonitors Frühkindliche Bildungssysteme 2022 zeigen, dass in NRW gemessen am Betreuungsbedarf der Eltern im Jahr 2023 bis zu 101.600 Kita-Plätze fehlen. Um diese Lücke zu schließen, müssten 24.400 Fachkräfte eingestellt werden, wie die Zahlen belegen. „Der Kita-Platz wird zu einer Frage der Bildungschancengerechtigkeit!“, kritisierte Caritas-Referentin Lang.

Zu begrüßen sei deshalb der Vorschlag von SPD-Chefin Saskia Esken, ein Sondervermögen Bildung in Höhe von 100 Milliarden einzurichten. Aber das allein reiche nicht aus, so Lang. Notwendig sei eine kontinuierlich bessere Finanzierung der frühkindlichen Bildung, um auch in Zukunft die pädagogische Qualität in Bildung und Erziehung sicherzustellen: „Für die Kleinsten sollte uns kein Aufwand zu hoch sein!“ News4teachers

Personalnot: Bundesweit 10.000 Kitas können Aufsichtspflicht nicht wie vorgeschrieben erfüllen

 

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Angelika Mauel
1 Jahr zuvor

Wohltönende Phrasen in Endlosschleife.

„Der Einsatz von nicht-pädagogischem Personal, Quereinsteigern oder jungen Menschen, die ein freiwilliges soziales Jahr (FSJ) absolvieren, dürfe nicht langfristig zu Lasten der pädagogischen Qualität gehen, so Lang. „Sonst kann das gesetzlich verankerte Recht auf Bildung und Teilhabe nicht für alle Kinder gewinnbringend umgesetzt werden.“

Aha. Also miese Betreuungsbedingungen sollen kurzfristig von den Fachkräften mitgetragen werden und FSJ-ler und Ehremamtler dürfen anschaulich miterleben, wie gute Kinderbetreuung nicht aussieht.
Als ob derzeit das gesetzlich verankerte Recht auf Bildung und Teilhabe für alle Kinder gewinnbringend ungesetzt werden könne!

Die Betreuungsbedingungen sind langfristig im wahrsten Sinne des Wortes „kränkend“, also krank machend für Kinder und ihre ausgebildeten und unausgebildeten Betreuer.

TaMu
1 Jahr zuvor

Es wäre nun sehr wichtig, wieder zur frühkindlichen Bildung zurück zu kehren und diese für alle Kinder ab 3 Jahren in einem zeitlichen Rahmen von 8 Uhr bis 13 Uhr zu vermitteln. Jedes Kind muss die Chance bekommen, wohnortnah diese frühkindliche Förderung zu bekommen und soziales Miteinander und Vorbereitung auf die Schule zu erlernen.
Was zeitlich darüber hinaus geht, ist nicht der Bedarf der Kinder, sondern der Eltern und Arbeitgeber. Das müssen Arbeitgeber und Eltern aushandeln, auch politisch. Es hat aber nichts mit paritätischer Wohlfahrt oder dem Sozialgesetzbuch zu tun. Wenn wir für die Kinder das Beste wollen, müssen wir auf Ganztagsbetreuung mit Aushilfskräften und fehlenden festen Bezugspersonen verzichten. Für Ganztagsbetreuung sollten außerdem Arbeitgeber und das Wirtschaftsministerium zuständig sein. Es ist nicht das Bedürfnis der Kinder und damit ist es auch nicht sozial.

Angelika Mauel
1 Jahr zuvor
Antwortet  TaMu

„Es ist nicht das Bedürfnis der Kinder und damit ist es auch nicht sozial.“
Danke! Wann trauen sich mehr Fachkräfte, so einen Satz beim Anmeldegespräch oder auf einem Elternabend zu sagen?

Unsere in Verbänden organisierten Kinderschützer haben meines Wissens nie moniert, dass Kleinkinder und sogar Babys zu arbeitgeberfreundlichen Zeiten geweckt werden, um pünktlich in der Kita abgegeben werden zu können. Dabei ist es doch wirklich ungeheuerlich, ein schlafendes Kind ohne triftigen Grund – Feuer, Erdbeben, Bombenhagel und andere echte Notsituationen – zu wecken.

Aber über Jahre mit „Kinderrechte ins Grundgesetz“ den Eindruck erwecken wollen, man würde den Staat zur besseren Behandlung von Kindern bewegen. Das Verständnis von „Partipation“ wurde geschmeidig an den Zeitgeist angepasst. Ohne Rücksicht auf elementare GRUNDBEDÜRFNISSE von Kleinkindern.

TaMu
1 Jahr zuvor
Antwortet  Angelika Mauel

Danke, Angelika Mauel, danke!

Emil
1 Jahr zuvor

Wenn das ganze Geld für „Betreuung “ endlich in Bildung, sprich Schule , gesteckt würde, hätte unser Land ein Problem weniger!!!!

Angelika Mauel
1 Jahr zuvor
Antwortet  Emil

Nur für die gehypte frühkindliche Bildung der Jüngsten kann ich Ihnen zustimmen, ansonsten selbstverständlich nicht. Gäbe es keine Kindergärten müsste man sie angesichts der Wohn- und Lebensbedingungen von Familien erfinden. Aber das eingesparte Geld durch eine Verkürzung oder sonstige Einschränkung der besonders personalintensiven Betreuung im U-3-Bereich würde ich lieber bei den Jugendämtern sehen. Da es Babys und Kleinkinder gibt, die tatsächlich besser in einer Krippe oder Kita aufgehoben sind, brauchen diese Kinder und ihre Eltern ohnehin mehr Hilfen, als sie zum Wohl der Psyche in einer Institution geleistet werden könnte. Engmaschige Kontrollen des häuslichen Umfelds der Kinder wären wichtiger als dass ein Kind in der Kita etwas schneller als sonst lernt, Farben oder Formen zu benennen.

Gelegentlichmüsste es auch zum Entzug des Sorgerechts kommen. Trotz des reißerisch klingenden Titels immer noch lesenswert: Deutschland misshandelt seine Kinder von Michael Tsokos und Sakia Guddat. https://www.amazon.de/Deutschland-misshandelt-Kinder-Michael-Tsokos/dp/342627616X

Lera
1 Jahr zuvor

Die kirchlichen Träger zeigen hier – zurecht – auf den Staat, dürften aber auch gerne selbst mal mit gutem Vorbild voran gehen und die Arbeitsbedingungen IHRER Erzieher verbessern. Das sehe und höre ich bei den Kindergärten, die ich kenne, jedoch gar nicht.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lera

Eben, die wohlhabenden Bistümer (die gibt es) könnten ja in ihren eigenen Kitas Verbesserungen durchsetzen, ohne immer gleich nach einer Finanzierung durch den Staat zu rufen. Vielleicht würde das dann Schule machen. Stattdessen hatte man Geld für Prunk und Pomp (war da nicht was mit einem Bischof Tebartz van Elst?). Dass der Staat Kirchentage mitfinanzieren soll, gehört auch zu den Merkwürdigkeiten. In diesem Bereich wird großzügig Geld ausgegeben.